Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff der „besonderen Bedingungen” bei der Gewährung von fortlaufendem Zahlungsaufschub.
2. Zur Frage der Wirksamkeit einer vom Steuerpflichtigen eingegangenen Verpflichtung, in bestimmten Fällen von Übertretungen ein Sicherungsgeld zu zahlen.
Normenkette
AO §§ 95, 129, 203; BrMonG § 78; StundO § 8
Tatbestand
Der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) war am 5. März 1959 vom Hauptzollamt (HZA) ein sechsmonatiger fortlaufender Zahlungsaufschub für Branntweinsteuer im Lager- und Begleitscheinverkehr bewilligt worden. Der Höchstbetrag der Aufschubsumme wurde auf 20 000 DM festgesetzt und am 30. September 1963 auf 50 000 DM erweitert. Bei Aushändigung der Bewilligung gab der alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter der Klägerin am 12. März 1959 eine formularmäßige Erklärung ab, in der er für den Aufschub die Vorschriften der Stundungsordnung vom 29. Januar 1923 (RGBl I, 75) als verbindlich anerkannte und er die Beträge, deren Aufschubfristen innerhalb eines Kalendermonats ablaufen, spätestens am 25. d. M. zahlen werde. Ferner verpflichtete er sich dabei u. a., für jeden Fall der Überschreitung der Aufschubsumme ein Sicherungsgeld zu zahlen, das in Höhe von mindestens 100 DM und höchstens 10 000 DM vom HZA festgesetzt und eingezogen werden könne.
Als bei der Klägerin mehrfach Überschreitungen der Aufschubsumme vorgekommen waren, wies das HZA die Klägerin zunächst darauf hin, daß sie ihr Aufschubkonto selbst überwachen müsse. Bei einer erneuten Überschreitung der Aufschubsumme am 5. Mai 1965 setzte das HZA durch Bescheid vom 11. Mai 1965 ein Sicherungsgeld in Höhe von 50 DM gegen die Klägerin fest. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies die Beklagte und Revisionsklägerin (Oberfinanzdirektion - OFD –) als unbegründet zurück. Die Berufung der Klägerin, die das Finanzgericht (FG) nach Inkrafttreten der FGO gemäß § 184 FGO als Klage gegen die OFD weiterbehandelte, hatte Erfolg. Das FG hob die Festsetzung des HZA in der Gestalt der Beschwerdeentscheidung der OFD auf.
Das FG führte aus, die Festsetzung eines Sicherungsgeldes gemäß § 203 AO setze voraus, daß der Steuerpflichtige „besondere Bedingungen” nicht einhalte, die ihm bei der Gewährung von Steuervergünstigungen auferlegt worden seien. Auflagen aber, wie im Streitfalle, dürften nur bei Steuervergünstigungen, deren Gewährung das Gesetz „zulasse”, nicht aber bei anderen steuerlichen Vergünstigungen, auf die ein Rechtsanspruch bestehe, im Nichtbeachtungsfalle mit einem Sicherungsgeld belegt werden. Für Branntweinsteuer habe der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch nach § 129 Satz 1 AO auf die Bewilligung eines Aufschubs gegen Sicherheitsleistung ohne irgendwelche Auflagen.
Der Klägerin seien auch keine „besonderen Bedingungen” im Sinne des § 203 AO auferlegt worden. Bei diesen „besonderen Bedingungen” müsse es sich um andere „Bedingungen” handeln als um solche, die dem Steuerpflichtigen schon nach dem Gesetz obliegen und die von allen Steuerpflichtigen zu beachten seien, die eine bestimmte Steuervergünstigung in Anspruch nähmen. Bei Bewilligung eines Zahlungsaufschubs hätten aber alle Steuerpflichtigen sowohl die Einhaltung der Zahlungsfrist zu beachten als auch die Höhe der Aufschubsumme einzuhalten, so daß es sich insoweit um „allgemeine Bedingungen” handle. Die Klägerin habe nur gegen „allgemeine Bedingungen” verstoßen, wenn sie im Streitfalle die Aufschubsumme überschritten habe. Sie habe damit einen Aufschub in Anspruch genommen, der ihr nicht gemäß § 129 AO bewilligt worden sei. Eine derartige Überschreitung sei kein Verstoß gegen irgendwelche „besonderen Bedingungen”, sondern löse kraft Gesetzes Säumniszuschläge nach dem Steuersäumnisgesetz (StSäumG) aus. Gleiches gelte für den Fall, daß aufgeschobene Beträge nicht fristgerecht gezahlt würden. Die Zahlungsfrist für fortlaufenden Zahlungsaufschub beruhe nämlich nicht auf irgendwelchen Auflagen, sondern auf § 14 der Stundungsordnung (StundO).
