Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Zinsen im Sinne des § 8 Ziff. 1 GewStG sind alle Leistungen des Schuldners an den Gläubiger, die das Entgelt für die Nutzung des Kredits darstellen.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 1
Tatbestand
Der Steuerpflichtige betreibt im Rahmen seines Möbeleinzelhandels auch das Teilzahlungsgeschäft. Nachdem die Fremdfinanzierung der Teilzahlungsgeschäfte durch die X-Bank im Jahre 1953 ausgelaufen war, finanzierte der Steuerpflichtige ab Januar 1953 diese Geschäfte aus Bankkrediten (Eigenfinanzierung). Zu diesem Zwecke nahm er im Jahre 1953 bei der Y-Bank ein Darlehen von 300.000 DM auf. Das Geld vermittelte die Finanzierungsfirma K., die es in drei gleichen Teilbeträgen als zweckgebundene Festgeldanlage der Bank zur Verfügung stellte. Die Gelder wurden dem Steuerpflichtigen von der Firma K. erstmalig (hinsichtlich der ersten 100.000 DM für zunächst 12 Monate) zugesichert. Mit dieser war vereinbart worden, daß der Steuerpflichtige die Zinsdifferenz (Unterschied zwischen dem gesamten Zinsanspruch des Geldgebers und den von der Bank zu zahlenden Zinsen) zuzüglich einer Courtage von 2 % (Maklergebühr) im voraus an die Firma K. zu entrichten habe. Im April 1954 hat die Y-Bank die Finanzierung der 300.000 DM selbst übernommen. Als Sicherheit für die Darlehnsschuld hat der Steuerpflichtige der Y-Bank die Kundenforderungen abgetreten (stille Zession).
Das Finanzamt hat dem Gewerbeertrag die Zinsbeträge einschließlich der Provisionen hinzugerechnet.
Der Steuerpflichtige trug vor, bei dem Bankkredit der Y-Bank handele es sich nicht um eine Darlehnsschuld, sondern um eine Kontokorrentschuld. Auch wenn die Bank dem Kunden einen festen Kredit jeweils für drei Monate zur Verfügung stelle und die Schwankungen dieses Kredits über ein laufendes Konto verrechne, liege eine Kontokorrentschuld vor. Die Bezeichnung des festen Kredits als "Darlehnskonto" sei unbeachtlich. Es käme daher nach den für Kontokorrentschulden geltenden Grundsätzen für jedes einzelne Geschäftsjahr nur die Hinzurechnung des jeweils niedrigsten Betrages des Kredits in Frage, wobei das Darlehns- bzw. Sonderkonto und das laufende Bankkonto als Einheit zu behandeln seien. Im Jahr 1953 könne eine Heranziehung auch deshalb nicht erfolgen, weil der Kredit erst im Laufe des Jahres aufgenommen worden und kurzfristig kündbar gewesen sei.
Das Finanzgericht hat die Berufung zurückgewiesen und ausgeführt, schon aus der Zweckbestimmung der Fremdgelder für die Eigenfinanzierung des Teilzahlungsgeschäfts ergebe sich, daß sie nicht nur der vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten. Denn Teilzahlungsgeschäfte fielen bei Möbeleinzelhändlern, die sich mit diesen Geschäften befaßten, ständig an, so daß das aus einem erfüllten Teilzahlungsgeschäft hereingekommene Geld alsbald wieder der Bezahlung neuer Ware und damit der Finanzierung neuer Teilzahlungsgeschäfte diene, wobei sich die Teilzahlungen auf viele Monate erstrecken. Es sei auch aus den Akten nichts ersichtlich, was auf eine von vornherein bestehende Absicht schließen ließe, das Darlehen der Y-Bank durch ein Darlehen eines anderen Darlehnsgebers abzulösen. Tatsächlich habe der Steuerpflichtige auch erst im Jahre 1956 eine änderung vorgenommen, indem er wieder zur Fremdfinanzierung überging. Im übrigen seien nach der Darstellung in Tz. 38 des Betriebsprüfungsberichts von den durch die Firma K. vermittelten 300.000 DM zumindest 100.000 DM von vornherein auf zunächst 12 Monate zugesichert worden. Darüber hinaus sei der erste Teilbetrag von 100.000 DM nach einem halben Jahr um 12 Monate, der zweite nach 6 Monaten um weitere 6 Monate und der dritte nach 4 Monaten ebenfalls um 6 Monate prolongiert worden. Aus der nicht widerlegten Darstellung des Betriebsprüfungsberichts vom 18. April 1958 sei zu entnehmen, daß nicht einzelne Warenlieferungen im Rahmen einer allgemeinen Kreditzusage bevorschußt worden seien, sondern ein durch stille Zession der Kundenforderungen gesichertes Darlehen von 300.000 DM gewährt worden sei.
Das Sonderkonto (Darlehnskonto) und das laufende Konto bei der Y-Bank seien auch nicht als Einheit zu behandeln und zu saldieren. Es handle sich um zwei verschiedene Schuldverhältnisse, und das Darlehen verliere seine Eigenschaft als Dauerschuld nicht dadurch, daß mit derselben Bank ein Kontokorrentverhältnis bestehe, dessen evtl. Guthaben zu einer Tilgung des Darlehens hätten verwendet werden können.
