Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsbegründung durch Bezugnahme; Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts eines Erbbaurechts
Leitsatz (NV)
1. Nach Überleitung eines Verfahrens wegen der Zulassung der Revision in das Revisionsverfahren kann zur Begründung der Revision auf die Beschwerdebegründung Bezug genommen werden, wenn diese den inhaltlichen Anforderungen an die Begründung einer Revision genügt.
2. Verstößt der nach § 148 Abs. 1 BewG a.F. ermittelte Wert eines Erbbaurechts gegen das Übermaßverbot, ist der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch den Steuerpflichtigen zuzulassen.
3. Ist der Erbbauzins niedriger als eine angemessene, ortsübliche Bodenwertverzinsung, hat der Erbbauberechtigte einen Vorteil, der bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Erbbaurechts durch den Ansatz eines Bodenwertanteils berücksichtigt werden muss.
4. Vertraglich vereinbarte Verfügungsbeschränkungen über ein Erbbaurecht stellen persönliche Verhältnisse dar, die bei der Bestimmung des gemeinen Werts des Erbbaurechts nicht zu berücksichtigen sind.
Normenkette
FGO § 120; ZPO § 551 Abs. 3 S. 2; BewG §§ 9, 148 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 3 K 3494/99 (EFG 2007, 1492); EFG 2007, 1492) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Alleinerbin ihres am … 1996 verstorbenen Bruders. Zum Nachlass gehört ein durch Erbbau-Heimstättenvertrag vom 25. Oktober 1958 bestelltes, bis zum 31. Dezember 2031 befristetes Erbbaurecht. Das Erbbaurecht war vom Grundstückseigentümer, dem Land B, als Reichsheimstätte ausgegeben worden. Weiterer Vertragspartner ist als "Träger" eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft.
Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 des Vertrags steht B gemäß § 11 des Reichsheimstättengesetzes (RHeimstG) ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle zu, abgesehen von der Veräußerung an den Ehegatten oder an bestimmte verwandte oder verschwägerte Personen (in § 11 Abs. 2 RHeimstG bestimmter Personenkreis). Für die Bemessung des Kaufpreises bei der Geltendmachung des Vorkaufsrechts gilt nach § 10 Abs. 2 Satz 2 des Vertrags § 15 RHeimstG mit näher bezeichneten Maßgaben. Diese Regelungen gehören nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags nicht zum Inhalt des Erbbaurechts.
Die Erbbauberechtigten bedürfen u.a. zur Abtretung von Rechten aus dem Vertrag der vorherigen Zustimmung des Trägers. Dieses Zustimmungserfordernis gehört gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags zum Inhalt des Erbbaurechts. Verstößt der Erbbauberechtigte gegen das Zustimmungserfordernis, steht B ein Heimfallanspruch zu.
Nach § 15 Abs. 2 des Vertrags unterwerfen sich die Vertragschließenden Änderungen des Vertrags, die sich aus Änderungen der darin in Bezug genommenen Vorschriften, u.a. des RHeimstG, ergeben.
Das seinerzeit zuständige Finanzamt (FA) stellte den Grundstückswert des Erbbaurechts zum Todestag in der Einspruchsentscheidung auf 176 000 DM fest. Es legte der Berechnung dieses Werts nach § 148 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Bewertungsgesetzes in der bei Eintritt des Erbfalls geltenden Fassung (BewG) als Wert des unbelasteten Grundstücks statt des (niedrigeren) Ertragswerts (§ 146 Abs. 2 bis 5 BewG) den Mindestwert gemäß § 146 Abs. 6 i.V.m. § 145 Abs. 3 BewG (182 960 DM) zugrunde und zog hiervon das 18,6fache des jährlichen Erbbauzinses (361,20 DM x 18,6 = 6 718 DM) ab.