Auf die Beschwerde der OFD ist die Revision gegen das Urteil des FG zugelassen worden (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. August 1971 VII B 124/69).
In ihrer Revision trägt die OFD vor, nach § 129 AO in Verbindung mit den hierzu erlassenen Bestimmungen der Stundungsordnung müsse zwischen Einzelaufschub und fortlaufendem Zahlungsaufschub unterschieden werden. Schon § 10 Abs. 1 StundO lasse erkennen, daß der fortlaufende Zahlungsaufschub nicht unter die Regelung des § 129 AO falle. Der fortlaufende Zahlungsaufschub stelle eine über den § 129 AO hinausgehende Vergünstigung dar. Er liege im Ermessen der Verwaltung. Um aufwendige Kontrollmaßnahmen zu vermeiden und um auch im Interesse des Steuerpflichtigen eine schnellere Abfertigung zu ermöglichen, mache die Verwaltung demjenigen, dem sie die Vergünstigung fortlaufenden Zahlungsaufschubs gewähre, die Auflage, selbst darüber zu wachen, daß die Aufschubsumme nicht überschritten werde. Daraus folge, daß es sich hier nicht um eine allgemeine Bedingung, sondern um eine „besondere Bedingung” im Sinne des § 203 AO handle, also um eine Auflage, die sich aus der besonderen Gestaltung des fortlaufenden Zahlungsaufschubs nur für ihn ergebe.
Die OFD beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Festsetzung eines Sicherungsgeldes im Sinne des § 203 AO zählt zu den Verfügungen, die Ungehorsamsfolgen festsetzen (§ 95 AO). Das Sicherungsgeld ist dem Zwangsgeld im Sinn des § 202 AO verwandt, indessen kein Beugemittel. Mit dem Sicherungsgeld wird nicht die Erfüllung von „Bedingungen” erzwungen, sondern dem Steuerpflichtigen wird - ähnlich einer Vertragsstrafe im bürgerlichen Recht – eine Geldleistung auferlegt, wenn er bestimmte, näher bezeichnete Pflichten nicht erfüllt. In § 203 Abs. 1 AO ist die Ungehorsamsfolge davon abhängig gemacht worden, daß der Steuerpflichtige „besondere Bedingungen”, die ihm bei der Gewährung von Steuervergünstigungen oder Steuererleichterungen auferlegt worden sind, nicht eingehalten hat und ihm ferner für den Fall der Nichteinhaltung dieser Bedingungen angedroht worden ist, daß das Sicherungsgeld verwirkt sein soll.
„Besondere Bedingungen” dürfen aber, wie sich aus § 203 Abs. 1 AO ferner ergibt, nur auferlegt werden, wenn das Gesetz die Gewährung von Steuervergünstigungen oder Erleichterungen bei der Entrichtung oder Berechnung von Steuern „zuläßt”. Nach einhelliger Meinung im Schrifttum zählen hierunter nur solche Fälle, in denen die Vergünstigung oder Erleichterung in der Regel nach freiem Ermessen gewährt wird; nicht hierzu sollen alle die Fälle gehören, in denen sich die Vergünstigung unmittelbar aus dem Gesetz oder aus einer Rechtsverordnung ergibt (Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., § 203 AO, Rdnr. 2; Becker-Riewald-Koch, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 9. Aufl., § 203 AO, Anm. 2 Abs. 1; Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. bis 6. Aufl., § 203 AO, Rdnr. 4; Mattern-Meßmer, Abgabenordnung, § 203, Rdnr. 1346). Dem schließt sich der erkennende Senat an. Ergibt sich der Vergünstigungsanspruch unmittelbar aus einer Rechtsnorm, dürfen der Vergünstigung keine Nebenbestimmungen hinzugefügt werden, die im Gesetz selbst nicht vorgesehen sind.
