Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellung wegen öffentlich-rechtlicher Verpflichtung: Voraussetzungen der rechtlichen Entstehung der Verpflichtung
Leitsatz (amtlich)
Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist noch nicht rechtlich entstanden im Sinne der Rechtsprechung zu Verbindlichkeitsrückstellungen, wenn die Rechtsnorm, in der sie enthalten ist, eine Frist für ihre Erfüllung enthält, die am maßgeblichen Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen ist (Abgrenzung gegenüber dem BFH-Urteil vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121).
Normenkette
FGO § 120 Abs. 2 S. 1; EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt in Bayern und Baden-Württemberg Tankstellen, die angemietet bzw. auf fremdem Grund und Boden errichtet waren. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben (20. und 21. Bundes-Immissionsschutz-Verordnung --BImSchV-- i.d.F. vom 7. Oktober 1992, BGBl I 1992, 1727, 1730, und Anlagenverordnung --VawS-- Bayern bzw. Baden-Württemberg) war die Klägerin verpflichtet, verschiedene Tankstellen nach dem Stand der Technik mit einem Gasrückführungssystem (Gaspendelung) und mit flüssigkeitsundurchlässigen Bodenbefestigungen nach einem so genannten AGB-Basis-System im Wirkbereich der Zapfsäulen nachzurüsten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) sollte dies bis spätestens zum 31. Dezember 1997 bzw. 31. Dezember 1998 geschehen. Ein Teil der Maßnahmen zur Bodenbefestigung wurden bis Ende 1996 durchgeführt. Die Aufwendungen hierfür wurden aktiviert; der Buchwert zum 31. Dezember 1996 betrug 1 862 319 DM. Ein weiterer Teil der erforderlichen Maßnahmen sollte erst in den Jahren nach 1996 durchgeführt werden. Für die hiermit zusammenhängenden künftigen Aufwendungen bildete die Klägerin bis zum 31. Dezember 1996 folgende Rückstellungen:
Für flüssigkeitsdichte Fahrbahnen: |
1 235 000 DM |
Für die Gaspendelung: |
618 000 DM |
Gesamt: |
1 853 000 DM |
Anlässlich einer für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 1996 durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass Rückstellungen für künftige Herstellungskosten bezüglich der Bodenbefestigungen nicht gebildet werden könnten und diese Rückstellungen daher aufzulösen seien. Zu den Maßnahmen wegen der Gaspendelung vertrat der Prüfer die Auffassung, entsprechende Rückstellungen dürften erst gebildet werden, wenn die für diese Maßnahmen gesetzte gesetzliche Frist abgelaufen sei.
Daraufhin beantragte die Klägerin im Rahmen der Schlussbesprechung, im Wege der Bilanzberichtigung die bisher aktivierten Aufwendungen für flüssigkeitsdichte Fahrbahnen in Höhe von 1 862 319 DM als Erhaltungsaufwand auszubuchen. Diesen Antrag lehnte der Prüfer im Betriebsprüfungsbericht ab.
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ auf der Grundlage der Ergebnisse der Außenprüfung geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1994 bis 1996, über die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge 1994 bis 1996 und über die Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1995 bis 1997.
Die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück.
Mit der zum FG erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter.
Die Klage hatte nur insoweit Erfolg, als das FG die Auffassung vertrat, das FA habe die Rückstellung für die Gaspendelungen zu Unrecht abgelehnt. Das Urteil des FG vom 28. Juni 2005 6 K 2749/03 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1528 veröffentlicht.
Gegen dieses Urteil, das beiden Beteiligten am 7. Juli 2005 zugestellt wurde, haben sowohl die Klägerin als auch das FA fristgerecht Revision eingelegt. Die Revisionen sind auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt.
In ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 2005, mit dem die Klägerin Revision einlegte, beantragte sie, die Frist zur Begründung der Revision bis zum 15. Dezember 2005 zu verlängern. Unter dem Datum vom 4. August 2005 unterrichtete die Geschäftsstelle des damals zuständigen VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) die Prozessbevollmächtigte der Klägerin über die gewährte Fristverlängerung. Wörtlich heißt es: "Die Frist zur Begründung Ihrer Revision wurde von der Vorsitzenden bis zum 15. Dezember 2005 verlängert."
