Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung gem. § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974: Identität zwischen zugewandtem und vererbtem Vermögensgegenstand, Wegfall der Geschäftsgrundlage der Schenkung bei Tod des Beschenkten, Verfassungskonformität, atypisch stille Beteiligung an einer KG als Gegenstand der Schenkung bzw. des Erbfalls
Leitsatz (amtlich)
Die vom Erblasser gezogenen Früchte eines ihm zuvor vom Erben zugewendeten Vermögensgegenstandes und die aus diesen Früchten vom Erblasser erworbenen Vermögensgegenstände sind mit dem zugewendeten Vermögensgegenstand nicht identisch (BFH-Urteil vom 22. Juni 1994 II R 1/92, BFHE 174, 377, BStBl II 1994, 656). Ihr Erwerb von Todes wegen ist nicht nach § 13 Abs.1 Nr. 10 ErbStG von der Erbschaftsteuer befreit.
Orientierungssatz
1. Fällt mit dem Tod des Erblassers ein diesem zuvor geschenkter Vermögensgegenstand an den Schenker zurück, entfällt nicht die Geschäftsgrundlage der Schenkung und es besteht somit kein Anspruch des Schenkers auf Rückgewähr der Bereicherung, wenn der Schenkungsvertrag bereits Regelungen für den Todesfall des Beschenkten getroffen hat. Der Erbanfall des Schenkers ist daher ein Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974. Die Besteuerung verstößt auch nicht insoweit gegen Art.6, 14 GG, als der Erbanfall einer ungünstigeren Steuerklasse als die Schenkung unterliegt, der Erbe das Vermögen vor der Schenkung mit "eigenen Mitteln" erworben hat und es aufgrund einer Weitergabe durch den Erben an Dritte zu einer Mehrfachbesteuerung kommt.
2. Die Steuerbefreiung gem. § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 setzt voraus, daß der zurückfallende Vermögensgegenstand mit dem zuvor zugewandten identisch ist, wobei es ausreicht, daß bei objektiver Betrachtung Artgleichheit und Funktionsgleichheit besteht (vgl. BFH-Urteil vom 22.6.1994 II R 1/92). Ist dem Erblasser eine atypisch stille Beteiligung an einer KG zugewandt worden, sind weder die auf einem Darlehenskonto der KG gebuchten nicht entnommenen Gewinnanteile noch mit den entnommenen Gewinnteilen erworbene weitere Beteiligungen mit der zugewandten stillen Beteiligung identisch (im Streitfall wird ausdrücklich offengelassen, ob die zurückfallende stille Beteiligung selbst noch identisch mit der zugewandten ist und ob ggf. die Steuerbefreiung auch auf die Wertsteigerung der Beteiligung zwischen Schenkung und Erbfall anzuwenden ist).
Normenkette
ErbStG 1974 § 13 Abs. 1 Nr. 10, § 3 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 6, 14
Verfahrensgang
FG Münster (Entscheidung vom 16.11.1989; Aktenzeichen III 2500/85 Erb) |
Nachgehend
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Kommanditist an der A GmbH & Co. KG (KG) beteiligt; er führt auch deren Geschäfte.
Im Jahre 19.. wurde unter Beteiligung des Klägers, handelnd für die KG, und seines, durch einen Pfleger vertretenen, damals noch minderjährigen Sohnes ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft notariell beurkundet. Nach § 1 des Vertrages beteiligte sich der Sohn als stiller Gesellschafter an der KG. Die §§ 2, 3 und 7 des Vertrages haben folgenden Wortlaut:
§ 2: Die Kapitalbeteiligung (Vermögenseinlage) des stillen Gesellschafters beläuft sich auf 1 Mio DM. Die Einbringung der Kapitaleinlage erfolgt dadurch, daß vom Kapitalkonto des (Klägers) bei der KG ein Betrag 1 Mio DM schenkungsweise zugunsten des (Sohnes) umgebucht wird. Die Schenkung erfolgt in Anrechnung auf Erb- und Pflichtteil.
