Leitsatz (amtlich)
Die Frist für den Antrag auf den gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleich gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 JAV kann vom FA nicht verlängert werden. Die für die Abgabe der Einkommensteuererklärung allgemein den Angehörigen der steuerberatenden Berufe gewährte Fristverlängerung ist hier unbeachtlich.
Normenkette
JAV 1962 § 4 Abs. 5, § 7a
Tatbestand
Die Steuerpflichtigen haben durch ihren Steuerbevollmächtigten am 10. Juni 1964 beim FA für 1963 den gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleich beantragt. Das FA lehnte den Antrag als verspätet ab, weil dieser bis zum 31. Mai 1964 hätte gestellt werden müssen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FG, dessen Urteil in EFG 1967, 38 veröffentlicht ist, gab der Klage der Steuerpflichtigen statt; es hob die Einspruchsentscheidung und den ablehnenden Bescheid des FA auf und wies dieses an, nunmehr über den beantragten Lohnsteuer-Jahresausgleich sachlich zu entscheiden. Das FG ist der Auffassung, beim gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleich verlängere sich die Frist nach § 7a der Verordnung über den Lohnsteuer-Jahresausgleich (JAV) bis zum Ablauf der allgemeinen Erklärungsfrist für die Einkommensteuer. Als Ablauftag wäre hier allgemein der 31. Mai 1964 in Betracht gekommen. Für Steuerpflichtige, die einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vor Ablauf dieser Frist mit der Vertretung beauftragt hätten, habe das FA aber die Frist bis zum 30. September 1964 verlängert. Diese Voraussetzung sei auch hier gegeben. Der Antrag sei somit fristgerecht gestellt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA ist begründet.
Die Fristsetzungsbestimmungen der JAV haben ihre Rechtsgrundlage in § 42 Abs. 2 Nr. 3 EStG. Sie verweisen zwar, soweit es sich um die Beantragung des gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleichs handelt, auf die für die Abgabe der Einkommensteuererklärung bestimmte Frist; diese Frist hat aber einen anderen Charakter als die Fristen der JAV. Die Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung kann nach § 167 Abs. 4 Satz 1 AO verlängert werden. Die Fristüberschreitung hat in der Regel nur geringfügige Folgen. Das FA hat die Veranlagung auf jeden Fall durchzuführen und erhebt im allgemeinen lediglich einen Verspätungszuschlag. Beim Lohnsteuer-Jahresausgleich handelt es sich dagegen um einen Erstattungsfall. Anträge auf Erstattung sind bereits nach den grundlegenden Vorschriften der §§ 150 ff. AO fristgebunden mit der Folge, daß die Fristversäumnis zum Erlöschen des Erstattungsanspruchs führt. Fristen dieser Art sind Ausschlußfristen. Sie können nicht verlängert werden (vgl. § 83 Abs. 1 Satz 3 AO). Für die Fristen des § 4 Abs. 5 JAV gilt nichts anderes, und zwar nicht nur, soweit es sich um die mit dem 30. April ablaufende Frist des § 4 Abs. 5 Satz 1 JAV handelt, sondern auch insoweit, als die Frist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 JAV nach der Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung bemessen ist. Daß weder diese noch jene Frist verlängert werden kann, ergibt sich nicht zuletzt auch daraus, daß nach § 4 Abs. 5 Satz 3 JAV für den Fall der Fristüberschreitung die - nur bei Versäumung von Ausschlußfristen in Betracht kommende - Möglichkeit der Nachsichtgewährung vorgesehen ist (vgl. auch das Urteil VI 299/60 vom 24. April 1961, HFR 1962, 111, auf das sich das FG zu Unrecht beruft).
Im Streitfall ist die allgemeine Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung und nach § 7a JAV damit auch die Frist für den Antrag auf gemeinsamen Lohnsteuer-Jahresausgleich am 31. Mai 1964 abgelaufen gewesen. Da eine Ausschlußfrist nicht verlängert werden kann, ist die Fristverlängerung des FA für die von den Angehörigen der steuerberatenden Berufe bearbeiteten Einkommensteuererklärungen, die nach § 167 AO zulässig war, für den Streitfall unbeachtlich.
Die Vorentscheidung war danach wegen Rechtsirrtums aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht entscheidungsreif. Das FA hatte zwar in seiner Einspruchsentscheidung den Antrag der Steuerpflichtigen auf Nachsichtgewährung als unbegründet abgewiesen. Das FG hatte aber bei seiner Rechtsauffassung keinen Anlaß zu prüfen, ob die Voraussetzungen der §§ 86, 87 AO für eine Nachsicht gegeben sind. Die Sache war deshalb an das FG zurückzuverweisen, das nunmehr die Frage der Nachsichtgewährung zu prüfen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 68449 |
BStBl II 1969, 250 |
BFHE 1969, 529 |