Nun ist nach § 129 AO bei Verbrauchsteuern die Zahlung fälliger Beträge, soweit nicht eine kürzere Frist vorgeschrieben ist, auf sechs Monate hinauszuschieben. Diese Vergünstigung ist auf Antrag zu gewähren. Sie ist von der Stellung einer Sicherheit abhängig. Gegebenenfalls kann auch ohne Sicherheit ein Aufschub bis zu drei Monaten bewilligt werden. Zu den Verbrauchsteuern gehört auch die hier in Rede stehende Branntweinsteuer, für die der Klägerin Zahlungsaufschub gewährt worden ist (BFH-Urteil vom 10. September 1954 V z 133/53 S, BFHE 59, 338, BStBl III 1954, 342; vgl. auch § 78 des Branntweinmonopolgesetzes - BrMonG - in der ab 1. Januar 1966 geltenden Fassung). Im Unterschied zur Stundung hat der Gesetzgeber beim Zahlungsaufschub jedoch einen Rechtsanspruch eingeräumt (BFH-Urteil vom 6. April 1960 VII 15/60 U, BFHE 71, 35, BStBl III 1960, 259). § 80 Abs. 4 BrMonG, der den Zahlungsaufschub bei der Branntweinsteuer jetzt eigenständig regelt, gilt erst seit 1. April 1967 (vgl. Steueränderungsgesetz - StÄndG - vom 29. März 1967, BGBl I, 385) und kommt für den vorliegenden Fall noch nicht in Betracht.
§ 129 AO unterscheidet nun nicht zwischen Einzelaufschub und fortlaufendem Zahlungsaufschub. Diese Unterscheidung wird vielmehr in § 8 StundO getroffen. Dort heißt es, daß Zahlungsaufschub nicht nur für einzelne Beträge (als Einzelaufschub), sondern auch in der Weise bewilligt werden kann, daß der Aufschubnehmer bis zu einem Höchstbetrag (Aufschubsumme) fortlaufenden Zahlungsaufschub genießt.
Die Stundungsordnung ist, wie aus der Angabe der Ermächtigungsgrundlage vor ihrem § 1 hervorgeht, auf Grund von § 109 Abs. 1 Nr. 7, §§ 112, 113, 119 Abs. 1, § 444 Abs. 3, § 463 AO vom 13. Dezember 1919 (RGBl, 1993) ergangen. Sie ist, wie sich aus ihrem § 47 ergibt, als eine Rechtsverordnung erlassen worden, mögen einzelne ihrer Bestimmungen auch Verwaltungsanweisungen enthalten. Als Verwaltungsanweisung hat der BFH in dem Urteil vom 5. Februar 1964 VII 75/62 U (BFHE 78, 571, BStBl III 1964, 217 [220]) zum Beispiel den im vorliegenden Fall nicht interessierenden § 27 StundO angesehen. Die oben genannten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen für die Stundungsordnung betreffen zunächst die nähere Ausgestaltung der Sicherheitsleistung und Hinterlegung. In § 444 Abs. 3 Satz 2 AO 1919 war dem Reichsminister der Finanzen (RdF) ferner eine umfassende Ermächtigung erteilt, die zur Überleitung der Steuergesetzgebung erforderlichen Bestimmungen zu treffen. Diese Ermächtigungsvorschrift ist aus den damaligen Schwierigkeiten zu erklären, das formelle und materielle Steuerrecht nach Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung überzuleiten. Insbesondere war auch, wie Enno Becker in seinem Kommentar zur Reichsabgabenordnung (7. Aufl., § 444 Anm. 3) ausdrücklich hervorhebt, eine solche Überleitung materiellen Rechts hinsichtlich des Zahlungsaufschubs, der Stundung und der Hinterlegung erforderlich. Die Stundungsordnung enthält somit, was ihren hier interessierenden ersten Abschnitt anbelangt, materielles Steuerrecht. Sie hat als vorkonstitutionelles Recht nach Inkrafttreten des GG zunächst fortgegolten (Art. 123 Abs. 1 GG), ist aber nach § 3 des Gesetzes über den Abschluß der Sammlung des Bundesrechts vom 28. Dezember 1968 (BGBl I 1968, 1451) mit Wirkung vom 31. Dezember 1968 außer Kraft getreten. Sie ist von nun an nur noch als Verwaltungsanordnung im Bereich der Bundeszollverwaltung anzuwenden (BdF-Erlaß vom 23. Januar 1969, BZBl 1969, 179). Im vorliegenden Fall ist somit der Klägerin der Zahlungsaufschub zu einer Zeit bewilligt worden, als die Stundungsordnung noch als Rechtsverordnung in Kraft war.
