Leitsatz (amtlich)
Die Grundsätze, nach denen stille Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden können (vgl. Abschn. 35 Abs. 2 EStR), sind nicht anwendbar, wenn ein Wirtschaftsgut durch Entnahme aus dem Betriebsvermögen ausscheidet.
Normenkette
EStG §§ 4-6; EStR Abschn. 35
Tatbestand
Streitig ist in den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren über die Revisionen betreffend die einheitliche Gewinnfeststellung und die Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags 1960, ob ein Betriebsgrundstück zum Stopppreis entnommen werden konnte und ob, soweit durch die Entnahme stille Reserven aufgedeckt wurden, diese auf ein Ersatzgrundstück übertragen werden konnten.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG. Gesellschafter sind zwei Brüder als Komplementäre und deren Ehefrauen als Kommanditisten. Die Klägerin betreibt seit 1920 ein Bauunternehmen und daneben eine Baumschule. Von 1934 bis zum Streitjahr 1960 benutzte sie ein im Eigentum der beiden Komplementäre stehendes Grundstücksareal von zuletzt rund 7 000 qm in E als Bauhof und zum Teil auch als Baumschulgelände. Das Grundstück wurde ab 1950 in Teilen in die Bilanz der KG übernommen, und zwar am 30. Mai 1950 eine Teilfläche von 4 430 qm mit einem Einlagewert von 35 200 DM, am 30. Juni 1955 eine von den Komplementären durch Erbauseinandersetzung erworbene Teilfläche von 2 057 qm mit einem (bei einer früheren Betriebsprüfung um rund 9 000 DM reduzierten) Einlagewert von 30 855 DM und am 9. Februar 1956 eine zur Abrundung von der Stadt erworbene Parzelle von 493 qm mit einem aktivierten Wert von 4 514 DM. Es ergaben sich somit Bilanzwerte von insgesamt 70 569 DM, was einem durchschnittlichen Wert pro qm von 10,11 DM entsprach. Am 14. Juli 1953 erwarb die Klägerin ein unbebautes Grundstück mit 31 086 qm Fläche in S, das sie mit dem Anschaffungswert von 50 748 DM (rund 1,50 DM pro qm) aktivierte und zunächst - hinsichtlich einer Teilfläche - als Baumschule nutzte. Am 2. Mai 1956 erließ die Bauaufsichtsbehörde der Stadt X eine Verfügung, dergemäß die Klägerin unter Hinweis auf eine städtische Baupolizeiverordnung vom 28. Dezember 1953 aufgefordert wurde, den inzwischen von einem Wohngebiet umschlossenen Bauhof in E zu räumen. Gegenvorstellungen der Klägerin führten dazu, daß die Räumungsfrist widerruflich bis zum 1. Januar 1960 erstreckt wurde. - Etwa ab 1958 begann die Klägerin, den auf dem Grundstück in E unterhaltenen Bauhof und Lagerplatz auf das Grundstück in S zu verlegen, auf dem im übrigen eine Werkhalle und Wohnbaracken für Bauarbeiter errichtet wurden. Nachdem die Verlagerung des Bauhofes endgültig durchgeführt worden war, entnahmen die Komplementäre das Grundstück in E zum Buchwert und übereigneten es an ihre Ehefrauen, die darauf Mietshäuser errichten ließen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) hielt eine Entnahme zum Buchwert für nicht zulässig. Er ging von einem Entnahmewert (Teilwert) von 244 300 DM (35 DM pro qm) aus und errechnete demzufolge einen Entnahmegewinn von 173 731 DM, den er bei der einheiltlichen Gewinnfeststellung und bei der Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages berücksichtigte. Hiergegen wandte sich die Klägerin, indem sie nach erfolglosem Einspruch auch beim FG in erster Linie beantragte, die Entnahme zum Buchwert zuzulassen, da ein höherer Wert wegen des seinerzeit noch gültigen Preisstopps nicht angesetzt werden könne. Im Falle einer Veräußerung hätte kein über dem Buchwert liegender Kaufpreis erzielt werden können. Hilfsweise beantragte die Klägerin, die durch die Entnahme des Grundstücks in E aufgedeckten stillen Reserven gemäß Abschn. 35 Abs. 2 EStR auf das funktionsgleiche Grundstück in S zu übertragen. Die Voraussetzungen hierfür seien gegeben, da bei Nichträumung des Bauhofes in E mit einem behördlichen Eingriff hätte gerechnet werden müssen.
