Leitsatz (amtlich)
1. Betreibt ein Steuerpflichtiger auf demselben Grundstück im dazugehörigen Gebäude ein Lebensmittelgeschäft, daneben auf einem besonderen Verkaufsstand den Handel mit Obst, Gemüse, Südfrüchten und Blumen und auf der dahinterliegenden Grundstücksfläche eine Gärtnerei, deren Produkte er überwiegend teils in der Gärtnerei selbst und teils auf dem Verkaufsstand absetzt, so liegt ein einheitlicher Betrieb vor, bei dem nach den unter 2. angeführten Abgrenzungskriterien zu entscheiden ist, ob er steuerlich als Land- und Forstwirtschaft oder als Gewerbebetrieb zu behandeln ist.
2. Ob der Handel mit selbst erzeugten Gärtnereiprodukten und mit zugekauften Waren insgesamt im Rahmen eines einheitlichen Betriebes als Land- und Forstwirtschaft oder als gewerbliche Betätigung zu beurteilen ist, hängt von dem Verhältnis der Umsätze der selbst erzeugten und der zugekauften Waren zum Gesamtumsatz ab (entgegen Abschn. 134 Abs. 4 EStR 169/1978 und Abschn. 13 GewStR 1969/1978).
Normenkette
EStG §§ 4-5, 13-14
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in Gütergemeinschaft leben. Sie betrieben nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zunächst die gewerbliche Herstellung von Strohmatten und bis 1957 eine Gärtnerei auf gepachteten Grundstücken, deren Erzeugnisse sie bis 1956 überwiegend auf einem eigenen Marktstand auf dem Wochenmarkt verkauften.
Am 7. Februar 1956 erwarben die Kläger zusammen mit anderen kleineren Parzellen das Grundstück Z-Straße. Das Grundstück mit einer Fläche von 2 780 m2 war an der Straßenseite mit einem zweistöckigen Wohnhaus bebaut, durch das eine Hausdurchfahrt zu dem übrigen Grundstücksteil führte, der schon vom Verkäufer als Gärtnerei genutzt worden war. Auch die Kläger nutzten den unbebauten Teil des erworbenen Grundstücks 1957 bis 1961 als Gärtnerei und errichteten darauf 1957 ein neues Treibhaus.
Bald nach dem Erwerb des Grundstücks, nämlich am 3. Mai 1956, meldeten die Kläger eine Einzelhandelsverkaufsstelle für Obst, Gemüse, Südfrüchte und Blumen in diesem Anwesen als Gewerbebetrieb an und erklärten, daß der gewerbliche Handel mit den gleichen Waren auf dem Wochenmarkt weiterbetrieben werde. Der Handel mit den genannten Waren wurde auf dem Grundstück Z-Straße in der Hausdurchfahrt und in der Gärtnerei betrieben. Am 3. Oktober 1958 wurde der Handel nach vorhergegangenem Einbau eines Ladens in dem Gebäude des Grundstücks auf den Verkauf von Lebensmitteln und Kolonialwaren ausgedehnt.
Die Kläger ermittelten seit 1955 den Gewinn durch Vermögensvergleich. Die jeweils einheitlichen Gewinnermittlungen für den Gesamtbetrieb teilten sie in den Steuererklärungen 1955 bis 1958 in Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung auf und gaben bis einschließlich 1957 nur für die Einkünfte aus der Strohmattenherstellung Gewerbesteuererklärungen ab, 1958 auch für den Kolonialwarenhandel. Seit 1959 wurde der einheitlich ermittelte Gewinn ausschließlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Die Gärtnerei wurde 1961 wegen Personalmangels und aus finanziellen und gesundheitlichen Gründen stillgelegt.
Das Grundstück Z-Straße war mit den gesamten Anschaffungskosten (einschließlich der Kosten für den Grund und Boden) zum 1. Januar 1957 als Betriebsvermögen aktiviert worden; ebenso wurde das darauf errichtete Treibhaus ab 1957 aktiviert. Alle mit dem Grundstückserwerb zusammenhängenden Vorgänge fanden in der Bilanz ihren Niederschlag. Die Grundstücksaufwendungen und -erlöse wurden, und zwar auch nach der "Stillegung" der Gärtnerei, als Betriebsausgaben bzw. Betriebseinnahmen behandelt.
