Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzdiener als Mineralölsteuerschuldner wegen Mitsichführens gekennzeichneten Mineralöls - Auswahlermessen bei Gesamtschuldnern nach § 12 Abs.9 Satz 4 MinöStG
Leitsatz (amtlich)
1. Wird bei einer Treibstoffkontrolle im Tank eines Firmenwagens gekennzeichnetes Mineralöl vorgefunden, so ist auch der Fahrer des Wagens, auch wenn er hinsichtlich der Beschaffenheit des Treibstoffs gutgläubig und bloßer Besitzdiener ist, Steuerschuldner, weil er den Treibstoff i.S. des § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG "mit sich führt". Er schuldet die Mineralölsteuer als Gesamtschuldner neben dem (bösgläubigen) Besitzherrn als Verwender.
2. Zur Ausübung des Auswahlermessens
Normenkette
AO 1977 §§ 5, 44 Abs. 1 S. 2; FGO § 102; MinöStG § 12 Abs. 9 S. 1; BGB § 421
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist angestellter Fahrer. Bei einer Treibstoffkontrolle wurde im Tank des vom Kläger gefahrenen Firmen-LKW gekennzeichnetes Mineralöl festgestellt. Das beklagte und revisionsbeklagte Hauptzollamt (HZA) erließ deswegen gegen den Kläger einen Mineralölsteuerbescheid. Als zu versteuernde Menge wurde dabei das Fassungsvermögen des Hauptbehälters zugrunde gelegt.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) folgte der Begründung der Entscheidung über den Einspruch, der Kläger habe als Fahrer des LKW gekennzeichnetes Mineralöl unzulässig als Treibstoff verwendet (§ 12 Abs.7 Satz 1 des Mineralölsteuergesetzes --MinöStG--) und sei daher Steuerschuldner nach § 12 Abs.9 Sätze 1 bis 3 MinöStG geworden. Es genüge die objektive Verwirklichung des Steuertatbestandes; auf subjektive Vorstellungen des Klägers komme es nicht an. Sein Einwand, er habe von der Beschaffenheit des verwendeten Treibstoffs, den er bei der firmeneigenen Tankanlage seines Arbeitgebers getankt hatte, keine Kenntnis gehabt und auch nicht haben können, sei unbeachtlich. Soweit das Fahrzeug nachweislich auf dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers mit gekennzeichnetem Mineralöl betankt worden sei, habe der Kläger einen zivilrechtlichen Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Hierzu trägt er im wesentlichen vor: Er habe als angestellter Kraftfahrer auf Veranlassung seines Arbeitgebers den Firmenwagen gefahren und sei hinsichtlich der Beschaffenheit des Kraftstoffes, den er auf Verlangen seines Arbeitgebers nur bei der firmeneigenen Tankstelle habe tanken dürfen, gutgläubig gewesen. Er sei daher bloßer Besitzdiener gewesen und könne als solcher nicht Steuerschuldner nach § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG geworden sein. Auch eine Gesamtschuldnerschaft von Fahrer und Arbeitgeber komme nicht in Betracht, da es allein in der Sphäre des Arbeitgebers liege, ob und mit welchem Kraftstoff Fahrzeuge betankt würden. Da er, der Kläger, weder die tatsächliche Sachherrschaft über den Kraftstoff gehabt noch einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Verwendung dieses Kraftstoffes gezogen habe, könne er auch nicht als nachrangiger Schuldner für die Steuerschuld in Anspruch genommen werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und der zugrunde liegenden Verwaltungsentscheidungen (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO--). Nach den Umständen des Falles war die Heranziehung des Klägers als Schuldner der Mineralölsteuer ermessensfehlerhaft.
1. Zutreffend ist die Vorentscheidung davon ausgegangen, daß der Kläger Mineralölsteuerschuldner geworden ist. Der gegenteiligen Ansicht der Revision ist nicht zu folgen.
Nach § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG in der auf den Streitfall anwendbaren Fassung des MinöStG in der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1978 (BGBl I, 1671, 1674) entsteht die Steuer nach dem Steuersatz des § 2 Abs.1 Satz 1 Nr.2 MinöStG (nichtermäßigter Steuersatz) in der Person desjenigen, der Gasöl oder ihm im Siedeverhalten entsprechendes Mineralöl aus der Nr.27.07 - G des Zolltarifs (ZT), das jeweils in § 8 Abs.2 Satz 2 MinöStG genannte Kennzeichnungsstoffe enthält, entgegen § 12 Abs.7 MinöStG u.a. als Kraftstoff bereithält, abgibt, mit sich führt oder verwendet. Vorliegend ist lediglich im Streit, ob der Kläger als angestellter Fahrer eines Firmenwagens, in dessen Tank die genannten Voraussetzungen erfüllendes Heizöl vorgefunden worden ist, eine dieser Tatbegehungsweisen verwirklicht hat.
