Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung des Stpfl. Zur Beantwortung eines Fragebogens über gesellschaftsteuerrelevante Sachverhalte
Leitsatz (amtlich)
Das FA kann vom Steuerpflichtigen nur dann die Beantwortung eines Fragebogens über gesellschaftsteuerrelevante Sachverhalte verlangen, wenn konkrete Umstände oder allgemeine Erfahrungen für eine Steuerpflicht im Einzelfall sprechen. Die Tatsache, daß Steuergesetze nicht immer beachtet werden, stellt keine allgemeine Erfahrung in diesem Sinne dar.
Orientierungssatz
1. Eine Verfügung des FA, mit der es seine Aufforderung zur Beantwortung eines (hier:) Kapitalverkehrsteuer-Fragebogen wiederholt, ist ein belastender Verwaltungsakt, gegen den die Anfechtungsklage erhoben werden kann (§ 40 FGO).
2. § 90 Abs. 1 AO 1977 ist eine allgemeine Vorschrift, die nur innerhalb der in der AO 1977 bzw. in den Einzelsteuergesetzen näher geregelten Verfahren gilt. Sie begründet jedoch keine Rechtsgrundlage für ein eigenständiges Verfahren.
3. § 93 AO 1977 bildet eine zulässige Rechtsgrundlage für Sammelauskunftsersuchen in sachlicher und persönlicher Hinsicht und ist nicht nur auf Einzelermittlungen bestimmter Sachverhalte zugeschnitten (vgl. Literatur).
4. Die im KVStG 1972, VersStG 1959 oder FeuerschStG 1979 vorgesehenen Steueranmeldungen sind als Steuererklärungen anzusehen (vgl. § 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977).
5. Die Steuererklärung ist ebenso wie die Auskunftspflicht der Beteiligten nach § 93 AO 1977 ein Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts, von dem die Finanzbehörde nach ihrem Ermessen Gebrauch zu machen hat (vgl. Literatur). Das Verlangen des FA nach Auskunft der Beteiligten oder Abgabe von Steuererklärungen muß verhältnismäßig und zumutbar sein. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet aber, daß der grundrechtlich geschützte Freiheitsanspruch des Bürgers von der öffentlichen Gewalt jeweils nur soweit beschränkt werden darf, als dies zum Schutz öffentlicher Interessen mit Verfassungsrang --hier der finanziellen Sicherheit des Staates und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung-- unerläßlich ist (vgl. BVerfG-Urteil vom 6.4.1989 1 BvR 33/87).
6. Ein Antrag des Klägers, die Kostenentscheidung des mit der Revision angefochtenen Urteils analog § 718 Abs. 1 ZPO vor Entscheidung über die Hauptsache für vorläufig vollstreckbar zu erklären, ist unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1970 VI R 248/69).
Normenkette
AO 1977 § 90 Abs. 1, §§ 5, 93; GG Art. 3 Abs. 1; AO 1977 § 149 Abs. 1; GG Art. 2; AO 1977 § 118; ZPO § 718 Abs. 1; FGO §§ 40, 143 Abs. 1; AO 1977 § 150 Abs. 1 S. 2; KVStG 1972; KVStDV 1960 §§ 4-5; VersStG 1959 § 8 Abs. 5; FeuerschStG 1979
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 02.04.1987; Aktenzeichen III 48/86) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Persönlich haftende Gesellschafterin ist seit 1970 die G-GmbH. Wegen des Ersterwerbs von Gesellschaftsrechten an der Klägerin setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 12.Oktober 1970 Gesellschaftsteuer in Höhe von 250 DM fest.
Am 31.März 1976 führte das FA bei der Klägerin eine Kapitalverkehrsteuerprüfung durch. Die Prüfung ergab keine Beanstandungen. Am 10.Mai 1982 übersandte das FA der Klägerin einen Kapitalverkehrsteuer-Fragebogen (KVSt 22). Dieser enthielt auf 2 1/2 Druckseiten Fragen nach steuererheblichen Sachverhalten, unterteilt in Abschnitt I. Allgemeines, II. Gesellschaftsteuer und III. Börsenumsatzsteuer. Die Klägerin füllte den Fragebogen aus, indem sie den Ort ihrer Geschäftsleitung angab und alle übrigen Fragen mit "nein" beantwortete oder mit einem Strich versah.