In den Jahren 1969 und 1970 veräußerten die Kläger zwei Teilflächen des Grundstücks Z-Straße, und zwar 1969 1 200 m2 für 62 700 DM und 1970 300 m2 für 15 675 DM. Der Gesamterlös von 78 375 DM wurde 1970 als Kapitaleinlage gebucht. Im Jahre 1972 fand eine Betriebsprüfung statt. Der Betriebsprüfer vertrat dazu im Bericht vom 14. Februar 1972 die Auffassung, daß die veräußerten Grundstücksteile seit 1957 ununterbrochen zum Betriebsvermögen der Kläger gehört hätten und deshalb die Erlöse hieraus nicht als Einlagen, sondern als Betriebseinnahmen zu behandeln seien. Dieser Auffassung folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) und erließ entsprechende Einkommensteuerberichtigungsbescheide für 1969 und 1970.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren machten die Kläger mit der Klage geltend, bei dem bebauten Grundstück Z-Straße handele es sich um einen Gärtnereibetrieb, also um einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, auf dem ein Wohngebäude im vorderen Teil stehe. Die Gärtnerei sei ab dem Jahre 1957 auch dort betrieben worden. In der Bilanz vom 31. Dezember 1957 sei das gesamte Grundstück in Höhe von 39 210 DM aktiviert worden. Da Land- und Forstwirte ihren Gewinn damals ohne Ansatz des Grund und Bodens ermittelt hätten, sei das Grundstück zu Unrecht aktiviert worden. Das FA habe im Rahmen seiner Ermittlungspflicht den Fehler nicht festgestellt und berichtigt, obwohl es den Veranlagungen bis 1961 neben Einkünften aus Gewerbebetrieb auch - wenn auch geringe - Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft zugrunde gelegt habe. Das land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstück sei auch im Jahre 1961, als nur noch ein Gewerbebetrieb vorgelegen habe, trotz seiner Bilanzierung kein notwendiges Betriebsvermögen gewesen, da die Gärtnerei 1961 stillgelegt worden sei. Somit handele es sich ab dem Jahre 1961 bei dem Grundstück um notwendiges Privatvermögen. Die Veräußerung von Grundstücksteilen in den Jahren 1969 und 1970 müsse daher auch als private Grundstücksveräußerung behandelt werden.
Das FG gab der Klage statt.
Mit der Revision beantragt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FA trägt vor, die Kläger hätten mit dem Grundstückserwerb 1956 planmäßig ihre ursprüngliche Pachtgärtnerei auf einen gewerblichen Handelsbetrieb umgestellt, in dem auch selbst erzeugte Produkte verkauft worden seien.
Die Kläger beantragen, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen. Sie führen aus, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinen Urteilen vom 17. November 1960 IV 102/59 U (BFHE 72, 141, BStBl III 1961, 53) und vom 2. Juli 1969 I R 143/66 (BFHE 96, 302, BStBl II 1969, 617) entschieden, daß es auf den unternehmerischen Willen ankomme, ob ein objektiv dem Betrieb nützliches Grundstück gewillkürtes Betriebsvermögen sei oder nicht. Bei vorher gärtnerisch genutzten Grundstücksteilen, die zu Brachland geworden seien, fehle es an vernünftigen wirtschaftlichen Gründen, diese Flächen als gewillkürtes Vermögen eines Gewerbebetriebes zu behandeln. Auch eine unternehmerische Entscheidung als Folgerung einer Willensbildung, das Grundstück zum gewillkürten Betriebsvermögen zu machen, sei nicht vorhanden. Außerdem sei zu bedenken, daß die Einstellung der Gärtnerei nicht deshalb erfolgt sei, weil die Kläger keinen Gärtnereibetrieb mehr betreiben wollten, sondern vorwiegend deshalb, weil sie kein Personal gefunden hätten. Das bedeute, daß selbst im Jahre 1961 noch nicht festgestanden habe, ob nicht zu einem späteren Zeitpunkt der Gärtnereibetrieb wieder aufleben sollte. In der mündlichen Verhandlung machen die Kläger geltend, bei dem Vergleich zwischen zugekauften und eigen erzeugten Waren sei nicht beachtet worden, daß die zugekaufte Ware zum Teil in Pflanzen bestanden habe, die für die Gärtnerei benötigt worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
Das FA hat zu Recht die Gewinne der Kläger aus der Veräußerung zweier Teile des Grundstücks Z-Straße, das - mit Ausnahme der bebauten Straßenfront - früher gärtnerisch genutzt wurde, als steuerpflichtige laufende Veräußerungsgewinne behandelt, weil die Gärtnerei vor ihrer Stillegung Teil des Gewerbebetriebes der Kläger war, deshalb das gesamte Grundstück zum gewerblichen Betriebsvermögen gehörte und auch nach der Stillegung der Gärtnerei nicht ins Privatvermögen überführt worden ist.
