Leitsatz (amtlich)
Verlorene Baukostenzuschüsse, die ein Genosse im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Genossenschaftsanteils zu zahlen hat, sind Anschaffungskosten der Beteiligung, auf die nur unter dem Gesichtspunkt eines niedrigeren Teilwerts abgeschrieben werden darf.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 7 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1961, ob die verlorenen Baukostenzuschüsse, die der einer Genossenschaft beitretende Landwirt zu zahlen hatte, als zusätzliche Anschaffungskosten der Geschäftsanteile zu behandeln und ob regelmäßige Absetzungen für Abnutzung (AfA) vorzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 7 Abs. 1 EStG).
Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) war buchführender Landwirt. Im Wirtschaftsjahr 1961/62 trat er einer Obstlagerhaus-Genossenschaft mbH bei. Nach der Satzung war er verpflichtet, entsprechend der Menge des von ihm einzulagernden Obstes einen oder mehrere Geschäftsanteile zu je 80 DM zu erwerben. Außerdem war für jeden übernommenen Geschäftsanteil ein verlorener Baukostenzuschuß von 300 DM zu entrichten. Die Haftsumme war für jeden Geschäftsanteil auf (80 DM + 300 DM =) 380 DM festgesetzt. Der Steuerpflichtige erwarb fünf Geschäftsanteile. Entsprechend einem von der Genossenschaft gefaßten, wenngleich nicht in der Satzung niedergelegten Beschluß zahlte er je Geschäftsanteil einen verlorenen Baukostenzuschuß von 520 DM statt 300 DM. In der Bilanz zum 30. Juni 1962 aktivierte der Steuerpflichtige die Aufwendungen für die fünf Geschäftsanteile mit insgesamt 400 DM. Dagegen zog er die verlorenen Baukostenzuschüsse in Höhe von insgesamt 2 600 DM als Betriebsausgaben ab.
Das FA behandelte die gesamten Aufwendungen als Anschaffungskosten der Genossenschaftsanteile. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das FG wies die Klage als unbegründet zurück. Es führte aus, daß die verlorenen Baukostenzuschüsse ihrem Wesen nach zusätzliche Geschäftseinlagen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellten (vgl. EFG 1965, 10, Parallelsache). Der Ansatz eines niedrigeren Teilwerts komme erst in Betracht, wenn der Erwerber eines Genossenschaftsanteils für die geleisteten Baukostenzuschüsse von je 520 DM nur noch geringere Beträge vergüte. Dieser Fall sei im Streitjahr nicht eingetreten.
In seiner Revision rügt der Steuerpflichtige unrichtige Rechtsanwendung. Er führt wie schon in der Vorinstanz aus, daß die Baukostenzuschüsse zwar zu aktivieren seien, jedoch AfA nach § 7 EStG vorgenommen werden müßten. Da sich bei der Genossenschaft die Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern um die empfangenen Baukostenzuschüsse vermindert hätten, könnten von ihr keine Abschreibungen vorgenommen werden. Die Abschreibung treffe insoweit die Genossen. Bei Neuanschaffungen sei damit zu rechnen, daß die Genossen wieder die Kosten aufbringen müßten. Nach den Verhältnissen in der Obstwirtschaft müsse ein AfA-Satz von 7 bis 8 v. H. zugrunde gelegt werden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Aufwendungen für den Erwerb der Mitgliedschaft bei einer Genossenschaft (Genossenschaftsanteil) sind nach den für die Bilanzierung von Beteiligungen geltenden Grundsätzen zu aktivieren (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Die Ausführungen der Vorinstanz, nach denen die verlorenen Baukostenzuschüsse wirtschaftlich die Bedeutung zusätzlicher Aufwendungen für den Erwerb der Genossenschaftsanteile darstellten, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Fall liegt ähnlich wie bei Nachzahlungen und Zubußen zum Ausgleich von Verlusten, die die Rechtsprechung als zusätzliche Anschaffungskosten von zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Beteiligungen an Kapitalgesellschaften behandelte (vgl. Urteile des RFH VI A 562/35 vom 28. Oktober 1936, RStBl 1937, 383; VI 290/38 vom 14. September 1938, RStBl 1939, 229). Die Genossenschaftsanteile gehörten zum notwendigen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen (vgl. RFH-Urteil VI A 1858/32 vom 23. Mai 1933, RStBl 1933, 1006).
Für eine AfA auf von der Genossenschaft angeschaffte Wirtschaftsgüter, die den Genossen zur Nutzung zur Verfügung stehen, durch die Genossen ist kein Raum. Die AfA-Befugnis steht nur dem wirtschaftlichen Eigentümer zu (vgl. Urteile des BFH I 51/61 S vom 2. November 1965, BFH 84, 171, BStBl III 1966, 61; IV 228/64 S vom 21. Dezember 1965, BFH 84, 407, BStBl III 1966, 147). Wirtschaftliche Eigentümerin der von ihr angeschafften Anlagegüter ist die Genossenschaft. Zu der Auffassung des Steuerpflichtigen, daß die Genossenschaft nur von den um die Baukostenzuschüsse der Genossen verminderten Anschaffungskosten abschreiben dürfe, braucht der Senat nicht Stellung zu nehmen.
Die Baukostenzuschüsse stellen nicht ein vorausgezahltes Entgelt für die künftige Nutzung der Einrichtungen der Genossenschaft dar. Andernfalls müßte ein ausscheidender Genosse nach Maßgabe der bisher noch nicht in Anspruch genommenen Nutzung eine Rückzahlung erhalten. Sie sind jedenfalls Teil der Anschaffungskosten der Genossenschaftsanteile, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Beteiligungen zu den nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern gehören. Eine Bewertung der Anteile unter den Anschaffungskosten kommt nur in Betracht, wenn der Teilwert gesunken ist. Es ist deshalb für die Entscheidung unerheblich, ob und inwieweit die Genossen (Zuschußgeber) im Ergebnis die Abnutzung der von ihnen gebrauchten Anlagegüter der Genossenschaft deshalb tragen, weil die Genossenschaft bei Neuanschaffungen wieder an die Genossen herantreten wird. Solche künftig möglicherweise zu leistenden weiteren verlorenen Baukostenzuschüsse sind ebenfalls als Aufwendungen für die Beteiligungen zu aktivieren. Nur soweit sie von einem Erwerber des Geschäftsguthabens eines Genossen (§ 76 des Genossenschaftsgesetzes) nicht erstattet werden würden, ist ein niedrigerer Bilanzansatz gerechtfertigt. Die Vorinstanz verneinte zutreffend, daß die Voraussetzungen einer Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert gegeben sind.
Fundstellen
Haufe-Index 68158 |
BStBl II 1968, 714 |
BFHE 1968, 147 |