Die Revisionsbegründung des FA datiert vom 10. August 2005. Nach Übersendung der Abschriften mit Frist zur Stellungnahme bis zum 28. Oktober 2005 ging beim BFH ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26. September 2005 ein, das mit "Antrag auf Fristverlängerung für Stellungnahme zur Revisionsbegründung" überschrieben war. Im Text des Schreibens heißt es: "hiermit beantragen wir Fristverlängerung für die Stellungnahme auf die Revisionsbegründung vom 10.08.2005 bis zum 31.12.2005".
Unter dem Datum vom 27. September 2005 teilte die Senatsgeschäftsstelle der Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass "die Frist zur Stellungnahme … bis zum 31. Dezember 2005 verlängert" worden sei. Auf dem in den Akten des BFH verbleibenden Entwurf dieses Schreibens notierte der Geschäftsstellenbeamte zwei Wiedervorlagetermine, nämlich auf den 1. Januar 2006 und auf den 20. Dezember 2005. Diesem zweiten Wiedervorlagetermin war als Zusatz "FV für Begr. d. Bev." beigefügt. Mit Verfügung vom 19. Dezember 2005 wies die Senatsvorsitzende die Bevollmächtigte der Klägerin darauf hin, dass die verlängerte Revisionsbegründungsfrist am 15. Dezember 2005 abgelaufen sei, ohne dass bisher eine Begründung der Revision der Klägerin vorliege.
Mit Fax vom selben Tag teilte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, sie habe mit Schreiben vom 26. September 2005 Fristverlängerung für die Revisionsbegründung bis zum 31. Dezember 2005 beantragt. Der Antrag beinhalte im Grunde genommen zwei Anträge, nämlich einen Antrag auf Fristverlängerung zur Revisionsbegründung auf den 31. Dezember 2005 und einen Antrag auf Fristverlängerung zur Erwiderung gegen das FA auf den 31. Dezember 2005. Sollte das Gericht der Auffassung sein, dass mit diesem Schreiben nur ein Antrag habe gestellt werden können, so bitte sie, den Antrag so zu behandeln, dass dieser für die Revisionsbegründung gestellt worden sei. Zugleich übersandte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein Fax, das als Revisionsbegründung bezeichnet war, jedoch nahezu wörtlich mit der Klageschrift im finanzgerichtlichen Verfahren übereinstimmt. Ein weiteres Schreiben vom 28. Dezember 2005 enthält erstmalig eine Auseinandersetzung mit den Gründen des finanzgerichtlichen Urteils.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter teilweiser Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden und die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt sinngemäß,
unter teilweiser Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Revision der Klägerin ist unzulässig, da sie nicht rechtzeitig begründet worden ist.
a) Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zwei Monate nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Nach Satz 3 der Vorschrift kann die Frist auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Vorsitzende des damals zuständigen Senats des BFH hat der Klägerin für die Einreichung der Revisionsbegründung antragsgemäß eine Fristverlängerung bis zum 15. Dezember 2005 eingeräumt. Innerhalb dieser Frist ist die Revisionsbegründung aber nicht eingegangen.
