Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern
Leitsatz (amtlich)
Zum Abzug von Erblassersteuerschulden und Nachlaßregulierungskosten bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht.
Normenkette
ErbStG § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 23/1, § 23/4, § 23/5, § 24
Tatbestand
Die Bgin. ist von Finanzamt mit inländischem Grundvermögen sowie einer Hypothek und Grundschuld gemäß § 8 Abs. 1 II des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) zur Erbschaftsteuer herangezogen worden. Sie lebt im Ausland, wo auch die Erblasserin, ihre Tante, gelebt hatte und am 31. Mai 1956 verstorben ist. Der Bevollmächtigte der Bgin. übernahm die Regelung des Nachlasses. Hierbei ermittelte er, daß versehentlich von der Erblasserin eine Hypothekenforderung (Hypothek R.) nicht der Vermögensteuer und die Zinsen aus dieser Hypothek nicht der Einkommensteuer unterworfen worden waren. Er gab die erforderlichen Steuererklärungen ab und sorgte für Abführung der darauf entfallenden Beträge an Einkommensteuer, Abgabe Notopfer Berlin und Vermögensteuer. Streitig ist in der vom Vorsteher des Finanzamts eingelegten Rb. der Abzug der Einkommensteuer und der Abgabe Notopfer Berlin aus den Einkünften der Hypothek in Höhe von 1.269,50 DM sowie von 402,18 DM Kosten der Nachlaßabwicklung. Es handelt sich hierbei um Entgelte für die Grundbuchumschreibung auf die Bgin., die Vorbereitung der Erbschaftsteuererklärung und die Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für die Jahre 1953 bis 1955.
Entscheidungsgründe
Die Rb. hat keinen Erfolg.
Der Abzug der Einkommensteuerschuld und der Abgabe Notopfer Berlin vom Erwerb der Bgin. war entgegen der Auffassung des Vorstehers des Finanzamts zulässig. Nach § 23 Abs. 5 Satz 2 ErbStG sind, wenn sich die Besteuerung auf einzelne Vermögensgegenstände beschränkt, nur die in einer wirtschaftlichen Beziehung zu diesem Teil des Erwerbs stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig. Der notwendige wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Bgin. und der Einkommensteuer- bzw. Notopferschuld der Erblasserin liegt vor. Die Ansicht des Finanzamts, daß insoweit kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Inlandsvermögen vorliegt, wird nicht geteilt. Für den Fall der Vermögensteuerveranlagung eines beschränkt Steuerpflichtigen hat der Reichsfinanzhof den Abzug der Einkommensteuer zugelassen, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dieser Schuld und dem Gesamtvermögen des Steuerpflichtigen besteht (Urteil des Reichsfinanzhofs III A 322/35 vom 2. April 1936, RStBl 1936 S. 618). Für den Streitfall gilt dasselbe hinsichtlich des wirtschaftlichen Zusammenhangs des Erwerbs der Bgin. mit der Einkommensteuer- und Notopferschuld der Erblasserin aus der Hypothekenforderung. Diese Einkommensteuer- und Notopferschuld ist eine Erblasserschuld, die als Nachlaßverbindlichkeit zu berücksichtigen ist; denn die vom Erblasser bei seinem Tode geschuldeten Personensteuern, selbst wenn sie in diesem Zeitpunkt noch nicht veranlagt waren, sind vom Erbschaftserwerb in Abzug zu bringen, weil es sich insoweit um echte Nachlaßverbindlichkeiten handelt (Urteil des Bundesfinanzhofs III 33/56 S vom 6. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 253, 254, Slg. Bd. 63 S. 145). Die gleiche Ansicht wird vertreten von Troll, Erbschaftsteuergesetz, § 24 Abs. 4 Anm. 7 und Anm. 8 S. 451, 452; Megow, Erbschaftsteuergesetz, 4. Aufl. § 24 Anm. V, 2 S. 435, und Kapp, Erbschaft- und Schenkungsteuerkommentar, S. 93, 94. Ebenso war die auf die Bearbeitung der Einkommensteuer- und Vermögenserklärungen der Erblasserin entfallende Vergütung des Bevollmächtigten abzugsfähig. Auch die Kosten der Anfertigung der Erbschaftsteuererklärung durch den Bevollmächtigten sind zu berücksichtigen. Der Begriff "Kosten der Regelung des Nachlasses" ist weit auszulegen. Er umfaßt nicht nur die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses, sondern auch alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 57/21 vom 22. März 1922, Slg. Bd. 9 S. 77). Hier war die Erblasserin eine ausländische Staatsangehörige; sie ist im Ausland verstorben. Ebenso ist die Bgin. (Erbin) ausländische Staatsangehörige und lebt im Ausland. Ihr Bevollmächtigter mußte sich daher um alle mit dem Erbfall zusammenhängenden Fragen der Nachlaßregulierung kümmern. Er hat dies auch pflichtgemäß getan, wie sich insbesondere aus der nachträglichen Anmeldung der Hypothekenforderung zur Einkommensteuer und Vermögensteuer der Erblasserin ergibt. Unter diesen Umständen tritt der Senat der Auffassung der Vorinstanz darin bei, daß die Bemühungen des Bevollmächtigten der Bgin. bei Anfertigung der Erbschaftsteuererklärung in engem Zusammenhang mit der Nachlaßregulierung gestanden haben und daß der hierauf entfallende Teil seiner Vergütung als Nachlaßverbindlichkeit abzuziehen ist. Schließlich ist auch die Vergütung für die Umschreibung der Bgin. im Grundbuch zum Abzug zugelassen. Der Reichsfinanzhof hat in dem zum ErbStG 1906 ergangenen Urteil II A 41/19 vom 4. Juni 1919 (Slg. Bd. 1 S. 124) die Kosten der Umschreibung von Nachlaßgrundstücken und Nachlaßhypotheken auf den alleinigen Erben bei der Erbschaftsteuer nicht für abzugsfähig erklärt, da sie nicht dem Erbschaftserwerb dienten, sondern infolge des Erbschaftserwerbs angefallen seien. In dem bereits angeführten Urteil des Reichsfinanzhofs vom 22. März 1922 - ergangen zum ErbStG 1919 - hat der Reichsfinanzhof dagegen ausgesprochen, daß zu den Kosten der Regelung des Nachlasses auch die Kosten für die Erteilung des Erbscheins und für die Umschreibung der Nachlaßgrundstücke auf die Erben gehörten. Der Senat bejaht für das hier in Betracht kommende ErbStG 1951 den geltend gemachten Abzug, obwohl es sich um einen Alleinerben handelt, da zu den Kosten der Regelung des Nachlasses auch alle Kosten gehören, die aufgewendet werden müssen, um den Erben in den Besitz des ihm aus der Erbschaft Zukommenden zu setzen (Hinweis auf Zimmermann, Erläuterungsbuch zum Erbschaftsteuergesetz, § 12 Anm. 28 a; Mirre, Erbschaftsteuergesetz, § 12 Anm. 21; Kipp, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, § 23 Anm. 66 S. 573, und Berolzheimer, Erbschaftsteuergesetz vom 10. September 1919, § 10 Anm. 11 b). Die Auffassung, daß die Kosten der Umschreibung im Grundbuch nur abzugsfähig seien, wenn es sich um die Umschreibung infolge Erbauseinandersetzung mehrerer Miterben handelt (vgl. insbesondere Troll a. a. O. § 24 Abs. 4 Anm. 15 S. 457 und Megow a. a. O. § 24 Anm. V 7 b S. 440) lehnt der Senat als zu eng ab.
Nach alledem konnte die Rb. des Vorstehers des Finanzamts keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 409930 |
BStBl III 1961, 102 |
BFHE 1961, 273 |
BFHE 72, 273 |