Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksübertragung auf eine Gesamthand; Beteiligung des Einbringenden an der Gesamthand
Leitsatz (amtlich)
1. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung nach § 18 Abs.2 GrEStG RP (*= § 5 Abs.2 GrEStG 1983) liegen trotz (formaler) Beteiligung des Einbringenden am Vermögen der Gesamthand dann nicht vor,
a) wenn dieser durch (gesellschafts-)vertragliche Abrede im Ergebnis wirtschaftlich so gestellt ist, als sei er während der Dauer seiner Beteiligung an der Gesamthand und bei deren Beendigung nicht wie ein Eigentümer (anteilig) an den Wertveränderungen des Grundstücks beteiligt (gewesen) oder
b) wenn und soweit dieser entsprechend einem vorgefaßten Plan in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung auf einen anderen überträgt (vgl. BFH-Urteil vom 24.November 1982 II R 38/78, BFHE 138, 97, BStBl II 1983, 429).
2. In diesem Zusammenhang macht es keinen Unterschied, ob der Einbringende seine gesamthänderische Berechtigung völlig aufgibt oder diese nur verringert.
Normenkette
GrEStG RP § 18 Abs. 2; GrEStG 1983 § 5 Abs. 2; GrEStG § 5 Abs. 2 Fassung: 1940-03-29
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 5.April 1979 gegründet. Einziger persönlich haftender Gesellschafter wurde A, einzige Kommanditistin die B-GmbH. Der persönlich haftende Gesellschafter sollte keine Einlage leisten und am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt sein. Die GmbH sollte eine Kommanditeinlage von 20 000 DM erbringen. Dies sollte dadurch erfolgen, daß ihr gehörender Grundbesitz unter Übernahme aller damit in Verbindung stehenden Verbindlichkeiten durch die Klägerin in diese eingebracht wurde. Der persönlich haftende Gesellschafter wurde ermächtigt, "mit weiteren Kommanditisten seiner Wahl deren Beitritt zur Gesellschaft und die Übernahme von Kommanditeinlagen zu vereinbaren". In derselben Urkunde erklärten die Vertragspartner die Auflassung des genannten Grundbesitzes auf die Klägerin.
Das beklagte Finanzamt (FA) kam zunächst zu dem Ergebnis, daß die Übertragung der Grundstücke auf die Klägerin nach § 18 Abs.2 des damals geltenden rheinland-pfälzischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in vollem Umfang steuerfrei sei. Ein förmlicher Bescheid wurde darüber jedoch nicht erteilt. Im Jahr 1984 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Aufgrund dabei gewonnener Erkenntnisse bat der Prüfer das beklagte FA um eine Prüfungsanordnung hinsichtlich der Grunderwerbsteuer. Diese wurde am 3.September 1984 von dem FA erteilt und auf § 193 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt. Diese Prüfungsanordnung händigte der Prüfer der Klägerin aus.
Die Prüfung ergab, daß aufgrund eines im Juli 1979 ausgegebenen Prospekts in der Zeit vom 22.Juli bis 24.Oktober 1979 weitere Kommanditisten mit Einlagen von 2 760 000 DM geworben worden waren und daß sich A mit einem Anteil von 50 000 DM am Gesellschaftsvermögen beteiligt hatte. Der Anteil der GmbH war dadurch auf 0,712 v.H. gesunken.
Durch Bescheid vom 18.Dezember 1985 setzte das FA Grunderwerbsteuer in Höhe von 67 687 DM gegen die Klägerin fest. Es berücksichtigte dabei nunmehr nur 0,712 v.H. der Bemessungsgrundlage als steuerfrei nach § 18 Abs.2 GrEStG.
Hiergegen richtete sich die Klage. Mit dieser wurde zunächst Verjährung geltend gemacht. Darüber hinaus hätten die Voraussetzungen für eine völlige Steuerbefreiung nach § 18 Abs.2 GrEStG vorgelegen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Steuer sei nicht verjährt. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 18 Abs.2 GrEStG hätten nur in dem vom FA angenommenen geringen Umfang vorgelegen. Die Aufnahme weiterer Kommanditisten mit der Folge einer Reduzierung des Anteils der GmbH am Gesellschaftsvermögen habe einem vorgefaßten Plan in sachlichem Zusammenhang mit der Einbringung des Grundstücks entsprochen. Der Zeitraum von 7 Monaten könne noch als zeitlicher Zusammenhang angesehen werden. Da eine Reduzierung einer Gesellschafterbeteiligung insoweit einem Ausscheiden aus der Gesellschafterstellung gleichgestellt werden müsse, sei im Streitfall nach der Rechtsprechung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 6.Oktober 1982 II R 92/80, BFHE 137, 87, BStBl II 1983, 138) die Steuerbefreiung nicht (in vollem Umfang) zu gewähren.
Mit der Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 18 Abs.2 GrEStG. Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Grundstückseinbringung von der Grunderwerbsteuer zu befreien.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das FG dahin erkannt, daß der Grundstückserwerb der Klägerin nicht über den vom FA angenommenen Umfang hinaus grunderwerbsteuerfrei ist.
