Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Leibrente und dauernder Last bei Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen
Leitsatz (NV)
- Handelt es sich um eine dem zivilrechtlichen Vertragstypus des "Altenteilsvertrages" vergleichbare Vereinbarung, sind die wiederkehrenden Leistungen aufgrund der Rechtsnatur des Vertrages in der Regel abänderbar.
- Eine Zuordnung zu diesem Vertragstypus scheidet aus, wenn die vereinbarten Versorgungsleistungen bei Berücksichtigung der bisherigen Ertragslage offenkundig nicht aus dem durchschnittlich erzielbaren Ertrag erbracht werden können. Ohne Bedeutung ist dagegen, daß die übergebene Wirtschaftseinheit schwankende Erträge abwirft und deshalb vorübergehend die wiederkehrenden Leistungen die Erträge übersteigen können.
- Eine Zuordnung zum Vertragstypus "Altenteilsvertrag" scheidet aus, wenn das übergebene Vermögen erst vom Übernehmer in einen Zustand versetzt wird, daß es Erträge abwirft.
- Der Umfang der Leistungen ‐ hier betr. die Unterhalts- und Betriebskosten einer vom Übergeber eigengenutzten Wohnung ‐ muß von Anfang an oder ‐ bei einer Änderung ‐ für die Zukunft klar und eindeutig vereinbart worden sein.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 22 Nr. 1 S. 1
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1988 bis 1991 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Mit Vertrag vom 29. Juli 1988 erhielt die Klägerin von ihrer 1911 geborenen Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein mit mehreren Wohngebäuden bebautes Grundstück. Das Grundstück hatte einen Verkehrswert von 550 000 DM.
Die Klägerin übernahm im Gegenzug die Grundschulden und die damit gesicherten Bankverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 117 367,66 DM. Hierbei handelte es sich um Bankschulden des Bruders der Klägerin, zu deren Übernahme sich im Übertragungsvertrag zunächst die Mutter unter Verzicht auf Rückerstattung und Anrechnung auf den künftigen Erbteil ihres Sohnes im Vertrag vom 29. Juli 1988 verpflichtet hatte.
Zusätzlich räumte die Klägerin der Mutter unentgeltlich ein dingliches Wohnrecht an einer noch zu bestimmenden Wohnung in einem der Gebäude ein und verpflichtete sich außerdem, ihr auf Lebenszeit --erstmals am 5. August 1988-- eine "Leibrente" von monatlich 1 000 DM zu bezahlen, die sich nach näherer Maßgabe entsprechend dem Preisindex für die Lebenshaltungskosten ändern sollte. Zur Sicherung dieser Rentenverpflichtung bestellte die Klägerin an dem ihr übertragenen Grundstück eine Reallast entsprechenden Inhalts.
Der Vertrag wurde ab 1. Oktober 1988 wie vereinbart durchgeführt. Die zwei Wohngebäude waren mit Ausnahme der zugunsten der Mutter wohnrechtsbelasteten Wohnung im Haus ... vermietet (erklärte Einnahmen: ab 1. 0ktober 1988 9 999 DM; für 1989 58 943 DM; für 1990 63 030 DM und für 1991 62 783 DM). In dem Gebäude Nr. ... haben die Kläger nach dem Erwerb das Dachgeschoß ausgebaut.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1988 bis 1991 beurteilten die Kläger den Grundstückserwerb zunächst als entgeltlich und ermittelten die Anschaffungskosten unter Einbeziehung des Kapitalwerts der an die Mutter der Klägerin zu leistenden Leibrente. Als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung dieses Grundbesitzes machten sie neben anderen Aufwendungen auch den Ertragsanteil der Leibrente geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte in den unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheiden für 1988 und 1989 im wesentlichen diesen Angaben. Im Anschluß an eine Überprüfung des Sachverhalts im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen für 1990 und 1991 änderte das FA die Einkommensteuerbescheide für 1988 und 1989 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) mit der Begründung, der Grundstückserwerb sei nur insoweit entgeltlich, als die Klägerin sich zur Übernahme von Verbindlichkeiten verpflichtet habe. Die im Zusammenhang mit der Übergabe des Grundvermögens im Wege vorweggenommener Erbfolge vereinbarten Versorgungsleistungen gehörten nicht zu den Anschaffungskosten; sie seien vielmehr als Sonderausgaben (nur) mit dem Ertragsanteil zu berücksichtigen. Die auf den wohnrechtsbelasteten Anteil des Hauses entfallenden Aufwendungen (Instandhaltung, Strom, Heizung etc.) seien allerdings nicht als Sonderausgaben (dauernde Last) abziehbar, weil es insoweit an einer Verpflichtung der Klägerin fehle. Die Einkommensteuerbescheide für 1990 und 1991 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und sämtliche Bescheide für die Streitjahre teilweise vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO 1977.
