Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsüberlassung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
Die bei einer Betriebsaufspaltung vom Inhaber des Besitzunternehmens ausschließlich dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassenen Erfindungen gehören zum gewerblichen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens. Die aus der Überlassung bezogenen Vergütungen unterliegen der Gewerbesteuer (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 23. Januar 1980 I R 33/77, BFHE 130, 173, BStBl II 1980, 356).
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist, ob Lizenzeinnahmen, die dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) für die Überlassung seiner Erfindungen zugeflossen sind, zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit oder aus Gewebebetrieb gehören.
Der Kläger hält sämtliche Anteile der Firma X-GmbH (GmbH). Das in seinem Eigentum stehende Fabrikgrundstück hat er an die GmbH verpachtet. Die daraus erzielten Überschüsse werden der Gewerbesteuer unterworfen. Zwischen der GmbH und dem Kläger bestehen mehrere Verträge, aufgrund derer er der GmbH die Lizenz an seinen beiden Erfindungen erteilte.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die vom Kläger aus der Lizenzvergabe bezogenen Einkünfte der Gewerbesteuer. Nach seiner Auffassung erfüllt die Überlassung der Erfindungen, auf der 95 v. H. des Umsatzes der GmbH beruhten, an die vom Kläger beherrschte GmbH die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung.
Mit seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage hatte der Kläger keinen Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Finanzgericht (FG) aus, es stehe einer sog. unechten Betriebsaufspaltung gleich, wenn neu entwickelte Wirtschaftsgüter dem Betriebsunternehmen im Wege der Lizenz überlassen würden und diese für das Betriebsunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellten. Somit sei unschädlich, daß der Kläger die zweite Erfindung, die eine wesentliche Grundlage für den Betrieb der GmbH darstelle, erst nach Begründung der Betriebsaufspaltung gemacht habe.
Mit der Revision rügt der Kläger unrichtige Anwendung der §§ 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Erfindungen hätten nicht zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehört. Ausschlaggebend sei, ob der Erfinder seine Rechte als Betriebsvermögen des Besitzunternehmens behandeln wolle oder nicht. Da er sich auch die Lizenzgewährung an Dritte vorbehalten habe, sei dies nicht der Fall. Für den Streitfall sei das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Januar 1980 I R 33/77 (BFHE 130, 173, BStBl II 1980, 356) von Bedeutung. Ebenso wie im Urteilsfall habe er sich für die Zugehörigkeit der Erfindungen zum Privatvermögen entschieden. Keinesfalls seien diese allein mit der Verwertung durch die Betriebsgesellschaft Betriebsvermögen des Besitzunternehmens geworden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben sowie den Gewerbesteuermeßbescheid entsprechend seinem Klageantrag zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat die Lizenzgebühren zu Recht dem Gewerbeertrag des Klägers zugerechnet.
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, daß die Verpachtung des Fabrikgrundstücks an die GmbH die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt und der Kläger mit den daraus bezogenen Einkünften der Gewerbesteuer unterliegt (§ 2 Abs. 1 GewStG i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG in den für die Streitjahre maßgebenden Fassungen). Der Kläger hält als Inhaber des Besitzunternehmens sämtliche Anteile an der GmbH als der Betriebsgesellschaft, für die das Fabrikgrundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt.
Bei dem Besitzunternehmen unterliegen nicht nur die aus der Verpachtung des Betriebsgrundstücks gezogenen Pachtzinsen der Gewerbesteuer, sondern alle weiteren von der Betriebsgesellschaft erhaltenen Vergütungen für sonstige Leistungen. Voraussetzung ist, daß die Leistungen spezifisch auf der Betriebsaufspaltung beruhen. Dafür ist maßgeblich, ob der wirtschaftlich betrachtet einheitliche Organismus (einheitliche geschäftliche Betätigungswille) beider Unternehmen die Grundlage für die Leistung bildet. Dies hat die Rechtsprechung des BFH für die Geschäftsführertätigkeit verneint, dagegen für den - hier gegebenen - Fall der Überlassung von Erfindungen ausdrücklich bejaht (Urteil vom 9. Juli 1970 IV R 16/69, BFHE 99, 533, BStBl II 1970, 722). Besitz- und Betriebsunternehmen müssen nicht aus einem ursprünglich einheitlichen Gewerbebetrieb hervorgegangen sein (sog. unechte Betriebsaufspaltung, vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 1981 IV R 103/78, BFHE 134, 126, BStBl II 1982, 60). Damit ist auch ohne Bedeutung, ob eine Erfindung schon mit Begründung der Betriebsaufspaltung oder eine erst später gemachte Erfindung (nachträglich) überlassen wird. Im Streitfall gilt dies um so mehr, als die Erfindungen nach den unbestrittenen Feststellungen des FG für die Betriebsgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage dargestellt haben (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1973 IV R 41/69, BFHE 110, 368, BStBl II 1973, 869) und damit ihre Überlassung auch schon für sich genommen die Voraussetzungen einer (unechten) Betriebsaufspaltung erfüllt hat (BFH-Urteil vom 1. Juni 1978 IV R 152/73, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545). Der in diesem Zusammenhang von der Revision angestellte Vergleich mit einem freiberuflich Tätigen, der seine Dienste einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft zur Verfügung stellt, geht fehl. In diesem Fall liegt eine - für die Betriebsaufspaltung erforderliche - Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung nicht vor.