1. Betreibt ein Steuerpflichtiger eine Gärtnerei und ein Ladengeschäft (wozu auch ein Verkaufsstand auf dem Wochenmarkt zu rechnen ist) und besteht zwischen beiden eine wirtschaftliche Beziehung insofern als im Ladengeschäft zumindest teilweise die Produkte der Gärtnerei verkauft werden, so sind für die ertragsteuerliche Beurteilung folgende Fragen von Bedeutung:
a) Stellen Ladengeschäft und Gärtnerei einen einheitlichen Betrieb oder zwei getrennte Betriebe dar?
b) Ist bei Bejahung eines einheitlichen Betriebes dieser Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen, was zur Folge hat, daß das Ladengeschäft als Nebenbetrieb oder dienender Bestandteil der Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren ist, oder liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, dem die Gärtnerei untergeordnet ist?
Zu a) Nach den BFH-Urteilen vom 30. August 1960 I 108/59 U (BFHE 71, 561, BStBl III 1960, 460) und vom 26. November 1964 IV 285/62 U (BFHE 81, 248, BStBl III 1965, 90) ist für den Fall, daß ein Steuerpflichtiger, der eine Landwirtschaft oder Gärtnerei betreibt und einen Teil seiner Erzeugnisse im eigenen Ladengeschäft umsetzt, in der Regel ein einheitlicher Betrieb anzunehmen, wenn mehr als 40 v. H. der Erzeugnisse der Gärtnerei im Durchschnitt der Jahre im eigenen Ladengeschäft des Steuerpflichtigen umgesetzt werden und dieses mit der Gärtnerei wirtschaftlich eng verbunden ist.
Zu b) Ist nach den Ausführungen zu a) ein einheitlicher Betrieb gegeben, so kann nach dem BFH-Urteil vom 2. Februar 1951 IV 250/50 U (BFHE 55, 171, BStBl III 1951, 65) das Ladengeschäft nur dann als land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb angesehen werden, wenn es sich grundsätzlich auf den Absatz eigengewonnener Erzeugnisse der Gärtnerei beschränkt; unschädlich ist nur ein Zukauf fremder Erzeugnisse, der als Aushilfe im Erzeugungsprozeß notwendig ist und deshalb nur unbedeutend sein kann. Unbedeutend sind nach der Rechtsprechung in der Regel nur Zukäufe unter 20 % (unter besonderen Umständen höchstens bis zu 30 %), während nachhaltige Zukäufe von über 30% als der Landwirtschaft wesensfremd angesehen werden und daher dem Betrieb den Stempel des Gewerbebetriebes aufdrücken. Bei einheitlicher Führung des Erzeugerbetriebes und des Handelsgeschäftes und sonstiger enger wirtschaftlicher Zusammengehörigkeit der beiden Betriebsarten ist also in diesen Fällen der einheitliche Betrieb als Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Diese Grundsätze hat der BFH in den Urteilen vom 12. Juli 1955 I 113/53 U (BFHE 61, 179, BStBl III 1955, 267) und vom 15. November 1956 IV 430/55 U (BFHE 64, 95 BStBl III 1957, 37) aufrechterhalten. Entgegen der Meinung des FA und der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1969/1978 (Abschn. 134 Abs. 4) und der Gewerbesteuer-Richtlinien - GewStR - 1969/1978 (Abschn. 13 Abs. 4) ist jedoch bei den genannten Prozentsätzen nicht das Verhältnis des Einkaufswerts der Zukäufe zum Gesamtumsatz, sondern das Verhältnis der auf dem Zukauf beruhenden Umsätze zum Gesamtumsatz maßgebend (so bereits das BFH-Urteil in BFHE 55, 171, BStBl III 1951, 65, vgl. auch BFH-Urteil vom 5. November 1974 VIII R 254/71, BFHE 113, 522, BStBl II 1975, 118).