§ 3: Die stille Beteiligung soll sich anteilig auf die in den Anlagewerten enthaltenen stillen Reserven der KG erstrecken, einschließlich des anteiligen Firmenwertes. Der stille Beteiligte nimmt, gemäß gesetzlicher Vorschrift, bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust teil. Damit trägt er anteilig das Risiko des Unternehmens. Ihm steht außerdem ein uneingeschränktes Kontroll- und Auskunftsrecht zu. Daraus folgt, daß der (Sohn) --im Innenverhältnis-- im Sinne der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. März 1962 (BStBl III 1962, 337) als atypischer stiller Gesellschafter und Mitunternehmer zu behandeln ist.
§ 7: Der stille Gesellschafter ist im Verhältnis seines Kapitalanteils (Einlage) am Gewinn der KG beteiligt, nachdem zuvor alle Aufwendungen für die Geschäftsführung, einschließlich Geschäftsführervergütung, in Abzug gebracht sind. Für die Verlustverteilung gelten die Regeln über die Gewinnverteilung entsprechend; jedoch ist der stille Gesellschafter stets nur bis zur Höhe seiner Kapitalbeteiligung (Einlage) zur Verlusttragung verpflichtet.
Nach § 4 des Vertrages begann die stille Beteiligung am .... Das Beteiligungskonto war (§ 8 des Vertrages) als Festkonto zu führen; nicht entnommene Gewinne und Entnahmen waren über das zu verzinsende Darlehenskonto (sog. Kapitalkonto II) zu buchen.
Im Falle des Todes des stillen Gesellschafters sollten dessen Erben aus der Gesellschaft ausscheiden (§ 9 des Vertrages). In den §§ 10, 11 des Vertrages war u.a. für den Todesfall des stillen Gesellschafters eine Regelung über die Bemessung und die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens getroffen.
Im Jahre 19.. verstarb der Sohn, er wurde vom Kläger --nach Ausschlagung der Erbschaft durch die Mutter und die Schwester-- alleine beerbt. Zum Nachlaß gehörten u.a. die stille Beteiligung des Sohnes, einschließlich des Darlehenskontos, sowie ein Gesellschaftsanteil an der H-KG und ein Geschäftsanteil an der M-GmbH; diese hatte der Sohn zu Lasten des Darlehenskontos erworben.
Mit der Erbschaftsteuererklärung beantragte der Kläger, diesen Erwerb mit einem Gesamtwert von 4 200 000 DM nach § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 steuerfrei zu lassen. Neben dem Darlehenskonto (Wert: 500 000 DM) seien auch die Beteiligungen an der H-KG (Wert: 1 200 000 DM) und an der M-GmbH (Wert: 1 000 000 DM) Bestandteil der an den Kläger zurückgefallenen stillen Beteiligung, denn sie seien ausschließlich aus den Erträgen der stillen Beteiligung erworben worden. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem hinsichtlich der Beteiligungen an der H-KG und an der M-GmbH sowie in bezug auf das Darlehenskonto in der Einspruchsentscheidung nicht; steuerfrei blieb danach ein Erwerb in Höhe von 1 500 000 DM, entsprechend dem von den Beteiligten übereinstimmend angenommenen Wert der stillen Beteiligung ohne Darlehenskonto. Die Erbschaftsteuer wurde nach einer Bemessungsgrundlage von ... DM auf ... DM festgesetzt.
