Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung - Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übergabe von existenzsicherndem Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
Leitsatz (amtlich)
Werden anläßlich einer auf die Lebenszeit einer Bezugsperson zeitlich gestreckten entgeltlichen privaten Vermögensumschichtung gleichbleibende wiederkehrende Leistungen vereinbart, ist deren Ertragsanteil (Zinsanteil), da dieser Entgelt für die Überlassung von Kapital (Zins) ist und private Schuldzinsen nicht abgezogen werden dürfen, bei verfassungskonformer Auslegung nicht als Sonderausgaben abziehbar (Fortführung des Senatsurteils vom 27.Februar 1992 X R 136/88, BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609).
Orientierungssatz
Die Zuordnung der in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarten Versorgungsleistungen zu den Sonderausgaben und wiederkehrenden Bezügen beruht darauf, daß sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen. Durch ihre Charakterisierung als vorbehaltene Vermögenserträge unterscheiden sich Versorgungsleistungen von Unterhaltsleistungen i.S. von § 12 Nr. 1 EStG; sie enthalten deshalb auch keine Zuwendungen des Vermögensübernehmers aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i.S. von § 12 Nr. 2 EStG. Da diese Versorgungsleistungen keine Gegenleistung des Übernehmers sind, müssen sie nicht vorab mit dem Wert des übertragenen Vermögens verrechnet werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a Sätze 1-2, § 12 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 1981 und 1982 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
Der Vater des Klägers hatte den Kläger und dessen Bruder in einem gemeinschaftlichen Testament zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Seiner Ehefrau, der Mutter des Klägers, vermachte er den Nießbrauch am gesamten Nachlaß. Zum Nachlaß gehörten u.a. das Grundstück S-Straße 191 und jeweils ein Viertel Anteil an den Grundstücken S- Straße 185 und Z-Straße 19 in D. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung erhielt der Kläger entsprechend der Teilungsanordnung des Erblassers das Grundstück S- Straße 191 zu Alleineigentum. Die Anteile an den beiden anderen Grundstücken wurden veräußert. Auf den Kläger und seinen Bruder entfielen jeweils 1/8 des Erlöses. Der Kläger erhielt von dem Veräußerungserlös 57 526,38 DM.
Die Mutter des Klägers übte seit dem Tode des Vaters den Nießbrauch an dem Grundstück S-Straße 191 aus. Für die entgangenen Nutzungen aus den veräußerten Anteilen an den beiden anderen Grundstücken zahlte der Kläger an seine Mutter seit dem 31.März 1981 eine Abfindung in Höhe von monatlich 400 DM.
Mit notariellem Vertrag vom 30.September 1985 räumte der Kläger seiner Mutter in Erfüllung des Testaments den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstück S-Straße 191 ein und verpflichtete sich, an diese "als Ersatz für den aufgegebenen Nießbrauch an den ... Beteiligungen (des Klägers) an den Grundstücken ... jährlich 4 800 DM, zahlbar in monatlichen Raten von 400 DM ... bis zu deren Lebensende zu zahlen". Außerdem stellten die Vertragsparteien ausdrücklich fest, daß die Zahlungen seit dem 1.März 1981 "als Fortsetzung des Nießbrauchs am Kauferlös entrichtet werden".
