Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen wegen eines Rückgewähranspruchs i. S. des §7 AnfG
Leitsatz (NV)
Der Erwerber eines Erbbaurechts an einem bebauten und vermieteten Grundstück kann Zahlungen aufgrund eines Vergleichs, mit dem eine Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht wegen eines (streitigen) Rückgewähranspruchs i. S. des §7 AnfG abgewendet werden sollte, nicht als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ansetzen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1; AnfG § 7
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger und sein Bruder waren zu je 50 v. H. Berechtigte eines Erbbaurechts an einem mit einem Geschäftshaus bebauten und fremdvermieteten Grundstück. Im Jahr 1987 veräußerte der Bruder seinen halben Anteil an dem Erbbaurecht an den Kläger. Eine Gläubigerin des Bruders machte nachfolgend gerichtlich geltend, der Kläger habe die Erbbaurechtshälfte weit unter ihrem Verkehrswert erworben und müsse deshalb nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) die Zwangsvollstreckung in diesen hälftigen Anteil dulden. Der Rechtsstreit wurde durch einen am 17. November 1989 geschlossenen Vergleich beendet. Zur Abfindung aller Ansprüche der Gläubigerin verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung von insgesamt 450 000 DM in fünf Raten. Die Gerichtskosten wurden geteilt. Im Streitjahr 1989 zahlte der Kläger verein barungsgemäß von der Vergleichssumme 100 000 DM und 531 DM Anwalts- und Gerichtskosten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte die von dem Kläger geleisteten Zahlungen in Höhe von 100 531 DM nicht als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an, sondern berücksichtigte den Barwert der gesamten Vergleichssumme sowie die von dem Kläger insgesamt zu tragenden Kosten des Zivilrechtsstreits als Anschaffungskosten und erhöhte entsprechend die Absetzung für Abnutzung (AfA) des vermieteten Gebäudes. Der (weitergehende) Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 1995, 65 dargelegten Gründen als unbegründet ab.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung des §9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Anschaffungskosten lägen nicht vor, weil der Kläger von vornherein in seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Erbbaurechtshälfte nicht beschränkt gewesen sei. Die von der Gläubigerin des Bruders erhobenen Ansprüche hätten zum Erwerbszeitpunkt keine dingliche Belastung dargestellt, zumal eine Duldungsverpflichtung gemäß §7 AnfG nicht bestanden habe. Der Kläger habe den Vergleich geschlossen, um Eingriffe in bereits bestehende Rechte abzuwehren. Eine Zwangsvollstreckung in die erworbene Erbbaurechtshälfte hätte nicht nur zum Verlust derselben und des Kaufpreises geführt, sondern außerdem den Erbbauverpflichteten berechtigt, die Übertragung des gesamten Erbbaurechts (Heimfall), also einschließlich der vom Kläger geerbten Hälfte, gegen eine Entschädigung in Höhe der Hälfte des gemeinen Wertes des Gebäudes zu verlangen.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1989 in der Weise zu ändern, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit ... DM angesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzu weisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat die vom Kläger aufgewendeten Zahlungen auf die Vergleichssumme und die Prozeßkosten zu Recht nicht als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
Die (sofortige) Abziehbarkeit der strittigen Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergibt sich nicht aus dem mit dem Abschluß des Vergleichs verfolgten Zweck, die drohende Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht abzuwenden und dieses zur weiteren Vermietung behalten zu können.
a) Aufwendungen zur Abwehr von Gefahren für das der Einkunftserzielung dienende Vermögen sind nicht allgemein als Werbungskosten "zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" i. S. von §9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar. Ein Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftserzielung ist dann grundsätzlich zu verneinen, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkunftserzielung dienenden Wirtschaftsgutes zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist; denn in einem solchen Falle steht nicht die Absicht der Einkunftserzielung, sondern die Beeinträchtigung des Vermögens des Steuerpflichtigen im Vordergrund (Senatsurteil vom 11. Mai 1993 IX R 25/89, BFHE 171, 445, BStBl II 1993, 751; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. Oktober 1995 VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304; vgl. auch v. Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, §9 Rdnr. B 850 "Abwendung des Heimfallanspruchs", "Zahlung wegen Rückerstattungsverpflichtung").
Ein Veranlassungszusammenhang von Abwehrkosten mit der Erzielung von Einkünften kommt hingegen dann in Betracht, wenn die abzuwehrende Gefahr durch die Einkunftserzielung begründet ist, wie z. B. durch die Verwendung eines Wirtschaftsguts zur Einkunftserzielung (Senatsurteil in BFHE 171, 445, BStBl II 1993, 751).
b) Nach diesen Maßstäben sind die strittigen Aufwendungen des Klägers nicht als sofort abziehbare Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Sofern -- wie die Kläger meinen -- Zahlungen auf die Vergleichssumme im Hinblick auf die drohende Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht als Abwehrkosten und nicht als Anschaffungskosten zu beurteilen wären, beruhten sie nicht auf der Einkunftserzielung des Klägers, sondern auf einem Vorgang in seiner nichtsteuerbaren Vermögenssphäre. Der dem Vergleich zugrundeliegende streitige Rückgewähranspruch i. S. des §7 AnfG hatte seinen Rechtsgrund in dem Vermögenserwerb des Klägers und nicht in seiner Vermietungstätigkeit. Die Prozeßkosten teilen als Folgekosten die für die Vergleichssumme geltende einkommensteuerrechtliche Qualifikation (Senatsurteil vom 30. Januar 1996 IX R 83/90, BFH/NV 1996, 542).
c) Ob die strittigen Aufwendungen zu (nachträglichen) Anschaffungskosten führen, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Das FA hat dies angenommen und die AfA entsprechend erhöht; eine Verböserung wäre dem Senat verwehrt.
Fundstellen
Haufe-Index 66366 |
BFH/NV 1998, 310 |