Zur Feststellung des Umfangs des Zukaufs kann deshalb nicht der Einkaufswert der Fremderzeugnisse mit dem Gesamtumsatz in ein prozentuales Verhältnis gesetzt werden, weil es sich um verschiedene Bewertungsgrößen oder, anders ausgedrückt, um Größen auf verschiedener Ebene handelt. Beträgt z. B. der Gesamtumsatz 100 000 DM und der Einkaufswert der zugekauften Erzeugnisse 25 000 DM, so wäre nach Abschn. 134 Abs. 4 EStR, Abschn. 13 Abs. 4 GewStR das Verhältnis zwischen Gesamtumsatz und zugekauften Erzeugnissen 100 zu 25 (der Zukauf wäre also nach den Richtlinien möglicherweise noch unschädlich). Dieses Verhältnis sagt aber über den Anteil der Fremderzeugnisse am Gesamtumsatz nichts aus; dieser könnte bei hohen Aufschlägen, wie sie z. B. bei Blumenläden in entsprechenden Geschäftslagen einer Großstadt üblich sind, im Beispielsfalle ohne weiteres mehr als 50 % betragen. Fragt man in diesem Beispiel, um welche Größe es sich bei den restlichen 75 % handeln soll, so zeigt sich besonders deutlich, daß auf die in den Richtlinien zugrunde gelegte Relation keine Entscheidung gestützt werden kann. Denn diese restlichen 75 % sind keine wirtschaftliche Größe; sie sind weder der Anteil der Eigenerzeugnisse am gesamten Wareneinsatz noch drücken sie das Verhältnis des Wareneinsatzes an Eigenerzeugnissen zum Gesamtumsatz aus. Würde die Relation Einkaufswert fremder Erzeugnisse zum Gesamtumsatz als Abgrenzungsmerkmal der Landwirtschaft zum Gewerbebetrieb zugrunde gelegt, so würde im Ergebnis die Entscheidung von der Höhe der Aufschläge abhängig gemacht. Das gelte insbesondere, wenn im Rohaufschlag außer dem Gewinnzuschlag in erheblichem Maße Unkosten, z. B. Ladenmiete, Löhne für Verkäuferinnen und ähnliches, berücksichtigt sind. Darauf hat schon Grieger hingewiesen (s. Deutsche Steuer-Zeitung 1959 Ausgabe A S. 385 - DStZ A 1959, 385 -).
Dieses Abstellen auf den Umsatz aus dem Zukauf - im Gegensatz zum Einkaufswert der zugekauften Ware - erfordert keine Erhöhung des schädlichen Prozentsatzes des Zukaufs von über 30 % auf etwa über 50 %, wie es Felsmann vorschlägt (vgl. Felsmann, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 2. Aufl., Abschn. A Anm. 72a). Die angeführte Rechtsprechung des BFH, die die 30 %-Grenze erstmals aufgestellt hat, hat von vornherein die durch den Zukauf erzielten Umsätze gemeint und damit die Umsatzgrenze von 50 % für den schädlichen Zukauf, die der Reichsfinanzhof (RFH) aufgestellt hatte, ausdrücklich abgelehnt (vgl. Entscheidungen vom 2. August 1939 VI 507/38, RFHE 47, 182, RStBl 1940, 113 und vom 22. Oktober 1941 VI 344/41, RStBl 1941, 963).
