Leitsatz (amtlich)
1. Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951, wonach Gewinnanteile und Gehälter von stillen Gesellschaftern entgegen § 8 Ziff. 3 GewStG unter bestimmten Voraussetzungen dem Gewinn des Unternehmens nicht zuzurechnen sind, ist ein allgemeiner Milderungserlaß aus der Zeit vor Inkrafttreten des GG, der von den Steuergerichten zu beachten und auszulegen ist.
2. Zur Auslegung eines Gesetzes entgegen seinem Wortlaut. 3. Sind die Voraussetzungen des Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 gegeben, so kommt es auf die Höhe des Gewinnanteils nicht an.
Normenkette
StAnpG § 1 Abs. 2; AO §§ 12-13; GewStG § 8 Ziff. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob die Gehälter und Gewinnanteile zweier stiller Gesellschafter, die im Betrieb als Prokuristen angestellt sind, gemäß § 8 Ziff. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dem Gewinn zugerechnet werden müssen.
Die Gesellschafter der Beschwerdegegnerin (Bgin.), einer KG, hatten die langjährigen Prokuristen G und S zum 1. Januar 1952 mit einer Bareinlage von 20 000 DM und einer Gewinnbeteiligung von 5 v. H. als stille Gesellschafter aufgenommen. Die Beteiligung am Verlust war ausgeschlossen. Die Bezüge der beiden Herren betrugen in den Streitjahren
G S
1952 1953 1952 1953
Gehalt 18 317 DM 18 792 DM 16 202 DM 18 631 DM
Gewinnanteil 84 188 DM 64 624 DM 84 188 DM 64 624 DM
Das Finanzamt rechnete diese Beträge gemäß § 8 Ziff. 3 GewStG dem Gewinn zu. Es war der Auffassung, daß die Vermögenseinlagen nicht nur je 20 000 DM betrügen, wie Abschnitt 53 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) vorsehe; der Wert der Dienstleistungen müsse dazu gerechnet werden. Daß das Kapital der stillen Gesellschafter größer sei als die bare Vermögenseinlage, ergebe sich aus der Höhe der Gewinnanteile. Zudem läge ein gesellschaftsähnliches Verhältnis im Sinne der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs vor (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 177/40 vom 17. Juli 1940, Reichssteuerblatt -- RStBl -- 1940 S. 915).
Das Finanzgericht gab der Sprungberufung statt. Es betrachtete die beiden Prokuristen als echte stille Gesellschafter. Entgegen dem Wortlaut des § 8 Ziff. 3 GewStG sah es von der Zurechnung der Bezüge ab, weil die Voraussetzungen des Abschnitts 53 GewStR vorlägen. Diese Verwaltungsanweisung betrachtete das Finanzgericht als Milderungserlaß, der von den Steuergerichten wie eine Rechtsnorm zu beachten sei. Es führte weiter aus, die Vermögenseinlage der beiden Gesellschafter habe nur 0,59 v. H. des für die Streitjahre maßgebenden Einheitswerts des Betriebsvermögens der Bgin. betragen. Aus den Gesellschaftsverträgen ergebe sich kein Anhalt dafür, daß die beiden Gesellschafter auch ihre Arbeitskraft einbringen müßten.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung des § 8 Ziff. 3 GewStG. Er bestreitet weiterhin, daß die Voraussetzungen des Abschnitts 53 GewStR vorlägen. Im übrigen könnten die Steuergerichte diese Verwaltungsanweisung weder anwenden noch auslegen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 342/53 U vom 8. April 1954, Slg. Bd. 58 S. 722, Bundessteuerblatt -- BStBl -- 1954 III S. 188).
Der Bundesminister der Finanzen, der auf Ersuchen des Senats dem Verfahren beigetreten war, hat u. a. ausgeführt:
"Abschnitt 53 GewStR 1951 hat eine allgemeine Verwaltungsvorschrift im Sinne des Artikels 108 Abs. 6 GG zum Inhalt, die auf Billigkeitserwägungen beruht. Der Anordnung liegt ebenso wie der Regelung in Abschnitt X, 2 GewStR 1937 und den Anordnungen in den folgenden GewStR der Gedanke zu Grunde, daß die Anwendung des § 8 Ziff. 3 GewStR 1950 in den Fällen zu Härten führen kann, in denen der stille Gesellschafter als Angestellter nur mit einer geringen Vermögenseinlage beteiligt ist.
