Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bewertung einer gewerblichen Wasserkraftnutzung bei der Einheitswertfeststellung für einen gewerblichen Betrieb.
2. Zur Behandlung einer dauernden Last, die mit einer gewerblichen Wasserkraftnutzung im Zusammenhang steht.
Normenkette
BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 15; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 16; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 17; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 54; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 62 Abs. 1; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 66
Tatbestand
Streitig ist die Bewertung einer Wasserkraftnutzung bei der Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen der Klägerin zum 1. Januar 1957.
Die Klägerin ist Inhaberin einer Einzelfirma. Das Betriebsgelände dieser Firma liegt zu beiden Seiten eines Flusses, dessen Wasser von der Firma mittels einer Wasserkraftanlage genutzt wird. Als Wasserkraftmaschine diente am 1. Januar 1957 ein hölzernes Wasserrad und ein Holzwehr mit Schütze. Das rechtsseitige Ufer des Flusses ist durch eine 100m lange Mauer aus Sandsteinquadern im Unterwasser der Stauanlage geschützt. Diese Mauer war 1954 durch Hochwasser auf eine Länge von 30m unterspült worden und war eingebrochen. Dadurch bestand die akute Gefahr, daß durch totalen Einsturz das im Mittel 8m breite Flußbett so eingeengt worden wäre, daß die Durchflußöffnung auf 5m beschränkt worden wäre. Die Firma, die als Anliegerin nach Art. 71 des Wassergesetzes für das Königreich Bayern vom 23. März 1907 (Bay. GVBl 1907, 157) zur Instandhaltung des ordnungsgemäßen Zustands des Gewässers und damit auch zur Unterhaltung der Ufer verpflichtet war, ließ deshalb die beschädigten Teile wieder herstellen. Die Aufwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden betrugen insgesamt 30 000 DM, von denen die Firma selbst 20 000 DM zu tragen hatte, während sie für den Rest einen Staatszuschuß und einen Bezirkszuschuß erhielt.
Für "Wasserrad und Wasserbau" hatte die Firma in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1956 300 DM aktiviert. Bei den Einheitswertfeststellungen auf Stichtage ab dem 21. Juni 1948 bis einschließlich 1. Januar 1956 waren außerdem für das Wassernutzungsrecht 400 DM angesetzt. Bei einer Ende 1959 bis Anfang 1960 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, daß die Eigenaufwendungen der Firma für die Ufermauer abzüglich der AfA sowohl in der Steuerbilanz der Firma auf den 31. Dezember 1956 mit 19 000 DM zu aktivieren als auch mit diesem Betrag bei der Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen der Firma auf den 1. Januar 1957 anzusetzen seien. Das FA folgte dieser Auffassung und setzte bei der Hauptfeststellung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen der Klägerin zum 1. Januar 1957 durch Bescheid vom 29. Juli 1960 neben dem Wassernutzungsrecht (400 DM) und den von der Firma in der Vermögensaufstellung angesetzten 300 DM für Wasserrad und Wasserbau zusätzlich 19 000 DM für Aufwendungen für die Ufermauer an.