Zukäufe von über 30 % des Gesamtumsatzes führen also bei einheitlicher Betriebsführung und engem wirtschaftlichen Zusammenhang von Gärtnerei und Handelsbetrieb regelmäßig dazu, daß nicht nur das Ladengeschäft als Gewerbebetrieb angesehen werden muß, sondern mit ihm auch die Gärtnerei, wenn nicht die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles ein Abweichen von dieser für die einheitliche Handhabung erforderlichen typisierenden Abgrenzung erfordern. Die Abgrenzung ist auch wirtschaftlich gerechtfertigt. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der Handel mit zugekaufter Ware, der über 30 % des Gesamtumsatzes ausmacht, der Urproduktion, zu der auch ein Gärtnereibetrieb gehört, wesensfremd ist und daß deshalb nach der Verkehrsanschauung kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mehr angenommen werden kann.
2. Die Meinung des FG, die Gärtnerei müsse als selbständiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb angesehen werden, weil der Streitfall einen solchen Sonderfall darstelle, auf den die dargelegten Grundsätze nicht angewandt werden konnten, ist nicht begründet. Gerade der vorliegende Sachverhalt erfordert und rechtfertigt die Anwendung der dargelegten typisierenden Abgrenzungskriterien.
Geht man von den Abgrenzungskriterien aus, so ergibt sich im Streitfall:
Zu a) Es steht fest, daß die Kläger sämtliche Erzeugnisse der Gärtnerei selbst im Einzelhandel verkauft haben, sei es auf dem Wochenmarkt, sei es in der Gärtnerei selbst oder ab 1956 vorwiegend im Gebäude (Hausdurchfahrt) des Grundstücks Z-Straße.
Kläger und FA bekunden übereinstimmend, daß 1955 und 1956 (und wohl auch vorher) bis zum Erwerb des Gebäudegrundstücks Z-Straße die eigenen gärtnerischen Erzeugnisse, die auf gepachteten Grundstücken angebaut wurden, überwiegend auf dem Marktstand des Wochenmarktes verkauft wurden. Damit steht fest, daß 1955 Gärtnerei und Verkaufsstand einen einheitlichen Betrieb bildeten. Da der Warenzukauf nach den unbestrittenen Feststellungen des FA nur von untergeordneter Bedeutung war, stellte 1955 und tatsächlich auch Anfang 1956 der Marktstand einen Nebenbetrieb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Gärtnerei dar.
Ab Mai 1956 vollzog sich mit dem Erwerb des Grundstücks Z-Straße und der Anmeldung einer Verkaufsstelle in der Hausdurchfahrt für Obst, Gemüse, Südfrüchte und Blumen ein grundlegender Wandel. Neben den Marktstand trat als weitere Verkaufsstelle die Hausdurchfahrt im Gebäude dieses Grundstücks und nach der Inbetriebnahme der Gärtnerei auf dem erworbenen Grundstück der Verkauf auf dem gärtnerisch genutzten Grundstück selbst. Die Eigenerzeugnisse der Gärtnerei wurden ab diesem Zeitpunkt nach der Darstellung der Kläger ganz überwiegend in der Hausdurchfahrt und in der Gärtnerei selbst umgesetzt. Ab 1958 wurden dann im neu errichteten Ladengeschäft im Gebäude dieses Grundstücks zusätzlich Lebensmittel und Kolonialwaren verkauft. Als Folge der damit verbundenen erheblichen Umsatzsteigerung nahm der Verkauf von nicht eigen erzeugten Waren von Jahr zu Jahr erheblich zu.
Bei Gärtnereien mit Ladengeschäft auf demselben Grundstück ist es üblich, daß im Ladengeschäft außer zugekauften Produkten zwar auch die Eigenerzeugnisse der Gärtnerei angeboten, daß die Eigenerzeugnisse aber je nach Jahreszeit und Produkten auch teils in der Gärtnerei selbst und teils auf einem geschützten Stand vor dem Laden im Freien zusammen mit zugekauftem Obst und Südfrüchten verkauft werden. Bei der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit einer solchen, auf engem Raum vom selben Inhaber zugleich mit dem Handel von Eigenerzeugnissen und zugekauften landwirtschaftlichen und anderen Produkten betriebenen gärtnerischen Tätigkeit halt es der Senat für zwingend, daß nach der Verkehrsauffassung ein einheitlicher Betrieb angenommen werden muß (ebenso Felsmann, a. a. O., Abschn. A Anm. 77a). Das muß auch für den Gesamtbetrieb der Kläger in der Z-Straße gelten, von dem das Ladengeschäft nicht ausgenommen werden kann.
