Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlassung einer Lizenz als gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
1. Die Verpachtung von Wirtschaftsgütern an eine Kapitalgesellschaft stellt einen Gewerbebetrieb dar, wenn die verpachteten Wirtschaftsgüter für die (Betriebs-)Kapitalgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage bilden und der (oder die) Inhaber des verpachteten Vermögens (Besitzunternehmen) die Kapitalgesellschaft in dem Sinne beherrschen, daß sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen.
2. Als wesentliche Betriebsgrundlage in diesem Sinne kommen auch Patente in Betracht, wenn die Produktion der Betriebskapitalgesellschaft in erheblichem Umfang auf ihnen beruht.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat den Beruf eines . . . erlernt, war jedoch vorwiegend wissenschaftlich tätig. Im Jahre 1970 gründete er mit einem Dritten eine GmbH, die der Auswertung seiner Erfindungen dienen sollte; seit 1973 ist er Alleingesellschafter der GmbH. Ebenfalls im Jahre 1973 schloß der Kläger mit der Gesellschaft einen Lizenzvertrag über ein ihm zustehendes Patent. Die Umsätze der GmbH beruhten in den Streitjahren 1981 und 1982 fast ausschließlich auf der Verwertung dieser Schutzrechte.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah in der Verwertung des Patents eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers, weil gegenüber der GmbH eine Betriebsaufspaltung vorliege; es erließ deshalb Gewerbesteuermeßbescheide gegenüber dem Kläger.
Die Klage hatte Erfolg; das Finanzgericht (FG) entschied, daß der Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit beziehe, die mangels einer gesetzlichen Vorschrift nicht in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden könnten.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des FA muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.
Das FG ist der Auffassung, daß der Kläger mit der Überlassung der Lizenz an die von ihm beherrschte GmbH keinen Gewerbebetrieb i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterhalte, und daß er deswegen nicht der Gewerbesteuer unterliege. Dem ist jedoch nicht zu folgen; tatsächlich waren im Streitfall vielmehr die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt, die die Innehabung und Überlassung der Erfindungen als Besitzunternehmen erscheinen lassen.
Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern an die Kapitalgesellschaft dann einen Gewerbebetrieb dar, wenn die verpachteten Wirtschaftsgüter für die Kapitalgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage bilden und der oder die Inhaber des verpachteten Vermögens auch die Kapitalgesellschaft in dem Sinne beherrschen, daß sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).
Als wesentliche Betriebsgrundlage kommen auch immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere Erfindungen, in Betracht, sofern die Produktion des Betriebsunternehmens im erheblichen Umfang auf ihnen beruht (BFH-Urteile vom 20. September 1973 IV R 41/69, BFHE 110, 368, BStBl II 1973, 869; vom 1. Juni 1978 IV R 152/73, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545). Dies trifft im Streitfall zu, weil die Umsätze der GmbH in den Streitjahren nach den Feststellungen des FG fast ausschließlich auf der Auswertung von Erfindungen des Klägers beruhten.
Zu Unrecht hat das FG angenommen, daß diese Grundsätze nicht gelten würden, wenn ein freier Erfinder seine Erfindungen durch eine GmbH ausnutzen läßt, die er zu diesem Zweck gegründet hat. Der Erfinder steht in diesem Fall nicht anders, als hätte er die Verwertung in seinem eigenen Gewerbebetrieb vorgenommen. Der Senat ist auf diesen Sachverhalt bereits in seiner Entscheidung vom 26. Januar 1989 IV R 151/86 (BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455) eingegangen; auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Entgegen der Auffassung des FG hat der BFH auch schon in der Vergangenheit eine Betriebsaufspaltung angenommen, wenn sie unmittelbar aus einer freiberuflichen Erfindertätigkeit hervorgegangen ist (Urteile vom 24. März 1977 IV R 39/73, BFHE 121, 465, BStBl II 1977, 821; BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545; vom 18. Juni 1980 I R 77/77, BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39). Wie in der Entscheidung in BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455 ausgeführt, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, daß persönliche Dienstleistungen allein die Betriebsaufspaltung nicht begründen können und daß hieraus gewonnene Einkünfte nicht auf der Betriebsaufspaltung beruhen; die Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter zur Nutzung durch die Kapitalgesellschaft gehört nicht zu den persönlichen Dienstleistungen.
Schließlich ist auch unerheblich, daß in § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ein dem § 21 Abs. 3 EStG vergleichbarer Vorbehalt aufgenommen worden ist. Dieses Vorbehalts bedurfte es nicht, weil nach § 1 Abs. 2 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung a. F., § 15 Abs. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1984 jede selbständige, nachhaltige und mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführte Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sich als gewerbliche Tätigkeit darstellt, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen einer Betätigung in der Land- und Forstwirtschaft oder der Ausübung eines freien Berufs vorliegen; die Aufnahme eines dem § 21 Abs. 3 EStG vergleichbaren Vorbehalts in § 18 EStG wäre danach ohne Sinn gewesen.
Fundstellen
Haufe-Index 416644 |
BFH/NV 1990, 522 |