Leitsatz (amtlich)
Abwertungsverluste von verzinslichen Forderungen in ausländischer Währung sowie Bankspesen, die im Zusammenhang mit dem Ankauf, Verkauf und der Auslosung von festverzinslichen Wertpapieren entstehen, sind keine Werbungskosten und können darum bei der Einkunftsart des § 20 EStG nicht abgesetzt werden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 20 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezog im Jahre 1971 Zinsen aus in der Schweiz unterhaltenen US-Dollar-Guthaben. Die Zinsen beliefen sich nach dem im Zeitpunkt des Zuflusses gültigen Umrechnungskurs auf 1 860, 11 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) rechnete die Zinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, während der Kläger die Ansicht vertrat, daß diese Beträge wegen des Kursverlustes des Dollars gegenüber der DM steuerfrei bleiben müßten. Weiterhin ließ das FA Ankaufspesen für den Erwerb von festverzinslichen Wertpapieren und Aktien sowie Aufwendungen bei der Rückzahlung festverzinslicher Wertpapiere (Bankgebühr im Zusammenhang mit der Auslosung von Anleihen) von insgesamt 280,35 DM nicht zum Abzug als Werbungskosten zu.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus: Die Abwertungsverluste der US-Dollar-Guthaben berührten nur die Vermögenssphäre und könnten deshalb innerhalb der Einkunftsart des § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht berücksichtigt werden. Die Ankaufspesen seien Anschaffungsnebenkosten und demgemäß gleichfalls nicht als Werbungskosten abziehbar. Auch die Auslosungskosten dienten nicht der Erzielung von Einnahmen, weil mit der Auslosung notwendig auch die Erträge wegfielen.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Er macht geltend: Da der Wechselkurs des Dollars gegenüber dem Erwerbskurs von 4 DM im Jahre 1966 in der Folgezeit bis zum Jahr 1971 um 18 % auf 3,27 DM abgesunken sei, habe er einen erheblichen Teil seines Kapitals eingebüßt. Dieser Umstand gebiete zumindest unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit die einkommensteuerrechtliche Freistellung der Zinsen, bis die Verluste ausgeglichen seien. Die Ankaufspesen für die Wertpapiere seien Voraussetzung für die Erzielung von Einkünften. Auch bei einem Grundstückskauf würden die Kosten des Erwerbs im Wege der Abschreibung berücksichtigt. Bei den Bankspesen handle es sich um so geringe Beträge, daß eine Verteilung auf mehrere Jahre weder zumutbar noch praktisch durchführbar sei. Bei den Auslosungskosten sei zu berücksichtigen, daß das zurückerhaltene Kapital sogleich wieder in ertragbringenden Wertpapieren angelegt worden sei.
Der Kläger beantragt, die Zinsen aus den US-Dollar-Guthaben steuerfrei zu belassen und die Bankgebühren von 280,35 DM als Werbungskosten anzuerkennen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Zu Recht hat das FG bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen die durch die Änderung des Wechselkurses eingetretenen Abwertungsverluste der US-Dollar-Guthaben nicht berücksichtigt. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist bei Ermittlung dieser Einkünfte zwischen dem Geldkapital als solchem und dem Ertrag als Frucht des Kapitals zu unterscheiden. Wertänderungen der Kapitalanlage wirken sich auf die Besteuerung der erzielten Erträge nach dem Einkommensteuergesetz nicht aus. Das gilt selbst für den Fall des völligen Wertverlustes des Kapitalvermögens (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Januar 1966 I 53/63, BFHE 85, 13, BStBl III 1966, 218). Deshalb sind auch grundsätzlich Kapitalwertänderungen infolge Währungsverfalls steuerrechtlich unerheblich, gleichgültig, ob die Kapitalwertänderung auf einer inländischen Geldwertverschlechterung beruht (vgl. dazu näher BFH-Urteil vom 14. Mai 1974 VIII R 95/72, BFHE 112, 546, BStBl II 1974, 572; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 19. Dezember 1978 1 BvR 335, 427, 811/76, BVerfGE 50, 57, BStBl II 1979, 308) oder darauf zurückzuführen ist, daß eine Forderung in ausländischer Währung wegen einer nachhaltigen Änderung des Wechselkurses an Wert verloren hat. Dem entspricht es, daß andererseits Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen oder Wertsteigerungen, die keine Nutzungen enthalten, nicht als Kapitalerträge i. S. des § 20 EStG anzusehen sind. Ob die Erfassung der Zinsen, wie der Kläger meint, unbillig ist und gegen § 131 der Reichsabgabenordnung - AO -(§ 163, § 227 der Abgabenordnung - AO 1977 -) verstößt (vgl. dazu näher BFH-Urteil vom 5. Oktober 1966 VI 279/65, BFHE 87, 64, BStBl III 1967, 37), ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. Februar 1977 VIII 50/74, BFHE 121, 379, BStBl II 1977, 516).
2. Auch die Ankaufspesen und die Auslosungskosten sind nicht einkunftsmindernd zu berücksichtigen.
a) Mit dem FG ist davon auszugehen, daß Aufwendungen, die für den Erwerb einer Kapitalanlage gemacht werden, anders als Aufwendungen bei einer bestehenden Kapitalanlage, wie z. B. Verwaltungskosten (Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs - OFH - vom 26. März 1947 IV 1/47, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 9 Sätze 1 und 2, Rechtsspruch 1), nicht zu den Werbungskosten, sondern zu den Anschaffungskosten zu rechnen sind. Denn zu diesen gehört nicht nur der Kaufpreis in engerem Sinn, sondern alles, was der Erwerber aufwenden muß, um das Wirtschaftsgut zu erlangen, also auch die Nebenkosten, die beim Erwerb von Wertpapieren anfallen, insbesondere die Provision, die Maklergebühr und die Börsenumsatzsteuer (BFH-Urteile vom 15. September 1961 VI 224/61 U, BFHE 73, 772, BStBl III 1961, 547; vom 15. Juli 1966 VI 226/64, BFHE 86, 699, BStBl III 1966, 643; vom 3. August 1976 VIII R 101/77, BFHE 119, 574, BStBl II 1977, 65).
Die Ankaufspesen für die festverzinslichen Wertpapiere können auch nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 1 EStG im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) berücksichtigt werden. Denn bei den festverzinslichen Wertpapieren handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die einem laufenden Wertverzehr nicht unterliegen. Der Umstand, daß diese Aufwendungen den Wert der Kapitalanlage nicht erhöhen, wirkt sich bei der Einkunftsart des § 20 EStG nicht aus. Er wäre lediglich von Bedeutung bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich sowie bei einem Spekulationsgeschäft i. S. des § 23 EStG, bei dem die Anschaffungskosten gewinnmindernd zu berücksichtigen sind (§ 23 Abs. 4 EStG).
b) Zutreffend hat das FG auch die Auslosungskosten nicht als Werbungskosten behandelt, da bei ihnen ähnlich wie bei Veräußerungskosten kein Zusammenhang mit vergangenen oder künftigen Erträgen aus den weggegebenen Wertpapieren besteht. Die Tatsache, daß die freigewordenen Beträge wieder in ertragbringenden Wertpapieren angelegt worden sind, kann allenfalls einen Zusammenhang der Auslosungskosten mit den Ankaufspesen der neuen Wertpapiere begründen, die aber, wie dargelegt, gleichfalls nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können (vgl. im einzelnen auch Urteil BFHE 73, 772, BStBl III 1961, 547).
Fundstellen
Haufe-Index 73384 |
BStBl II 1980, 116 |
BFHE 1980, 132 |