Leitsatz (amtlich)
Eine GmbH & Co. KG, die (ausschließlich) einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb i.S. von § 13 Abs.1 Nr.1 EStG unterhält, bezieht grundsätzlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Beteiligung der GmbH bewirkt aber, daß diese Einkünfte anteilig, soweit sie nach dem Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel der GmbH zuzurechnen sind, in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren und umzurechnen sind.
Orientierungssatz
1. Hat eine GmbH & Co. KG, die ausschließlich einen landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, nur Verluste erwirtschaftet und nimmt die Komplementär-GmbH vertraglich an den Verlusten nicht teil, sind unter Berücksichtigung des Urteils des Senats vom 19.7.1984 IV R 87/82 nur Einkünfte aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft gesondert festzustellen und den Gesellschaftern, die daran teilhaben, anteilig zuzurechnen.
2. Eine KG erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sich die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit in einer Weise verhalten, die als Verwirklichung des Tatbestands des § 1 GewStDV zu werten ist. Dafür reichen aber die Angabe eines bestimmten als gewerblich zu qualifizierenden Teils des Unternehmensgegenstands im Gesellschaftsvertrag und die Eintragung der KG ins Handelsregister nicht aus. Es müssen konkrete Maßnahmen hinzukommen, die äußerlich erkennbar auf eine tatsächliche Aufnahme einer werbenden gewerblichen Tätigkeit gerichtet sind (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1977 I R 115/74; Lit.)
Normenkette
EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2; KStDV 1968 § 16; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a; GewStDV § 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine durch Vertrag vom 5.Dezember 1973 errichtete und seit April 1974 unter Firma B KG in das Handelsregister eingetragene KG. Gesellschafter waren zunächst der Gutsbesitzer B (im folgenden B) als Komplementär und dessen Mutter Frau B (im folgenden Frau B) als Kommanditistin.
Am 2.Juli 1974 trat die B GmbH (im folgenden GmbH) mit einer Einlage von 20 000 DM als persönlich haftende Gesellschafterin ein; der bisherige Komplementär B wurde gleichzeitig Kommanditist. Gesellschafter der GmbH waren B und Frau B je zur Hälfte.
Am 20.September 1974 übertrugen B und Frau B sowohl ihre Geschäftsanteile an der GmbH als auch ihre Kommanditanteile auf die B'sche Familienstiftung mit Sitz in H (im folgenden Stiftung); Gesellschafter der Klägerin waren danach die GmbH als einzige Komplementärin mit einer Einlage von 20 000 DM und die Stiftung mit einer Kommanditeinlage von 3 Mio DM, später erhöht auf 3,6 Mio DM. Im September 1976 trat Frau B der Klägerin als weitere Kommanditistin mit einer Kommanditeinlage von 1,4 Mio DM bei. Über die Gewinn- und Verlustverteilung bestimmt der Gesellschaftsvertrag, daß die Komplementär-GmbH Ersatz ihrer Auslagen und eine Haftungsprämie von 2 % des Jahresgewinns erhält, ansonsten jedoch weder am Gewinn noch am Verlust teilnimmt; im übrigen sollen Gewinn und Verlust nach dem Verhältnis der Kapitalanteile verteilt werden (§ 7).
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrags "die Erzeugung und Bearbeitung von und der Handel mit land- und forstwirtschaftlichen Produkten aller Art". Bilanzstichtag der Klägerin ist der 30.Juni (§ 4 Nr.2 des Gesellschaftsvertrags).
Die Klägerin betreibt seit ihrer Errichtung einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, der ca. 180 ha umfaßt.
Die Klägerin wies in ihren Jahresabschlüssen zum 30.Juni 1975 einen Verlust von 103 854 DM, zum 30.Juni 1976 einen Verlust von 192 445 DM und zum 30.Juni 1977 einen Verlust von 99 114 DM aus.