Diesem Ergebnis kann die Revision die ihrer Ansicht nach fehlende Zugehörigkeit der Erfindungen zum (gewerblichen) Betriebsvermögen des Besitzunternehmens nicht entgegenhalten. Sie übersieht, daß diese Zugehörigkeit gerade durch die Überlassung der Erfindung im Rahmen der Betriebsaufspaltung begründet wird. Da die gewerbliche Betätigung auch diese Überlassung umfaßt, dienen die Erfindungen unmittelbar dem Betrieb des Besitzunternehmens und gehören damit zum gewerblichen Betriebsvermögen des Klägers (BFH-Urteil vom 21. September 1977 I R 39-40/74, BFHE 123, 464, BStBl II 1978, 67). Aus diesem Grunde kann auch den von der Revision angeführten Literaturmeinungen nicht gefolgt werden, wenn sie ihre Auffassung mit der Zugehörigkeit der Erfindungen zum freiberuflichen Betriebsvermögen begründen und dementsprechend auch die aus der Überlassung bezogenen Einkünfte als solche aus freiberuflicher Tätigkeit ansehen wollen (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 15 EStG Anm. 13 e [2]). Auch wenn die Erfindungen als persönliche Leistungen des Erfinders anzusehen sind, schließt dies keineswegs die Zugehörigkeit zu einem gewerblichen Betriebsvermögen aus.
Ob sich aus dem Vorbehalt der Nutzung durch Lizenzvergabe auch an Dritte, wie dies die Revision geltend macht, eine andere Beurteilung ergeben könnte, kann im Streitfall offenbleiben. Nach den vom FG festgestellten tatsächlichen Vereinbarungen, von denen der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen ausgehen muß (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), hat der Kläger die Erfindungen im Streitjahr ausschließlich der GmbH überlassen. Auf den von der Revision auch in der mündlichen Verhandlung erneut angeführten Lizenzvertrag vom 29. November 1974, mit dem sich der Kläger - im Gegensatz zu der unter I. getroffenen Vereinbarung vom 22. April 1975 - die weltweite Lizenzvergabe vorbehalten haben will, findet sich kein Hinweis. Mit steuerlicher Wirkung kann die - vom FG festgestellte - nachträgliche Änderung erst im Jahre 1976 (Vertrag vom 31. Mai 1976) nicht auf das Streitjahr zurückwirken.
Der Erfassung der bezogenen Vergütungen im Rahmen der Betriebsaufspaltung läßt sich auch nicht das Urteil in BFHE 130, 173, BStBl II 1980, 356 entgegenhalten. Im Urteilsfall hat der BFH nicht schon die Möglichkeit der Erfassung der überlassenen Erfindungen im Rahmen der Betriebsaufspaltung verneint. Maßgeblich war vielmehr die Besonderheit, daß - im Unterschied zum Streitfall - nicht der Kläger (das Besitzunternehmen), sondern ein am Besitzunternehmen (einer Personengesellschaft) lediglich als Gesellschafter Beteiligter die Erfindung überlassen hatte und aus diesem Grunde die Erfassung der bezogenen Vergütungen unmittelbar beim Gewerbeertrag des Besitzunternehmens nicht in Betracht kommen konnte. Dies wäre nur - mittelbar - dann möglich gewesen, wenn die nicht im Rahmen des Besitzunternehmens überlassenen Erfindungen aus anderen - den im Urteil genannten - Gründen dem (Sonder-)Betriebsvermögen (des Gesellschafters) hätten zugerechnet werden können. Im Streitfall ergibt sich dagegen - wie dargelegt - unmittelbar aus der Überlassung durch den Kläger als Inhaber des Besitzunternehmens die Zugehörigkeit der Erfindungen zum (gewerblichen) Betriebsvermögen des Klägers.
Auch mit ihrem Hinweis auf die Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder vom 30. Mai 1951 (BGBl I, 387 - ErfVO -) kann die Revision nicht überzeugen (vgl. dazu schon eingehend BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545, unter 1 e). Zwar führt die Betriebsaufspaltung zu zwei rechtlich selbständigen Unternehmen und ist dementsprechend die in § 4 der ErfVO geforderte Voraussetzung der Verwertung der überlassenen Erfindung im fremden Betrieb erfüllt (BFH-Urteil vom 24. März 1977 IV R 39/73, BFHE 121, 465, BStBl II 1977, 821). Daß die Vergütungen, die aus der Überlassung der Erfindungen bezogen werden, beim Besitzunternehmen als gewerbliche Einkünfte erfaßt werden, beruht aber nicht auf einer Beurteilung der beiden Unternehmen (Besitz- und Betriebsunternehmen) als Einheit. Dafür ist - wie dargelegt - allein der einheitliche geschäftliche Betätigungswille innerhalb der beiden (selbständigen) Unternehmen maßgeblich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rechtfertigen sich aus diesen Besonderheiten im übrigen die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung (vgl. im einzelnen Beschlüsse vom 14. Januar 1969 I BvR 136/62, BVerfGE 25, 28, BStBl II 1969, 389; vom 12. März 1985 1 BvR 571/81 u. a., BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475). Dadurch ist auch der von der Revision gerügte Verfassungsverstoß widerlegt.
Fundstellen
Haufe-Index 416065 |
BFH/NV 1989, 321 |