Am 5.September 1985 übersandte das FA der Klägerin einen weiteren Kapitalverkehrsteuer-Fragebogen (KVSt 4). Dieser umfaßte auf 7 1/2 Druckseiten wiederum Fragen nach steuererheblichen Sachverhalten --und zwar in Abschnitt I. Allgemeines (1 Druckseite), in Abschnitt II. Gesellschaftsteuer (5 Druckseiten), in Abschnitt III. Börsenumsatzsteuer (1 Druckseite) und in Abschnitt IV. Versicherungsteuer und Feuerschutzsteuer (1/2 Druckseite). Die Aufforderung des FA zur Ausfüllung des Fragebogens bezog sich zunächst auf die Zeit vom 1.Januar 1982 bis zum 31.Dezember 1984. Die Klägerin bestritt das Recht des FA, die Ausfüllung des Fragebogens von ihr zu verlangen. Sie teilte außerdem mit, sie habe für das Kalenderjahr 1984 bisher keine Bilanz erstellt und könne die entsprechenden Fragen schon deshalb nicht beantworten. Daraufhin beschränkte das FA mit Verfügung vom 24.September 1985 den Zeitraum, für den die Fragen zu beantworten waren, auf die Zeit vom 1.Januar 1982 bis zum 31.Dezember 1983 und setzte für die Abgabe des Fragebogens eine Frist bis zum 15.Oktober 1985. Die Beschwerde blieb erfolglos.
Auf die Klage hob das Finanzgericht (FG) die Verfügungen des FA vom 5. und 24.September 1985 sowie die Beschwerdeentscheidung auf. Das Urteil des FG ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 473 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 93 der Abgabenordnung (AO 1977).
Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 11.November 1987 beantragte sie ferner, das mit der Revision angefochtene Urteil analog § 718 Abs.1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) vor Entscheidung über die Hauptsache wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Das Urteil des FG enthalte ersichtlich aus Versehen keine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt.
Entscheidungsgründe
II. A) Die Revision des FA ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Verfügung des FA vom 24.September 1985, mit dem es seine Aufforderung zur Beantwortung des Kapitalverkehrsteuer-Fragebogens wiederholte, ein belastender Verwaltungsakt, gegen den die Klägerin Anfechtungsklage erheben konnte (§ 40 FGO).
Nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt mußte die Klägerin die wiederholte Aufforderung als Maßnahme der Behörde zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung des Erzwingungsverfahrens gemäß § 328 AO 1977 verstehen. In der Erzwingbarkeit unterscheidet sich das Verlangen des FA gegenüber der Aufforderung zur Empfängerbenennung gemäß § 160 AO 1977 oder § 16 des Außensteuergesetzes (AStG) i.V.m. § 160 AO 1977, die lediglich als Vorbereitungshandlung zum Erlaß eines Verwaltungsaktes, der Steuerfestsetzung, anzusehen sind (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12.September 1985 VII R 371/83, BFHE 146, 99, BStBl II 1986, 537, und vom 20.April 1988 I R 67/84, BFHE 154, 5, BStBl II 1988, 927).
2. Das FG hat zu Recht die Verfügung des FA vom 24.September 1985 aufgehoben, weil sie rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs.1 FGO). Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung.
a) Die materiellen Einzelsteuergesetze, deren Vollzug der streitige Fragebogen dienen soll, enthalten keine Verpflichtung des Steuerpflichtigen, zu Kontrollzwecken Fragebögen auszufüllen und dem FA zu übersenden.
Nach § 29 Abs.1 Nr.7 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 i.V.m. §§ 4, 5 der Kapitalverkehrsteuer-Durchführungsverordnung (KVStDV) haben die Beteiligten der Gesellschaftsteuer unterliegende Rechtsvorgänge binnen zwei Wochen dem zuständigen Kapitalverkehrsteueramt anzumelden. Nach § 8 Abs.5 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) und § 8 des Feuerschutzsteuergesetzes (FeuerschStG) müssen die Versicherungsnehmer, wenn sie Steuerschuldner sind, den Abschluß der Versicherung dem FA unverzüglich anzeigen und innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Monats, in dem das Versicherungsentgelt gezahlt worden ist, eine Steueranmeldung abgeben und die selbst berechnete Steuer entrichten. Der Versicherungsnehmer ist Steuerschuldner, wenn der Versicherer im Inland weder einen Wohnsitz (Sitz) noch einen Bevollmächtigten zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts hat (§ 7 Abs.3 VersStG, § 5 Abs.3 FeuerschStG). Nur auf diese Fälle der Versicherung und Feuerschutzversicherung bezieht sich der streitige Fragebogen. Nach § 29 Abs.1 Nr.7 KVStG i.V.m. § 26 Abs.3 KVStDV müssen inländische Händler für Zwecke der Börsenumsatzsteuer Steueranmeldungen abgeben.
Die Einzelsteuergesetze verpflichten demnach die Steuerpflichtigen lediglich dazu, im zeitlichen Zusammenhang mit einem konkreten steuerpflichtigen Rechtsvorgang Steueranmeldungen abzugeben. Sie ermächtigen das FA nicht, allein zu Kontrollzwecken von potentiellen Steuerpflichtigen die Ausfüllung allgemein gehaltener Fragebögen zu verlangen.
b) Das FA konnte sein Verlangen nicht auf § 90 Abs.1 AO 1977 stützen. Danach sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen dieser Pflicht insbesondere dadurch nach, daß sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen.
