Leitsatz (amtlich)
1. Die Ermächtigung zum Erlaß der Verordnung zur Durchführung des § 90 BewG und die erlassene Verordnung genügen den Anforderungen des Art.80 GG.
2. Die in der Verordnung festgelegten Wertzahlen sind in deren Geltungsbereich einheitlich anzuwenden.
Normenkette
BewG 1974 § 90; BewG § 90 DV; GG Art. 80
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks, auf dem er am 1.Januar 1974 ein Sägewerk mit Kistenanfertigung betrieb.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte hierfür auf den 1.Januar 1974 den Einheitswert durch Art- und Wertfortschreibungsbescheid vom 12.Juli 1976 auf 166 400 DM fest und bewertete das Geschäftsgrundstück (Betriebsgrundstück) im Sachwertverfahren. Dabei wandte es auf den Ausgangswert (§ 83 des Bewertungsgesetzes --BewG--) in Höhe von 208 097 DM gemäß § 90 Abs.2 BewG i.V.m. § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 BewG vom 2.September 1966 (BGBl I 1966, 553, BStBl I 1966, 885) i.d.F. vom 25.Februar 1970 (BGBl I 1970, 216, BStBl I 1970, 252) die Wertzahl 80 an (VO).
Auf den Einspruch hin ermäßigte das FA den Einheitswert auf 145 600 DM unter Anwendung der Wertzahl 80 auf einen Ausgangswert von 182 120 DM.
Die Klage hiergegen blieb erfolglos.
Mit der Revision wendet sich der Kläger gegen die Wertzahl, die das FA bei der Angleichung des Ausgangswerts an den gemeinen Wert mit 80 v.H. zugrunde gelegt hat, den vom FA ermittelten Ausgangswert bestreitet er nicht.
Die VO lasse die Gemeindegrößen außer acht, so daß Abweichungen im gemeinen Wert zwischen Grundstücken mit Gebäuden im ländlichen, im klein- und mittelstädtischen und im großstädtischen Bereich nicht berücksichtigt würden.
Er beantragt, die Vorentscheidung und den Feststellungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben, gemäß § 90 Abs.2 Satz 1 BewG die Wertzahl 50 anzuwenden und den Einheitswert auf 81 000 DM festzustellen. Im übrigen wird die Wertermittlung nicht mehr angegriffen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung geht zutreffend davon aus, daß im Streitfall die Wertzahl 80 anzuwenden ist. Bei der Bewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren ist vom Bodenwert, vom Gebäudewert und vom Wert der Außenanlagen auszugehen (§ 83 Satz 1 BewG). Dieser Ausgangswert ist durch Anwendung einer Wertzahl an den gemeinen Wert anzugleichen (§ 83 Satz 2, § 90 Abs.1 BewG). Die Wertzahlen sind Ausdruck einer der Erfahrung zu entnehmenden Tatsache, daß der Sachwert eines Grundstücks in aller Regel höher ist als der gemeine Wert und deswegen noch einer Angleichung bedarf. In diese Angleichung wird auch der Bodenwert einbezogen, weil der Grund und Boden mit den auf ihm stehenden Gebäuden eine wirtschaftliche Einheit bildet und sein Wert von den aufstehenden Gebäuden beeinflußt wird. Die Wertangleichung erfolgt mit Hilfe von Wertzahlen (Vom-Hundert-Sätzen), die das Verhältnis zwischen dem gemeinen Wert und dem Sachwert (Ausgangswert) des Grundstücks ausdrücken. Die Wertzahlen sind im BewG selbst nicht festgelegt worden, weil die Vielzahl der bei der Ermittlung des gemeinen Wertes in Betracht zu ziehenden wirtschaftlichen Merkmale ein stark differenzierendes Wertzahlensystem notwendig machte (vgl. BTDrucks IV 1488, 72). Der Gesetzgeber hat deshalb in § 90 Abs.2 i.V.m. § 123 Abs.1 BewG die Bundesregierung ermächtigt, die Wertzahlen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung festzulegen. Danach sind die Wertzahlen unter Berücksichtigung der wertbeeinflussenden Umstände, insbesondere der Zweckbestimmung und Verwendbarkeit der Grundstücke innerhalb bestimmter Wirtschaftszweige und der Gemeindegrößen, im Rahmen von 85 bis 50 v.H. des Ausgangswertes festzusetzen. Dabei können für einzelne Grundstücksarten oder Grundstücksgruppen oder Untergruppen in bestimmten Gebieten, Gemeinden oder Gemeindeteilen besondere Wertzahlen festgesetzt werden, wenn es die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt erfordern.
Die Ermächtigung zum Erlaß der VO und die erlassene VO genügen den Anforderungen des Art.80 des Grundgesetzes (GG). Die Bundesregierung hat entsprechend dieser Ermächtigung gehandelt (vgl. § 2 Abs.1 VO - Grundstücksart und Grundstücksgruppe -). Sie hat dort die Gemeindegröße berücksichtigt, wo es möglich und notwendig war (vgl. § 2 Abs.1 Nr.9 VO). Die Wertzahlen sind in erster Linie aus Verkaufsfällen abgeleitet worden, in denen die Wertverhältnisse des Hauptfeststellungszeitpunkts (1.Januar 1964) zum Ausdruck kamen. Soweit brauchbare Kaufpreise nicht zur Verfügung standen, wurden von den Mitgliedern des Schätzungsausschusses ermittelte Marktwerte mit den Ausgangswerten in Beziehung gesetzt und unter Beachtung des Wertniveaus der im Ertragswertverfahren zu bewertenden Grundstücke gleicher Art ermittelt. Dabei ergab sich eine so geringe Streuung der Verhältniszahlen, daß eine einheitliche Regelung für das gesamte Bundesgebiet möglich wurde (vgl. amtliche Begründung in BRDrucks 255/66, S.1 und 2). Entgegen der Meinung des Klägers war der Verordnungsgeber nach dem Inhalt der Ermächtigung und der gewonnenen Untersuchungsergebnisse am Grundstücksmarkt nicht verpflichtet, unterschiedliche Wertzahlen für Grundstücke im ländlichen, klein- und mittelstädtischen oder großstädtischen Bereich vorzusehen. Das BewG geht im Sachwertverfahren für die Ermittlung des Gebäudewerts sämtlicher Grundstücke, die im Geltungsbereich des GG gelegen sind, von durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 aus, die nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt 1964 umgerechnet sind. Damit sind die vom Kläger unter Hinweis auf § 90 Abs.2 Satz 1 BewG vermißten Differenzierungen für ein Massenbewertungsverfahren ausreichend in die Bewertungsrechnung eingegangen. Außerdem wirkt sich bei der Ermittlung des Bodenwerts (§ 84 BewG), der an der Wertangleichung teilnimmt (§ 90 Abs.1 BewG), die Lage des Grundstücks in regional unterschiedlichen Bereichen bei der Wertfindung aus (§ 9 BewG). Eine individuelle Wertermittlung anhand von Kaufpreisen oder eine Bewertung bebauter Grundstücke durch unmittelbaren Preisvergleich mit Veräußerungspreisen für stichtagsnah verkaufte Objekte, wie sie der Kläger anstrebt, ist nicht möglich (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.Juni 1974 III R 49/73, BFHE 112, 520, BStBl II 1974, 602).
Fundstellen
Haufe-Index 62879 |
BFH/NV 1989, 27 |
BStBl II 1989, 495 |
BFHE 156, 239 |
BFHE 1989, 239 |
BB 1989, 1394-1395 (LT) |
DB 1989, 1385 (ST) |
HFR 1989, 531 (LT) |