Im anschließenden Einspruchsverfahren gegen die geänderten Bescheide für 1988 und 1989 und die erstmals erlassenen Einkommensteuerbescheide für 1990 und 1991 schlossen sich die Kläger zwar grundsätzlich der Beurteilung des FA an. Rechtsfehlerhaft ist jedoch nach ihrer Auffassung, daß das FA die Rentenzahlungen nicht in vollem Umfang als Sonderausgaben (dauernde Last) berücksichtigte. Auch die auf das Wohnrecht entfallenden sonstigen Aufwendungen seien zwar nicht als Werbungskosten, jedoch als Teil der Versorgungsleistungen ebenfalls mit ihrem vollen Betrag als Sonderausgaben (dauernde Last) abziehbar.
Das Finanzgericht (FG) hat die nach insoweit erfolglosem Einspruch erhobene Klage abgewiesen. Es führte im wesentlichen aus:
Bei dem zur Vorwegnahme der Erbfolge geschlossenen Vertrag handele es sich nicht um ein Veräußerungsgeschäft, sondern --weil der Verkehrswert des übertragenen Grundvermögens (550 000 DM) den Wert der von der Klägerin übernommenen Leistungen (übernommene Schulden und Kapitalwert der Rente, insgesamt rd. 174 000 DM) bei weitem übersteige-- um eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, mit der Folge, daß die übernommenen Versorgungsleistungen den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 EStG) zuzuordnen seien. Die vereinbarte Rente sei jedoch als Leibrente nur mit ihrem Ertragsanteil abziehbar. Weder sei im Vertrag ausdrücklich deren Abänderbarkeit nach § 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) vereinbart worden, noch ergäben sich erkennbare Anhaltspunkte für eine Verknüpfung der beiderseitigen Lebensverhältnisse: Es sei nicht ersichtlich, daß das überlassene Grundstück nach Art eines Betriebs die Existenzgrundlage der Mutter bilde; andere Hinweise darauf, daß die vereinbarte Rente von 1 000 DM monatlich nach dem Versorgungsbedürfnis der Übergeberin unter Berücksichtigung der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden sei, lägen nicht vor. Zwar gehörten zum Vertragsinhalt nicht nur die ausformulierten Klauseln, sondern auch die Gesamtheit der Rechtsfolgen, die das dispositive Recht für den betreffenden Schuldvertrag vorsehe. Wenn keine Vermögenserträge "vorbehalten" würden, weil die vereinbarten Versorgungsleistungen von vornherein höher seien als der langfristig erzielbare Ertrag des übergebenen Vermögens, sei die Bemessung der Leistungen nicht mehr Ausdruck der aus der Übergabe folgenden wechselseitigen Verbundenheit, und es gebe keinen in der Natur der Sache liegenden schuldrechtlichen Maßstab für die Änderbarkeit der Leistungen. Im Hinblick auf die schwankenden Erträge bei vermietetem Grundbesitz könnten die Rentenzahlungen höher sein als der langfristig erzielbare Ertrag des Vermögens. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, daß die Ertragskraft des überlassenen Objekts nachträglich aufgrund von Investitionen der Kläger gesteigert worden sei. Die Abänderbarkeit könne nicht allein damit begründet werden, daß Vermögen im Zuge einer vorweggenommenen Erbregelung übertragen worden sei. Dem Grundstücksüberlassungsvertrag sei nicht zu entnehmen, daß die Höhe der Leibrente von der Höhe der erzielten Grundstückserträge und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin abhängig sein sollten. Zwar sei anzunehmen, daß die zugesagte Leibrente der Versorgung der Überlasserin dienen solle; dies sei jedoch allenfalls Motiv für die Rentenzahlung; es fehlten aber Anhaltspunkte dafür, daß bei einer geänderten Wirtschafts- und Bedarfssituation eines oder beider Vertragsbeteiligten die Rentenhöhe geändert werden sollte; deshalb unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt von der Rechtslage des im bürgerlichen Recht geregelten Altenteilsvertrags.