Bei einem Bankkredit seien auch die neben den Zinsen vereinbarten Sondervergütungen den Zinsen hinzuzurechnen, wie z. B. Kredit- und Umsatzprovisionen.
Entscheidungsgründe
Der Steuerpflichtige hat Rb. eingelegt; die Rb. ist unbegründet.
Die Vorinstanzen haben in übereinstimmung mit dem Akteninhalt festgestellt, daß es sich bei dem in Rede stehenden Kredit um eine Darlehnsschuld handelt, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dient (§ 8 Ziff. 1 GewStG). Der Gegenwert wurde zur Finanzierung der bei dem Steuerpflichtigen ständig anfallenden Teilzahlungsgeschäfte verwendet; es besteht auch kein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Kreditgewährung und den einzelnen Warengeschäften, der gegen die Annahme einer Dauerschuld sprechen könnte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 172/58 U vom 1. Dezember 1959, BStBl 1960 III S. 51, Slg. Bd. 70 S. 137). Insbesondere liegt kein Kontokorrentkredit vor, der nur in Höhe der Inanspruchnahme als Schuld anzusehen ist - wie der Bf. meint -; dem widersprechen die Abmachungen der Parteien, wonach dem Steuerpflichtigen ein feststehender Darlehnsbetrag zur Verfügung gestellt worden ist; der in voller Höhe zu verzinsen war. Der Vorinstanz ist auch darin zuzustimmen, daß eine Saldierung des Darlehnskontos mit dem von dem Steuerpflichtigen bei der gleichen Bank unterhaltenen laufenden Konto nicht in Frage kommt, weil es sich um unterschiedliche Schuldverhältnisse handelt; diese Rechtsansicht ist auch vom Bf. in der Rb. nicht angegriffen.
Der Vorinstanz ist auch darin beizutreten, daß die Sondervergütungen zu den Zinsen zu rechnen sind. Als Zinsen sind diejenigen Leistungen des Schuldners an den Gläubiger anzusehen, die das Entgelt für die Nutzung des Kredits darstellen. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Reichsfinanzhof im Urteil I 275/38 vom 13. September 1938 (Slg. Bd. 45 S. 23) entschieden, daß nur Zinsen für Dauerschulden, nicht auch sonstige sich bei Dauerschulden ergebende Betriebsausgaben (z. B. Geldbeschaffungskosten, laufende Verwaltungskosten, Währungsverluste) für die Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen sind.
Gebühren für die Vermittlung des Darlehens (Maklergebühr - hier Courtage -) gehören nicht zu den Zinsen, wenn sie einem anderen als dem Darlehnsgläubiger zustehen. Hat der Darlehnsgläubiger für die Unterbringung seines Geldes einen Vermittler in Anspruch genommen und schuldet er ihm die Vermittlungsgebühr, so geht diese in das Entgelt für die Nutzung des Kredits ein und ist den Zinsen zuzurechnen. Hat dagegen der Darlehnsschuldner den Makler beauftragt und schuldet er unabhängig von den Darlehnszinsen diesem die Maklergebühr, so gehört die Maklergebühr zu den Geldbeschaffungskosten, die nicht als Zinsen betrachtet werden dürfen.
Im vorliegenden Falle sind bis zum April 1954 die gesamten Vergütungen (Zinsen und Courtage) an die Firma K. gezahlt worden. d. h. diese erhielt alles, was der Bf. für die Zurverfügungstellung des Kredits aufzubringen hatte. Als Kreditgeber trat allerdings in dieser Zeit die Y-Bank auf. Es kann aber nicht darüber hinweggesehen werden, daß die Firma K. der Bank das Geld für den Kredit zur Verfügung stellte. Diese hat damit mehr getan, als üblicherweise ein Makler zu tun pflegt.
Unter wirtschaftlicher Betrachtung ist darum nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Firma K. als Kreditgeber betrachtet hat und in der Leistung an diese ein einheitliches Entgelt sah. Diese Betrachtung wird auch nicht dadurch geändert, daß die Firma K. bei der Berechnung ihrer Vergütung eine Aufteilung in Zinsen und Courtage vornahm; denn wenn die Firma K. wirtschaftlich als Kreditgeber anzusehen ist, spielt es für die Höhe des Kreditzinses keine Rolle, wie das Kreditentgelt berechnet wird. Daß die Zinsen mit den Kreditprovisionen wirtschaftlich eine Einheit sind, zeigt auch die spätere Behandlung nach übernahme des Darlehens durch die Y-Bank, an die ebenfalls ein dem früheren entsprechendes Entgelt in einer Summe gezahlt wurde.
Die Frage, ob der Steuerpflichtige als Flüchtling eine Billigkeitsmaßnahme nach § 131 StAnpG beanspruchen kann, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Fundstellen
Haufe-Index 410861 |
BStBl III 1963, 386 |
BFHE 77, 188 |