Hier taucht die Frage auf, ob die Anwendung oder Nichtanwendung des Abschnitts 53 GewStR 1951 im Einzelfall der Nachprüfung durch die Finanzgerichte unterliegt. Der Bundesfinanzhof hat sich mehrfach (so im Urteil vom 3.12.1953 IV 241/52 U -- BStBl 1954 III S. 72) auf den Standpunkt gestellt, daß zu prüfen sei, ob bei der Auslegung des Gesetzes die Vorschrift des § 1 Abs. 2 StAnpG ausreichend berücksichtigt worden sei, wenn "das wirtschaftliche Ergebnis einer formalrechtlichen Betrachtungsweise so untragbar ist, daß eine Abhilfe mit § 131 AO notwendig erscheint." Hieraus kann man entnehmen, daß der Bundesfinanzhof es als in der Zuständigkeit der Finanzgerichte liegend ansieht, auch in den Fällen, in denen Verwaltungsanordnungen zur "ausreichenden Berücksichtigung" der Grundsätze des § 1 Abs. 2 StAnpG ergangen sind, diese Verwaltungsanordnungen und ihre Anwendung im Einzelfall zu überprüfen. Das würde für den vorliegenden Fall bedeuten, daß die Frage der Anwendung des Abschnitts 53 GewStR 1951 durch den Bundesfinanzhof zu prüfen wäre.
In der Frage der Anwendung des Abschnitts 53 GewStR 1951 stimme ich der vom Finanzamt vertretenen Auffassung zu. Nach Abschnitt 53 GewStR 1951 ist § 8 Ziff. 3 GewStG 1950 nicht anzuwenden, wenn ein Angestellter, z. B. ein Prokurist, durch eine geringe Vermögenseinlage als stiller Gesellschafter beteiligt ist. Eine Vermögenseinlage soll als gering angesehen werden, wenn sie 10 v. H. des für die Ermittlung des Gewerbekapitals maßgebenden Einheitswerts des Betriebsvermögens, höchstens jedoch 20 000 DM, nicht übersteigt. Beurteilt man diese Anordnung lediglich nach ihrem Wortlaut, so wird man die Auffassung vertreten können, daß in allen Fällen, in denen die Beteiligung die bezeichnete Grenze nicht überschreitet, § 8 Ziff. 3 GewStG 1950 nicht anzuwenden ist. Eine derartige Wortauslegung würde dem Sinn und dem Zweck der Anordnung nicht entsprechen. Die Anordnung ist zur Beseitigung von Härten, die durch die Anwendung des § 8 Ziff. 3 GewStG 1950 entstehen können, erlassen worden. Sie hat den Zweck zu verhindern, daß die sozialpolitisch erwünschte Beteiligung langjähriger verdienter Angestellter am Gewinn eines Unternehmens auf Grund einer geringen Vermögenseinlage durch die Vorschrift des § 8 Ziff. 3 GewStG 1950 unmöglich gemacht oder doch wesentlich erschwert wird. Dieser der Anordnung zugrunde liegende besondere sozialpolitische Zweck zeigt eindeutig, daß sie sich nur auf Tatbebestände beziehen kann, in denen die Erreichung des sozialpolitischen Zwecks durch die Anwendung des § 8 Ziff. 3 GewStG 1950 verhindert oder erschwert werden würde. Das können aber nur Tatbestände von geringer Bedeutung sein. Daß dem so ist, hat seinen Ausdruck in der Begrenzung der Vermögenseinlage gefunden. Diese Begrenzung kann nur dann einen Sinn haben, wenn die Gewinnanteile, die von der Zurechnung ausgenommen werden sollen, in ihrer Höhe der Vermögenseinlage entsprechen. Im vorliegenden Fall ist eine solche Entsprechung zwischen der Vermögenseinlage und den Gewinnanteilen, worauf der Bundesfinanzhof im Bezugschreiben hingewiesen hat, nicht gegeben. Damit sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Abschnitts 53 GewStR 1951 nicht erfüllt. Es ist zuzugeben, daß Abschnitt 53 GewStR 1951, um jeden Zweifel zu beheben, hätte so gefaßt werden können, daß auch die Frage der Höhe der Gewinnbeteiligung im Verhältnis zur Höhe der Vermögenseinlage ausdrücklich angesprochen worden wäre. Daß dies nicht der Fall ist, kann aber nicht zu dem Schluß führen, daß die Höhe der Gewinnbeteiligung unbeachtet zu bleiben hätte. Aus dem Sinn und Zweck der Anordnung ist eindeutig zu erkennen, daß sie nur auf Fälle von geringer Bedeutung anzuwenden ist. Der im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheidende Fall ist mit Rücksicht auf die der geringfügigen Vermögenseinlage nicht entsprechende Höhe der Gewinnbeteiligung nicht als ein Fall von geringer Bedeutung anzusehen. Abschnitt 53 GewStR 1951 kann deshalb nicht zur Anwendung kommen."