Die Klagen hatten keinen Erfolg.
Das FG führte aus, für die Bewertung des entnommenen Grundstücks mit dem Teilwert seien die tatsächlichen Preisverhältnisse und nicht die durch die Preisentwicklung überholten Stopppreise maßgeblich gewesen. Es treffe nicht zu, daß die Klägerin das Grundstück nur an eine bestimmte Wohnbaugesellschaft hätte veräußern können, die nur den Stopppreis von 15 DM pro qm bezahlt haben würde. Auch dem Hilfsantrag auf steuerfreie Übertragung stiller Reserven auf das Grundstück in S als Ersatzwirtschaftsgut könne nicht entsprochen werden. Es habe hinsichtlich des Grundstücks in E weder objektiv eine Enteignungssituation vorgelegen, noch habe die Klägerin nach der Überzeugung des Gerichts das Grundstück in S im Jahre 1953 unter dem Druck eines behördlichen Zwanges angeschafft. Die 1956 von der Stadt ausgesprochene Nutzungsbeschränkung des Grundstücks in E, wenn sie im Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks in S überhaupt schon greifbar gewesen sei, sei nicht das Hauptmotiv für die Anschaffung des neuen Grundstücks gewesen. Die Verkehrssituation, der Flächenbedarf (Fläche des Grundstücks in S 4mal so groß wie die des Grundstücks in E), die steigenden Grundstückspreise, hätten jeden anderen weitblickenden Unternehmer auch ohne behördlichen Zwang ebenso handeln lassen wie die Klägerin.
Mit der Revision rügt die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 14. März 1968 IV R 124/67 (BFHE 91, 228, BStBl II 1968, 282) die nichtordnungsmäßige Besetzung des FG. Für den Fall einer Entscheidung in der Sache beantragt sie, die Vorentscheidung aufzuheben, den Wert der Entnahme mit dem Stopppreis von 15 DM pro qm zu bemessen und die Differenz zwischen dem Buchwert und dem Stopppreis gemäß Abschn. 35 Abs. 2 EStR steuerfrei zu lassen. Weiter beantragt sie hilfsweise, den gesamten Differenzbetrag zwischen dem von den Vorinstanzen angenommenen Entnahmewert von 35 DM pro qm und dem Buchwert von 10,11 DM pro qm wegen Ersatzbeschaffung als steuerfreie Rücklage anzuerkennen. Zur Begründung ihres Antrags auf Entnahme des Grundstücks zum Stopppreis trägt sie vor, die durch Gesetzesnorm zwingend vorgeschriebene Beachtung eines Preislimits könne bei der Bemessung des Teilwerts nicht unberücksichtigt bleiben. Im übrigen widerspreche der nunmehrige Ansatz eines sogenannten "Teilwerts" von 35 DM pro qm den Grundsätzen von Treu und Glauben, da dann schon bei der Einlage der Grundstücke in den Jahren 1950, 1955 und 1956 höhere Werte hätten angesetzt werden müssen. Die Klägerin habe sich damals aber ohne Widerspruch des FA an die bestehende gesetzliche Regelung gehalten. Bei der Einlage von 2 057 qm am 30. Juni 1955 sei der zunächst von der Klägerin angesetzte Einlagewert von 18,50 DM pro qm von der nachfolgenden Betriebsprüfung "nach eingeholter Auskunft der Preisbehörde und nach Rücksprache mit den EW-Stellen" auf 15 DM pro qm herabgesetzt worden. DAs sei aber der Wert nach der Preisstoppverordnung gewesen. Für Einlage- und Entnahmewerte müßten dieselben Maßstäbe gelten, denn in beiden Fällen handele es sich um den Teilwert.