Nach Auffassung des FG hat der Kläger als Fahrer des LKW das in dessen Tank befindliche Heizöl unzulässig verwendet. Hiergegen wendet die Revision ein, der Kläger sei hinsichtlich des LKW und des im Tank befindlichen Treibstoffs lediglich Besitzdiener gewesen, weil er die tatsächliche Gewalt über diese Sachen für seinen Arbeitgeber in dessen Erwerbsgeschäft ausgeübt habe (vgl. § 855 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--), so daß nach der hiernach gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise allein der Arbeitgeber Verwender und damit Steuerschuldner i.S. des § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG sein könne.
Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, welcher dieser Auffassungen der Vorzug zu geben ist. Es kann dahinstehen, ob der Besitz nach dem Zivilrecht überhaupt für die Auslegung des § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG oder wenigstens für die darin angeführte Verwendungsalternative eine Rolle spielt (was im Mineralölsteuerrecht nicht schlechthin ausgeschlossen ist, vgl. z.B. das Senatsurteil vom 7. Mai 1985 VII R 51-53/81, BFH/NV 1986, 565, zum Übergang der bedingten Steuerschuld auf den Erlaubnisscheinnehmer durch "Inbesitznahme" nach § 23 Abs.2 Satz 1 der Durchführungsverordnung zum Mineralölsteuergesetz --MinöStDV--), denn der Kläger hat jedenfalls als Fahrer des LKW das im Tank befindliche Heizöl während der Fahrt unabhängig von einer "Verwendung" auch "mit sich geführt" (zum "Mitsichführen" in den Vorratstanks einer Yacht vgl. das Senatsurteil vom 4. Dezember 1990 VII R 52/88, BFHE 162, 531, 534).
Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 16. November 1982 VII R 58/82, BFHE 137, 518, 523, 525), kann ein und dieselbe Person mehrere der in § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG genannten Steuerentstehungstatbestände nacheinander auch in einem Zuge erfüllen, wobei die Steuer allerdings nur einmal entsteht, weil die Verwendung (der Verbrauch) des Heizöls die vorangegangenen Tatbestände konsumiert. Daraus folgt aber auch, daß dann, wenn eine Verwendung nach der konkreten Fallgestaltung aus Rechtsgründen nicht angenommen werden kann, von ihr tatbestandlich konsumierbare Begehungsweisen, hier das Mitsichführen des Heizöls, zu berücksichtigen sind und zur Verwirklichung des Steuerentstehungstatbestands führen können.
Jedenfalls bei der Begehungsweise des "Mitsichführens" kommt es auf den zivilrechtlichen Besitz an der mitgeführten Sache nicht an. Schon die wörtliche Auslegung gibt keinen Anlaß, zum Verständnis dieses Begriffs Kriterien des Besitzrechts heranzuziehen. Auch ein Besitzdiener nach Zivilrecht kann danach Gegenstände mit sich führen, deren Besitz rechtlich einer anderen Person zuzurechnen ist. Dies wird durch eine Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigt.
Nach der Gesetzesbegründung ist die Vorschrift erforderlich, "um Gemische von gekennzeichnetem Heizöl mit versteuertem Dieselkraftstoff und um gekennzeichnetes Mineralöl zweifelsfrei und zügig vor allem im Anschluß an Verkehrskontrollen besteuern zu können" (BTDrucks 7/1944, S.11 vom 1. April 1973). Dieser Gesetzeszweck würde verfehlt, wenn die Prüfungsbeamten vor Erteilung eines Abgabenbescheides an Ort und Stelle auch noch die Besitzverhältnisse hinsichtlich des KFZ feststellen und dabei prüfen müßten, ob der betroffene Fahrer etwa Arbeitnehmer des Fahrzeughalters ist. Die bezweckte Sicherstellung der Leichtigkeit der Besteuerung, was gerade auch die Feststellung der Person des Steuerschuldners einschließt (BTDrucks 7/1944, S.11) verbietet es in Fällen der vorliegenden Art, die Steuerschuld ausschließlich in der Person des unter Umständen nicht oder nur schwer greifbaren Geschäftsherrn entstehen zu lassen und den Fahrer von vornherein als Steuerschuldner auszuschließen (a.A. --jedenfalls hinsichtlich der Verwendungsalternative in § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG-- Schädel/Langer/Gotterbarm, Mineralölsteuer, Mineralölzoll, 5.Aufl., Stand: Januar 1993, § 12 MinöStG Anm.80). Die Pflichtigkeit des Besitzdieners, der bei seinem Handeln nicht durch den Geschäftsherrn begleitet wird, ist im übrigen auch anderen abgabenrechtlichen Regelungen nicht fremd (vgl. zur Gestellungspflicht beim Zoll § 9 Abs.1 Nr.1 der Allgemeinen Zollordnung; zur Kraftfahrzeugsteuer s. Klein/Olbertz, Kraftfahrzeugsteuergesetz, 2.Aufl. 1987, § 7 Anm.3).