Mit der Klage beantragte der Kläger, die Bemessungsgrundlage um den Wert des Darlehenskontos in Höhe von 500 000 DM, und den Wert der Beteiligungen an der H-KG in Höhe von 1 200 000 DM und an der M-GmbH in Höhe von 1 000 000 DM auf ... DM zu mindern und die Erbschaftsteuer auf ... DM herabzusetzen; sie wurde als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) ist der Rückfall nach § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 nur dann steuerfrei, wenn die zurückgefallenen Vermögensgegenstände dieselben sind, wie die seinerzeit zugewendeten. Wertsteigerungen der geschenkten Vermögensgegenstände, die ausschließlich auf der wirtschaftlichen Entwicklung beruhen, stünden der Steuerfreiheit nicht entgegen. Dagegen sei derjenige Mehrwert der zugewendeten Vermögensgegenstände steuerpflichtig, der vom Bedachten durch den Einsatz von Kapital oder Arbeit herbeigeführt worden sei. So verhalte es sich auch im Streitfall. Unzweifelhaft stelle zwar der Wertzuwachs einen Teil des Betriebsvermögens dar. Das ändere jedoch nichts daran, daß es sich insoweit nicht mehr um das ursprünglich geschenkte Betriebsvermögen, sondern um einen Wertzuwachs handele, der aus den Erträgen desselben entstanden sei. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 322 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Die streitigen Erwerbe seien ebenso als steuerfrei nach § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 zu behandeln wie die infolge des Erbfalls zurückgefallene atypische stille Beteiligung an der KG in Höhe von nominell 1 Mio DM, die schenkungshalber auf den Erblasser übertragen worden sei. Falle Betriebsvermögen, also ein Vermögensinbegriff, an den Schenker zurück, so werde auch die Wertsteigerung erfaßt. Steuerbefreit sei der Rückfall des Vermögensgegenstandes, nicht der Wert desselben. Die auf das Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 7. März 1940 III e 1/40 (RFHE 48, 227, RStBl 1940, 614) zurückgehende Auffassung, daß ein durch Einsatz von Arbeit und Kapital entstandener Mehrwert steuerpflichtig sei, verkenne, daß durch die Wertsteigerungen aus eigener Kraft des Unternehmens kein anderer Vermögensinbegriff entstanden sei als der ursprünglich geschenkte, denn die Wertsteigerung sei in der mit dem geschenkten Unternehmen verbundenen Ertragskraft und seinem Firmenwert bereits angelegt gewesen. Dies gelte sowohl für Einzelunternehmen und GmbH-Anteile als auch für den dem Streitfall zugrundeliegende Sachverhalt. Zu Unrecht hätten FA und FG das Kapitalkonto II (Darlehenskonto) des atypisch still beteiligten Erblassers bei der KG in Höhe von 500 000 DM nicht unter § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 subsumiert, obwohl dieser Betrag Teil des zurückgefallenen Vermögensgegenstandes sei. Das FG sei, wozu die Auslegung des Urteilstextes führe, nicht etwa von einer typischen stillen Beteiligung im Sinne der Kapitaleinkünfte nach § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern offenbar von einer atypisch stillen Beteiligung ausgegangen, die am Einheitswert des Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft der KG integriert teilnehme. Der thesaurierte Gewinn des beschenkten Erblassers sei als Teil des geschenkten Vermögensgegenstandes anzusehen, da diese Wertsteigerung kraft Thesaurierung nicht aus dem übrigen Vermögen des Erblassers im Wege einer Einlage herbeigeführt worden sei. Diese Beurteilung sei auch im Hinblick auf Art.6 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) geboten, weil es um den Vermögensrückfall im engsten Familienkreis gehe. Dies entspreche dem Zweck des § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974, denn diese Vorschrift solle die dreifache Besteuerung von geschenktem Vermögen verhindern, das entgegen dem von den Beteiligten vorgestellten Geschehensablauf von Todes wegen an Eltern oder Voreltern zurückfällt und nunmehr erneut meist an andere Abkömmlinge verschenkt und vererbt werden soll.