Auch die Aufwendungen der Klägerin für die überlassene Wohnung seien nicht als dauernde Last abziehbar, weil es insoweit an einer Vereinbarung fehle.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Das FG weiche von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab: Seien Versorgungsleistungen aufgrund einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vereinbart, seien diese in vollem Umfang (als dauernde Last) abziehbar, wenn deren Abänderbarkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei. Hinsichtlich der für die wohnrechtsbelastete Wohnung von der Klägerin getragenen Aufwendungen gehe das FG zu Unrecht davon aus, sie seien im Vertrag nicht übernommen worden; denn nach § 1093 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei die Klägerin aufgrund des eingeräumten Wohnrechts kraft Gesetzes verpflichtet gewesen, die notwendigen Instandhaltungs- und Unterhaltskosten etc. zu übernehmen.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils den Einkommensteuerbescheid 1988 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 6. März 1995, die Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 1994 mit der Maßgabe zu ändern, daß die Rentenzahlungen in vollem Umfang (als dauernde Last) und zusätzlich die nicht als Werbungskosten berücksichtigten Aufwendungen für die wohnrechtsbelastete Wohnung als Sonderausgaben (dauernde Last) berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Ob nach dem Vertragsinhalt die vereinbarte Rente abänderbar oder nicht abänderbar sei, lasse sich nur aufgrund der Verhältnisse im Einzelfall beurteilen. Insoweit habe das FG den Vertrag zutreffend ausgelegt. Die Aufwendungen für die wohnrechtsbelastete Wohnung seien nicht abziehbar, denn entgegen der Auffassung der Kläger obliege die Unterhaltung der Wohnung zivilrechtlich grundsätzlich dem Wohnungsberechtigten (§ 1093 i.V.m. § 1041 Satz 2 BGB). Eine abweichende Vereinbarung enthalte der Vertrag nicht.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist zum Teil begründet.
Zu Unrecht haben FG und FA die aufgrund des Vermögensübergabevertrages im Wege vorweggenommener Erbfolge geleisteten Rentenzahlungen nur mit dem Ertragsanteil berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Kläger sind jedoch die auf die wohnrechtsbelastete Wohnung entfallenden Aufwendungen mangels eindeutiger, im voraus getroffener Vereinbarungen im Übergabevertrag nicht als Sonderausgaben abziehbar.
1. Das FG geht zu Recht --insoweit in Übereinstimmung mit den Beteiligten-- davon aus, daß im Streitfall die Übergabe des Mietwohngrundstückes als "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" zu beurteilen ist; anders als die übernommenen Verbindlichkeiten zählt deswegen die Rentenverpflichtung weder (mit ihrem Kapitalwert) zu den Anschaffungskosten, noch ist der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltenen Zinsanteil ("Ertragsanteil") als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Die anläßlich der Übergabe des Mietwohngrundstückes vereinbarte Rentenverpflichtung führt vielmehr zu Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG).
a) Im Widerspruch hierzu steht jedoch die Erwägung des FG, die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen seien deshalb nicht abänderbar, weil der Grundstücksüberlassungsvertrag nicht dem Vertragstypus des Versorgungsvertrages zugeordnet werden könne. Kommt --wie das FG im Zusammenhang mit der Beurteilung der Rente als gleichbleibend meint-- insoweit das Sonderrecht der Vermögensübergabe nicht zur Anwendung, gelten § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechtes ohne Einschränkung; das bedeutet, daß wiederkehrende Leistungen mit ihrem Barwert Anschaffungskosten i.S. des § 7 EStG sind und der in den einzelnen Zahlungen enthaltene Zinsanteil --ebenso wie die Anschaffungskosten-- steuerrechtlich nur berücksichtigt werden darf, wenn es sich insoweit um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt oder wenn ein Zinsanteil sonst gesetzlich (z.B. § 10e Abs. 6 a EStG) zum Abzug zugelassen ist (z.B. Senatsurteil vom 27. August 1997 X R 54/94, BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, m.w.Rechtsprechungsnachw.).
