Leitsatz (amtlich)
Eine freigebige Zuwendung zwischen Ehegatten ist dann nicht anzunehmen, wenn die äußeren Umstände, insbesondere ein notariell beurkundeter Vertrag, der der vergleichsweisen Erledigung eines Rechtsstreits zwischen den Ehegatten dient, für das Vorliegen eines anderen Rechtsgrundes sprechen, während für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.
Normenkette
GrEStG 1940 § 3 Nr. 2; ErbStG 1959 § 3 Abs. 1 Nrn. 1-2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die seit 1935 verheiratet ist, lebt seit 1963 von ihrem Ehemann getrennt. Die Ehegatten leben seit dem 1. Juli 1958 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Zwischen den Ehegatten kam es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, über die das Finanzgericht (FG) keine Feststellungen getroffen hat. Am 12. März 1969 beendeten sie diese Auseinandersetzungen durch zwei notariell beurkundete Verträge. In diesen Verträgen erklärten die Klägerin und ihr Ehemann, daß sie darüber einig seien, das Grundstück A-Straße im Zuge einer Teilauseinandersetzung des durch gemeinsame Arbeit erworbenen Vermögens auf die Klägerin übergehen zu lassen. Die Klägerin habe mit ihrem Ehemann gemeinsam in dem von ihnen betriebenen Gewerbebetrieb gearbeitet. Die Erträgnisse dieser Arbeit seien jedoch allein auf den Namen des Ehemannes angelegt worden. Zu diesen Anlagen gehöre auch das Grundstück A-Straße. Ansprüche aus der Zugewinngemeinschaft würden durch die vereinbarte Teilauseinandersetzung nicht berührt. Ein vorzeitiger Zugewinnausgleich werde ausgeschlossen. Der Ehemann verpflichte sich im übrigen, weiterhin für den Tilgungsdienst der dinglich gesicherten Grundstücksschulden aufzukommen. Da die Klägerin nach der Grundstücksübertragung eigene Einkünfte habe, werde durch die Grundstücksübertragung zugleich die Unterhaltsfrage geregelt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Der Einspruch der Klägerin hatte insoweit Erfolg, als das FA die Grunderwerbsteuer herabsetzte. Es vertrat nunmehr die Auffassung, daß eine Gegenleistung nicht ermittelt werden könne und deshalb der Einheitswert Besteuerungsmaßstab sei.
Mit ihrer auf Aufhebung des Steuerbescheids in der Gestalt der Einspruchsentscheidung gerichteten Klage hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, daß der Erwerb gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG 1940 als Schenkung von der Grunderwerbsteuer befreit sei.
Das FG hat die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat Revision eingelegt und ihren Klagantrag weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen.
Der Grundstückserwerb der Klägerin ist nicht gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG 1940 von der Grunderwerbsteuer befreit. Die Feststellungen des FG lassen nicht den Schluß zu, daß eine Grundstücksschenkung i. S. des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) vorliegt. Insbesondere ist im vorliegenden Fall nicht von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, daß bei Vermögenszuwendungen zwischen Ehegatten im Einzelfall eine Schenkung oder eine freigebige Zuwendung vorliege (vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Bundesgerichtshofs - BGH - in seinem Urteil vom 14. Juli 1971 III ZR 91/70, Wertpapier-Mitteilungen 1971 S. 1338, 1341 - WM 1971, 1338, 1341 -, und des erkennenden Senates in seinem Urteil vom 5. März 1980 II 148/76, BFHE 130, 179). Denn im vorliegenden Fall ergibt sich aus den beiden notariellen Urkunden vom 12. März 1969, daß sich die Ehegatten über das Vermögen auseinandersetzen wollten, das sie durch gemeinsame Tätigkeit in dem auf den Namen des Ehemannes betriebenen Gewerbebetrieb erarbeitet hatten.
Eine Auseinandersetzung über dieses Vermögen war nur dann sinnvoll, wenn die Ehegatten, sei es auch nur im Vergleichswege zur Erledigung der anhängigen gerichtlichen Verfahren, davon ausgingen, daß die Klägerin ein Anrecht darauf habe, an den Früchten ihrer Tätigkeit in dem gemeinsam betriebenen Gewerbebetrieb teilzuhaben. Selbst wenn der Ehemann in den anhängigen Gerichtsverfahren derartige Ansprüche bestritten haben sollte, ist nicht zu übersehen, daß der seit 1963 von ihrem Ehemann getrennt lebenden Ehefrau zumindest ein Anspruch auf vorzeitigen Ausgleich des seit 1958 erzielten Zugewinnes zustand (vgl. § 1385 BGB). Die Klägerin hat zwar auf einen vorzeitigen Ausgleich des Zugewinnes verzichtet. Es muß nach Sachlage aber davon ausgegangen werden, daß für diesen Verzicht auch die Bereitschaft des Ehemannes mit ausschlaggebend gewesen ist, ein Grundstück auf die Klägerin zu übereignen.
Unter diesen Umständen lassen die beiden notariellen Urkunden nur den Schluß zu, daß mit der Übereigung des Grundstückes A-Straße keine freigebige Zuwendung an die Klägerin bewirkt wurde. Die Übereignung des Grundstückes diente vielmehr der Erledigung anhängiger gerichtlicher Verfahren. Denn die Ehegatten haben ausdrücklich erklärt, daß mit Abschluß des Vergleiches die anhängigen gerichtlichen Verfahren beendet werden und daß dem Gericht mitgeteilt werde, die Rechtsstreitigkeiten seien in der Hauptsache durch außergerichtlichen Vergleich erledigt worden. Demgegenüber gibt es keine Anhaltspunkte, die für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung sprechen könnten. Auch die Ausführungen in der Revisionsbegründung lassen einen anderen Schluß nicht zu. Insbesondere kann aus der Festsetzung des Anfangsvermögens der Klägerin auf 0 DM entgegen der Auffassung der Revision nicht auf das Vorliegen einer freiwilligen Zuwendung geschlossen werden. Denn auch für den Ehemann wurde, abgesehen von Wertpapieren, die vom Vater des Ehemannes stammten, kein Anfangsvermögen festgelegt. Das kann nur bedeuten, daß sich im Anfangsvermögen beider Ehegatten keine Teile des gemeinsam erarbeiteten Vermögens befunden haben. Deshalb kann aus der Festsetzung des Anfangsvermögens nichts für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung hergeleitet werden.
Läßt sich nicht feststellen, daß die Grundstücksübertragung aufgrund einer freigebigen Zuwendung erfolgte, so ist der Erwerb des Grundstückes durch die Klägerin nicht gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG 1940 von der Grunderwerbsteuer befreit.
Auf die Frage des richtigen Besteuerungsmaßstabes braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht mehr einzugehen. Da ihm eine Verböserung verwehrt ist, bleibt es in jedem Fall bei dem vom FA in Höhe des Einheitswertes des übertragenen Grundstückes angesetzten Besteuerungsmaßstabes.
Fundstellen
Haufe-Index 73594 |
BStBl II 1980, 607 |
BFHE 1981, 89 |