Ebenso wie die Investition von Thesaurierungsmitteln durch ein Einzelunternehmen in Beteiligungen, die auf der Aktivseite seiner Bilanz aktiviert werden, von der Steuerbefreiung miterfaßt würden, sei dies beim Kläger hinsichtlich der Beteiligungen an der H-KG und an der M-GmbH der Fall. Nach dem Urteil des RFH vom 3. März 1931 I eA 234/30 (RStBl 1931, 297) gelte eine weitgehende Surrogationstheorie aufgrund wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Es genüge eine gewisse Identität des zurückfallenden Vermögensgegenstandes mit dem Zugewendeten (BFH-Urteil vom 3. August/7. Dezember 1960 II 280/58 U, BFHE 72, 130, BStBl III 1961, 49), die mit dem vorliegenden Kapitaltausch erfüllt sei. Der wirtschaftliche Zusammenhang ergebe sich aus dem Konzernzusammenhang zwischen den drei Unternehmen. Mit den beiden erworbenen Beteiligungen sei das thesaurierte Kapital, das steuerbefreit sei, "fortgesetzt" worden.
Letztlich komme es allerdings auf die Auslegung des § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 nicht an, denn infolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Schenkung habe der Kläger einen Rückforderungsanspruch, so daß die Rückgewähr zu keinem steuerpflichtigen Tatbestand führe. Die Schenkung durch den Kläger sei erkennbar zur Vorbereitung der Unternehmensnachfolge und zur Heranführung des Erblassers (Sohnes) an die Unternehmensgruppe erfolgt. Geschäftsgrundlage für die Schenkung sei danach die spätere Fortführung des Unternehmens durch den Erblasser gewesen. Sie sei mit dem Tode weggefallen. Ein solcher kaum vorhersehbarer Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtige nach § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Widerruf der Schenkung, aufgrund dessen der Kläger einen Anspruch auf Rückübertragung des geschenkten Vermögens, der Nutzungen und der Surrogate gehabt habe.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Erbschaftsteuerbescheid vom 27. Juli 1989 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, daß die Erbschaftsteuer auf ... DM festgesetzt wird. Den über das Klagebegehren hinausgehenden Antrag, den Erbschaftsteuerbescheid ersatzlos aufzuheben, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Keinen Erfolg hat der Kläger mit seinem Einwand, eine Besteuerung des Erbanfalls nach seinem Sohn (§ 3 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974) komme --bezüglich des streitigen Erwerbs-- schon dem Grunde nach nicht in Betracht, weil wegen des Todes des Sohnes die Geschäftsgrundlage der Schenkung entfallen sei, so daß ein Rechtsanspruch auf Rückgewähr der Bereicherung seines Sohnes aus der Schenkung bestehe. Der Senat folgt dieser Argumentation nicht, weil die Parteien beim Abschluß des Schenkungsvertrages den Fall des Todes des Beschenkten in ihre Vorstellung aufgenommen und in den §§ 9-11 des Vertrages hierfür eine Regelung getroffen hatten. Anlaß für eine Anpassung des Vertrages für den Eintritt des Todesfalls durch eine ergänzende Regelung besteht danach nicht. Auch wenn die von den Parteien getroffene Regelung vom Kläger als unvollkommen angesehen wird, ändert dies im Streitfall nichts, weil das FG weitere Umstände, welche die Geschäftsgrundlage des Vertrages gebildet haben könnten, nicht festgestellt hat; zulässige und begründete Revisionsrügen hat der Kläger nicht vorgebracht (§ 118 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
2. Im Ergebnis zu Recht hat es das FG verneint, daß der streitige Erwerb nach § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 von der Erbschaftsteuer befreit ist.
a) Nach der genannten Vorschrift bleiben u.a. steuerfrei Vermögensgegenstände, die Eltern ihren Abkömmlingen durch Schenkung zugewandt hatten und die an diese Personen von Todes wegen zurückfallen. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 22.Juni 1994 II R 1/92 (BFHE 174, 377, BStBl II 1994, 656) näher dargelegt hat, ist die Steuerbefreiung auf den "Rückerwerb" der Gegenstände des Vermögens des Erblassers beschränkt, die dem Erblasser zuvor vom Erwerber (Erben) geschenkt worden waren. Der zurückfallende Vermögensgegenstand muß mit dem zugewandten identisch sein. Es muß sich um dieselben Vermögensgegenstände handeln, wobei es ausreicht, wie der Senat auch ausgeführt hat, daß zwischen dem rückfallenden und dem zugewandten Vermögensgegenstand bei objektiver Betrachtung Art- und Funktionsgleichheit besteht.