1. Nach § 18 Abs.2 GrEStG (*= § 5 Abs.2 GrEStG 1940/1983) wird die Steuer beim Übergang eines Grundstücks von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Die Vorschrift zieht die Folgerung daraus, daß die Änderung der Rechtszuständigkeit des Grundstücks aufgrund des der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsgeschäfts wirtschaftlich insoweit zu keiner Veränderung führt, als der veräußernde Gesellschafter über seine Gesamthandsberechtigung (auch) am Grundstück(swert) beteiligt bleibt. Das Gesetz berücksichtigt damit erklärtermaßen (vgl. Gesetzesbegründung, RStBl 1940, 387, 398) wirtschaftliche Gesichtspunkte. Trotz des Rechtsträgerwechsels unterbleibt eine Besteuerung insoweit, als sich die uneingeschränkte Berechtigung des bisherigen Alleineigentümers am Grundstück in Höhe seines Anteils am Gesellschaftsvermögen fortsetzt; denn Eigentümer des Gesamthandsvermögens sind die einzelnen Gesellschafter, wenn auch mit den anderen Gesellschaftern gemeinsam in gesamthänderischer Verbundenheit. Die mit dem Eigentum am Grundstück verbundenen Chancen und Risiken, die Wertveränderungen, Erträge oder Aufwendungen treffen gleichermaßen ―wenn auch nur anteilig― den Gesamthandsberechtigten. Sinn und Zweck der Steuervergünstigung verlangen daher, daß sich das bisherige Alleineigentum auch tatsächlich in der geschilderten Weise am Gesamthandseigentum fortsetzt (vgl. Senatsurteil vom 24.November 1982 II R 38/78, BFHE 138, 97, BStBl II 1983, 429). Dementsprechend liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung ―trotz (formaler) Beteiligung des Grundstücksveräußerers am Vermögen der Gesamthand― dann nicht vor,
a) wenn dieser durch gesellschaftsvertragliche Abrede im Ergebnis wirtschaftlich so gestellt ist, als sei er während der Dauer seiner Beteiligung an der Gesellschaft und bei deren Beendigung über das Gesamthandsvermögen nicht wie ein Eigentümer anteilig an den Wertveränderungen des Grundstücks beteiligt (vgl. dazu Senatsurteil vom 9.November 1988 II R 188/84, BFHE 155, 171, BStBl II 1989, 201) oder
b) wenn und soweit dieser entsprechend einem vorgefaßten Plan in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung auf einen anderen überträgt (vgl. Senat in BFHE 138, 97, BStBl II 1983, 429). Dem zeitlichen Moment mißt der Senat neben dem sachlichen Zusammenhang deshalb Bedeutung zu, weil in der Regel davon auszugehen ist, daß bei einer zur Einbringung (Veräußerung) zeitnahen Änderung des Beteiligungsverhältnisses des Grundstücksübertragenden diesem eine vermögensmäßige Beteiligung am Grundstück(swert) nicht weiter zusteht.
Dabei macht es in bezug auf die Steuervergünstigung keinen Unterschied, ob der Einbringende (Veräußerer) seine gesamthänderische Beteiligung plangemäß völlig (durch Ausscheiden aus der Gesellschaft) oder teilweise (durch Verminderung seiner Beteiligung) aufgibt oder ob sich seine Beteiligung durch Hinzutritt weiterer Gesellschafter verringert. Die Steuervergünstigung knüpft nämlich nicht an die Gesellschafterstellung (die Mitgliedschaft) als solche an, sondern an die "Höhe des Anteils … am Vermögen der Gesamthand". Begünstigungsfähig ist daher der Erwerb durch die Gesamthand nur in dem Ausmaß, in dem der Einbringende (der Veräußerer) am Wert des Grundstücks beteiligt bleibt.
2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den im Streitfall vom FG festgestellten Sachverhalt, an den der Senat gebunden ist (§ 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), führt dazu, daß die von der Klägerin begehrte weitere Steuerbefreiung nach § 18 Abs.2 GrEStG nicht in Betracht kommt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich dies bereits aus dem oben unter 1. a) dargestellten Grund ergibt, denn jedenfalls folgt das aus dem oben unter 1. b) dargestellten Grund.
Das FG ist davon ausgegangen, daß der Einbringende entsprechend einem vorgefaßten Plan in sachlichem Zusammenhang mit der Grundstückseinbringung seine anteilsmäßige Beteiligung verringert hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der sachliche Zusammenhang ergibt sich daraus, daß der Einbringende seine vermögensmäßige Beteiligung in Verwirklichung des von Anfang an bestehenden Plans tatsächlich verringert hat.
Zutreffend hat das FG auch den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einbringung des Grundstücks und der Verringerung der Beteiligung des Einbringenden am Vermögen der Klägerin bejaht, obwohl bis zur endgültigen Verringerung der anteilsmäßigen Beteiligung des Einbringenden auf 0,712 v.H. insgesamt rund sieben Monate verstrichen waren. Denn in einer derartig kurzen Zeitspanne werden die mit dem Grundstückseigentum verbundenen wirtschaftlichen Risiken und Chancen regelmäßig weder verwirklicht noch üblicherweise von den Beteiligten auch nur wertmäßig ermittelt.
Fundstellen
Haufe-Index 63731 |
BFH/NV 1991, 27 |
BStBl II 1991, 374 |
BFHE 163, 246 |
BFHE 1991, 246 |
BB 1991, 1554 |
BB 1991, 1554-1555 (LT) |
DB 1991, 1430-1431 (LT) |
DStR 1991, 679 (KT) |
HFR 1991, 426 (LT) |
StE 1991, 115 (K) |