Für die Streitjahre 1975 und 1976 erklärte die Klägerin negative Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die gemäß § 4a Abs.2 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch zeitanteilige Aufteilung der Verluste der Wirtschaftsjahre 1974/75 bis 1976/77 auf die Kalenderjahre 1975 und 1976 ermittelt sind (erklärter Verlust für 1975 148 150 DM, für 1976 145 779 DM). Den Verlust für das Kalenderjahr 1975 rechnete die Klägerin in voller Höhe der Stiftung als damals alleiniger Kommanditistin zu; den Verlust für das Kalenderjahr 1976 verteilte die Klägerin auf die beiden Kommanditistinnen, die Stiftung und Frau B.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat demgegenüber die Auffassung, die erklärten Einkünfte seien solche aus Gewerbebetrieb, da eine GmbH & Co. KG, an der eine GmbH als einzige Komplementärin beteiligt sei, schon wegen dieser Beteiligung der GmbH einen Gewerbebetrieb unterhalte. Demgemäß seien gemäß § 4a Abs.2 Nr.2 EStG der Verlust des Wirtschaftsjahres 1974/75 im Kalenderjahr 1975 und der Verlust des Wirtschaftsjahres 1975/76 im Kalenderjahr 1976 bezogen (festgestellte Verluste für 1975 103 854 DM, für 1976 192 445 DM).
Einspruch und Klage waren erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß die Klägerin in den Streitjahren kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte bezogen habe.
Mit der Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die angefochtenen Feststellungsbescheide dahin zu ändern, daß für 1975 ein Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von 148 150 DM und für 1976 ein Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von 145 779 DM festgestellt wird. Die Klägerin rügt unrichtige Anwendung des § 2 Abs.2 Nr.1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und der §§ 13, 15 EStG.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
1. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bisher die Auffassung vertreten, daß die Einkünfte einer KG, an der eine GmbH als einzige persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafterin beteiligt ist, allein schon wegen dieser Beteiligung insgesamt als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren seien, weil die GmbH der KG das Gepräge gebe und bei einer GmbH kraft Rechtsform (vgl. § 8 Abs.2 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG-- 1977, § 16 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung --KStDV-- a.F.) alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln seien. Diese als Geprägetheorie bezeichnete Rechtsansicht hat der Große Senat des BFH mit Beschluß vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) ausdrücklich aufgegeben. Der Große Senat hat entschieden, daß die Gesellschafter einer Personengesellschaft in der Rechtsform einer KG Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart i.S. von § 2 Abs.3 EStG bezogen haben, wenn sie "gemeinsam einen der Einkünftetatbestände der §§ 13 bis 24 EStG erfüllen". Die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer Personengesellschaft wird danach in erster Linie durch die Tätigkeit der Gesellschaft bestimmt. Demgemäß haben die Gesellschafter einer Personengesellschaft Einkünfte der Einkunftsart "Gewerbebetrieb" bezogen, wenn sich die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft gemeinsam mit den in § 1 Abs.1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) aufgeführten Merkmalen betätigen und ihre Tätigkeit keine private Vermögensverwaltung war. Eine Personengesellschaft betreibt nicht schon deshalb mit einkommensteuerrechtlicher Wirkung für alle Gesellschafter ein gewerbliches Unternehmen i.S. von § 15 Nr.1 Satz 1 EStG, weil ein oder mehrere Gesellschafter die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft haben. Ist eine Kapitalgesellschaft als Gesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, die durch ihre Betätigung den Tatbestand einer anderen Einkunftsart als der aus Gewerbebetrieb verwirklicht, z.B. den Tatbestand des § 13 EStG (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft), so bewirkt diese Beteiligung lediglich, daß die Einkünfte (Gewinn oder Überschußeinkünfte) der Personengesellschaft, soweit sie entsprechend der vertraglichen Gewinn- und Verlustverteilungsabrede anteilig der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind, im Rahmen der gesonderten Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft anteilig in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren und auch umzurechnen sind (vgl. im einzelnen Groh, Der Betrieb --DB-- 1984, 2373; ferner z.B. bereits BFH-Urteil vom 28.Januar 1975 I R 106/73, BFHE 115, 271, BStBl II 1975, 516).