Die Sprungberufung, mit der die Klägerin den Ansatz der Wasserkraftnutzung nur mit 6 500 DM und daneben den Abzug einer Dauerlast für die Instandhaltung der Uferstrecke außerhalb der eigentlichen Kraftanlage in Höhe von 35 000 DM beantragte, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Die Wasserkraftnutzung, die zu einem Betriebsvermögen gehöre, sei als Wirtschaftsgut im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens mit dem Teilwert anzusetzen. Zur Wasserkraftnutzung gehöre im vorliegenden Fall außer dem Wassernutzungsrecht, dem Wasserrad und der Stauanlage auch der 1956 erstellte Reservewasserbehälter und die Ufermauer. Die Mauer habe im Rahmen der Wassernutzung eine wesentliche Aufgabe zu erfüllen. Sie müsse den ungehinderten Wasserdurchlauf gewährleisten und den für den Betrieb der Anlage hinderlichen Rückstau ausschalten. Damit sei ihre Zurechnung zur Wassernutzung gerechtfertigt. Das FA habe allerdings nicht die ganze Ufermauer als Teil der Wassernutzung behandelt, sondern nur den durch das Hochwasser beschädigten und wiederhergestellten Teil. Die II. Kammer des FG habe bei der Einkommensteuer die ganze Mauer als ein Wirtschaftsgut angesehen und deshalb die Wiederinstandsetzung eines Teils davon nicht als Herstellungs-, sondern als Erhaltungsaufwand angesehen. Dem folge die erkennende Kammer für die Einheitsbewertung nicht. Auf die nicht beschädigten Teile der Mauer seien Teile der Betriebsgebäude aufgesetzt. Sie seien deshalb bewertungsrechtlich als Bestandteile dieser Gebäude in die Bewertung des Grundvermögens einzubeziehen. Nur die nicht überbauten Teile seien Betriebsvorrichtungen und als Teile der Wassernutzung zu erfassen. Nach Auffassung der Kammer hätte ein Erwerber des Betriebs den Betrag von 19 000 DM aufwenden müssen. Die Klägerin sei zu dieser Zeit an der Ausnutzung der Wasserkraft interessiert gewesen. Das ergebe sich schon daraus, daß sie im Zusammenhang mit der Herstellung der Ufermauer neu einen Reservebehälter für den Spitzenbedarf habe anfertigen lassen. Wenn die Klägerin später tatsächlich auf die Wassernutzung verzichtet habe, so lasse sich daraus nicht herleiten, daß ein Erwerber des Betriebs am 1. Januar 1957 für die Wassernutzung keine oder keine nennenswerten Aufwendungen gemacht hätte. Die Ausgaben der Klägerin für die Ufermauer könnten auch nicht als überteuert angesehen werden. Allenfalls könnte der durch das Ausbaggern des Flußlaufes außerhalb des Umkreises der Ufermauer entstandene Aufwand bei der Bewertung außer Betracht bleiben. Nach allem stehe für die Kammer fest, daß die Ufermauer einen Preis von rd. 26 000 DM, der nach Ausscheidung dieser Kosten übrigbleibe, wert gewesen sei. Es möge sein, daß ein Erwerber einen Abschlag deswegen gemacht hätte, weil die Klägerin teilweise mit Staatszuschüssen gebaut habe. Es erscheine jedoch nicht gerechtfertigt, daß das FA die Staatszuschüsse ganz außer Betracht gelassen habe und außerdem die degressive AfA zugelassen habe. Darüber hinaus habe das FA offensichtlich die übrigen Teile der Wassernutzung, insbesondere das Wassernutzungsrecht, zu niedrig festgesetzt. Es bestehe deshalb kein Anlaß, die einzelnen Wertansätze zu berichtigen, zumal die Wassernutzung mit ihren Teilen ein Wirtschaftsgut bilde. Eine Dauerlast könne die Klägerin nicht absetzen. Eine Schuld für die Instandhaltung des Gewässers werde erst dann greifbar und damit bewertungsfähig, wenn und soweit von Fall zu Fall Instandsetzungsarbeiten durchgeführt würden. Das statische Prinzip verbiete es, mangels einer tatsächlich bestehenden Schuld eine Rückstellung am Stichtag zuzulassen.
Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, beantragt die Klägerin, die Ufermauer und die Wasserkraftanlage mit 0 DM anzusetzen und die bestehende Last zur Instandhaltung der Ufermauer und des Flußbettes mindestens in dem Umfang zuzulassen, in dem Schäden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten am Stichtag bereits verursacht, wenn auch noch nicht erkennbar seien. Sie rügt mangelnde Sachaufklärung und unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Die mangelnde Sachaufklärung erblickt sie darin, daß das FG die beantragte Ortsbesichtigung nicht durchgeführt und dadurch zu falschen Schlußfolgerungen gekommen sei. So habe das FG nicht erkannt, daß der Reservebehälter nur ein Trinkwasserbehälter mit 30 cbm Inhalt sei, durch den der Spitzenbedarf der Wasserkraftnutzung niemals sichergestellt werden könne. Das FG hätte auch erkennen können, daß die etwa 30m unterhalb der Wasserkraftanlage befindliche Ufermauer keinesfalls Teil einer nutzbaren Betriebsvorrichtung, nämlich der Wasserkraftanlage, sei, sondern in erster Linie seit jeher einfach der Grundstücksbefestigung diene. Die Ufermauer des unbebauten Grundstücks dürfe ebensowenig zu der Wasserkraftanlage gerechnet werden wie der überbaute Teil der Ufermauer. Die Wiederherstellung der Ufermauer sei nicht in erster Linie im Hinblick auf die gewerbliche Wassernutzung vorgenommen worden, sondern deswegen, weil die Klägerin als Anliegerin nach den Vorschriften des Wassergesetzes verpflichtet sei, für eine geregelte Wasserführung zu sorgen und Aufstauungen durch die eingestürzte Ufermauer zu verhindern. Entsprechende Auflagen des Wasseramtes hätten vorgelegen. Eine Wertsteigerung sei durch diese Reparatur nicht entstanden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine ausgebaute und in Betrieb befindliche Wassernutzungsanlage ein einheitliches Wirtschaftsgut ist, das als Bestandteile des Wassernutzungsrechts alle technischen zur Ausübung des Wassernutzungsrechts gehörenden Anlagen umfaßt (vgl. Urteil des RFH III A 217/29 vom 20. März 1930, RStBl 1930, 393). Dient eine solche Wassernutzung dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck, so wird sie im Rahmen der Einheitswertfeststellung für diesen gewerblichen Betrieb bewertet. Die einzelnen zu der Wassernutzungsanlage gehörenden Teile werden dabei mit den für sie nach § 66 des Bewertungsgesetzes in der Fassung vor dem Bewertungsgesetz 1965 (im folgenden: BewG) maßgebenden Werten angesetzt. Der durch das Hochwasser beschädigte und von der Klägerin wiederhergestellte Teil der Ufermauer wäre deshalb nach § 66 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 BewG mit dem Teilwert zu bewerten, wenn es sich dabei um eine Betriebsvorrichtung handeln würde. Der Senat hat in dem Urteil III 382/57 U vom 14. August 1958 (BFH 67, 325, BStBl III 1958, 400) ausgeführt, daß der Begriff der Betriebsvorrichtung, wie der Zwischensatz in § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG, "die zu einer Betriebsanlage gehören", erkennen lasse, Gegenstände voraussetze, die in gleicher Weise wie Maschinen einem bestimmten Gewerbe zu dienen bestimmt seien, mithin Gegenstände, durch die dieses Gewerbe betrieben werde. Das könne aber nur zu dem Schluß führen, daß lediglich solche Vorrichtungen, die in einer besonderen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Betrieb stehen, zu den Betriebsvorrichtungen gerechnet werden könnten. Das FG hat die besondere Beziehung darin erblickt, daß durch die Ufermauer ein Rückstau verhindert wird. Es ist möglich, daß das FG dabei den Begriff der Betriebsvorrichtung verkannt hat. Denn es ist durchaus denkbar, daß bei einer so primitiven Wasserkraftanlage (Holzrad und Holzwehr mit Schütze), wie sie im Streitfall besteht, die Ufermauer außerhalb der eigentlichen Stauanlage nicht dazu dient, durch Verhinderung des Rückstaus den Betrieb der Wasserkraftanlage zu ermöglichen oder zu erleichtern, sondern, wie es die Klägerin behauptet, das Grundstück zu befestigen. Ebenso wie die Teile der Ufermauer, die an den überbauten Grundstücksflächen liegen, Bestandteile dieser Grundstücke und mit diesen zu bewerten sind, wäre dann auch der an der unbebauten Grundstücksfläche liegende Teil dieser Mauer in die Bewertung dieses Betriebsgrundstücks einzubeziehen. Der Ansatz eines besonderen Werts für diese Teile der