Entscheidungsstichwort (Thema)
Ertragsanteil einer Veräußerungsrente mit Wertsicherungsklausel als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Eine Veräußerungsrente ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch insoweit nur mit dem Ertragsanteil als Werbungskosten abziehbar, als sie auf einer Wertsicherungsklausel beruht (Anschluß an bisherige Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb 1966 ein zu seinem Privatvermögen gehörendes vermietetes Grundstück. Nach dem Kaufvertrag hatte er an die beiden damals 68 und 70 Jahre alten Verkäuferinnen als Gesamtberechtigte neben einer Barzahlung von . . . DM eine monatliche Rente von 1 000 DM auf Lebenszeit der Berechtigten zu zahlen. Beim Tod einer der Berechtigten sollte sich die Rente auf 3/4 des jeweils geschuldeten Rentenbetrags ermäßigen. Die Rente war außerdem aufgrund einer Wertsicherungsklausel an das Gehalt eines Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 10 gekoppelt. Der Kläger zahlte im Streitjahr 1983 an die Berechtigten . . . DM.
Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr begehrte er den Abzug der Rente als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in voller Höhe, soweit die Rentenzahlung sich infolge der Wertsicherungsklausel gegenüber dem ursprünglich vereinbarten Betrag erhöht hatte, im übrigen mit dem Ertragsanteil. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ nur den Ertragsanteil für die gesamte Rente zum Abzug zu.
Das Finanzgericht (FG) wies die mit Zustimmung des FA erhobene Sprungklage im Streitpunkt unter Korrektur eines Rechenfehlers ab.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision. Nach den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Januar 1979 VIII R 38/76 (BFHE 127, 30, BStBl II 1979, 334) und vom 23. Februar 1984 IV R 128/81 (BFHE 140, 548, BStBl II 1984, 516) könne sowohl bei privaten Kaufpreisraten als auch bei betrieblichen Veräußerungsrenten der aufgrund von Wertsicherungsklauseln gezahlte Werterhöhungsbetrag voll als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden. Entsprechendes müsse bei privaten Veräußerungsrenten gelten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei den laufenden Zahlungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Erwerb des zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks um eine private Veräußerungs(leib)rente handelt, die nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehbar ist. Der Rentencharakter wird durch die Wertsicherungsklausel nicht berührt (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1963 VI 59/62 U, BFHE 77, 747, BStBl III 1963, 594; seither ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Fischer in: Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 22 Rdnr. B 136 mit Fußnote 332). Auch die Rechtsauffassung des FG, die Leibrente sei gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 i. V. m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 3 EStG nur mit dem Ertragsanteil abziehbar, und zwar auch, soweit sich die Rente aufgrund der Wertsicherungsklausel erhöht hat, hält den Revisionsangriffen stand. Die Rechtsauffassung des FG entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 11. August 1967 VI R 80/66, BFHE 89, 443, BStBl III 1967, 699, und vom 29. November 1983 VIII R 231/80, BFHE 139, 403, BStBl II 1984, 109, mit Anm. in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1984, 105).
Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung an. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG sind Leibrenten nur mit dem Ertragsanteil als Werbungskosten abziehbar. Eine Unterscheidung zwischen dem ursprünglich vereinbarten Rentenbetrag und dem auf der Wertsicherungsklausel beruhenden Mehrbetrag ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dieser Mehrbetrag ist weder eine zusätzliche selbständige Rente (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969 VI R 267/66, BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9) noch handelt es sich um Schuldzinsen i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG. Der Mehrbetrag, der auf der Wertsicherungsklausel beruht, ist vielmehr ein Teil der Rente, der die Gleichmäßigkeit des inneren Werts der Rente sicherstellt (BFH-Urteil in BFHE 77, 747, BStBl III 1963, 594). Er kann daher einkommensteuerrechtlich nicht anders behandelt werden als der ursprünglich vereinbarte Betrag.
2. Die BFH-Urteile in BFHE 127, 30, BStBl II 1979, 334 und in BFHE 140, 548, BStBl II 1980, 516, auf die der Kläger sich beruft, geben keinen Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung zur Beurteilung von Werterhöhungen bei privaten Kaufpreisrenten abzuweichen.
a) Das Urteil in BFHE 127, 30, BStBl II 1979, 334 betrifft Werterhöhungen aufgrund von Wertsicherungsklauseln bei privaten Kaufpreisraten. Der VIII. Senat hat in seinem Urteil in BFHE 139, 403, BStBl II 1984, 109 mit eingehender Begründung dargelegt, daß die für Kaufpreisraten geltenden Grundsätze nicht auf Kaufpreis(leib)renten übertragen werden können. Auf diese Ausführungen, denen sich der erkennende Senat anschließt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
b) In dem Urteil in BFHE 140, 548, BStBl II 1984, 516 hat der IV. Senat des BFH entschieden, daß die Erhöhung einer betrieblichen Veräußerungsrente bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, voll als Betriebsausgabe abziehbar sei. Die Grundsätze dieser Entscheidung lassen sich ebenfalls nicht auf private Veräußerungsrenten übertragen. Die Entscheidung des IV. Senats des BFH wird von der Überlegung getragen, daß die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG darauf abziele, den gleichen Gesamtgewinn zu erfassen wie die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Bei privaten Veräußerungsrenten spielt der Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit keine Rolle. In diesem Bereich zwingt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG zu einer abweichenden Beurteilung. Die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung von privaten und betrieblichen Veräußerungsrenten ist deshalb gerechtfertigt, weil bei den Gewinneinkünften der Veräußerungsgewinn bei einer späteren Veräußerung des mit der Rente erworbenen Wirtschaftsguts zu versteuern ist, und zwar auch, soweit er auf dem zwischenzeitlich eingetretenen Währungsverfall beruht. Der Veräußerungsgewinn wird durch die Erhöhung der Rente nicht gemindert, weil sich die Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsguts infolge der Werterhöhung der Rente nicht erhöhen (BFH-Urteile in BFHE 89, 443, BStBl III 1967, 699 und in BFHE 139, 403, BStBl II 1984, 109). Wird das erworbene Wirtschaftsgut dagegen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzt, so bleibt der Veräußerungsgewinn regelmäßig steuerfrei. Dadurch wird der Nachteil, daß der Erhöhungsbetrag der Rente nur mit dem Ertragsanteil abziehbar ist, aufgehoben oder doch gemildert.
Fundstellen
Haufe-Index 417212 |
BFH/NV 1991, 227 |