2. Für den Streitfall folgt aus den zu 1. dargestellten Rechtsgrundsätzen, daß die Klägerin (bzw. die Gesellschafter der Klägerin in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit) in den Streitjahren 1975 und 1976 keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat, sofern der Sachvortrag der Klägerin zutrifft, daß sie in den Streitjahren ausschließlich eine Landwirtschaft betrieben und den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Handel mit landwirtschaftlichen Produkten weder aufgenommen noch vorbereitet hat.
Daß im Gesellschaftsvertrag der Klägerin als Gegenstand ihres Unternehmens nicht nur die Erzeugung und Bearbeitung landwirtschaftlicher Produkte, sondern auch der Handel mit solchen Produkten festgelegt ist, und daß die Klägerin als KG im Handelsregister eingetragen ist, kann für sich allein nicht die Schlußfolgerung rechtfertigen, die Klägerin habe auch (oder im Hinblick darauf, daß nach Meinung des Senats die Betätigung einer Personengesellschaft stets einheitlich zu beurteilen sei) nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Entscheidend ist, ob sich die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit in einer Weise verhalten haben, die als Verwirklichung des Tatbestands des § 1 GewStDV zu werten ist. Dafür reichen die Angabe eines bestimmten als gewerblich zu qualifizierenden Teils des Unternehmensgegenstands im Gesellschaftsvertrag und die Eintragung als KG ins Handelsregister nicht aus. Es müssen konkrete Maßnahmen hinzukommen, die äußerlich erkennbar auf eine tatsächliche Aufnahme einer werbenden gewerblichen Tätigkeit gerichtet sind, also in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dieser stehen und diese vorbereiten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30.November 1977 I R 115/74, BFHE 124, 52, 54, BStBl II 1978, 193; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 3.Aufl., § 15 Anm.29, 45).
Die Rechtsgrundsätze des Senatsurteils vom 6.Oktober 1977 IV R 176/74 (BFHE 123, 470, BStBl II 1978, 54) sind auf den Streitfall nicht anwendbar, da die Klägerin --ihren Sachvortrag als richtig unterstellt-- im landwirtschaftlichen Bereich tatsächlich werbend und im gewerblichen Bereich nicht einmal vorbereitend tätig war.
Der Eintragung als KG ins Handelsregister kann für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung auch deshalb keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, weil gemäß § 3 Abs.2 des Handelsgesetzbuches (HGB) i.d.F. des Gesetzes vom 13.Mai 1976 (BGBl I, 1197) auch Land- und Forstwirte als Kaufleute in das Handelsregister eingetragen werden können und demgemäß eine als KG ins Handelsregister eingetragene Personengesellschaft, die ausschließlich Land- und Forstwirtschaft betreibt, nach Maßgabe des § 3 Abs.2 i.V.m. §§ 161, 105 HGB zu Recht ins Handelsregister eingetragen ist, gleichwohl aber einkommensteuerrechtlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezieht.
3. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG feststellen müssen, ob der Sachvortrag der Klägerin zutrifft, daß sie in den Streitjahren ausschließlich Land- und Forstwirtschaft betrieben hat. Bejahendenfalls wird das FG des weiteren zu prüfen haben, ob sich im Streitfall die wegen der Beteiligung der GmbH an sich gebotene Umqualifizierung und Umrechnung der von der Klägerin bezogenen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, soweit diese auf die GmbH entfallen, in solche aus Gewerbebetrieb deshalb erübrigt, weil die Klägerin nur Verluste erwirtschaftet hat und die GmbH vertraglich an Verlusten nicht teilnimmt. Sollten diese Voraussetzungen erfüllt sein, so sind unter Berücksichtigung des Urteils des Senats vom 19.Juli 1984 IV R 87/82 (BFHE 142, 6) nur Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gesondert festzustellen und den Gesellschaftern, die daran teilhaben, anteilig zuzurechnen.
Fundstellen
Haufe-Index 61027 |
BStBl II 1985, 291 |
BFHE 143, 68 |
BFHE 1985, 68 |
BB 1985, 778-780 (LT) |
DStR 1985, 283-283 (LT) |
HFR 1985, 270-271 (LT) |