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.
Unstreitig sind die beiden Prokuristen gleichzeitig echte stille Gesellschafter der Bgin. Nach dem Wortlaut des § 8 Ziff. 3 GewStG müßten die Gewinnanteile und die Gehälter dem Gewinn zugrechnet werden. Nach den Ausführungen in Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951, die für die Streitjahre galten, soll aber die Zurechnung unter den näher bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgenommen werden. Eine solche Bestimmung war ihrem wesentlichen Inhalt nach bereits in Abschn. X,2 GewStR 1937 (RStBl 1937 S. 513 ff.) enthalten. Ursprünglich war nur eine "geringe Vermögenseinlage" erwähnt. Die Abgrenzung auf 10 v. H. des Einheitswerts des Betriebsvermögens, höchstens 20 000 DM, ist erstmalig in Abschn. 7 GewStR 1943 zu § 8 GewStG (RStBl 1944 S. 209, 284) enthalten.
Die Entscheidung hängt davon ab, ob Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. eine Bestimmung ist, die von den Steuergerichten anzuwenden und auszulegen ist oder ob es sich um eine nur die Verwaltungsbehörden bindende Verwaltungsanweisung ohne Rechtsnormcharakter handelt.
Der Bundesminister der Finanzen hält Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. nicht für eine Rechtsnorm oder rechtsnormähnliche Bestimmung, glaubt aber, daß es sich um eine im Rahmen von § 8 Ziff. 3 GewStG mögliche Rechtsauslegung handelt, zu deren Nachprüfung die Steuergerichte berufen seien. Der Senat tritt den Rechtsgrundsätzen der vom Bundesminister der Finanzen angeführten Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 241/52 U grundsätzlich bei, läßt aber dahingestellt, ob die in Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. enthaltenen Grundsätze, vor allem auch was die Grenzen angeht, wirklich allein im Wege der Auslegung des Willens, der den Gesetzgeber bei Schaffung des § 8 Ziff. 3 GewStG geleitet hat, gewonnen werden könnten. Der Bundesfinanzhof hat wiederholt (vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 99/53 U vom 25. März 1954 -- Slg. Bd. 59 S. 84, BStBl 1954 III S. 241 --; IV 399/53 U vom 15. Juli 1954 -- Slg. Bd. 59 S. 110, BStBl 1954 III S. 251 --) unter Berufung auf § 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) entschieden, daß der Wortlaut einer Bestimmung nicht maßgebend sein kann, wenn es sich um Sonderfälle handelt, die der Gesetzgeber vermutlich bei der Regelung nicht einbeziehen wollte. Ein Gesetz auslegen heißt, den Willen des Gesetzgebers ermitteln und vollziehen. Der Wille des Gesetzgebers kommt im allgemeinen im Wortlaut einer Bestimmung zum Ausdruck, so daß in erster Linie der Wortlaut der Bestimmung bei der Auslegung maßgebend ist. Ist aber im Einzelfall anzunehmen, daß der Wille des Gesetzgebers für Sonderfälle im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommen ist, so sind die Steuergerichte berechtigt und verpflichtet, dem wirklichen Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus den gesamten Umständen, insbesondere aus dem Zweck und der wirtschaftlichen Bedeutung des Gesetzes ergibt, zu ermitteln und durchzusetzen. Es liegt allerdings auf der Hand, daß, um die verfassungsmäßigen Grenzen zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht zu verwischen, bei der Abweichung vom klaren Wortlaut einer Bestimmung Zurückhaltung geboten ist. Es müssen zuverlässige Anhaltspunkte gegeben sein, daß für Fälle der vorliegenden Art der Wortlaut des Gesetzes den wirklichen Willen des Gesetzgebers nicht deckt, insbesondere weil das dabei eintretende Ergebnis nicht im Sinn des Gesetzgebers liegen kann. Es ist zweifelhaft, ob man, wie der Bundesminister der Finanzen annimmt, nach diesen Grundsätzen ohne weitere Bestimmung schon im Wege der Auslegung des § 8 Ziff. 3 GewStG zu dem Ergebnis kommen könnte, daß die Zurechnung der Gewinnanteile und Gehälter gering beteiligter stiller Gesellschafter unterbleiben müßte.