Die Klägerin legte zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Erbbaurechts zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls Gutachten vor, die ein Sachverständiger für bebaute und unbebaute Grundstücke erstellt hatte. Danach betragen der Gebäudewert rund 92 000 DM und der Bodenwert ohne Belastung durch das Erbbaurecht 225 338 DM = rund 115 000 €. Um den Bodenwertanteil des Erbbaurechts zu bestimmen, ging der Sachverständige von einer Restlaufzeit des Erbbaurechts von 35 Jahren, dem am Stichtag vereinbarten Erbbauzins von jährlich 184,68 € und einem angemessenen Jahreszins von 5 % von 115 000 € = 5 750 € aus. Den Bodenwertanteil des Erbbaurechts errechnete er, indem er die Differenz von 5 565,32 € zwischen dem angemessenen Jahreszins und dem vereinbarten Erbbauzins mit einem Vervielfältiger von 16,37 und einem Wertfaktor von 0,3 multiplizierte. Hieraus errechnete sich ein Bodenwertanteil des Erbbaurechts von 27 331,29 €, abgerundet 27 000 €. Der Sachverständige führte dazu aus, der Bodenwertanteil könne bei einer Veräußerung des Erbbaurechts nicht realisiert werden, weil B einer Veräußerung des Erbbaurechts nur dann zustimme, wenn ein Erwerbspreis vereinbart werde, der die von B genehmigte Bewertung nicht übersteige.
Die Klage mit dem Antrag, den Grundstückswert des Erbbaurechts auf 92 000 DM festzustellen, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1492 veröffentlichten Urteil unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Mai 2004 II R 45/01 (BFHE 204, 570, BStBl II 2004, 1036) und vom 29. September 2004 II R 57/02 (BFHE 207, 52, BStBl II 2004, 1041) die Auffassung, der festgestellte Grundstückswert verstoße nicht gegen das Übermaßverbot. Statt des nach § 148 Abs. 1 BewG berechneten Grundstückswerts des Erbbaurechts könne daher nicht dessen gemeiner Wert angesetzt werden, der nach dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten 144 800 DM betrage. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei nicht nur der Gebäudewert von 92 000 DM, sondern auch der Bodenwertanteil von 52 800 DM in die Berechnung des gemeinen Werts einzubeziehen; denn der vereinbarte Erbbauzins sei niedriger als der angemessene, ortsübliche.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision beantragte die Klägerin neben der Revisionszulassung, die Vorentscheidung aufzuheben und den Grundstückswert des Erbbaurechts auf 92 000 DM festzustellen. Zur Begründung führte sie aus, es sei eine verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung, dass § 148 BewG dem Erbbauberechtigten anders als einem Grundstückseigentümer nicht die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren gemeinen Werts einräume. Das FG habe bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Erbbaurechts zu Unrecht einen fiktiven Bodenwertanteil berücksichtigt. Der vereinbarte Erbbauzins sei zwar aus sozialen Gründen niedrig veranschlagt worden, aber dennoch angemessen und ortsüblich, da er für weite Kreise der Bevölkerung angewandt worden sei. Der Bodenwertanteil lasse sich nicht durch einen Verkauf realisieren. Eine Veräußerung des Erbbaurechts zu einem höheren Preis als 92 000 DM sei nicht möglich, weil dann B von dem ihm kraft Gesetzes und Vertrags zustehenden Vorkaufsrecht zu diesem Betrag Gebrauch machen würde. Die Bewertung des Erbbaurechts durch das FA widerspreche demgemäß dem Übermaßverbot und zudem dem Sozialstaatsgebot.
Nachdem der BFH die Revision zugelassen hatte, reichte die Klägerin innerhalb der Frist für die Begründung der Revision (§ 116 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 120 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) einen Schriftsatz ein, mit dem sie erklärte, sich wegen der Revisionsanträge und der Revisionsbegründung auf die bereits in der Nichtzulassungsbeschwerde gestellten Anträge und deren Begründung zu beziehen und diese jeweils zum Gegenstand des Revisionsvorbringens zu machen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das inzwischen zuständig gewordene FA) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Die Bezugnahme auf die Nichtzulassungsbeschwerde genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung. Das FG habe im Übrigen die Rechtslage zutreffend beurteilt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist zwar zulässig, aber unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Feststellung des Grundstückswerts in der Einspruchsentscheidung rechtmäßig sei.