b) Der streitige Erwerb des Klägers erfüllt diese Voraussetzung nicht; ein "Rückerwerb" von Vermögensgegenständen, die dem Erblasser zuvor vom Kläger geschenkt worden sind, hat insoweit nicht stattgefunden. Weder hatte sich die auf dem Darlehenskonto verbuchte Forderung gegen die KG im Vermögen des Klägers befunden und war auf den Erblasser übertragen worden, noch erfüllen die Beteiligungen an der H-KG und an der M-GmbH dieses Erfordernis. Sie sind vielmehr vom Erblasser hinzuerworben worden. Entgegen der Auffassung des Klägers fallen sie nicht deshalb unter die Steuerbefreiung des § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 weil es sich um die vom Erblasser gezogenen Früchte (§ 99 BGB) des geschenkten Vermögensgegenstandes bzw. um aus den Früchten erworbene Vermögensgegenstände handelt, sich der beim Erblasser eingetretene Wertzuwachs also, wie der Kläger sich ausdrückt, auf den geschenkten Vermögensgegenstand zurückführen läßt, denn hierdurch wird keine Identität mit dem zugewendeten Vermögensgegenstand begründet. Die Früchte eines Vermögensgegenstandes (wozu in diesem Zusammenhang auch der aus einem Gewerbebetrieb gezogene Gewinn zu zählen ist, vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 25. September 1952 IV ZR 22/52, BGHE 7, 208, 218) sind etwas anderes als die Sache oder das Recht, aus denen sie gezogen sind.
Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob etwas anderes gälte, wenn die Vermögensgegenstände (bürgerlich-rechtlich) Bestandteil des dem Erblasser geschenkten Vermögensgegenstandes gewesen wären. Insbesondere braucht weder entschieden zu werden, ob die dem Kläger angefallene Beteiligung an der KG mit dem dem Erblasser zugewendeten Vermögensgegenstand identisch war, noch, ob, würde man diese Frage bejahen, die Steuerfreiheit auch insoweit in Frage kommen könnte, als der Wert der Beteiligung im Zeitpunkt des Rückfalls höher war als der Wert der geschenkten Beteiligung, weil insoweit eine Besteuerung der Schenkung nicht stattgefunden hatte. Zum einen hat das FA nämlich bei der Besteuerung des Erbanfalls die Beteiligung an der KG mit ihrem vollen Wert von 1 500 000 DM als steuerfrei behandelt, zum anderen gehörten die Vermögensgegenstände, deren erbschaftsteuerrechtliche Beurteilung zwischen dem Kläger und dem FA streitig ist, nicht zu dieser Beteiligung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Erblasser, wie das FG und die Beteiligten annehmen, als sog. atypischer stiller Gesellschafter lediglich schuldrechtlich so gestellt war, als ob er am Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch beteiligt gewesen wäre (vgl. § 3 des Schenkungsvertrages), oder ob er als Kommanditist gesamthänderisch beteiligt war. Es ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Begründung, daß die aus den entnommenen Gewinnen erworbenen Beteiligungen an der H-KG und an der M-GmbH bürgerlich-rechtlich nicht Bestandteil so gearteter Beteiligungen des Erblassers an der KG waren. Dies gilt nach der getroffenen Vereinbarung (§ 8 des Schenkungsvertrages) auch für den nicht entnommenen, auf dem Darlehenskonto gutgeschriebenen Gewinn. Er ist weder Bestandteil einer Einlage des Erblassers als stiller Gesellschafter (§§ 231, 232 Abs.1, 3 des Handelsgesetzbuches --HGB--) noch Bestandteil eines Kapitalanteils als Kommanditist (§ 167 Abs.2 HGB).