b) Die Frist wurde nicht etwa deswegen eingehalten, weil der Klägerin mit dem Schreiben der Senatsgeschäftsstelle vom 27. September 2005 eine weitere Fristverlängerung für die Einreichung ihrer Revisionsbegründung bis zum 31. Dezember 2005 gewährt worden wäre. Dieses Schreiben bezog sich eindeutig lediglich auf die Frist zur Erwiderung auf die Revisionsbegründung des FA, die vom 28. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 verlängert wurde. Bei der Auslegung gerichtlicher Verfügungen kommt es gemäß den zu § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entwickelten Grundsätzen darauf an, wie der Antragsteller nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Das Schreiben der Geschäftsstelle vom 27. September 2005 konnte unter Zugrundelegung dieses Maßstabes nicht als weitere Fristverlängerung für die Abgabe der Revisionsbegründung angesehen werden. Das ergibt sich aus ihrem eindeutigen Wortlaut sowie aus dem Wortlaut des Antrags der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26. September 2005. In beiden Schriftstücken ist lediglich von der Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zur Revisionsbegründung (des FA) die Rede, die andernfalls am 28. Oktober 2005 geendet hätte. Außerdem fehlt in dem Schreiben vom 27. September 2005 --anders als in dem vom 4. August 2005-- der Hinweis darauf, dass die Fristverlängerung von der Senatsvorsitzenden gewährt worden sei. Nur eine von der Senatsvorsitzenden gewährte weitere Fristverlängerung wäre wirksam gewesen, wohingegen die Verlängerung einer bloßen Stellungnahmefrist auch von der Geschäftsstelle wirksam verfügt werden konnte. Zudem hätte eine wiederholte Fristverlängerung für die Revisionsbegründung die Anhörung des Gegners vorausgesetzt (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 225 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Eine solche Anhörung kann --für jedermann erkennbar-- nicht stattgefunden haben, da der Antrag auf Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zur Revisionsbegründung noch am selben Tag beschieden wurde.
c) Der Klägerin kann auch für die Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden. Sie war nicht, wie es Abs. 1 der Vorschrift erfordert, ohne Verschulden verhindert, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Verschuldet ist eine Fristversäumnis, wenn die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen wird. Jedes Verschulden --auch einfache Fahrlässigkeit-- schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. April 2005 VIII B 42/02, BFH/NV 2005, 1821). Das Verschulden ihrer Bevollmächtigten muss sich die Klägerin zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Selbst wenn die Bevollmächtigte bei Abfassung ihres Schreibens vom 26. September 2005 beabsichtigt haben sollte, zwei Fristverlängerungsanträge zu stellen, nämlich nicht nur für die Stellungnahme zur Revisionsbegründung des FA, sondern darüber hinaus auch für die Abgabe der eigenen Revisionsbegründung, so hat sie diese Absicht doch in keiner Weise zum Ausdruck gebracht. Auch bei Erhalt des Schreibens der Geschäftsstelle vom 27. September 2005 hätte sie feststellen müssen, dass nach dem objektiven Erklärungsinhalt dieses Schreibens --gerade in Verbindung mit den vorangegangenen Schreiben (Fristsetzung zur Stellungnahme bis zum 28. Oktober 2005 und Antrag auf Verlängerung dieser Frist)-- eine weitere Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist nicht gewährt worden war.
2. Die Revision des FA ist zulässig und begründet.
Das FA hat die von der Klägerin für die Verpflichtung zur Ausrüstung der Zapfsäulen mit einem Gasrückführungssystem gebildete Rückstellung zu Recht nicht anerkannt.
Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind in der Handelsbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).
a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren Höhe zudem ungewiss sein kann-- und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag.
aa) Aus dieser Formulierung, die sich in der Rechtsprechung des BFH seit dem Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 327/83 (BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848) findet und der sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat (Urteil vom 12. Dezember 1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600), hat der I. Senat des BFH gefolgert, dass das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag nur für solche Verbindlichkeiten gilt, die nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach ungewiss sind (Urteil vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121). Zugleich griff der I. Senat des BFH damit auf seine Entscheidung vom 23. September 1969 I R 22/66 (BFHE 97, 164, BStBl II 1970, 104) zurück, in der es heißt, dass beim Auseinanderfallen der rechtlichen Verpflichtung und der wirtschaftlichen Verursachung für die Passivierung der frühere Zeitpunkt maßgeblich ist (unter 2.b der Gründe). Da das BFH-Urteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121 von der Regelung in R 31c Abs. 2 (nunmehr R 5.7 Abs. 2) der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) abweicht, hat die Finanzverwaltung hierauf mit einem sog. Nichtanwendungserlass reagiert (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 21. Januar 2003 IV A 6 -S 2137- 2/03, BStBl I 2003, 125).
bb) Demgegenüber lässt sich die Formulierung des VIII. Senats des BFH im Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92 (BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891) dahin verstehen, dass --ähnlich wie von der Finanzverwaltung angenommen-- das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für die rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit gelten soll. In diesem Urteil heißt es nämlich:
"Die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzt allgemein voraus
das Bestehen oder die Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde und/oder der Höhe nach (Zitate),
die wirtschaftliche Verursachung der Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag (Zitate) und
dass der Schuldner mit seiner Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muss …".