In der Einkommensteuererklärung für 1981 machten die Kläger die seit dem 1.März 1981 geleisteten Zahlungen in Höhe von 3 655 DM als Unterstützungsleistungen i.S. von § 33a Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. In der Einkommensteuererklärung für 1982 beantragten sie den Abzug der laufenden Zahlungen in Höhe von 4 800 DM als dauernde Last. Bei der Veranlagung für das Jahr 1981 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Zahlungen nach § 33a EStG in Höhe von 160 DM; bei der Veranlagung für 1982 ließ er die Zahlungen weder als Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zu. Das FA vertrat unter Bezugnahme auf den Nießbrauchs-Erlaß des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 15.November 1984 (BStBl I 1984, 561) die Auffassung, Zahlungen zur Ablösung eines Vermächtnisnießbrauchs seien Zuwendungen i.S. von § 12 Nr.2 EStG.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat ausgeführt:
Die Zahlungen seien als Leibrente nur mit ihrem Ertragsanteil (1981: 512 DM, 1982: 672 DM) abziehbar. Die wiederkehrenden Leistungen seien als gleichbleibend vereinbart worden; sie hingen nicht von einer variablen Bezugsgröße ab. Die Leistungspflicht sei auch rechtlich selbständig von der testamentarischen Anordnung des Nießbrauchs als dem ursprünglichen Rechtsgrund. Dies ergebe sich aus dem Vertrag vom 30.September 1985, in dem die bislang nur mündlich getroffenen Vereinbarungen fixiert worden seien, sowie aus der "tatsächlichen Entwicklung der rechtlichen Verhältnisse". Der Kläger und sein Bruder hätten entgegen ihrer Verpflichtung der Mutter keinen Nießbrauch bestellt. Eine "Fortsetzung" eines Nießbrauchs am Kauferlös sei nicht durch dingliche Surrogation, sondern nur in einem wirtschaftlichen Sinne möglich gewesen. Mit der zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarung über die Zahlung eines monatlichen festen Betrages sei der Schadensersatzanspruch der Mutter durch eine inhaltlich selbständige, von den konkreten entgangenen Nutzungen unabhängige Verpflichtung abgegolten worden. Dieser Vertrag habe eine Abänderungsmöglichkeit nicht vorgesehen. Es sei davon auszugehen, daß die zuvor maßgeblichen mündlichen Abreden einen gleichen Inhalt gehabt hätten.
§ 12 Nr.2 EStG stehe dem Abzug einer Leibrente nicht entgegen. Der Wert der entgangenen Nutzungen sei im Verhältnis zum Barwert der Rente nicht unverhältnismäßig geringfügig, so daß es sich um eine private Versorgungsrente, nicht um eine Unterhaltsrente handele. Die Kläger hätten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, daß der Erlös aus der Veräußerung der Grundstücksanteile als Basis für die monatliche Rente gedient habe; die auf diese Weise bemessene lebenslängliche Rente sei noch als Wertausgleich für die entgangene Nutzung der aus dem Nachlaß ausgeschiedenen Gegenstände anzusehen. Die Rente sei auch nicht deswegen eine Unterhaltsrente, weil sie den unentgeltlich (durch Vermächtnis) erworbenen Anspruch der Mutter auf Einräumung des Nießbrauchs teilweise abgelöst habe. Das Gegenteil ergebe sich auch nicht aus einem in der Literatur verschiedentlich postulierten Surrogationsprinzip.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung der §§ 10 Abs.1 Nr.1 a, 12 Nr.2 EStG. Entgegen der Auffassung des FG seien die Zahlungen der Kläger Zuwendungen i.S. des § 12 Nr.2 EStG. Insoweit sei der im sog. Nießbrauchs-Erlaß (Tz.51, 46 Satz 2, 25) niedergelegten Verwaltungsauffassung zu folgen. Die Ablösevereinbarung sei als Folge der testamentarischen Anordnung ein unentgeltlicher Vorgang. Die vom FG befürwortete isolierte Betrachtung der Vereinbarung als entgeltlicher Vorgang (Verzicht auf den Anspruch Nießbrauchsbestellung gegen Rente) ohne Berücksichtigung der für die Rentenzahlung letztlich ursächlichen Verfügung von Todes wegen widerspreche Sinn und Zweck des § 12 Nr.2 EStG. Zur Verhinderung rechtsmißbräuchlicher Gestaltungen sei eine Auslegung nach dem Normzweck der Anwendung des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) vorzuziehen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Gegenstand des Verfahrens ist der geänderte Bescheid vom 13.Oktober 1992.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Zahlungen des Klägers an seine Mutter dürfen nicht nach § 10 Abs.1 Nr.1 a Sätze 1 und 2 EStG abgezogen werden.
