Entscheidungsstichwort (Thema)
PKW-AfA nicht nach AfA-Tabelle zu berechnen
Leitsatz (NV)
Der Senat hält auch für das Streitjahr 1983 an seiner Rechtsprechung fest, wonach bei PKW die Zugrundelegung einer regelmäßig vierjährigen Nutzungsdauer zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt (Bestätigung des BFH-Urteils vom 26. Juli 1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 7
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1983 als Geschäftsführer einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nichtselbständig tätig. Seine beruflichen Fahrten zu Mandanten führte er mit einem privaten PKW durch, und zwar von Januar bis November 1983 mit einem gebraucht gekauften Mercedes (DB) (Baujahr 1980) und ab Dezember 1983 mit einem neu erworbenen DB. Die Gesamtfahrleistung lag laut Fahrtenbuch in 1983 bei 29000 km, in den Vorjahren bei 26600 km (1982) und 24000 km (1981).
In seiner Einkommensteuererklärung 1983 machte der Kläger Kraftfahrzeugkosten in Höhe von 13126 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die Absetzungen für Abnutzung (AfA) für den 1981 gebraucht gekauften DB berechnete er nach den Anschaffungskosten von 23728 DM und einer Restnutzungsdauer von drei Jahren mit 7908 DM. Für den im Dezember 1983 neu erworbenen DB errechnete der Kläger, ausgehend von Anschaffungskosten in Höhe von 39060 DM und einer vierjährigen Nutzungsdauer, eine AfA von 4883 DM (39060 DM : 4 Jahre x 1/2).
Abweichend hiervon ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zunächst von einer achtjährigen, im Einspruchsverfahren von einer sechsjährigen Nutzungsdauer aus. Zur Begründung führte das FA aus, Ermittlungen bei der örtlichen Werksvertretung des Fahrzeugherstellers hätten für beide Fahrzeugtypen eine durchschnittliche Gesamtlaufzeit der Motoren von 160000 km und der Karrosserie von 300000 km ergeben. Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung des Klägers von 26000 km im Jahr führe dies zu einer Nutzungsdauer von sechs Jahren.
Die hiergegen vor dem Finanzgericht (FG) erhobene Klage hatte Erfolg. Zur Begründung führte das FG aus: Die technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer der PKW sei im Einzelfall zu schätzen. Als Schätzungsgrundlage stünden der Verwaltung die auf Erfahrungswerten beruhenden amtlichen AfA-Tabellen zur Verfügung, wonach für PKW von einer vierjährigen Nutzungsdauer auszugehen sei. Diese Tabelle habe die Vermutung der Richtigkeit für sich. Ein Abweichen von der AfA-Tabelle sei nur möglich, wenn sich ein deutlicher Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten ergebe. Zwar würden auch nach Ablauf der vier Jahre für bestimmte Fahrzeugtypen regelmäßig hohe Wiederverkaufspreise erzielt. Solange die Verwaltung jedoch selbst keine Änderung der AfA-Tabelle vornehme, bestehe kein Grund, von der AfA-Tabelle abzuweichen.
Gegen dieses Urteil wendet sich das FA mit der vom Senat zugelassenen Revision und führt aus: Die Entscheidung des FG stehe in Widerspruch zu anderen FG-Urteilen, in denen eine von den AfA-Tabellen abweichende Schätzung der Nutzungsdauer zugelassen worden sei, wenn dies in deutlichem Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles stehe (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. März 1986 5 K 270/85, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1986, 491; Niedersächsisches FG, Urteile vom 15. Februar 1989 IX 490/85, nicht veröffentlicht - NV - und vom 8. Juni 1989 VI 211/88; FG Berlin, Urteil vom 16. Oktober 1989 VIII 353/88, EFG 1990, 295; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.Juli 1990 XII K 374/88, EFG 1991, 79). Im übrigen verweist das FA auf das Senatsurteil vom 26. Juli 1991 VI R 82/89 (BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000). Danach sei der Revision zu entsprechen, weil der Kläger lediglich die Anwendung der AfA-Tabelle begehre und eine niedrigere Nutzungsdauer unter Berücksichtigung der Jahresfahrleistung und des Kraftfahrzeugtyps nicht nachgewiesen habe.
Der Kläger macht geltend, das FG habe sein Urteil nicht auf die Bindungswirkung der AfA-Tabellen gestützt, sondern die tatsächliche Nutzungsdauer im Einzelfall berücksichtigt. Auch bei Anwendung der Maßstäbe des Senatsurteils in BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000 wäre angesichts der Fahrleistung von 30000 km/Jahr und der verschleißfördernden Nutzung des Fahrzeugs im Kurzstreckenverkehr von einer vierjährigen AfA auszugehen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Führt ein Arbeitnehmer Dienstreisen mit seinem PKW durch, so kann er bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die hierdurch entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten absetzen. Hierzu gehört gemäß § 9 Abs. 1 Nr.7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch der Teil der AfA, der dem Anteil der Dienstreisen an den Gesamtfahrten (Privatfahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) entspricht. Die AfA bemißt sich nach demjenigen Teil der Anschaffungskosten, der bei gleichmäßiger Verteilung auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Absetzung bestimmt sich bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStG), bei Wirtschaftsgütern der Überschußeinkünfte nach der Nutzungsdauer, die das Wirtschaftsgut nach seiner voraussichtlichen technischen und wirtschaftlichen Lebensdauer von dem Steuerpflichtigen zur Erzielung der Überschußeinkünfte eingesetzt werden könnte (Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 7 Anm.5). Wie der Senat mit Urteilen in BFHE 165, 378, BStBl II 1992, 1000, vom 8. November 1991 VI R 88/89 (BFH/NV 1992, 300) sowie vom 31. Januar 1992 VI R 157/89 (Neue Juristische Wochenschrift 1992, 1910) entschieden hat, führt die Anwendung der von der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabelle, die bei Kraftfahrzeugen von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von vier Jahren ausgeht, wegen der technischen Fortentwicklung für den Regelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung (zustimmend Apitz, Die steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 1992, 184; Gosch, StBp 1992, 24; Mathiak, Deutsches Steuerrecht 1992, 449, 454; Nissen, in Rechts- und Wirtschaftspraxis 1992, 1213; Rößler, Der Betrieb - DB - 1992, 1211; Werndl, in Anmerkungen zur Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz 1975, zu § 7 Abs. 1 Satz 2, Rechtsspruch 2; a.A. Schmidt, DB 1992, 502 und 1212 sowie Freudenberg, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1992, 148, der eine Verkürzung der Abschreibungsdauer für geboten hält).
Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, denn es hat seiner Entscheidung eine Richtigkeitsvermutung der in der AfA-Tabelle genannten vierjährigen Nutzungsdauer für Kraftfahrzeuge und eine grundsätzliche Bindung des FA an die AfA-Tabelle zugrunde gelegt. Daher war das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung des vorgenannten Urteils des Senats an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 418907 |
BFH/NV 1993, 362 |