Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung des Insolvenzverwalters. überhöhte Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters
Leitsatz (amtlich)
Die Vergütung des Insolvenzverwalters kann nicht mit der Begründung gekürzt werden, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter sei zu hoch festgesetzt worden.
Normenkette
InsVV § 3 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 11.01.2011; Aktenzeichen 3 T 79/09) |
AG Lüneburg (Beschluss vom 23.07.2009; Aktenzeichen 46 IN 285/02) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des vormaligen Insolvenzverwalters und die Anschlussrechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 11.1.2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 254.498,05 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der weitere Beteiligte zu 1) wurde im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zunächst am 11.11.2002 als Sachverständiger und sodann auf seine Anregung am 12.11.2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Die Vergütung für die Tätigkeit als Sachverständiger wurde rechtskräftig auf 1.044 EUR, diejenige für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter rechtskräftig auf 198.195,70 EUR festgesetzt. Am 1.2.2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 11.7.2008 wurde ein Sonderinsolvenzverwalter bestellt, am 24.9.2008 wurde der Rechtsbeschwerdeführer aus wichtigem Grund entlassen und der weitere Beteiligte zu 2) als neuer Insolvenzverwalter ernannt.
Rz. 2
Am 21.1.2009 beantragte der Rechtsbeschwerdeführer eine Vergütung als Insolvenzverwalter von insgesamt 254.498,05 EUR. Dabei legte er eine Berechnungsgrundlage von 1.507.557,36 EUR zugrunde, aus der er eine Regelvergütung von 57.901,15 EUR errechnete. Er beantragte Zuschläge von insgesamt 240 v.H., nämlich
- 150 v.H. für die Betriebsfortführung über 68 Monate
- 25 v.H. für mehrere Betriebsstätten
- 10 v.H. für etwa 200 Arbeitnehmer
- 25 v.H. für Veräußerungsverhandlungen
- 30 v.H. für etwa 450 Gläubiger,
zusammen 196.863,91 EUR netto.
Rz. 3
Außerdem beantragte er eine Auslagenpauschale von 17.000 EUR zzgl. 16 v.H. Umsatzsteuer. Auf seinen Antrag wurde ihm am 8.5.2009 ein Vorschuss von 119.000 EUR bewilligt.
Rz. 4
Mit Beschluss vom 23.7.2009 hat das AG die Vergütung vorbehaltlich einer abweichenden Feststellung der Teilungsmasse nach Eingang eines hierzu in Auftrag gegebenen Gutachtens auf 206.266,40 EUR festgesetzt. Dabei hat es die beantragte Berechnungsgrundlage zugrunde gelegt und Zuschläge von 170 v.H. zugebilligt, nämlich
- 100 v.H. für Betriebsfortführung
- 25 v.H. für mehrere Betriebsstätten
- 10 v.H. für Arbeitnehmerangelegenheiten
- 25 v.H. für Veräußerungsverhandlungen
- 10 v.H. für mehr als 100 Gläubiger.
Rz. 5
Außerdem hat es die beantragte Auslagenpauschale gewährt.
Rz. 6
Auf die sofortigen Beschwerden des vormaligen Verwalters und des neuen Insolvenzverwalters hat das Beschwerdegericht die Vergütung auf Null EUR festgesetzt, aber Auslagen i.H.v. 8.750 EUR zugebilligt zzgl. Umsatzsteuer, zusammen 10.412,50 EUR. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der vormalige Insolvenzverwalter seinen Vergütungsantrag in vollem Umfang weiter, mit der unselbständigen Anschlussrechtsbeschwerde will der Insolvenzverwalter erreichen, dass auch die Auslagen auf Null EUR festgesetzt werden.
II.
Rz. 7
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 7 a.F., §§ 6, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, Art. 103 f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO), ebenso die Anschlussrechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 4 Satz 1 und 2 ZPO).
III.