1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs.1 Nr.1 a EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes --StÄndG-- 1979). Dauernde Lasten sind in vollem Umfang abziehbar (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG). Leibrenten können --nach näherer Maßgabe des § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2 EStG-- nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der Ertragswerttabelle des § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG ergibt.
2. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich in zwei Entscheidungen mit der Übergabe von Vermögen gegen Versorgungsleistungen befaßt.
a) In seinem Beschluß vom 5.Juli 1990 GrS 4-6/89 (BFHE 161, 317, 326 ff., BStBl II 1990, 847) hat er die zivil- und steuerrechtliche Sonderstellung des Vermögensübergabevertrages hervorgehoben. In steuerrechtlicher Hinsicht beruht die Zuordnung der in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarten Versorgungsleistungen zu den Sonderausgaben und wiederkehrenden Bezügen darauf, daß sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen. Durch ihre Charakterisierung als vorbehaltene Vermögenserträge unterscheiden sich Versorgungsleistungen von Unterhaltsleistungen i.S. von § 12 Nr.1 EStG; sie enthalten deshalb auch keine Zuwendungen des Vermögensübernehmers aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i.S. von § 12 Nr.2 EStG. Da diese Versorgungsleistungen keine Gegenleistung des Übernehmers sind, müssen sie nicht vorab mit dem Wert des übertragenen Vermögens verrechnet werden (BFHE 161, 317, 328 f., BStBl II 1990, 847, unter C. II. 1. c).
b) Durch Beschluß vom 15.Juli 1991 GrS 1/90 (BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C. II. 3.) hat der Große Senat des BFH des weiteren erkannt: In sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte wiederkehrende Leistungen --auch abänderbare Geldleistungen-- sind Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Last.
3. Im Anschluß hieran hat der erkennende Senat entschieden:
a) Die Verweisung auf Inhalt bzw. Rechtsnatur des anläßlich einer Vermögensübergabe vereinbarten Versorgungsvertrages führt dazu, daß Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von existenzsicherndem Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden (private Versorgungsrente), im Regelfall abänderbar sind (Urteil vom 11.März 1992 X R 141/88 (BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499).
b) Werden außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen private Versorgungsrente wiederkehrende Leistungen vereinbart, greift der den Abzug als dauernde Last (ohne Verrechnung mit dem Wert einer erbrachten Gegenleistung; sog. Wertverrechnung) oder als Leibrente legitimierende Gesichtspunkt der "vorbehaltenen Vermögenserträge" (oben 2. a) nicht ein; es gelten daher § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts uneingeschränkt. Zu diesen gehören insbesondere der Grundsatz der Nichtabziehbarkeit von Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung und das Verbot des Abzugs privater Schuldzinsen (Senatsurteil vom 27.Februar 1992 X R 136/88, BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609). Unterhaltsleistungen sowie freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht zugewendete wiederkehrende Leistungen (private Unterhaltsrente) sind nicht abziehbar (§ 12 Nr.1 und 2 EStG).
Stehen wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit einer erhaltenen Gegenleistung, scheitert die Abziehbarkeit daran, daß im Hinblick auf den empfangenen Verrechnungswert wirtschaftlich keine als Sonderausgabe abziehbare "Last" vorliegt (Senatsurteil vom 27.Februar 1992 X R 139/88, BFHE 167, 381, BStBl II 1992, 612).