Die Kläger hatten also ab Mai 1956 zwei Geschäfte ihres Obst , Gemüse-, Südfrüchte- und Blumenhandels, nämlich den Marktstand auf dem Wochenmarkt und die als Einheit zu betrachtende Verkaufsstelle in der Z-Straße, die sich teils im Gebäude und teils im Freien befand; die Erzeugnisse der eigenen Gärtnerei wurden nach der Darstellung der Kläger ab 1956 vorwiegend in der Z-Straße umgesetzt.
Da sämtliche Erzeugnisse der eigenen Gärtnerei in den genannten Verkaufsstellen umgesetzt wurden und außerdem Verkauf und Produktion in der Z-Straße eine natürliche wirtschaftliche Einheit darstellten, bildeten Gärtnerei und Verkaufsstellen auch ab Mai 1956 einen einheitlichen Betrieb.
Dem FG ist zwar zuzugeben, daß der Verkauf der Eigenerzeugnisse auf dem gärtnerisch genutzten Gelände selbst grundsätzlich der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen ist und dieser Umsatz bei der Entscheidung der Frage, ob ein einheitlicher Betrieb von Gärtnerei und daneben geführtem Handelsbetrieb anzunehmen ist, grundsätzlich nicht einzubeziehen ist. Das kann aber nur dann gelten, wenn auf dem Gelände der Gärtnerei nur Eigenerzeugnisse verkauft werden oder die zugekaufte Handelsware nur von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Werden hingegen auf demselben Gelände - wenn auch vielleicht an anderer Stelle der Gärtnerei (Hausdurchfahrt zur Gärtnerei) - auch zugekaufte Waren in nicht geringem Umfange gehandelt, so muß dieser Umsatz in der Gärtnerei selbst in den Gesamtumsatz des als Einheit anzusehenden Betriebes einbezogen werden, und zwar auch bei der nach den genannten Abgrenzungskriterien nunmehr vorzunehmenden Prüfung, ob dieser eine Einheit bildende Verkauf fremder und eigener Erzeugnisse als Land- und Forstwirtschaft oder als gewerblicher Handelsbetrieb einzustufen ist.
Zu b) Ob danach der einheitliche Betrieb nach der Neustrukturierung nach den angeführten Abgrenzungskriterien einen Gewerbebetrieb oder einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb darstellte, hängt also vom Verhältnis seines Gesamtumsatzes zum Umsatz der zugekauften Waren ab. Das Abstellen auf den tatsächlich erzielten Umsatz an zugekaufter und eigen erzeugter Ware macht auch den Einwand der Kläger gegenstandslos, die zugekaufte Ware habe zum Teil aus Pflanzen für die eigene Gärtnerei bestanden.
Nach den Erklärungen der Beteiligten und den Feststellungen des FG sind folgende Umsätze (einschließlich des Eigenverbrauchs) unstreitig.
1956 1957 1958
DM DM DM
Gesamtumsatz aus Handel mit
Obst, Gemüse und Blumen
einschließlich den Erzeugnis-
sen der Gärtnerei 24 752 31 547 30 000
Umsätze mit Kolonialwaren
etc. ab 1958 31 557
davon Umsätze aus Erzeugnis-
sen der Gärtnerei 16 539 11 545 9 900
Umsätze aus zugekauften
Waren 8 213 20 002 51657
1959 1960 1961
DM DM DM
Umsätze aus Lebensmitteln
und Kolonialwaren etc. ohne
Gärtnereiumsätze 184 870 245 106 279 076
Umsätze aus Gärtnereierzeug-
nissen 7 655 1 151 1 936
Der Umsatz der zugekauften Waren stieg also in dem einheitlichen Betrieb schon 1956 auf über 30 %, erhöhte sich in den folgenden Jahren ständig und erreichte schließlich mit der vorläufigen Stillegung der Gärtnerei im Jahre 1961 nahezu 100%.