1. Die Revision ist zulässig.
a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden, wenn die Revision aufgrund der Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden ist. Eine vergleichbare Vorschrift enthält zwar § 120 Abs. 3 FGO nicht. Nach § 155 FGO ist § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO aber entsprechend anwendbar. Eine derartige Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde kann eine eigenständige Revisionsbegründung allerdings nur ersetzen, wenn die Beschwerdebegründung den inhaltlichen Anforderungen an die Revisionsbegründung genügt (BFH-Beschluss vom 20. Juni 2008 VII R 46/07, BFH/NV 2008, 1691, m.w.N.).
Soweit der BFH in seiner früheren Rechtsprechung eine zur Revisionsbegründung erfolgte Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig angesehen hat, wenn der Revision keine Abschrift der Beschwerdebegründung beigefügt war (Beschluss vom 25. Juli 1994 I R 73/91, BFH/NV 1995, 402), ist diese Rechtsprechung inzwischen durch gesetzliche Neuregelungen überholt.
Zum einen sah es der BFH in diesem Beschluss als entscheidend an, dass bereits das FG der Nichtzulassungsbeschwerde abgeholfen hatte mit der Folge, dass die Beschwerdebegründung dem BFH nicht zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt worden war. Eine derartige Abhilfemöglichkeit des FG ist in der FGO inzwischen nicht mehr vorgesehen. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision und deren Begründung sind vielmehr stets beim BFH einzureichen (§ 116 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 2 FGO). Über die Beschwerde entscheidet der BFH (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).
Zum anderen wurde inzwischen § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I 2001, 1887) in die ZPO eingefügt. Eine nochmalige Übersendung der dem Revisionsgericht bereits vorliegenden Beschwerdebegründung wird darin nicht gefordert. Eine solche Forderung wäre auch eine mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbare leere Förmelei.
b) Die Begründung der Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision genügt den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 Buchst. a FGO an eine Revisionsbegründung. Sie enthält sowohl einen ausdrücklich formulierten Revisionsantrag als auch die Angabe der Revisionsgründe, nämlich die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung nach Ansicht der Klägerin ergibt.
2. Der vom FA in der Einspruchsentscheidung für das Erbbaurecht festgestellte Grundstückswert entspricht den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verringern.
a) Die Revision hat nicht bereits deshalb Erfolg, weil die in § 148 Abs. 1 BewG geregelte Bewertung von Erbbaurechten und der durch diese Rechte belasteten Grundstücke mit dem verfassungsrechtlichen Erfordernis einer Bewertung, die die Wertverhältnisse in ihrer Relation realitätsgerecht abbildet, nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. November 2006 1 BvL 10/02 (BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192 Abschn. C. II. 2. e) nicht vereinbar war. § 148 BewG ist trotz des festgestellten Verfassungsverstoßes im Streitfall anwendbar. Das BVerfG hat nämlich von einer Nichtigerklärung der Vorschrift oder der Forderung nach einer rückwirkenden Änderung abgesehen und auf die geplante Neuregelung der Bewertung von Erbbaurechten und der durch diese Rechte belasteten Grundstücke in § 148 BewG hingewiesen, die inzwischen durch Art. 18 Nr. 4 i.V.m. Art. 20 Abs. 6 des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878) mit Wirkung zum 1. Januar 2007 Gesetz geworden ist.
b) § 148 BewG war nicht wegen eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verfassungswidrig. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Erbbaurechts war zwar im Wortlaut der Vorschrift nicht vorgesehen, aber bei verfassungskonformer Auslegung für den Fall zuzulassen, dass andernfalls ein Verstoß gegen das grundgesetzliche Übermaßverbot vorliegen würde (BFH-Urteile in BFHE 207, 52, BStBl II 2004, 1041, und vom 17. Mai 2006 II R 58/02, BFH/NV 2006, 1804, m.w.N.).