§ 90 Abs.1 AO 1977 ist eine allgemeine Vorschrift, die nur innerhalb der in der AO 1977 bzw. in den Einzelsteuergesetzen näher geregelten Verfahren gilt. Dazu gehören z.B. die Erfassung der Steuerpflichtigen (§§ 134 ff. AO 1977), Anzeigepflichten (§§ 137 ff. AO 1977), die Führung von Büchern und Aufzeichnungen (§§ 140 ff. AO 1977), die Abgabe von Steuererklärungen (§§ 149 ff. AO 1977), das Steuerfestsetzungsverfahren (§§ 155 ff. AO 1977), die Haftung (§ 191 AO 1977) und die Außenprüfung (§§ 193 ff. AO 1977). § 90 Abs.1 AO 1977 begründet jedoch keine Rechtsgrundlage für ein eigenständiges Verfahren.
c) Auch die Voraussetzungen des § 93 AO 1977 liegen im Streitfall nicht vor. Nach dieser Vorschrift haben die Beteiligten der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
§ 93 AO 1977 bildet zwar eine zulässige Rechtsgrundlage für Sammelauskunftsersuchen in sachlicher und persönlicher Hinsicht und ist nicht nur --wie das FG meint-- auf Einzelermittlungen bestimmter Sachverhalte zugeschnitten (Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 3.Aufl. 1989, § 93 Anm.1). Voraussetzung für ein Auskunftsersuchen nach § 93 AO 1977 ist aber, daß die Heranziehung eines Auskunftspflichtigen aufgrund konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen im Einzelfall geboten ist (BFH-Urteile vom 29.Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359; vom 18.März 1987 II R 35/86, BFHE 149, 267, BStBl II 1987, 419; vom 24.März 1987 VII R 30/86, BFHE 149, 404, BStBl II 1987, 484; Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 6.April 1989 1 BvR 33/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1989, 440). Diese Anforderungen ergeben sich aus der Funktion der Auskunftspflicht der Beteiligten als verfahrensrechtliches Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts (§ 92 AO 1977).
Der Senat kann offenlassen, ob die vorgenannten Anforderungen Tatbestandsmerkmale des § 93 Abs.1 AO 1977 darstellen oder von der Finanzbehörde im Rahmen der pflichtgemäßen Ausübung ihres Ermessens zu berücksichtigen sind. Denn ein Ermessensfehler der Finanzbehörden muß wegen § 127 AO 1977 ebenso zur Aufhebung der streitigen Verfügung führen wie ein Verstoß gegen den Tatbestand des § 93 AO 1977.
Im Streitfall hatten die Finanzbehörden --wie das FG festgestellt hat-- keine konkreten Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin einen oder mehrere der im Fragebogen erfragten steuerlichen Sachverhalte verwirklicht haben könnte. Die Klägerin selbst hatte solche Tatbestände nicht angemeldet. Die bei ihr durchgeführte Kapitalverkehrsteuerprüfung hatte ebenfalls keinen Hinweis dafür ergeben. Ebensowenig waren aus dem von der Klägerin früher abgegebenen Kapitalverkehrsteuer-Fragebogen KVSt 22 Anhaltspunkte für kapitalverkehr- oder versicherungsteuerliche Vorgänge ersichtlich.
Es liegen auch keine allgemeinen Erfahrungen vor, die die Vermutung begründen könnten, daß die Klägerin einen oder mehrere der steuergesetzlichen Tatbestände verwirklicht hätte, deren Ermittlung der Fragebogen dienen soll. Insbesondere allgemeine Erfahrungen dahin, daß Kapitalgesellschaften in besonderem Maße Geschäfte mit ausländischen Versicherern abschließen und dabei ihre steuerlichen Pflichten versäumen, sind weder offenkundig noch vom FG festgestellt. Abschnitt IV des streitigen Fragebogens, der die Verwirklichung dieser Tatbestände kontrollieren soll, läßt sich folglich damit nicht begründen.
Der vom FA vorgebrachte Erfahrungssatz, die steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften würden häufig nicht erkennen, daß sie die Steuerpflicht nach dem KVStG auslösten und wären in vielen Fällen nicht über ihre gesetzlichen Anzeigepflichten orientiert, ist ebenfalls weder offenkundig noch festgestellt. Die Tatsache, daß Gesetze im allgemeinen und Steuergesetze im besonderen nicht immer beachtet werden, stellt zudem keine allgemeine Erfahrung dar, die ein Abfragen aller nach dem KVStG denkbaren Steuertatbestände und noch dazu über mehrere Jahre rechtfertigen könnte. Andernfalls wären die Befugnisse der Finanzbehörden nach § 93 AO 1977 letztlich schrankenlos. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet aber, daß der grundrechtlich geschützte Freiheitsanspruch des Bürgers von der öffentlichen Gewalt jeweils nur soweit beschränkt werden darf, als dies zum Schutz öffentlicher Interessen mit Verfassungsrang --hier der finanziellen Sicherheit des Staates und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung-- unerläßlich ist (BVerfG in HFR 1989, 440).