Man könnte daran denken, Abschn. 53 Abs. 1 GewStR 1951 als auf Grund von § 12 der Reichsabgabenordnung (AO) 1934 erlassene und im wesentlichen unverändert fortgeführte Rechtsnorm aus der Zeit des autoritären Regimes zu behandeln. Nach § 12 AO konnte nämlich der Reichsminister der Finanzen "zur Durchführung und Ergänzung der Steuergesetze" "Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften" erlassen. Es läge vielleicht nahe, Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. als eine Ergänzung des § 8 Ziff. 3 GewStG aufzufassen. Bei Rechtsverordnungen hat der Bundesfinanzhof wiederholt die Begriffe "Durchführung und Ergänzung" weit gefaßt, weil er an die Rechtsetzung in einem autoritären Regime nicht dieselben strengen Maßstäbe angelegt hat wie an die Rechtsetzung in einem demokratischen Rechtsstaat (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 200/55 S vom 17. Juli 1956 -- Slg Bd. 63 S. 306, BStBl 1956 III S. 316 --; I 38/55 U vom 8. Januar 1957 -- BStBl 1957 III S. 100 --). Inwieweit aber Regelungen in "Verwaltungsvorschriften", wie z. B. Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O., unter § 12 AO fallen können, zumal wenn der Reichsminister der Finanzen sie nicht auf die Vorschrift gestützt und sie nur im RStBl veröffentlicht hat, ist von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bisher nicht entschieden worden.
Der Senat braucht zu dieser Frage im vorliegenden Fall nicht abschließend Stellung zu nehmen. Denn das Finanzgericht konnte zutreffend annehmen, daß Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. ein allgemeiner Milderungserlaß im Sinn des § 13 AO 1934 sei, der von den Steuergerichten zu beachten und auszulegen sei. Entgegen den Ausführungen des Bundesministers der Finanzen ist bei solchen Anordnungen nicht entscheidend, ob sie ausdrücklich auf § 13 AO 1934 gestützt und in der für Rechtsvorschriften üblichen Form bekanntgemacht worden sind. Es kommt nur darauf an, ob sie auf Grund von § 13 AO ergehen konnten (vgl. Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 6/49 S vom 27. August 1949, Slg. Bd. 54 S. 376, Steuerblatt Nordrhein-Westfalen 1950 S. 11). Das ist der Fall, wenn für bestimmte Gruppen von Fällen die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen gemildert wurden, um Härten auszugleichen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 110/51 U vom 26. September 1951, Slg. Bd. 55 S. 502, BStBl 1951 III S. 204, und insbesondere Urteil I 94/54 U vom 16. November 1954, Slg. Bd. 60 S. 14, BStBl 1955 III S. 6, mit Übersicht über die Rechtsprechung).
Diesen Anforderungen genügte Abschn. X,2 GewStR 1937 und die Fortentwicklung, die er in den GewStR 1943 erfahren hat. Es liegt oft im Interesse der Unternehmen, langjährige leitende Angestellte in geringem Umfang als stille Gesellschafter zu beteiligen, um den Angestellten dadurch die Anerkennung für geleistete Dienste auszudrücken, ihre Einsatzbereitschaft zu steigern und sie auf die Dauer an das Unternehmen zu binden. Eine solche Beteiligung fördert auch die soziale Sicherheit der Angestellten und trägt ihrer Mitwirkung bei der Entstehung des Geschäftserfolges Rechnung. Müßten auch bei nur geringer Beteiligung eines Angestellten die Gehälter und die Gewinnanteile zugerechnet werden, so bedeutete das einen steuerlichen Nachteil für die Unternehmen, der die Unternehmen veranlassen könnte, von einer an sich zweckmäßigen und erwünschten geringen stillen Beteiligung leitender Angestellten abzusehen. Leitende Angestellte, die in geringem Maße als stille Gesellschafter beteiligt werden, erhalten auch oft in Form der Gewinnbeteiligung nicht wesentlich mehr, als sie vorher in Form der Tantieme erhalten haben. Unter diesen Umständen kann man, wie auch der Bundesminister der Finanzen ausführt, in Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. einen Härteausgleich aus Billigkeitsgründen für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Fällen sehen. Diese Maßnahme des Reichsministers der Finanzen fand in § 13 Abs. 1 Ziff. 2 AO eine ausreichende Rechtsgrundlage und ist deshalb, da sie im wesentlichen unverändert fortgeführt wurde, von den Steuergerichten weiterhin zu beachten und auszulegen.