Rz. 8
Das Beschwerdegericht hat gemeint, die sofortigen Beschwerden sowohl des Insolvenzverwalters wie auch des vormaligen Insolvenzverwalters seien zulässig. Die Vergütung sei aus einer Masse von 948.906,67 EUR zu berechnen, woraus sich eine Regelvergütung von 46.728,13 EUR ergebe. Höhere Zuschläge als vom AG zugebilligt seien jedenfalls nicht gerechtfertigt. Vielmehr seien die Zuschläge wieder zu kassieren, weil diesen Abschläge nach § 3 Abs. 2 Buchst. a und c entgegenstünden. Als vorläufiger Verwalter habe der vormalige Verwalter eine weit überhöhte Vergütung erhalten, insb. weil die Berechnungsgrundlage um über 2 Mio. EUR geringer gewesen sei. Zum anderen habe das Amt vorzeitig geendet, wobei die Masse bis zu seiner Entlassung nochmal um mindestens 1,5 Mio. EUR abgenommen habe. Deshalb verbleibe es bei der Regelvergütung. Von dieser seien aber weitere Abzüge bis auf Null vorzunehmen. Der ehemalige Verwalter habe mit Prof. Dr. S. einen undatierten Beratervertrag geschlossen und an ihn Vergütungen von insgesamt 468.641,78 EUR für den Zeitraum August 2003 bis Mai 2006 bezahlt. Am 4.8.2006 habe er ihn sodann mit einem Monatsgehalt von 11.500 EUR angestellt. Die Beauftragung sei jedenfalls teilweise nicht gerechtfertigt gewesen. Der ehemalige Verwalter habe nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Beschäftigung vorgelegen hätten und die Vergütung angemessen gewesen sei. Zumindest die Rechnungen des Prof. Dr. S. für Fahrten zum Zwecke der Akquise beträfen die Kernaufgaben des Verwalters, weshalb die hierfür gezahlten Beträge, die die Regelvergütung überstiegen, von der Vergütung in Abzug zu bringen seien. Diese sei deshalb auf Null festzusetzen.
Rz. 9
Da die Vergütung Null betrage, könne dahinstehen, ob dem vormaligen Verwalter Pflichtverletzungen vorzuwerfen seien, die zu einer Verwirkung des Vergütungsanspruchs führten.
Rz. 10
Der Auslagenanspruch bestehe fort, denn die Auslagen seien gesondert festzusetzen. Sie seien jedoch nur für 35 Monate zu je 250 EUR zu gewähren, weil der vormalige Verwalter bei zügiger Bearbeitung des Verfahrens dieses bis Ende 2005 habe zum Abschluss bringen können.
IV.
Rz. 11
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
Rz. 12
1. Die sofortige Beschwerde des (neuen) Insolvenzverwalters gegen die Festsetzung der Vergütung des vormaligen Insolvenzverwalters hat das Beschwerdegericht zutreffend als zulässig, den Insolvenzverwalter gem. § 64 Abs. 3 InsO als beschwerdebefugt angesehen. Wie der Senat zwischenzeitlich nochmals klargestellt hat, kommt dem Insolvenzverwalter zur Abwehr unberechtigter Vergütungsforderungen gegen die Masse die Beschwerdebefugnis bei der Festsetzung der Vergütung eines entlassenen früheren Insolvenzverwalters zu (BGH, Beschl. v. 27.9.2012 - IX ZB 276/11, ZIP 2012, 2081 Rz. 3 m.w.N.). Er ist verpflichtet, unberechtigte Forderungen gegen die Masse abzuwehren.
Rz. 13
2. Die Angriffe der Rechtsbeschwerde gegen die vom Beschwerdegericht für maßgeblich erachtete Berechnungsgrundlage von 948.906,67 EUR greifen teilweise durch.
Rz. 14
a) Bei vorzeitiger Beendigung des Amtes des Insolvenzverwalters richtet sich die Berechnungsgrundlage für seine Vergütung nach dem Wert der Masse, die der Verwaltung des ausgeschiedenen Verwalters bis zu seiner Ablösung unterlegen hat (BGH, Beschl. v. 10.11.2005 - IX ZB 168/04, ZIP 2006, 93 Rz. 8 ff. m.w.N.). Dies hat das Beschwerdegericht zutreffend zugrunde gelegt.
Rz. 15
b) Das Beschwerdegericht hat den für die Heimplätze anzunehmenden immateriellen Vermögenswert nicht, wie der vormalige Verwalter, mit 186.000 EUR, sondern mit Null EUR angesetzt, im Kern mit der Begründung, dass die Betriebsstätten im Zeitpunkt der Entlassung des vormaligen Insolvenzverwalters am 24.9.2008 aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zum 30.11.2008, also binnen fünf Wochen, zu räumen gewesen wären und vom vormaligen Insolvenzverwalter keine Kaufverträge ausgehandelt gewesen seien, die den damit verbundenen Wertverlust verhindert hätten. Es hätte deshalb im Zeitpunkt der Entlassung des vormaligen Insolvenzverwalters für die Heimplätze kein Preis erzielt werden können.