4. Zur Frage der Verrechnung mit dem Wert einer Gegenleistung gilt folgendes:
a) Der Große Senat hat Bezug genommen auf die Rechtsprechung zu wiederkehrenden Leistungen aus "kauf- und darlehensähnlichen Vorgängen" und darüber hinaus zu wiederkehrenden Leistungen "im Austausch mit einer Gegenleistung" (BFHE 161, 317, 329, BStBl II 1990, 847, unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 16.September 1965 IV 67/61 S, BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706, und vom 3.Juni 1986 IX R 2/79, BFHE 146, 442, BStBl II 1986, 674). Nach der gleichfalls in Bezug genommenen Rechtsprechung des erkennenden Senats (BFHE 165, 225, 234, BStBl II 1992, 78) ist eine dauernde Last zu verneinen bei entgeltlichen Nutzungsverhältnissen (Urteil vom 24.Oktober 1990 X R 43/89, BFHE 162, 425, BStBl II 1991, 175, betreffend Erbbauzinsen) sowie dann, wenn eine Auflage aus einem geschenkten Vermögen zu erfüllen ist (Urteil vom 4.April 1989 X R 14/85, BFHE 157, 88, BStBl II 1989, 779, unter 2.). Eine dauernde Last setzt eine wirtschaftliche Belastung voraus.
b) Der Große Senat hat die von der bisherigen Rechtsprechung vorgezeichnete Grenzziehung zwischen den Vorgängen mit und ohne Wertverrechnung bestätigt, ohne eine Fortentwicklung der Grundsätze über die Wertverrechnung auszuschließen. Unter Bezugnahme hierauf hat der erkennende Senat zur privaten Vermögensumschichtung gegen abänderbare wiederkehrende Leistungen entschieden:
Das Bedürfnis für eine Fortschreibung der Grundsätze über die Wertverrechnung besteht insofern, als --unter Einbeziehung des Zeitabschnittes nach Verbrauch eines etwa maßgebenden "Verrechnungswertes"-- die Rechtslage unter Anwendung des § 12 EStG sowie unter Berücksichtigung der Verzinslichkeit langfristiger Kapitalforderungen und des Grundsatzes der Nichtsteuerbarkeit der Umschichtung von Privatvermögen rechtlich genauer zu bestimmen ist. Die in den Zahlungen auf der Grundlage eines "kauf- oder darlehensähnlichen Vertrages" anteilig enthaltene Tilgung ist als Vermögensumschichtung bzw. Erfüllung einer Forderung im privaten Bereich steuerrechtlich nicht relevant; das in derartigen Leistungen gleichfalls enthaltene Entgelt für die Kapitalüberlassung --der Zinsanteil-- unterliegt dem Verbot des Abzugs privater Schuldzinsen (Senatsurteil in BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609).
5. Im Streitfall haben die Vertragsparteien keine wiederkehrenden Leistungen vereinbart, die nach dem Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen als Leibrente oder dauernde Last abziehbar wären.
Die Mutter des Klägers hat diesem kein existenzsicherndes Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Versorgungsleistungen übertragen. Der Nießbrauch, auf den die Mutter verzichtet hatte, ist wegen seines geringfügigen Wertes keine Wirtschaftseinheit, deren Übertragung dem Typus der zivil- und steuerrechtlichen Vermögensübergabe zugeordnet werden könnte (vgl. Senatsurteil in BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609, unter 4. b). Auch wurden die laufenden Zahlungen nach den Feststellungen des FG "für die entgangenen Nutzungen aus den veräußerten Anteilen" gezahlt und sind insofern Entgelt für die Aufgabe eines Rechts.
6. Die Vertragsparteien haben nicht abänderbare (gleichbleibende) wiederkehrende Leistungen auf die Lebenszeit der Mutter vereinbart. Dies führt indes entgegen der Auffassung des FG nicht dazu, daß der Zinsanteil dieser Leistungen abziehbar wäre. Zinsen sind als Entgelt für die Überlassung von Kapital zur Nutzung keine "Aufwendungen" im Sinne des § 10 Abs.1 Nr.1 a EStG. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2 EStG.
a) Tatbestandsmäßige Voraussetzungen für den Abzug nach § 10 Abs.1 Nr.1 a EStG ist eine Aufwendung, die zu einer wirtschaftlichen Belastung des Steuerpflichtigen führt (Senatsurteil in BFHE 157, 88, BStBl II 1989, 779 m.w.N.). Dieser rechtliche Gesichtspunkt ist, wie oben (unter 4.a) dargestellt, Grundlage der Wertverrechnung. Auch Zinsen werden --als Entgelt für die Nutzung von Kapital-- "im Austausch mit einer Gegenleistung" gezahlt. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Zinsanteil in abänderbaren (oben unter 4.b) oder --wie vorliegend-- in nicht abänderbaren wiederkehrenden Leistungen enthalten ist. Es gibt gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes --GG--) keinen tragfähigen Grund dafür, diese Zinsanteile steuerrechtlich unterschiedlich zu behandeln.
