Leitsatz (amtlich)
Der Vermögensvorteil, den der Steuerpflichtige durch den auf außerbetrieblichen Gründen beruhenden Verzicht des Gläubigers auf eine zum Betriebsvermögen gehörende Darlehnsforderung erlangt, erhöht nicht den steuerlichen Gewinn.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 1, §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 5; KStG § 11 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist bei den Einkommensteuer- und Gewerbesteuerveranlagungen für 1963, ob eine Vermögensmehrung durch Schulderlasse steuerfrei ist.
Über das Vermögen des Gemeinschuldners wurde im Jahre 1965 das Konkursverfahren eröffnet. Bis zum 30. April 1963 war der Gemeinschuldner Komplementär einer KG. Kommanditisten dieser KG waren seine Schwester und deren späterer Ehemann. Die Kommanditisten schieden auf Grund des Vertrages vom 24. April 1963 aus der KG aus. Der Gemeinschuldner führte das Unternehmen als Einzelkaufmann weiter. Die ehemaligen Kommanditisten und die Mutter des Gemeinschuldners verzichteten im Laufe des Jahres 1963 auf die Rückzahlung der dem Gemeinschuldner gewährten Darlehen. Ebenso erließen sechs Lieferanten Teile ihrer Forderungen. Diese Forderungsverzichte der Gläubiger ergaben in der Bilanz zum 31. Dezember 1963 einen Vermögenszuwachs von 125 343,83 DM, den der Gemeinschuldner als steuerfreien Sanierungsgewinn ansah. Das FA behandelte ihn als einkommen- und gewerbesteuerpflichtig und meldete die sich so ergebende Einkommensteuer und Gewerbesteuer zur Konkurstabelle des inzwischen eröffneten Konkursverfahrens an. Auf den Widerspruch des Konkursverwalters erließ das FA Feststellungsbescheide (§ 146 Abs. 5 KO), durch die es die Widersprüche als unbegründet zurückwies. Die Einsprüche des Konkursverwalters gegen diese Feststellungsbescheide hatten keinen Erfolg. Auch die Klagen des Konkursverwalters blieben erfolglos. Die Vorinstanz verneinte das Vorliegen eines steuerfreien Sanierungsgewinns im Sinne des auch bei der Einkommensteuer anwendbaren § 11 Nr. 4 des KStG u. a. auch deshalb, weil nur sechs von einigen hundert Gläubigern auf Teile ihrer Forderungen verzichtet hätten. Bei einem Teil der weggefallenen Verbindlichkeiten habe es sich um Ansprüche von Personen gehandelt, die dem Gemeinschuldner nahegestanden und ihn damit in einer Weise hätten unterstützen wollen, wie das nur auf Grund enger familiärer Bande zu geschehen pflege.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des Konkursverwalters führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Zu Recht ging die Vorinstanz davon aus, die Steuerfreiheit der Sanierung setze voraus, daß der Schulderlaß geeignet sei, ein sanierungsbedürftiges Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (vgl. Urteile des BFH I 359/60 S vom 25. Oktober 1963, BFH 78, 308, BStBl III 1964, 122, und I 62/61 U vom 22. April 1964, BFH 79, 382, BStBl III 1964, 370). Die Feststellung des FG, daß diese Voraussetzungen nicht vorlagen, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die erlassenen Schulden nur einen Bruchteil des Betrages ausmachten, der erforderlich gewesen wäre, um das Unternehmen zu sanieren.
Die Vorentscheidung muß jedoch aufgehoben werden, weil sie einerseits die Ausbuchung der Darlehen gewinnerhöhend behandelte, andererseits aber feststellte, die dem Gemeinschuldner nahestehenden Personen hätten auf die Rückzahlung der Darlehen aus verwandtschaftlichen Gründen verzichtet. Wenn das zutrifft, so erlangte der Gemeinschuldner eine in der Privatsphäre liegende Vermögensmehrung, die er in sein Betriebsvermögen einlegte (vgl. Urteil des RFH VI A 908/35 vom 8. Januar 1936, RStBl 1936, 416). Die Ausbuchung der Darlehnsschulden ist dann insoweit eine Einlage im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, die den Gewinn nicht erhöhen darf.
Fundstellen
Haufe-Index 69023 |
BStBl II 1970, 518 |
BFHE 1970, 27 |