Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Zinspflicht für Erstattungsbeträge
Leitsatz (NV)
Die Zinspflicht für Beträge, die auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung über die Klage gegen einen Umsatzsteuerjahresbescheid zu erstatten sind, beginnt mit der Rechtshängigkeit der Klage gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid. Sie beginnt nicht mit der Rechtshängigkeit der vorgeschalteten, aber durch die Bekanntgabe des Umsatzsteuerjahresbescheides in der Hauptsache erledigten Klage gegen die als Steuerfestsetzungen wirkenden Umsatzsteuervoranmeldungen.
Normenkette
AO 1977 § 236 Abs. 2 Nr. 1; UStG 1967 § 18 Abs. 1, 3
Gründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Prozeßzinsen richtet.
Die Klägerin hatte Verurteilung des FA zur Verzinsung des in der Vorentscheidung anerkannten negativen Umsatzsteueranspruchs in Höhe entsprechender Vorsteuerbeträge von (20 v. H. von 2 831 892,02 DM =) 566 378,40 DM ab Rechtshängigkeit der Klage gegen die Umsatzsteuervoranmeldung für August 1976 beantragt.
Nach der Rechtsprechung des BFH durfte das FG ohne vorangegangenes Vorverfahren über die insoweit vorliegende Verpflichtungsklage gemäß § 100 Abs. 3 FGO i. d. F. vor 1993 entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1974 V R 98/70, BFHE 114, 323, BStBl II 1975, 300). Die Voraussetzungen der Zahlung von Zinsen für Vorsteuerbeträge, die die Klägerin nach der Vorentscheidung für Leistungsbezüge beanspruchen kann, über den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der am 18. Dezember 1985 beim FG eingegangenen Anfechtungsklage gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 1976 hinaus bereits seit Rechtshängigkeit der Klage gegen die Umsatzsteuervorauszahlungsfestsetzung für August 1976 liegen nicht vor.
Nach § 236 Abs. 1 AO 1977 ist die durch die gerichtliche Entscheidung herabgesetzte und zu erstattende Steuer vom Tag der Rechtshängigkeit bis zur Auszahlung zu verzinsen. Rechtshängig wird die Streitsache durch Erhebung der Klage (§ 66 FGO). Wortlaut und Zweck des § 236 Abs. 1 AO 1977 stellen auf Erstattungsansprüche ab, die als solche rechtshängig gewesen sind, und erfassen nicht Fälle, in denen die Erstattung lediglich mittelbare Folge der gerichtlichen Entscheidung ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 350/83, BFHE 152, 401, BStBl II 1988, 600 zu II 2).
Etwas anderes ergibt sich nicht für Ansprüche aus Umsatzsteuervoranmeldungen. Selbst wenn die Steuerfestsetzung in einer Umsatzsteuervoranmeldung durch die Steuerfestsetzung in dem Umsatzsteuerjahresbescheid abgelöst und das materielle Ergebnis der in dem Kalenderjahr entstandenen Umsatzsteuer für die Zukunft ausschließlich aus dem Jahressteuerbescheid festgestellt wird (vgl. dazu BFH-Urteil vom 21. Februar 1991 V R 130/86, BFHE 163, 408, BStBl II 1991, 465), bleiben vorher ausgelöste Rechtswirkungen bestehen (vgl. BFH-Beschluß vom 31. Januar 1991 V B 135/90, BFH/NV 1991, 563, Umsatzsteuer-Rundschau -- UR -- 1991, 235). Wirkungen, die an eine Steuerfestsetzung für einen Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum und die Klage hiergegen anknüpfen, werden durch den Erlaß der Jahressteuerfestsetzung nicht beseitigt. Über Prozeßzinsen im Zusammenhang mit Ansprüchen aus der Umsatzsteuervorauszahlung für August 1976 ist die Rechtshängigkeit der gegen diese Steuerfestsetzung gerichteten Klage maßgebend. Das ist jedenfalls dann so, wenn die Klägerin -- wie im Streitfall -- keinen Antrag nach § 68 FGO gestellt hat. Einen endgültigen Rechtsverlust braucht die Klägerin dadurch nicht zu befürchten.
Fragen, z. B. nach der Zinspflicht, die im Rahmen der Anfechtung des Umsatzsteuerjahresbescheids nicht klärbar sind, lassen das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung in der angefochtenen Umsatzsteuervoranmeldung nicht entfallen (vgl. dazu Jüptner, UR 1993, 77, 79).
Fundstellen
BFH/NV 1994, 46 |
BFH/NV 1995, 849 |
BFHE 1994, 450 |
BB 1994, 854 |