Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Umrechnung des Gewerbeertrages einer Organgesellschaft auf einen Jahresbetrag
Leitsatz (NV)
1. Hatten im Jahr 1979 Organträger und Organgesellschaft voneinander abweichende Wirtschaftsjahre und erzielte die erst in 1979 gegründete Organgesellschaft in ihrem ersten Wirtschaftsjahr 1979/80 einen Verlust, so war der Gewerbeertrag der Organgesellschaft für 1979 gemäß § 10 Abs. 3 GewStG 1974 auf einen Jahresbetrag umzurechnen.
2. Der für die Organgesellschaft maßgebende Gewerbeertrag bestimmte sich nach § 10 Abs. 2 GewStG 1974. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1974 war für den Erhebungszeitraum 1979 der im 1. Wirtschaftsjahr (1979/80) erzielte Gewerbeertrag maßgebend. Dieser war sowohl für den Erhebungszeitraum 1979 als auch für den Erhebungszeitraum 1980 anzusetzen.
Normenkette
GewStG 1974 § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2, § 10 Abs. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin war im Streitjahr 1979 eine GmbH, die am 1. 7. 1979 die B-GmbH gründete. Die Kägerin war an der B-GmbH zu 100 v. H. beteiligt. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin entsprach dem Kalenderjahr. Das Wirtschaftjahr der B-GmbH lief vom 1. 7. 1979 bis 30. 6. 1980. Zwischen der Klägerin und der B-GmbH wurde mit Wirkung ab dem 1. 7. 1979 ein Organschafts- und Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen. Danach fungierte die B-GmbH als Organgesellschaft.
In ihrem Wirtschaftsjahr 1979/80 erzielte die B-GmbH einen Verlust in Höhe von rd. . . . DM. Das FA lehnte es ab, den Verlust der B-GmbH der Klägerin per 31. 12. 1979 zur Hälfte zuzurechnen und bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1979 zu berücksichtigen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG gab der Klage statt. Mit seiner Revision rügt das FA sinngemäß die Verletzung des § 10 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1974.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Ist eine Kapitalgesellschaft in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen in der Weise eingegliedert, daß die Voraussetzungen des § 14 Nrn. 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 erfüllt sind, so gilt sie gewerbesteuerrechtlich als Betriebsstätte des anderen Unternehmens (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die genannte Regelung in ständiger Rechtsprechung im Sinne einer eingeschränkten Einheits- oder Filialtheorie interpretiert (vgl. Urteile vom 6. Oktober 1953 I 29/53 U, BFHE 58, 101, BStBl III 1953, 329; vom 8. Januar 1963 I 237/61 U, BFHE 76, 513, BStBl III 1963, 188; vom 5. Mai 1977 IV R 186/72, BFHE 122, 310, BStBl II 1977, 701; vom 2. März 1983 I R 85/79, BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427; vom 6. November 1985 I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73). An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat fest. Sie bedeutet:
1) Die Organgesellschaft ist selbst nicht gewerbesteuerpflichtig. Mit der Begründung des gewerbesteuerlichen Organschaftsverhältnisses erlischt ihre persönliche Gewerbesteuerpflicht.
2) Organträger und Organgesellschaft bleiben zivilrechtlich selbständig. Sie unterliegen selbständigen Bilanzierungs- und Gewinnermittlungspflichten. Sie müssen ihre Gewerbeerträge und Gewerbekapitalbeträge grundsätzlich getrennt voneinander nach den für das einzelne Unternehmen maßgebenden Vorschriften ermitteln.
3) Der getrennt ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist im Wege der Addition dem ebenfalls getrennt ermittelten Gewerbeertrag des Organträgers hinzuzurechnen. Ist einer der beiden Gewerbeerträge negativ, so führt die Hinzurechnung zu einem Ausgleich zwischen dem positiven und dem negativen Gewerbeertrag.
Ergänzend dazu folgt aus § 10 Abs. 3 GewStG in der bis 1985 geltenden Fassung, daß dann, wenn der für die Ermittlung des Gewerbeertrags maßgebende Zeitraum mehr oder weniger als 12 Monate beträgt, der Gewerbeertrag für die Anwendung der Steuermeßzahl auf einen Jahresbetrag umzurechnen ist. Dazu hat der IV. Senat des BFH in BFHE 122, 310, BStBl II 1977, 701, entschieden, daß die Umrechnung bei einem Organverhältnis für den Organträger und die Organgesellschaft getrennt voneinander vorzunehmen sei. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen wurde oder nicht.
2. Zu diesen rechtlichen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und für den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß die am 1. Juli 1979 gegründete B-GmbH mit Wirkung ab ihrem an diesem Tag beginnenden Wirtschaftsjahr in die Klägerin unter den Voraussetzungen des § 14 Nrn. 1 und 2 KStG 1977 eingegliedert war. Daraus folgt, daß das Wirtschaftsjahr der B-GmbH von dem Kalenderjahr abwich. Deshalb bestimmt sich der für die B-GmbH im Erhebungszeitraum 1979 maßgebende Gewerbeertrag nach § 10 Abs. 2 GewStG in der bis 1985 geltenden Fassung. Nach Satz 1 der Vorschrift ist auf den Gewerbeertrag des Wirtschaftsjahres abzustellen, das im Kalenderjahr 1979 endete. In 1979 endete jedoch kein Wirtschaftsjahr der B-GmbH, weil diese erst zum 1. Juli 1979 gegründet wurde und ihr erstes Wirtschaftsjahr bis zum 30. Juni 1980 lief. In einem solchen Fall ist Satz 2 der Vorschrift anzuwenden. Danach ist für den Erhebungszeitraum 1979 der im ersten Wirtschaftsjahr (1979/80) erziele Gewerbeertrag maßgebend. Dieser ist sowohl für den Erhebungszeitraum 1979 als auch für den Erhebungszeitraum 1980 heranzuziehen. Die Tatsache, daß der Gewerbeertrag des Wirtschaftsjahres 1979/80 negativ war, steht der Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 2 GewStG nicht entgegen.
3. Die Vorentscheidung entspricht den hier wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen. Sie verletzt deshalb kein Bundesrecht.
Fundstellen
Haufe-Index 416897 |
BFH/NV 1990, 669 |