Den Antrag auf Übertragung der durch die Entnahme aufgedeckten stillen Reserven, sei es in Höhe der Differenz zwischen dem Stopppreis und dem Buchwert (Hauptantrag), sei es in Höhe der Differenz zwischen einem höheren Entnahmewert und dem Buchwert (Hilfsantrag), begründete die Klägerin damit, daß das Hauptmotiv für den Erwerb des Grundstücks in S die Vermeidung eines drohenden behördlichen Eingriffs gewesen sei. Demgegenüber seien andere Gründe zweitrangig gewesen. Im Zeitpunkt der Kaufverhandlungen im Jahre 1952 sei eine Vergrößerung des Bauhofareals nicht, wie das FG meine, erforderlich erschienen, wenn man noch dazu berücksichtige, daß der alte Bauhof durch Zupachtung umliegender Flächen bereits ein Gesamtareal von 20 000 qm umfaßt habe. Auch die Verkehrslage des neuen Bauhofes sei keineswegs günstiger, sondern im Gegenteil ungünstiger als die des alten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Rüge der nichtordnungsmäßigen Besetzung des FG greift nicht durch. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 27. Mai 1968 Gr. S. 1/68 (BFHE 92, 188, BStBl II 1968, 473).
2. Dem Begehren der Klägerin, den Entnahmewert des Grundstücks in E mit dem Stopppreis zu bemessen, kann nicht gefolgt werden. Wie der Senat im Urteil vom 25. Juni 1970 IV 166/65 (BFHE 99, 482, BStBl II 1970, 721) entschieden hat, ist ein gebundener Preis für den als Entnahmewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit Nr. 1 Satz 3 EStG anzusetzenden Teilwert nicht maßgeblich, wenn der limitierte Preis den Wertvorstellungen der Allgemeinheit nicht entspricht und wenn noch dazu, wie auch im vorliegenden Streitfall, die Aufhebung der Preisbindung bereits erkennbar war. War somit das FA nicht gezwungen, wegen der formell im Entnahmezeitpunkt noch geltenden Preisstoppverordnung einen von der Klägerin mit 15 DM pro qm bezifferten Stopppreis als Entnahmewert zugrunde zu legen, so ergibt sich dieser Zwang auch nicht nach Treu und Glauben im Hinblick auf die Höhe der Werte, mit denen das später entnommene Grundstück in den Jahren 1950, 1955 und 1956 in das Betriebsvermögen aufgenommen wurde. Die mit der Revision vorgebrachte Behauptung, bei der seinerzeitigen Aufnahme des Grundstücks bzw. der Grundstücksteile in die Bilanz sei der Stopppreis angesetzt worden, ist neu. Diese Behauptung hat im Interesse des von der Klägerin verfolgten Ziels überhaupt nur einen Sinn, wenn sie durch die Behauptung ergänzt würde, daß die angeblich zum Stopppreis in die Bilanz aufgenommenen Grundstücksteile einen über diesen Wert liegenden Teilwert gehabt hätten. Auch diese Behauptung ist jedoch von der Klägerin bis zum Ende der Tatsacheninstanz niemals vorgebracht worden. Neues tatsächliches Vorbringen kann aber in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden. Der Senat kann somit nicht davon ausgehen, daß es sich bei den Einbringungswerten um unter dem Teilwert liegende, nach Stopppreisen bemessene Werte gehandelt habe, wobei anzumerken bleibt, daß vieles gegen diese Behauptung spricht (so z. B. die unterschiedliche Höhe der Einlagewerte 1950 und 1955), daß auch die Herabsetzung des Einlagewertes vom 30. Juni 1955 um rund 9 000 DM durch die Betriebsprüfung keineswegs den Stopppreisansatz beweist und daß die Hinzuaktivierung am 9. Februar 1956 zu keinem höheren Wert hätte erfolgen können, da es sich hier um einen echten Anschaffungsvorgang handelte und daher die Anschaffungskosten zu aktivieren waren. Aus dem Umstand, daß das FG im Zusammenhang mit dem Entnahmewert 1960 von 35 DM pro qm von einem für den Entnahmezeitpunkt "in Betracht kommenden Stopppreis von 15 DM" gesprochen hat, kann entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung nicht gefolgert werden, daß das FG die Einlage des Grundstücks zum Stopppreis festgestellt habe oder hiervon ausgegangen sei.