b) Auch wenn es sich steuerrechtlich um eine "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" handelt, kommt es für die Entscheidung, ob abänderbare oder nicht abänderbare Leistungen vereinbart sind, grundsätzlich auf den Inhalt der Vereinbarungen an. Zuzustimmen ist insoweit der Erwägung des FG, daß die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel nicht stets die Annahme rechtfertigt, die Leistungen seien unter Berücksichtigung von Ertrags- und Bedarfsveränderungen abänderbar (BFH in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, m.w.Nachw.). Handelt es sich indes um eine dem zivilrechtlichen Vertragstypus des "Versorgungsvertrages"/"Altenteilsvertrages" vergleichbare Vereinbarung, sind die wiederkehrenden Leistungen aufgrund der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages in der Regel abänderbar, auch wenn --wie im Streitfall-- eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO fehlt (BFH-Urteile vom 24. Juli 1996 X R 167/95, BFHE 181, 72, BStBl II 1997, 315; vom 27. August 1996 IX R 86/93, BFHE 181, 175, BStBl II 1997, 47; in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, jeweils m.w.Nachw.), es sei denn, aus dem Vertrag ergibt sich, daß die Vertragsbeteiligten ausnahmsweise gleichbleibende Leistungen vereinbart haben. Diese Voraussetzungen liegen indes im Streitfall nicht vor.
c) Entgegen der Auffassung des FG rechtfertigt der Umstand, daß die übergebene Wirtschaftseinheit schwankende Erträge abwirft und es deshalb nicht auszuschließen ist, daß vorübergehend wiederkehrende Leistungen in der vereinbarten Höhe nicht aus den Erträgen bezahlt werden können, nicht die Annahme, sie seien als gleichbleibend vereinbart. Dem FG ist darin zuzustimmen, daß eine Zuordnung zum Vertragstypus des "Altenteilsvertrages" nicht in Betracht kommt, wenn die vereinbarten Versorgungsleistungen offenkundig nicht aus dem Ertrag erbracht werden können (BFH-Urteil vom 24. November 1993 X R 123/90, BFH/NV 1994, 704); denn dieser Vertragstypus ist in bürgerlich-rechtlicher Hinsicht dadurch gekennzeichnet, daß die beiderseitigen Lebensverhältnisse von Übergeber und Übernehmer dadurch verknüpft werden, daß eine ertragbringende Wirtschaftseinheit zur Weiterbewirtschaftung übergeben wird und der Übergeber im wirtschaftlichen Ergebnis (lediglich) einen Teil der Erträge zurück"behält". Übersteigen die im Übergabevertrag vereinbarten Leistungen bei Berücksichtigung der bisherigen Ertragslage offensichtlich die durchschnittlich erzielbaren Erträge, sind die beiderseitigen Lebensverhältnisse nicht aufgrund der Vermögensübergabe, sondern aufgrund einer davon unabhängigen Versorgungszusage verknüpft. Davon zu unterscheiden ist jedoch ein Sachverhalt, bei dem wegen schwankender Erträge die Versorgungsverpflichtung ausnahmsweise vorübergehend nicht in der vereinbarten Höhe aus den Erträgen des übergebenen Vermögens erfüllt werden kann; denn der Übergabevertrag ist bürgerlich-rechtlich gerade durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß eine Anpassung der vereinbarten Versorgungsleistungen des Übernehmers nicht nur wegen veränderter Bedürfnisse des Übergebers möglich ist, sondern auch die Berücksichtigung einer veränderten Ertragslage ermöglicht.
d) Entgegen der Auffassung des FG ist auch ohne Bedeutung für die Zuordnung zum steuerrechtlichen "Vermögensübergabevertrag", ob der Übergeber auf die wiederkehrenden Leistungen angewiesen ist; dies kann zwar zivilrechtlich unter dem Aspekt bedeutend sein, unter welchen Voraussetzungen bei verminderten Erträgen eine Herabsetzung oder bei erhöhtem Bedarf des Übergebers eine Erhöhung der Zahlungen verlangt werden kann; für die Zuordnung zum steuerrechtlichen Rechtsinstitut der Vermögensübergabe ist jedoch allein entscheidend, ob im Einzelfall bei wertender Beurteilung die Vereinbarung in ihren charakteristischen Zügen dem Modell des zivilrechtlichen Typus des Versorgungsvertrages entspricht.