c) Auch von Verfassungs wegen ist es nicht geboten, den "thesaurierten Gewinn" --wie der Kläger meint-- als Teil des geschenkten Vermögensgegenstandes anzusehen und insoweit den Erbanfall an den Kläger steuerfrei zu lassen. Auch wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, daß durch § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 eine dreifache Besteuerung von geschenktem Vermögen verhindert und dadurch dem Zweck des Gesetzes entsprochen werden soll, die Belastung der Familienerbfolge mit Erbschaftsteuer zu mildern, besteht kein Anlaß, dem Begehren des Klägers zu folgen, denn der streitige Erwerb des Klägers war der in Betracht gezogenen dreifachen Besteuerung --bei der Zuwendung durch den Schenker, beim Rückfall an den Schenker und bei einem weiteren Vermögensübergang durch Schenkung oder Erbfolge-- nicht ausgesetzt. Eine Steuer auf die erste Zuwendung (durch den Schenker und späteren Erben) konnte insoweit nicht entstehen, weil weder das Darlehenskonto noch die Beteiligungen an der H-KG und an der M-GmbH zum steuerpflichtigen Erwerb des Sohnes gehört hatten (§ 10 Abs.1 Satz 1 ErbStG 1974). Es ist mithin, wie im Regelfall des § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974, lediglich eine zweifache Besteuerung in Betracht zu ziehen, nämlich die Besteuerung des Erbanfalls (anstelle der in § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 unterstellten Besteuerung der Schenkung) und die Besteuerung eines möglicherweise eintretenden späteren Vermögensübergangs auf einen Dritten; eine Besteuerung desselben Vermögensgegenstandes sowohl bei der Zuwendung als auch beim Rückfall liegt nicht vor. Selbst wenn man die sich aus § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 ergebende erbschaftsteuerrechtliche Entlastung des Generationenwechsels unter dem Gesichtspunkt des Art.6 Abs.1 GG, wie der Kläger offenbar meint, als zwingend ansehen würde, wäre es danach nicht gerechtfertigt, den streitigen Erbanfall von der Erbschaftsteuer freizustellen. Gemessen am § 13 Abs.1 Nr.10 ErbStG 1974 liegt im Streitfall auch keine Übermaßbesteuerung vor.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der in Art.6 Abs.1 GG verankerte Schutz der Familie auch nicht dadurch gefährdet, daß die Erbschaftsteuer auf den streitigen Erwerb, soweit er nicht von der Erbschaftsteuer befreit ist, gemäß § 15 Abs.1 ErbStG 1974 entsprechend der verwandtschaftlichen Beziehung des Erwerbers zum Erblasser nach Steuerklasse II zu erheben ist. Eine hiervon abweichende Beurteilung ist von Verfassungs wegen nicht deshalb geboten, weil das dem Kläger angefallene Vermögen "mit seinen Mitteln" erworben worden ist und der der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb darauf beruht, daß der Lebensplan des Klägers auf tragische Weise zunichte gemacht worden ist. Ein Art.14 GG berührender Eingriff ist nicht erkennbar. Der Senat folgt deshalb nicht der Anregung des Klägers, diese Frage gemäß Art.100 Abs.1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
d) Nicht ersichtlich ist, daß sich --wie der Kläger vortragen läßt-- aus der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH zur ertragsteuerrechtlichen Beurteilung der vorweggenommenen Erbfolge und zur dauernden Last (Beschlüsse vom 5. Juli 1990, GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, und vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78) Folgerungen für die an den Regeln des ErbStG zu messende Beurteilung der streitigen Steuerbefreiung ergeben könnten.
Fundstellen
Haufe-Index 65286 |
BFH/NV 1994, 72 |
BStBl II 1994, 759 |
BFHE 174, 458 |
BFHE 1995, 458 |
BB 1994, 1692 |
BB 1994, 1692-1694 (LT) |
DB 1994, 2066-2067 (LT) |
DStR 1994, 1376-1377 (KT) |
DStZ 1995, 120-121 (KT) |
HFR 1994, 662-663 (LT) |
StE 1994, 516 (K) |