Hat der Kläger hiernach den äußeren Tatbestand des § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG in der Alternative des "Mitsichführens" erfüllt, so ist er auch Steuerschuldner geworden, da es auf seinen guten Glauben hinsichtlich der Beschaffenheit des Tankinhalts nicht ankommt. Davon geht auch die Gesetzesbegründung aus (vgl. das Beispiel, BTDrucks 7/1944, S.11: Händler gibt gekennzeichnetes Heizöl an einen nichtsahnenden Kraftfahrer zum vollen Preis als Dieselkraftstoff ab), und der Senat hat dies bereits mehrfach entschieden (BFHE 162, 531; Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 82/90, BFHE 169, 279; vgl. auch FG Bremen, Urteil vom 27. Juli 1989 II 69/89 K, Entscheidungen der Finanzgerichte 1990, 37).
2. Das FG hat jedoch nicht berücksichtigt, daß das HZA den Kläger nicht ohne weiteres als Steuerschuldner in Anspruch nehmen durfte. Bei der gegebenen besonderen Sachlage hätte das HZA jedenfalls im Einspruchsverfahren prüfen und in Erwägung ziehen müssen, ob nicht neben dem Kläger auch dessen Arbeitgeber als Steuerschuldner in Betracht kommt und ob bei der dann anzunehmenden Gesamtschuldnerschaft nicht eine vorrangige Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Steuerschuldner ermessensgerecht gewesen wäre. Da nicht ersichtlich ist, daß das HZA sein Auswahlermessen ausgeübt hat, ist die Inanspruchnahme des Klägers schon deshalb rechtswidrig.
Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers im Einspruchsverfahren ist davon auszugehen, daß der vom Kläger gefahrene Firmen-LKW ausschließlich an der firmeneigenen Tankstelle des Arbeitgebers betankt werden durfte und dort auch betankt worden ist. Aus diesen (jedenfalls mittelbar getroffenen) Feststellungen des FG folgt, daß auch der Arbeitgeber eine der Begehungsweisen nach § 12 Abs.9 Satz 1 MinöStG, ggf. in der andere Begehungsweisen des Arbeitgebers konsumierenden Form des Verwendens der im Tank befindlichen nämlichen Menge des Mineralöls verwirklicht hat. Er ist damit wie der Kläger ebenfalls Steuerschuldner, und zwar kraft Gesetzes hinsichtlich des vollen Fassungsvermögens des Fahrzeugtanks (§ 12 Abs.9 Satz 2 MinöStG), geworden. Für die hinsichtlich einer nämlichen Menge mehrfach entstandene Steuer (s. dazu BFHE 137, 518, 524) haften die Schuldner gesamtschuldnerisch (§ 12 Abs.9 Satz 4 MinöStG).
Nach § 44 Abs.1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 421 BGB schuldet jeder Gesamtschuldner die ganze Leistung, wohingegen der Gläubiger nur einmal zur Forderung der ganzen Leistung berechtigt ist, es ihm aber freisteht, die Leistung ganz oder auch nur zu einem Teil von dem einen oder dem anderen oder von allen Schuldnern zu fordern (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14.Aufl., § 44 AO 1977 Tz.1 und 2; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9.Aufl., § 44 AO 1977 Rz.6; Senatsbeschluß vom 2. August 1988 VII B 111/87, BFH/NV 1989, 152, 154).
Allerdings steht im Abgabenrecht als Teil des öffentlichen Rechts die Entscheidung, welcher von zwei grundsätzlich gleichrangigen Schuldnern in Anspruch genommen werden soll, im Auswahlermessen der Behörde, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 AO 1977 gelten (vgl. Boeker, a.a.O., Rz.44 bis 47; zu mehreren gleichrangigen Haftungsschuldnern vgl. das Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 73-74/91, BFH/NV 1993, 215, 217). Diese Ermessensentscheidung ist nach § 102 FGO vom Gericht daraufhin zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt des HZA deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (Senatsurteil vom 3. Februar 1981 VII R 86/78, BFHE 133, 1, BStBl II 1981, 493). Wegen der Befugnis und Verpflichtung des Gerichts zur Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen, die dem Gericht keinen Raum für eigene Ermessenserwägungen läßt, muß die Ermessensentscheidung der Verwaltung spätestens in der Einspruchsentscheidung begründet werden (vgl. § 121 Abs.1, § 126 Abs.1 Nr.2 und Abs.2 AO 1977), andernfalls sie im Regelfall fehlerhaft ist (BFH/NV 1993, 215, 217).
Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze in allen Fällen der Inanspruchnahme eines von mehreren gleichrangigen Steuerschuldnern zu berücksichtigen sind und wie intensiv im Einzelfall das Auswahlermessen begründet werden muß. Nach den besonderen Umständen des Streitfalls war jedenfalls eine nach außen dokumentierte Ausübung des behördlichen Ermessens erforderlich.
Weder der angefochtene Steuerbescheid noch die dazu ergangene Einspruchsentscheidung enthält jedoch irgendwelche Ausführungen des HZA zur Frage der Ausübung des Auswahlermessens. Die Verwaltungsentscheidungen lassen nicht erkennen, daß das HZA bei oder vor der Inanspruchnahme des Klägers überhaupt eine Ermessensentscheidung dahingehend getroffen hat, den Kläger und nicht dessen Arbeitgeber in Anspruch zu nehmen.
Ausführungen dazu und auch zu den Gründen für das Ergebnis einer Ermessensausübung durch das HZA waren nicht etwa deshalb entbehrlich, weil von vornherein nur die eine Entscheidung, so, wie sie schließlich getroffen worden ist, in Betracht gekommen wäre. Zumindest nach der Einlassung des Klägers im Laufe des Einspruchsverfahrens bestand für das HZA auch aus Gründen der Abstellung einer möglicherweise mißbräuchlich in Anspruch genommenen Mineralölsteuervergünstigung sowie aus Gründen einer gleichmäßigen Besteuerung Veranlassung, den substantiierten Behauptungen des Klägers nachzugehen und der Sache bei dessen Arbeitgeber auf den Grund zu gehen. Unter den gegebenen Umständen kann nicht nach § 102 FGO geprüft werden, ob das HZA überhaupt eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers erwogen hat, weshalb die Steuerschuld gerade gegen den Kläger geltend gemacht wird und ob die nach § 102 FGO bedeutsamen Ermessensgrenzen gewahrt sind.
Dabei ist im Streitfall vor allem zu beachten, daß eine vorrangige Inanspruchnahme des gutgläubigen angestellten Fahrers vor seinem Arbeitgeber, gleichgültig, ob jener gut- oder bösgläubig ist, unter den Gesichtspunkten, die zur Vermeidung einer Verletzung des Anspruchs auf fehlerfreie Ermessensausübung zu beachten sind (vgl. dazu Tipke/Kruse, a.a.O., § 5 AO 1977 Tz. 22 ff.), so etwa unter den Gesichtspunkten der Billigkeit und der Sozialstaatlichkeit, nicht von vornherein und selbstverständlich gerechtfertigt erscheint. So geht unter Hinweis auf § 7 Abs.3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG), der später in § 44 Abs.1 Satz 2 AO 1977 i.V.m. § 421 Satz 1 BGB aufgegangen ist, der Gesetzgeber davon aus, daß dann, wenn mehrere Personen in bezug auf die nämliche Menge Gasöl als Steuerschuldner nach § 12 Abs.9 MinöStG in Betracht kommen, vor einem gutgläubigen Kraftfahrer derjenige heranzuziehen sein wird, der --sofern er ohne Schwierigkeiten überführt werden kann-- am Mißbrauch verdient hat (BTDrucks 7/1944, S.11).
Einer schnellen und wirksamen Besteuerung bei Heizölmißbräuchen im Straßenverkehr steht das Erfordernis einer Betätigung und Begründung des Auswahlermessens nicht entgegen. Abgesehen davon, daß im Streitfall der Steuerbescheid gerade nicht im Zeitpunkt des Aufgriffs, sondern erst ca. zwei Wochen später ergangen ist, wird sich das genannte Erfordernis im Regelfall erst aufgrund eines entsprechenden substantiierten Vortrags des Betroffenen im Einspruchsverfahren in der das Verwaltungsverfahren abschließenden Einspruchsentscheidung ergeben.
Hiernach wären nach den Umständen des Streitfalles spätestens in der Einspruchsentscheidung ein Hinweis auf die tatsächliche Ausübung des Auswahlermessens durch das HZA sowie eine zumindest kurze Begründung zur Auswahl der Person des Steuerschuldners erforderlich gewesen. Wegen der fehlenden Ausführungen dazu sind Steuerbescheid und Einspruchsentscheidung rechtsfehlerhaft (vgl. BFHE 133, 1, und BFH/NV 1993, 215, 217). Sie waren deshalb auf die Anfechtungsklage des Klägers hin zusammen mit dem Urteil der Vorinstanz aufzuheben.
Fundstellen
Haufe-Index 64593 |
BFHE 173, 274 |
BFHE 1994, 274 |
BB 1994, 1132 |
BB 1994, 1132-1134 (LT) |
DStR 1994, 581-582 (KT) |
DStZ 1994, 410-411 (KT) |
HFR 1994, 340-341 (LT) |
StE 1994, 235 (K) |