Ufermauer beim Betriebsvermögen käme dann nicht in Betracht. Die Vorentscheidung war schon aus diesem Grunde aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird deswegen nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das FG wird nunmehr, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigen, Feststellungen darüber zu treffen haben, ob der wiederhergestellte Teil der Ufermauer eine Betriebsvorrichtung ist. Das FG wird ferner zu prüfen haben, ob der Wert der Wassernutzungsanlage zutreffend ermittelt worden ist. Das gilt insbesondere hinsichtlich des Wassernutzungsrechts. Für seine Bewertung werden neue tatsächliche Feststellungen über die Ausbauleistung zu treffen sein. Wegen der von der Klägerin geltend gemachten dauernden Last teilt der Senat nicht die Auffassung des FG, daß hier die gleichen Grundsätze anzuwenden seien, wie sie der Senat in den Urteilen III 49/60 U vom 22. Mai 1964 (BFH 79, 463, BStBl III 1964, 402) und III 329/60 U vom 12. Juni 1964 (BFH 79, 590, BStBl III 1964, 450) entwickelt hat. In diesen beiden Urteilen handelt es sich um den Abzug einer Rückstellung für die Kosten der aktienrechtlichen Pflichtprüfung des Jahresabschlusses einer Kapitalgesellschaft. Die für die Nichtabzugsfähigkeit einer solchen Rückstellung vom Senat gegebene Begründung trifft auf die hier zu entscheidende Frage nicht zu. Besteht eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung, die Flußufer ständig instand zu halten, so ist diese Verpflichtung mit ihrem Kapitalwert nach §§ 15 bis 17 BewG grundsätzlich abzugsfähig. In Tz. 16 der vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen erlassenen Richtlinien für die Bewertungen von Wassernutzungen bei der Vermögensteuerhauptveranlagung 1953, die unverändert in die Richtlinien 1957 übernommen worden ist, ist allerdings ausgeführt, daß bestimmte wertmindernde Umstände, zu denen auch die Belastung der Anlage mit betriebsfremden Aufwendungen für die Instandhaltung der Flußufer gehört, bei buchführenden Gewerbetreibenden in der Regel nicht zu einem Abschlag führten, weil sie bereits in dem Wertansatz der DM-Eröffnungsbilanz zum Ausdruck gekommen sein müßten und damit die Anschaffungs- und Herstellungskosten im Sinne des § 6 des Einkommensteuergesetzes bereits dementsprechend niedriger lägen. In Abschn. 17 Buchst. d der Wassernutzungsrichtlinien 1960 (= Abschn. 17 Buchst. d der Wassernutzungsrichtlinien 1966) ist dagegen der Abzug solcher Dauerlasten vom Reinvermögen bei der Ermittlung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen ausdrücklich zugelassen. Gleichzeitig wird jedoch angeordnet, daß bei Unternehmen, die einen Abzug von Dauerlasten geltend machen, immer zu prüfen sei, ob die Übernahme der Dauerlast im Zusammenhang mit der Einräumung des Wassernutzungsrechts stehe. Sei das der Fall, so müsse die Dauerlast auch als Rechnungsposten für das Wassernutzungsrecht angesetzt werden. Das soll nach Abschn. 6 Buchst. d (a. a. O.) in der Weise geschehen, daß die kapitalisierten laufenden Aufwendungen als Teil der Anschaffungskosten für das Wassernutzungsrecht angesetzt werden. Der Senat ist der Auffassung, daß diese Anordnungen in den Wassernutzungsrichtlinien 1960 und 1966 der Rechtslage entsprechen, wie sie auch schon an früheren Stichtagen, an denen bei der Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen keine Bindung an die DM-Eröffnungsbilanzwerte mehr bestand, galt, und daß deshalb auch schon an diesen Stichtagen nach diesen Anweisungen zu verfahren ist. Das FG wird danach in erster Linie zu prüfen haben, ob und in welcher Höhe überhaupt laufende Aufwendungen für die Instandhaltungen der Flußufer außerhalb der eigentlichen Wassernutzungsanlage entstanden sind. Dabei werden auch die Aufwendungen der Klägerin für Eigenarbeiten zu berücksichtigen sein. Sollten solche Aufwendungen tatsächlich entstanden sein, so wird das FG weiter zu prüfen haben, ob diese Aufwendungen nach den Ausführungen in Abschn. 17 Buchst. b in Verbindung mit Abschn. 6 Buchst. d der Wassernutzungsrichtlinien 1960 und 1966, soweit sie im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wassernutzungsrechts stehen, als Anschaffungskosten des Wassernutzungsrechts anzusetzen sind und damit den Abzug der Dauerlast vom Reinvermögen praktisch neutralisieren.
Fundstellen
Haufe-Index 68520 |
BStBl II 1969, 394 |
BFHE 1969, 330 |