Überdies können --ohne daß dies in § 93 Abs.1 AO 1977 ausdrücklich vorgeschrieben werden mußte-- vom Steuerpflichtigen keine unzumutbaren Auskünfte verlangt werden (BVerfG in HFR 1989, 440).Das FG hat zu Recht ausgeführt, daß es für die Klägerin unzumutbar war, sich mit einem so umfangreichen Fragenkatalog wie dem streitigen Fragebogen KVSt 4 zu befassen, nachdem die bisherigen Ermittlungen des FA gegenüber der Klägerin keine Anhaltspunkte für steuerpflichtige Vorgänge ergeben hatten. Die Klägerin hätte dafür, worauf das FG zutreffend hinweist, einen Steuerberater beauftragen müssen, was für sie mit erheblichen Aufwendungen verbunden wäre.
d) Das FA konnte sein Verlangen auch nicht auf § 149 Abs.1 Satz 2 AO 1977 stützen. Danach ist zur Abgabe einer Steuererklärung auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird.
Zu Recht hat das FG aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang der Vorschrift insbesondere mit § 150 AO 1977, wo mehrfach auf die Regelungen der Einzelsteuergesetze verwiesen wird (z.B. § 150 Abs.1 Satz 2, Abs.3 Satz 1, Abs.4 Satz 1), gefolgert, daß nach § 149 Abs.1 Satz 2 AO 1977 nur solche Steuererklärungen angefordert werden können, die in dem betreffenden Einzelsteuergesetz grundsätzlich vorgesehen sind. Jedoch sind die im KVStG, VersStG und FeuerschStG vorgesehenen Steueranmeldungen (siehe oben 2.a) als Steuererklärungen anzusehen (vgl. § 150 Abs.1 Satz 2 AO 1977). Die Befugnis des FA kann deshalb insoweit nicht --wie das FG annimmt-- am fehlenden "Steuererklärungs-Erfindungsrecht" scheitern.
Da aber die Steuererklärung ebenso wie die Auskunftspflicht der Beteiligten nach § 93 AO 1977 ein Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts ist, von dem die Finanzbehörde nach ihrem Ermessen Gebrauch zu machen hat (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 149 AO 1977 Tz.1), muß das Verlangen nach Abgabe von Steuererklärungen verhältnismäßig und zumutbar sein. Das aber ist, wie bereits oben unter 2.c) ausgeführt, hier nicht der Fall.
e) Es kann auch vom FA nicht mit Erfolg eingewandt werden, die Klägerin habe die im Kapitalverkehrsteuer-Fragebogen gestellten Fragen im Rahmen einer Außenprüfung nach § 44 KVStDV, § 10 VersStG, § 9 FeuerschStG ohnehin zu beantworten. Das Auskunftsersuchen oder die Anforderung einer Steuererklärung sei folglich demgegenüber das mildere Mittel.
Die besonderen Prüfungen auf dem Gebiet der Verkehrsteuern sind Außenprüfungen i.S. der §§ 193 ff. AO 1977. Wie jede Außenprüfung sind sie daher anzuordnen; die Prüfungsanordnung muß dem Steuerpflichtigen bekanntgegeben werden. Im Streitfall hatte das FA keine Außenprüfung unter den Voraussetzungen der §§ 193 ff. AO 1977 angeordnet, so daß die Beantwortung des Fragebogens nicht im Rahmen einer Außenprüfung verlangt werden konnte. Im übrigen kann der Verweis auf eine mögliche Außenprüfung die Rechtsgrundlage für belastende Ermittlungsmaßnahmen nicht ersetzen.
B) Der Antrag der Klägerin vom 11.November 1987, die Kostenentscheidung des mit der Revision angefochtenen Urteils analog § 718 Abs.1 ZPO vor Entscheidung über die Hauptsache für vorläufig vollstreckbar zu erklären, ist unzulässig (BFH-Urteil vom 18.Dezember 1970 VI R 248/69, BFHE 101, 478, BStBl II 1971, 426); er war daher zu verwerfen (§ 126 Abs.1 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 62972 |
BFH/NV 1990, 25 |
BStBl II 1990, 280 |
BFHE 159, 98 |
BFHE 1990, 98 |
BB 1990, 694 |
BB 1990, 694-695 (LT) |
DB 1990, 970 (T) |
HFR 1990, 285 (LT) |