Es wird daher die Auffassung vertreten, der I. Senat sei in seinem Urteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121 von dem Urteil des VIII. Senats in BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891 abgewichen (Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 5 Rz 384; a.A. Wassermeyer, Die Wirtschaftsprüfung --WPg-- 2002, 10, 12).
b) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob er sich der vom I. Senat vertretenen Auffassung anschließen könnte. Im Streitfall war die Verpflichtung --wenn man die Feststellungen des FG zugrunde legt-- rechtlich nicht vor dem 31. Dezember 1996 entstanden. Sie war auch nicht vor dem Bilanzstichtag 31. Dezember 1996 wirtschaftlich verursacht.
aa) Die Verpflichtung, die in § 3 der 21. BImSchV geforderte Ausrüstung der Zapfsäulen mit einem Gasrückführungssystem vorzunehmen, galt nach § 9 dieser Verordnung erst nach einer Übergangsfrist, die nach den Feststellungen des FG für die Klägerin nicht vor dem 31. Dezember 1997 endete. Der Sachverhalt des Streitfalls ähnelt insoweit dem, der dem BFH-Urteil in BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848 zugrunde lag. In jenem Fall war die Klägerin --ein Lufttransportunternehmen-- gemäß § 7 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO) und § 30 der Prüfordnung für Luftfahrtgerät (LuftGerPO) verpflichtet, nach einer bestimmten Zahl von Flugstunden die Antriebsmotoren und Fahrgastzellen ihrer Hubschrauber einer Überholung und Nachprüfung zu unterziehen. Auch in diesem Fall hat der BFH angenommen, dass die Verpflichtung zur Grund- oder Teilüberholung der Luftfahrtgeräte erst dann entstand, wenn die in den betreffenden Bestimmungen festgelegte Betriebszeit erreicht war. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung nach den einschlägigen Rechtsnormen sofort zu erfüllen ist, dem Unternehmen jedoch für die Erfüllung dieser Verpflichtung durch die zuständige Behörde eine in den Rechtsnormen selbst nicht bestimmte Frist eingeräumt wird. So verhielt es sich den der Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen zufolge im Fall des BFH-Urteils in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121. Die von der dortigen Klägerin betriebene Spänetrocknungsanlage entsprach nicht mehr den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft), woraus unmittelbar die Verpflichtung resultierte, die Anlage umzurüsten oder zu erneuern. Lediglich durch die Verfügung des Gewerbeaufsichtsamtes war der damaligen Klägerin eine Art Schonfrist eingeräumt worden.
Angesichts dieser Unterschiede im Sachverhalt weicht der Senat auch nicht von dem Urteil des I. Senats des BFH in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121 ab.
bb) Die Verpflichtung zur Ausrüstung der Zapfsäulen mit einem Gasrückführungssystem war auch wirtschaftlich noch nicht verursacht. Wirtschaftliche Verursachung oder wirtschaftliche Entstehung im Sinne des Rückstellungsbegriffs setzen voraus, dass der Tatbestand, an den das Gesetz die Verpflichtung knüpft, im Wesentlichen verwirklicht ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600, und vom 19. August 2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131). Hieran fehlt es im Streitfall. Die Verpflichtung war nicht daran geknüpft, dass die Klägerin in der Vergangenheit über ihre Zapfanlagen Kraftstoff abgegeben hatte, sondern daran, dass sie das auch in Zukunft weiter beabsichtigte.
Fundstellen
Haufe-Index 1978837 |
BFH/NV 2008, 1029 |
BFH/PR 2008, 333 |
BStBl II 2008, 516 |
BFHE 2008, 117 |
BFHE 220, 117 |
BB 2008, 1049 |
BB 2008, 1110 |
BB 2009, 39 |
DB 2008, 1013 |
DStR 2008, 915 |
DStRE 2008, 721 |
DStZ 2008, 343 |
HFR 2008, 694 |