Der für das Erbbaurecht nach dem Gesetzeswortlaut festzustellende Wert kann deshalb gegen das Übermaßverbot verstoßen, weil der nach § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG ermittelte und nach § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG vom Wert des (unbelasteten) Grundstücks abzuziehende Wert des belasteten Grundstücks unrealistisch niedrig ausfällt, etwa weil aus sozialen Gründen ein geringer Erbbauzins vereinbart wurde. Verstoßen die Belastungsfolgen der typisierenden Bewertung eines Erbbaurechts gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG gegen das Übermaßverbot oder sind sie --anders ausgedrückt-- auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellungen durch den gebotenen Anlass nicht mehr gerechtfertigt, so ist der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Erbbaurechts durch den Steuerpflichtigen zuzulassen (BFH-Urteile in BFHE 207, 52, BStBl II 2004, 1041, und in BFH/NV 2006, 1804). Dem Einwand, § 148 BewG sei wegen möglicher Überbewertungen verfassungswidrig, ist dadurch der Boden entzogen (BFH-Urteil vom 8. Juni 2005 II R 8/03, BFH/NV 2005, 2170).
c) Das FG hat zutreffend angenommen, dass bei der Ermittlung des Grundstückswerts des Erbbaurechts der nach § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG als Minuend anzusetzende Wert des unbelasteten Grundstücks nicht niedriger bemessen werden durfte als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück nach § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten gewesen wäre (BFH-Urteile in BFHE 207, 52, BStBl II 2004, 1041, und in BFH/NV 2006, 1804).
d) Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt im Streitfall nicht vor. Zwar fällt der nach der Differenzmethode abzuziehende Wert des belasteten Grundstücks nach § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG unrealistisch niedrig aus, weil der vereinbarte jährliche Erbbauzins umgerechnet lediglich 184,68 € betrug, während sich der angemessene Jahreszins nach dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten auf 5 750 € belief. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot folgt daraus indes nicht. Der sich aus dem Gebäudewert von 92 000 DM und dem Bodenwertanteil von 52 800 DM (vgl. dazu unten e) zusammensetzende gemeine Wert des Erbbaurechts von 144 800 DM liegt nur um 31 200 DM und damit nur knapp 18 % unter dem vom FA festgestellten Grundstückswert von 176 000 DM. Bei einem Unterschiedsbetrag, der sowohl in der absoluten Höhe als auch relativ so gering ist, kann von einer Verletzung des Übermaßverbots keine Rede sein.
e) Das FG hat bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Erbbaurechts zu Recht auch den Bodenwertanteil berücksichtigt. Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG). Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG sind ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bei der Bestimmung des gemeinen Werts nicht zu berücksichtigen. Als persönliche Verhältnisse sind nach § 9 Abs. 3 Satz 1 BewG auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind.
aa) Entspricht der Erbbauzins einer angemessenen, ortsüblichen Bodenwertverzinsung, wird die Belastung des Grundstücks mit dem Erbbaurecht durch den Kapitalwert des Erbbauzinses ausgeglichen. Der Bodenwert ist daher in diesem Fall in vollem Umfang dem Erbbauverpflichteten (Grundstückseigentümer) zuzurechnen. Ist der Erbbauzins jedoch niedriger, so hat der Erbbauberechtigte einen Vorteil, der bei der Ermittlung des Werts des Erbbaurechts berücksichtigt werden muss (Simon in Kleiber/Simon, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 5. Aufl., Abschn. VIII Rz 131 f.; Halaczinsky, Der Erbschaftsteuer-Berater --ErbStB-- 2007, 261; Nr. 5.2.1.5 der Wertermittlungs-Richtlinien --WertR-- 76/96; Beispiel 2 in Anlage 12 WertR 76/96; nunmehr Nr. 4.3.2.2.1 WertR 2006; Beispielrechnung Nr. 2 in Anlage 12 WertR 2006), und zwar durch Ansatz eines Bodenwertanteils. Zur Ermittlung dieses Bodenwertanteils ist von der Differenz zwischen dem erzielbaren Erbbauzins und dem am Wertermittlungsstichtag angemessenen Bodenverzinsungsbetrag des unbelasteten Grundstücks auszugehen. Die sich ggf. ergebende Differenz ist mit dem entsprechenden Barwertfaktor (Vervielfältiger) auf die Restlaufzeit des Erbbaurechts zu kapitalisieren (Simon, a.a.O., Abschn. VIII Rz 154 bis 156) und mit einem regelmäßig zwischen 0,3 und 0,8 liegenden Wertfaktor zu multiplizieren. Der Wertfaktor ist umso größer, je geringer die Einschränkungen für den Erbbauberechtigten sind; er ist umso kleiner, je größer sie sind (Nr. 5.2.2.3.1 WertR 76/96). Die Berücksichtigung dieser Wertfaktoren ist in den ---im Streitfall nicht einschlägigen-- WertR 2006 nicht mehr vorgesehen (Simon, a.a.O., Abschn. VIII Rz 146). Nunmehr soll ein Marktanpassungsfaktor angewendet werden (Nr. 4.3.2.2 WertR 2006; dazu Simon, a.a.O., Abschn. VIII Rz 147).