Da die Klägerin abgesehen von den auf die Preisbindung gestützten Einwendungen die Höhe des mit 35 DM pro qm angesetzten Teilwerts als "nicht zu beanstanden" erklärt hat und auch sonst keine Gesichtspunkte erkennbar sind, nach denen dieser Wert als überhöht angesehen werden könnte, ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, daß durch die Grundstücksentnahme in Höhe der Differenz dieses Teilwerts zum Buchwert, nämlich in Höhe von 173 731 DM, stille Reserven aufgedeckt worden sind.
3. Die durch die Entnahme des Grundstücks in E aufgedeckten stillen Reserven können auch nicht nach den von der Rechtsprechung entwickelten, von der Verwaltung in Abschn. 35 Abs. 2 EStR übernommenen Grundsätzen betreffend die Übertragung stiller Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut steuerfrei auf das Grundstück in S übertragen werden. Diese Grundsätze, die auf einer die wirtschaftliche Betrachtungsweise anwendenden Rechtsfindung durch die Rechtsprechung beruhen und inzwischen gewohnheitsrechtlich gefestigt sind (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 10. Aufl., § 6 Rdnr. 556, 561; Burkert, Übertragung stiller Reserven auf Ersatzwirtschaftsgüter, Düsseldorf 1963, S. 27), gehen zurück auf eine über vierzigjährige Rechtsprechung, deren Ausgangspunkt die als unbefriedigend empfundene steuerliche Behandlung von Brandentschädigungen war, die bei rein dogmatischer Beurteilung zur Aufdeckung stiller Reserven und insoweit zur Gewinnverwirklichung führte. Der RFH entschied daher unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung erstmals im Urteil vom 2. April 1930 VI A 514/30 (RStBl 1930, 313), daß die Brandentschädigung, mit deren Hilfe dem Unternehmer die Ersatzbeschaffung funktionsgleicher Wirtschaftsgüter ermöglicht wird, dann, wenn tatsächlich Ersatz beschafft wird, nicht zu einer Gewinnrealisierung führen soll. Die Möglichkeit der Bildung einer steuerfreien Rücklage bzw. der steuerfreien Übertragung stiller Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut wurde sodann über die Fälle des Verlustes eines Wirtschaftsguts durch höhere Gewalt hinaus von der Rechtsprechung auch erstreckt auf Fälle, in denen ein Wirtschaftsgut auf Grund behördlichen Zwangs, insbesondere durch Enteignung, aus dem Betriebsvermögen ausschied (vgl. z. B. RFH-Urteil vom 3. Mai 1944 VI 11/44, RStBl 1944, 619), und endlich auch auf die Fälle, in denen zwar ein Wirtschaftsgut nicht ohne oder gegen den Willen, aber nur deshalb mit Willen des Steuerpflichtigen aus dem Betriebsvermögen ausschied, weil dadurch ein drohender behördlicher Eingriff vermieden werden sollte (vgl. z. B. die BFH-Urteile vom 3. September 1957 I 315/56 U, BFHE 65, 402, BStBl III 1957, 386; vom 22. September 1959 I 51/59 U, BFHE 72, 1, BStBl III 1961, 1; vom 20. August 1964 IV 40/62 U, BFHE 80, 83, BStBl III 1964, 504). Das Motiv für diese Rechtsprechung war, daß die durch das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen erlangte Gegenleistung (Brandentschädigung, Enteignungsentschädigung, Zwangsveräußerungserlös) ungeschmälert zur Ersatzbeschaffung soll verwendet werden können, was nicht möglich wäre, wenn sie zum Teil weggesteuert würde (vgl. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 4 EStG Anm. 68 a). Hieraus ergibt sich aber, daß eine Übertragung stiller Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut nach den dargelegten Grundsätzen überhaupt nur in Betracht kommt, wenn das Ausscheiden des Wirtschaftsguts eine derartige Gegenleistung oder einen Anspruch hierauf im Gefolge hat. Die EStR verneinen deshalb zutreffend eine Gewinnverwirklichung nur in den Fällen, in denen ein Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt usw. gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet (vgl. auch die BFH-Urteile vom 14. Mai 1969 I R 133/66, BFHE 95, 440, BStBl II 1969, 488, und vom 19. Dezember 1972 VIII R 29/70, BFHE 108, 326, BStBl II 1973, 297). Das bedeutet aber, daß das Ausscheiden eines Wirtschaftsguts infolge Entnahme niemals zur Anwendung der genannten, eine Gewinnrealisierung vermeidenden Grundsätze führen kann, weil hier eine Entschädigung oder Gegenleistung, deren Besteuerung vermieden werden soll, nicht vorliegt, der Steuerpflichtige vielmehr durch die Entnahme zu erkennen gibt, daß er einer Gegenleistung, um sie zur Ersatzbeschaffung zu verwenden, nicht bedarf. In einem solchen Fall wäre es nicht zu rechtfertigen, die Entnahme nicht wie jede andere Entnahme zu behandeln mit der Folge der Besteuerung eines etwaigen Entnahmegewinns. Wie der Senat im Urteil IV 40/62 U ausgesprochen hat, hat die Rechtsprechung der Übertragung stiller Reserven auf andere Wirtschaftsgüter enge Grenzen gesetzt. Eine freiwillige Veräußerung kann ihren Standort noch innerhalb dieser Grenzen finden, wenn sie einen als sicher anzunehmenden behördlichen Eingriff vermeiden soll. Die freiwillige Entnahme liegt jedoch außerhalb dieser Grenzen.
Bei den in der jahrzehntelangen Rechtsprechung entschiedenen und auch bei den im Schrifttum angeführten Fällen der Anwendung der in Abschn. 35 Abs. 2 EStR wiedergegebenen Grundsätze handelte es sich stets um solche, bei denen das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen eine dafür in das Betriebsvermögen gelangende Gegenleistung zur Folge hatte. Dagegen hat der Senat schon im Urteil vom 9. Januar 1964 IV 274/63 U (BFHE 78, 243, BStBl III 1964, 97) ausgesprochen, daß die genannten Grundsätze auf "freiwillige" Entnahmen, die zur Auflösung stiller Reserven führen, nicht ausgedehnt werden können, wobei das Attribut "freiwillig" nicht als Gegensatz zu einer als möglich gedachten zwangsläufigen Entnahme, sondern vielmehr als Hinweis auf eine der Entnahme immanente Eigenschaft aufgefaßt werden muß. Die Aufdeckung stiller Reserven durch Entnahme führt immer zur Versteuerung des Entnahmegewinns. So wird auch im Rahmen der durch das StÄndG 1964 vom 16. November 1964 (BGBl I 1964 S. 885, BStBl I 1964, 553) in § 6b EStG zugelassenen Übertragung stiller Reserven der Entnahmegewinn nicht für begünstigt gehalten, die Entnahme also nicht der Veräußerung gleichgesetzt (vgl. Littmann, a. a. O., § 6b Rdnr. 35; Herrmann-Heuer, a. a. O., § 6b Anm. 21).
Da die Revision schon deshalb, weil das Grundstück in E durch Entnahme aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, keinen Erfolg haben konnte, bedurfte es keines weiteren Eingehens mehr auf die im übrigen noch bestehenden Zweifel, die sich insbesondere ergeben hinsichtlich der Kausalität zwischen behördlicher Maßnahme, Entnahme des Grundstücks in E und Erwerb des Grundstücks in S, ferner hinsichtlich des Umstandes, daß die Bilanzierung des Grundstücks in E erst erfolgte, als nach Angaben der Klägerin bereits mit behördlichen Maßnahmen zu rechnen war (vgl. BFH-Urteil I R 133/66), sowie hinsichtlich der Höhe, in der überhaupt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen stille Reserven eines unbebauten Grundstücks auf ein bebautes Grundstück übertragen werden können (vgl. BFH-Urteil vom 15. Januar 1969 I 18/65, BFHE 95, 92, BStBl II 1969, 310; Littmann, a. a. O., § 6 Rdnr. 567; Herrmann-Heuer, a. a. O., § 4 EStG Anm. 68 g).
Fundstellen
Haufe-Index 70467 |
BStBl II 1973, 582 |
BFHE 1973, 230 |