Ob nun wie beim Einzelaufschub auch auf die Gewährung fortlaufenden Zahlungsaufschubs ein Rechtsanspruch nach § 129 AO besteht, erscheint bei der Fassung des Gesetzes zweifelhaft. Das Gesetz spricht lediglich von der „Zahlung fälliger Beträge”, die auf Antrag auf sechs Monate hinauszuschieben sind. Wäre die Stundungsordnung nicht ergangen, ließe sich aus dieser Gesetzesfassung nur schwer ableiten, daß einem Aufschubnehmer sogar das Recht eingeräumt worden ist, auf Antrag bis zu einem Höchstbetrag einen fortlaufenden Zahlungsaufschub in Anspruch zu nehmen. Stellt man dem Wortlaut des Gesetzes nun den Wortlaut des § 8 Abs. 1 StundO gegenüber, zeigt sich, daß der Verwaltung über den damals geltenden § 105 Abs. 1 AO 1919 (jetzt § 129 AO) hinaus die Möglichkeit eingeräumt worden ist, einen fortlaufenden Zahlungsaufschub zu gewähren. Die Verwendung des Wortes „kann” in § 8 Abs. 1 StundO sowie ferner die Anordnung in § 10 Abs. 1 StundO, daß fortlaufender Zahlungsaufschub nur solchen Steuerpflichtigen gewährt werden „soll”, die im Bezirk des HZA eine gewerbliche Niederlassung oder Betriebstätte haben, legen den Schluß nahe, daß die Bewilligung fortlaufenden Zahlungsaufschubs in das Ermessen der Verwaltung gestellt ist, mag auch ihr Ermessensspielraum durch die ins einzelne gehenden Vorschriften der Stundungsordnung sehr eingeengt sein.
Der erkennende Senat braucht hier jedoch nicht abschließend zu entscheiden, ob ein Rechtsanspruch auch auf fortlaufenden Zahlungsaufschub besteht oder ob seine Gewährung in das Ermessen der Verwaltung gestellt ist. Selbst wenn unter diesen Umständen die eine der Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 AO als gegeben anzusehen wäre, daß nämlich ein Gesetz - unter Gesetz ist hier jede Rechtsnorm, also auch eine Rechtsverordnung zu verstehen (§ 2 Abs. 1 AO - die Erleichterung der Entrichtung von Steuern „zuläßt”, so fehlt es jedoch an der weiteren Voraussetzung, daß im vorliegenden Fall der Klägerin „besondere Bedingungen” auferlegt worden sind.
Bei den „besonderen Bedingungen” im Sinn des § 203 Abs. 1 AO handelt es sich zunächst nicht etwa um echte Bedingungen im Rechtssinn, etwa um Bedingungen im Sinn des § 4 StAnpG, die hinsichtlich der Steuervergünstigung oder Steuererleichterung einen Schwebezustand schaffen, sondern um Auflagen, die dem Steuerpflichtigen anläßlich der Einräumung der Vergünstigung oder Erleichterung - in der Regel zu Überwachungszwecken - gemacht werden. Der Steuerpflichtige soll mit diesen „Bedingungen” zu bestimmten Obliegenheiten angehalten werden (Becker-Riewald-Koch, a. a. O., § 203 AO, Anm. 1).
Der erkennende Senat stimmt der vom Schrifttum (Hübschmann-Hepp-Spitaler, a.a.O., § 203 AO, Rdnr. 3; Tipke-Kruse, a.a.O., § 203 AO, Rdnr. 2) vertretenen Auffassung zu, daß die „besonderen Bedingungen” ferner von allgemeinen Bedingungen zu unterscheiden sind. Unter allgemeinen Bedingungen sind die im Zusammenhang mit der Gewährung der Steuervergünstigung oder Erleichterung gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen zu verstehen. Sie müssen von allen Steuerpflichtigen, die eine Vergünstigung oder Erleichterung erhalten, beachtet werden. Bei Nichtbeachtung ergeben sich in der Regel bestimmte gesetzliche Folgen. Demgegenüber sind die „besonderen Bedingungen” im Gesetz nicht näher festgelegt. Sie sind nach der Lage des Einzelfalles verschieden und nur von demjenigen zu beachten, dem sie besonders auferlegt worden sind. Die Nichtbefolgung solcher „besonderen Bedingungen” wird in der Regel keine Gesetzesverletzung darstellen. Bei Zuwiderhandlung gegen die „besonderen Bedingungen” soll nun das Sicherungsgeld Platz greifen, wie es in § 203 AO vorgesehen ist.