bb) Die Voraussetzungen für den Ansatz eines Bodenwertanteils sind im Streitfall erfüllt. Wie der Sachverständige in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten ausgeführt hat, war der zum Bewertungsstichtag zu zahlende Erbbauzins weit niedriger als der angemessene Jahreszins. Als angemessener Jahreszins ist dabei der am freien Markt übliche anzusehen. Dass nach den Angaben der Klägerin bei der Ausgabe von Reichsheimstätten in B in zahlreichen Fällen aus sozialen Gründen ebenfalls ein niedriger Erbbauzins vereinbart wurde, spielt keine Rolle. Derartige Zinsvereinbarungen ändern nämlich nichts daran, dass der niedrige Zins einen bei der Bewertung des Erbbaurechts zu berücksichtigenden Vorteil für den Erbbauberechtigten darstellt.
Da der Ansatz des Bodenwertanteils auf der für den Erbbauberechtigten vorteilhaften Vereinbarung eines niedrigen Erbbauzinses beruht, widerspricht er auch nicht dem Sozialstaatsgebot.
cc) Der Realisierung des Bodenwerts durch Veräußerung des Erbbaurechts zum Bewertungsstichtag standen weder gesetzliche Vorschriften noch die im Erbbau-Heimstättenvertrag getroffenen Vereinbarungen entgegen. Der BFH kann den Erbbau-Heimstättenvertrag selbst auslegen, da das FG die Auslegung unterlassen hat und weitere tatsächliche Feststellungen nicht in Betracht kommen (vgl. BFH-Urteil vom 14. Januar 2004 X R 37/02, BFHE 205, 96, BStBl II 2004, 493, unter II.4., m.w.N.).
aaa) B stand am Bewertungsstichtag kein Vorkaufsrecht mehr zu.
Das gesetzliche Vorkaufsrecht aus § 11 RHeimstG war erloschen. Das RHeimstG war durch das Gesetz vom 17. Juni 1993 (BGBl I 1993, 912) mit Wirkung ab 1. Oktober 1993 aufgehoben worden, ohne dass das übergangsweise Fortbestehen des Vorkaufsrechts hinsichtlich bereits bestehender Reichsheimstätten angeordnet worden wäre.
Nach Aufhebung des RHeimstG ergibt sich ein Vorkaufsrecht von B auch nicht aus dem Erbbau-Heimstättenvertrag. In § 10 Abs. 2 Satz 1 des Vertrags wurde lediglich die in § 11 RHeimstG enthaltene Regelung über das Bestehen eines Vorkaufsrechts wiedergegeben. Es wurde hingegen nicht ausdrücklich vereinbart, dass dieses Vorkaufsrecht auch dann weiterbestehen solle, wenn § 11 RHeimstG ersatzlos aufgehoben werden würde.