Aus dem gleichen Grund schließt auch der Umstand, daß die Kläger durch Investitionen nach der Übergabe den Ertrag des übergebenen Mietwohngrundstückes gesteigert haben, die Beurteilung als "Versorgungsvertrag" nicht aus. Allerdings kommt eine Zuordnung zum Sonderrecht der Vermögensübergabe nicht in Betracht, wenn das übergebene Vermögen erst vom Übernehmer in einen Zustand versetzt wird, daß es überhaupt zur Erzielung von Erträgen eingesetzt werden kann (Senatsurteil in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813). Davon zu unterscheiden ist jedoch ein Sachverhalt, bei dem der Übernehmer durch Investitionen die Ertragskraft des übergebenen Vermögens verbessert.
e) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die wiederkehrenden Leistungen der Klägerin in vollem Umfang als Sonderausgaben (dauernde Last) abziehbar. Denn angesichts der vom FG festgestellten Mieteinnahmen aus dem übergebenen Grundstück in Höhe von rd. 10 000 DM für dreiMonate im Jahr der Übernahme 1988 und jeweils rd. 60 000 DM in den Streitjahren 1989 bis 1991 fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß längerfristig die versprochene Rente von monatlich 1 000 DM nicht aus den Erträgen des übergebenen Vermögens bezahlt werden könnte.
2. Das FG hat zu Recht den Abzug der auf den wohnrechtsbelasteten Teil des Anwesens entfallenden Aufwendungen versagt.
a) Die Aufwendungen sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar; die Kläger erzielen insoweit keine Vermietungseinkünfte, denn die Mutter der Klägerin nutzt die Wohnung aufgrund des vorbehaltenen unentgeltlichen Nutzungsrechtes.
b) Die auf die wohnrechtsbelastete Wohnung entfallenden Aufwendungen können auch nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Zwar umfaßt der Rechtsbegriff "Versorgungsleistungen" solche Aufwendungen, durch welche die Grundbedürfnisse des Bezugsberechtigten wie Wohnen, Ernährung etc. abgedeckt werden; dabei kann der Wohnbedarf des Übergebers auch in der Weise sichergestellt werden, daß der Übernehmer eine Wohnung, deren Nutzung sich der Übergeber vorbehalten hat, in einem bewohnbaren Zustand zu erhalten hat (BFH-Urteil vom 25. März 1992 X R 196/87, BFHE 167, 408, BStBl II 1992, 1012). Voraussetzung ist jedoch, daß im Übergabevertrag die gegenseitigen Rechte und Pflichten klar und eindeutig vereinbart sind. Der Umfang der beiderseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere der Umfang der geschuldeten Versorgungsleistungen muß nach ständiger Rechtsprechung von Anfang an oder --bei Änderung der Verhältnisse-- für die Zukunft klar und eindeutig vereinbart worden sein (BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1994, 704; vom 1. April 1998 X B 198/97, BFH/NV 1998, 1467, m.w.Nachw.). Daran fehlt es im Streitfall. Nach dem Übergabevertrag hat sich die Klägerin lediglich verpflichtet, der Übergeberin, der Mutter, ein Wohnrecht an einer von ihr auszuwählenden Wohnung einzuräumen. Mangels entsprechender klarer und eindeutiger Verpflichtung verbleibt es insoweit bei den bürgerlich-rechtlichen Regeln, daß der Berechtigte für die anfallenden Lasten selbst aufkommen muß (§ 1093 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1041 BGB). Hätten die Vertragsbeteiligten beabsichtigt, die wohnungsberechtigte Mutter von den "Ausbesserungen und Erneuerungen... insoweit, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören" (§ 1093 i.V.m. § 1041 Satz 2 BGB) und den Betriebskosten (Gas, Wasser, Strom etc.) zu befreien, hätte es einer im voraus getroffenen eindeutigen Vereinbarung bedurft.
3. Die Einkommensteuer war hiernach neu festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 55360 |
BFH/NV 2000, 12 |
HFR 2000, 10 |