Diesen Strukturwandel des einheitlichen Betriebes vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Gewerbebetrieb, der sich im Durchschnitt der Jahre nachhaltig vollzogen hat, haben die Kläger 1956 mit dem Kauf des Grundstückes Z-Straße, der Anmeldung eines gewerblichen Handels mit Obst, Gemüse, Südfrüchten und Blumen auf diesem Grundstück und der Ausweitung des Zukaufs von Waren auf über 30 % des Umsatzes begonnen. 1957 betrug der Zukauf über 50 %; damit war schon 1957 der Übergang vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Gewerbebetrieb vollzogen (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 113, 522, BStBl II 1975, 118). Der Senat teilt nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, daß auch bei einem derartigen, durch strukturelle Maßnahmen auf die Dauer angelegten planmäßigen Anstieg des Zukaufs von Handelsware auf über 50 % erst nach Ablauf von etwa drei Jahren der Übergang vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Gewerbebetrieb bejaht werden könne (vgl. hierzu Ländererlasse, z. B. des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. November 1977 - S 2230-3-V B 2 in Die Information 1978 S. 128; einen ähnlichen Fall des Strukturwandels betreffend BFH-Urteil vom 4. Februar 1976 I R 113/74, BFHE 118, 205, BStBl II 1976, 423). An dem Gesamtergebnis würde sich aber auch bei Annahme einer dreijährigen Übergangsperiode nichts ändern.
Die Kläger, die zum 31. Dezember 1956 bereits die Anzahlungen auf das Grundstück Z-Straße aktiviert hatten, haben daher das gesamte Grundstück mit den darauf befindlichen Gebäuden nicht etwa irrtümlich, sondern zutreffend und mit Billigung des FA mit den Anschaffungskosten in die Anfangsbilanz zum 1. Januar 1957 als gewerbliches Betriebsvermögen aufgenommen und bereits im Jahre 1957 alle entsprechenden Aufwendungen für das Gebäudegrundstück als Betriebsausgaben berücksichtigt.
Nach 1961 war zwar nach Stillegung der Gärtnerei der als gärtnerische Anbaufläche genutzte Teil des bisher einheitlich gewerblichen Grundstücks Z-Straße - soweit eine isolierte Betrachtung gegenüber dem weiterhin gewerblich genutzten Teil überhaupt in Betracht kommt - kein notwendiges Betriebsvermögen mehr. Da aber die Kläger diesen Grundstücksteil nicht in ihr Privatvermögen überführt, sondern weiterhin als Betriebsvermögen behandelt und die zugehörigen Aufwendungen als Betriebsausgaben abgezogen haben, blieb es zumindest gewillkürtes Betriebsvermögen. Diese Sachbehandlung war schon deshalb möglich, weil die Kläger nach ihrem eigenen Vortrag noch nicht wußten, wie sie diesen Grundstücksteil in Zukunft nutzen sollten und in Erwägung zogen, ihn zu einem späteren Zeitpunkt wieder als Gärtnerei zu nutzen.
Für die hier zu entscheidende Frage eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns bei den Grundstücksverkäufen in den Jahren 1969 und 1970 ist nicht entscheidend, daß das FA bis 1961, ab 1959 entgegen den Erklärungen der Kläger, neben Einkünften aus Gewerbebetrieb auch im Schätzungswege ermittelte geringe Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft veranlagt hat. Denn das FA hat jedenfalls - wie bereits dargelegt wurde - das Grundstück Z-Straße einschließlich des Grund und Bodens - ebenso wie die Kläger selbst - als gewerbliches und nicht als land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen angesehen und behandelt. Im übrigen wäre das FA an unzutreffende rechtliche Beurteilungen in früheren Veranlagungszeiträumen, die hinsichtlich des Streitobjekts keinen nicht mehr berichtigungsfähigen bilanzsteuerrechtlichen Niederschlag gefunden haben, nicht gebunden. Der unzutreffende Ansatz gesonderter Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft bis 1961 hindert also nicht, der Entscheidung der Streitfrage in den Veranlagungszeiträume 1969 und 1970 die zutreffende rechtliche Beurteilung zugrunde zu legen.
Fundstellen
Haufe-Index 413505 |
BStBl II 1981, 518 |
BFHE 1981, 555 |