Unstreitig sind, wenn man den Wortlaut zugrunde legt, die Gewinnanteile und Gehälter der beiden Prokuristen nach Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. dem Gewinn nicht zuzurechnen. Der Bundesminister der Finanzen ist der Auffassung, daß die Milderung nur für Fälle von geringer Bedeutung gedacht sei, der Streitfall aber im Hinblick auf den hohen Gewinnanteil der beiden Prokuristen nicht geringfügig sei. Dieser Beurteilung tritt der Senat nicht bei. Daß der Reichsminister der Finanzen nur für verhältnismäßig geringfügige Fälle einen Härteausgleich treffen wollte, ergibt sich aus der Begrenzung der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters. Die Höhe der Gewinnbeteiligung ist aber nicht als Abgrenzungselement aufgeführt. Der Senat ist nach seiner Auffassung nicht befugt, zusätzlich dieses Element einzufügen. Denn bis zu welcher Höhe der Gewinn außer Betracht bleiben sollte, läßt sich kaum zuverlässig schätzen. Die Gewinnbeteiligung schwankt von Jahr zu Jahr; man müßte deshalb auf den durchschnittlichen Gewinn mehrerer Jahre abstellen. Dieser Gewinn wiederum ist bei Begründung der stillen Gesellschaft oft nicht zu übersehen, so daß die Beteiligten die steuerlichen Auswirkungen ihrer Entschließung nicht beurteilen könnten. Es erscheint demnach dem Senat nicht angebracht, den Milderungserlaß im Wege der Auslegung entgegen seinem Wortlaut zu ungunsten der Beteiligten auszulegen. Ist der Bundesminister der Finanzen der Auffassung, daß Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. einer Einschränkung in dem von ihm vertretenen Sinn bedarf, so steht ihm frei, für die Zukunft eine entsprechende rechtliche Regelung herbeizuführen.
Das Finanzamt ist der Auffassung daß die Voraussetzungen des Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. nicht vorlägen, weil auch der Wert der Arbeitsleistung der beiden stillen Gesellschafter als Vermögenseinlage angesehen werden müsse. Es trifft zwar zu, daß nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs die Einlage eines stillen Gesellschafters auch in Dienstleistungen bestehen kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 139/54 S vom 22. November 1955, Slg. Bd. 62 S. 9, BStBl 1956 III S. 4). Bei der Anwendung von Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. sind aber nur Vermögenseinlagen in Betracht zu ziehen. Der Wert der künftigen Arbeitsleistung läßt sich nicht in Geld ausdrücken oder einigermaßen zuverlässig schätzen; er ist kein Vermögensgegenstand. Folgte man der Auffassung des Finanzamts, so würde im übrigen Abschn. 53 ohne innere Notwendigkeit wesentlich an Bedeutung verlieren, weil dann die Grenze von 20 000 DM leicht überschritten würde.
Das Finanzamt hat sich ferner auf Abschn. 53 Abs. 2 a. a. O. berufen. Danach soll Abschn. 53 Abs. 1 a. a. O. nicht angewendet werden, wenn auf Grund einer erheblichen Gewinnbeteiligung und eines für längere Zeit verbindlichen Verhältnisses ein gesellschaftsähnliches Verhältnis im Sinn der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs vorliegt. Mit Recht hat das Finanzgericht verneint, daß dieser Fall hier vorliegt. Die beiden Prokuristen stehen zu der Bgin. nicht in einem gesellschaftsähnlichen Verhältnis, sondern sind echte stille Gesellschafter. Im übrigen wird eine Gewinnbeteiligung als erheblich im Sinn der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nur angesehen, wenn sie mindestens 25 v. H. beträgt. Der Senat hat in der Entscheidung I 139/54 S ausdrücklich abgelehnt, auch eine geringere Beteiligung als erheblich anzusehen.
Nach allem war danach die Rb. des Finanzamts als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408762 |
BStBl III 1957, 264 |
BFHE 1958, 82 |