Die weitere Anwendbarkeit des Vorkaufsrechts nach der ersatzlosen Aufhebung des § 11 RHeimstG lässt sich dem Vertrag auch nicht durch Auslegung (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches) entnehmen. § 10 des Vertrags gehört nach dessen § 15 Abs. 1 Satz 1 nicht zum vereinbarten Inhalt des Erbbaurechts. Die Vertragschließenden haben sich zudem Änderungen des Vertrags unterworfen, die sich aus Änderungen der in Bezug genommenen Bestimmungen, u.a. des RHeimstG, ergeben. Da danach die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften maßgebend sein sollen, ist unter Änderung von Bestimmungen auch deren ersatzlose Aufhebung zu verstehen.
Unter diesen Umständen hätte es einer ausdrücklichen Klarstellung bedurft, wenn das Vorkaufsrecht nach § 11 RHeimstG auch nach der ersatzlosen Aufhebung dieser Vorschrift hätte weiterbestehen sollen. Würde man den Vertrag anders auslegen, stünde dies auch im Widerspruch zu der vom Gesetzgeber mit der Aufhebung des RHeimstG verfolgten Zielsetzung. Wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Aufhebung des Gesetzes (BRDrucks 512/92, S. 1 und 8) ergibt, wurde es als nicht mehr vertretbar angesehen, den Heimstätter weiterhin den strengen Bindungen des Gesetzes zu unterwerfen, nachdem durch die Steuerreform 1990 die letzten finanziellen Vergünstigungen entfallen waren. Im Hinblick darauf sei die Einschränkung der Verfügungsgewalt im Vergleich zu anderen Eigentümern unbillig.
bbb) Die Veräußerung des Erbbaurechts bedarf nach dem Erbbau-Heimstättenvertrag nicht der Zustimmung durch B, da ein entsprechendes Zustimmungserfordernis nicht vereinbart wurde. Der Zustimmung des Trägers bedarf u.a. die Abtretung von Rechten aus diesem Vertrag. Diese Vereinbarung kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie auch die Veräußerung des Erbbaurechts selbst erfasse. Die Begründung eines Zustimmungsvorbehalts für die Veräußerung des Rechts stellt einen so gewichtigen Eingriff in die Verfügungsbefugnis des Erbbauberechtigten dar, dass sie eindeutig vereinbart werden müsste. An einer solchen klaren Vereinbarung fehlt es.
dd) Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn man diesem Verständnis des Erbbau-Heimstättenvertrags nicht folgen, sondern das Bestehen von vertraglichen Verfügungsbeschränkungen annehmen würde. Die Verfügungsbeschränkungen würden nämlich nach § 9 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 BewG den gemeinen Wert des Erbbaurechts nicht mindern. Verfügungsbeschränkungen i.S. des § 9 Abs. 3 Satz 1 BewG können auf Gesetz oder Rechtsgeschäft beruhen und absoluter oder relativer Art sein (BFH-Urteil vom 17. September 1997 II R 8/96, BFH/NV 1998, 587).
Wie der BFH im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil vom 25. Mai 1938 III 9/38, RFHE 44, 116, RStBl 1938, 612) durch Urteil vom 28. Oktober 1955
III 92 und 106/55 S (BFHE 61, 429, BStBl III 1955, 365) entschieden hat, zählen die Bindungen, denen der Heimstätter unterliegt, darunter das Vorkaufsrecht des Ausgebers der Reichsheimstätte i.V.m. gewissen Beschränkungen des Kaufpreises, zu den Verfügungsbeschränkungen in diesem Sinn. Dies entspricht dem Gedanken der Sicherstellung der Heimstätte als wohnliche Lebensgrundlage. Spekulatives Verhalten des Heimstätters sollte durch die Verfügungsbeschränkungen ausgeschlossen werden. Demgemäß muss auch bei der Bewertung der Heimstätte der Gesichtspunkt der gesicherten Wohnung gegenüber dem das BewG im Allgemeinen beherrschenden Gesichtspunkt der Wertermittlung nach dem im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielenden Veräußerungspreis (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) in den Vordergrund gestellt werden.
Nichts anderes kann für entsprechende Verfügungsbeschränkungen gelten, die dem (ehemaligen) Heimstätter durch Vertrag auferlegt sind.
Fundstellen
Haufe-Index 2169086 |
BFH/NV 2009, 1096 |