b) Ein Abzug als Aufwendung kommt vorliegend auch deswegen nicht in Betracht, weil private Schuldzinsen nicht abziehbar sind (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, zum sog. gemischten Kontokorrentkonto). Für in abänderbaren wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteile ergibt sich daraus, daß sie nicht abziehbar sind, wenn sie nicht der Erwerbs-, sondern der Privatsphäre zuzuordnen sind. Auch insoweit gibt es keinen verfassungsrechtlich (Art.3 Abs.1 GG) tragfähigen Grund dafür, die in gleichbleibenden wiederkehrenden Leistungen enthaltenen Zinsanteile zum Abzug zuzulassen.
Gleichbleibende wiederkehrende Leistungen, die auf die Lebenszeit einer Person gezahlt werden, werden herkömmlich den Leibrenten (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2; § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG) zugeordnet; ihr Zinsanteil wird als Ertragsanteil bezeichnet. In materiell-rechtlicher Hinsicht handelt es sich bei dem "Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil)" --auf der Seite des Beziehers-- um Einkünfte, die erzielt werden durch die zeitlich gestreckte Auszahlung eines verzinslichen Kapitals (Senatsurteil vom 8.März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, 434, BStBl II 1989, 551) und --auf der Seite des Verpflichteten-- um entsprechende Schuldzinsen. Mit der Berücksichtigung (nur) des Ertragsanteils der wiederkehrenden Leistungen bezwecken die genannten Vorschriften die Sonderung des Zinsanteils von der im privaten Bereich steuerrechtlich nicht relevanten Vermögensumschichtung (vgl. Großer Senat in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C. II. 2). Mit der Verweisung in § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2 EStG auf die Ertragswerttabelle des § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG bezweckt das Gesetz, den Anteil der abziehbaren privaten Schuldzinsen pauschalierend zu beziffern. Nach Streichung des privaten Schuldzinsenabzugs durch das Steueränderungsgesetz 1973 ist die Grundnorm entfallen, nach der ein in gleichbleibenden wiederkehrenden Leistungen enthaltener Zinsanteil --aus Gründen einer vereinfachten Handhabung (BTDrucks II/481, S.86 f.)-- mit einem für die gesamte Laufzeit der Rente gleichbleibenden Zinsanteil beziffert wurde. Diese gesetzliche Quantifizierung des privaten Schuldzinsenabzugs ist gegenstandslos geworden.
c) Der materiell-rechtlichen Natur des in wiederkehrenden (auch gleichbleibenden) Leistungen enthaltenen Zinsanteils kommt für die Besteuerung beim Bezieher in Anbetracht der ab dem 1.Januar 1993 geltenden Freibeträge für Einkünfte aus Kapitalvermögen (Gesetz zur Neuregelung der Zinsbesteuerung --Zinsabschlagsgesetz-- vom 9.November 1992, BGBl I 1992, 1853) besonderes Gewicht zu.
d) § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2 EStG behält seinen angestammten Regelungsbereich insbesondere für die Besteuerung privater Versorgungsleibrenten (Großer Senat des BFH in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C. II. 3.).
7. Da das Urteil des FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgeht und sich seine Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend darstellt, war es aufzuheben. Die spruchreife Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 64150 |
BFH/NV 1993, 20 |
BFHE 170, 82 |
BFHE 1993, 82 |
BB 1993, 1343 |
BB 1993, 1343-1345 (LT) |
DB 1993, 665-667 (LT) |
DStR 1993, 685 (KT) |
DStZ 1993, 249 (KT) |
HFR 1993, 299 (LT) |
StE 1993, 139 (K) |