Derartige „besondere Bedingungen” sind der Klägerin aber nicht auferlegt worden. Die Bewilligungen des HZA vom 5. März 1959 und vom 30. September 1963 enthalten überhaupt keine „Bedingungen” oder Auflagen. Die Klägerin hat allerdings in einer besonderen, von ihrem geschäftsführenden Gesellschafter unterschriebenen Verpflichtungserklärung das Anerkenntnis abgegeben, die aufgeschobenen Beträge am jeweiligen Fälligkeitstermin pünktlich zu zahlen sowie sich weiterhin zu einem bestimmten Verhalten, hier insbesondere die Aufschubsumme nicht zu überschreiten, verpflichtet. Selbst wenn hierin zugleich eine der Bewilligung hinzugefügte Bedingung (Auflage) zu erblicken ist, handelt es sich nicht um eine „besondere Bedingung” im Sinne des § 203 Abs. 1 AO. Bei der Bewilligung eines fortlaufenden Zahlungsaufschubs haben alle Steuerpflichtigen, ohne daß es einer besonderen Auflage bedarf, darauf zu achten, daß die Aufschubsumme nicht überschritten wird und die aufgeschobenen Zahlungsbeträge an den in § 14 StundO bezeichneten Fälligkeitstagen entrichtet werden. Ist die Aufschubsumme überschritten, haben sie in Höhe des Überschreitungsbetrags zu Unrecht einen Zahlungsaufschub in Anspruch genommen. Es treffen sie dann, ebenso wie bei nicht rechtzeitiger Zahlung der aufgeschobenen Beträge, die Säumnisfolgen. Die „Bedingung”, die Aufschubsumme einzuhalten, ist daher keine besondere Bedingung, sondern rechnet zu den allgemeinen Bedingungen, die das Gesetz oder die sonstigen maßgeblichen Rechtsnormen für die Gewährung der Vergünstigung oder Erleichterung vorschreiben. Die Einhaltung dieser „Bedingungen” kann daher weder durch eine Sicherungsgeldandrohung noch durch eine Sicherungsgeldfestsetzung besonders gesichert werden.
Aber auch eine selbständige, vom Steuerpflichtigen der Verwaltung gegenüber eingegangene Verpflichtung, sein Verhalten dem Gesetz entsprechend einzurichten und für den Fall der Zuwiderhandlung, hier der Überschreitung der Aufschubsumme, ein Sicherungsgeld zu zahlen, ist für sich allein genommen keine zureichende Grundlage für die Festsetzung eines Sicherungsgeldes. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der seinen Niederschlag in Art. 20 Abs. 3 GG gefunden hat, ist im Steuerrecht seit Jahrzehnten anerkannt. Ohne gesetzliche Grundlage kann ein Steuergläubiger weder auf die Erhebung von Steuern verzichten noch einen Steuerpflichtigen verpflichten, Steuern zu zahlen, die er nach dem Gesetz nicht schuldet (Tipke-Kruse, a. a. O., § 2 AO, Rdnr. 17). Im Steuerrecht sind daher vertragliche Vereinbarungen so gut wie ausgeschlossen. Dem steht nicht etwa entgegen, daß sich beiderseitige Bindungen aus Absprachen über die steuerliche Behandlung eines steuerrechtlich zweifelhaften Falles ergeben können. Die rechtliche Grundlage für diese Bindung sowohl des Steuerpflichtigen als auch der Verwaltung ist dann aber nicht eine vertragliche Vereinbarung, sondern der auch im Steuerrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben (BFH-Urteil vom 11. Januar 1963 VI 97/61 U, BFHE 76, 489, BStBl III 1963, 180). Für Verfügungen, die Ungehorsamsfolgen festsetzen, muß ebenso wie für die Festsetzung einer Steuer eine gesetzliche Grundlage vorhanden sein. Eine vertragliche Vereinbarung mit dem Steuerpflichtigen oder dessen einseitige Verpflichtung, die Ungehorsamsfolge beim Vorliegen dieser oder jener Voraussetzung auf sich zu nehmen, genügt hierfür nicht.
Das HZA war somit nicht befugt, das hier in Rede stehende Sicherungsgeld festzusetzen. Das FG hat daher zu Recht diese Festsetzung aufgehoben. Die Revision der OFD war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 514708 |
BFHE 1974, 14 |