Rz. 16
Das Beschwerdegericht hat hierbei entgegen der Rechtsbeschwerde nicht Wertentwicklungen nach der Entlassung des weiteren Beteiligten zu 1) berücksichtigt. Vielmehr hat es zutreffend auf den Zeitpunkt seiner Entlassung abgestellt (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 InsVV; BGH, Beschl. v. 10.11.2005, a.a.O., Rz. 10). Infolge fehlender konkreter Kaufvertragsverhandlungen wäre nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts im Zeitpunkt der Entlassung aufgrund der gegebenen Umstände kein Preis zu erzielen gewesen. Den Vortrag des Rechtsbeschwerdeführers zu einem unmittelbar bevorstehenden Verkauf hat das Beschwerdegericht als nicht ausreichend angesehen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Vortrag, auf den sich die Rechtsbeschwerde bezieht, ist unsubstantiiert. Von einer weiteren Begründung wird insoweit gem. § 577 Abs. 6 ZPO abgesehen.
Rz. 17
c) Rechtsfehlerhaft hat jedoch das Beschwerdegericht den Wert der Immobilien mit Null bewertet. Es ist dabei rechtsirrtümlich davon ausgegangen, dass nach § 1 Abs. 2 Ziff. 1 InsVV Immobilien, die mit Absonderungsrechten belastet sind, mit Null zu bewerten sind. Das ist unzutreffend, ein der Masse gebührender Überschuss ist in der Berechnungsgrundlage gem. § 1 Abs. 2 Ziff. 1 Satz 3 InsVV zu berücksichtigen. Das setzt zwar im Normalfall voraus, dass der Gegenstand durch den Verwalter verwertet wurde (BGH, Beschl. v. 2.2.2006 - IX ZB 167/04, ZIP 2006, 483 Rz. 10). Konnte diese Verwertung aber nicht erfolgen, weil der Verwalter zuvor entlassen wurde, ist, wenn anderenfalls eine Verwertung vorgenommen worden wäre, eine entsprechende fiktive Berechnung vorzunehmen (vgl. für den vorläufigen Verwalter BGH, Beschl. v. 15.11.2012 - IX ZB 130/10, BGHZ 195, 336 Rz. 24). Demgemäß ist das wertausschöpfend belastete Grundstück in R. nicht zu berücksichtigen, wohl aber das Grundstück in A., das nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht wertausschöpfend belastet war. Insoweit ist der Wert des Grundstücks und der abzuziehende Wert des Absonderungsrechts am 24.9.2008 festzustellen.
Rz. 18
3. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zu den Zu- und Abschlägen halten rechtlicher Prüfung teilweise ebenfalls nicht stand.
Rz. 19
Allerdings ist die Bemessung von Zu- und Abschlägen nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 27.9.2012 - IX ZB 243/11, ZInsO 2013, 840 Rz. 8 m.w.N.). Das ist hier der Fall.
Rz. 20
a) Das Beschwerdegericht hat für die Betriebsfortführung einen höheren Zuschlag als 100 v.H. mit der Begründung versagt, die lange Dauer von 68 Monaten bis zu seiner Entlassung sei dem vormaligen Verwalter selbst anzulasten. Offensichtlich hat es für den Fall, dass eine Zeit von 68 Monaten zu berücksichtigen wäre, einen höheren Zuschlag für angemessen erachtet. Bei der Bemessung des Zuschlags für die Betriebsfortführung kann zwar berücksichtigt werden, wenn der Verwalter das Insolvenzverfahren schuldhaft verzögert hat. Hierzu fehlen aber entsprechende Feststellungen. Es ist nicht erkennbar, woraus das Beschwerdegericht seine entsprechende Annahme ableitet.
Rz. 21
Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass die auf Kosten der Masse erfolgte Einstellung des Prof. Dr. S., soweit er Aufgaben der Betriebsfortführung wahrnahm, zu einer Kürzung des Zuschlags führen kann (BGH, Beschl. v. 11.3.2010 - IX ZB 122/08, ZInsO 2010, 730 Rz. 5). Allerdings nimmt das Beschwerdegericht bei der Bemessung des angemessenen Zuschlags für die Betriebsfortführung die nach § 3 Abs. 1 Buchst. b erforderliche Vergleichsrechnung nicht vor (vgl. dazu zuletzt BGH, Beschl. v. 12.5.2011 - IX ZB 143/08, ZIP 2011, 1373 Rz. 10 m.w.N.), welche es nachzuholen haben wird, nachdem der vormalige Insolvenzverwalter entsprechend vorgetragen und für die Zeit der von ihm durchgeführten Betriebsfortführung die erforderliche Überschuss-/Verlustrechnung vorgelegt hat.
Rz. 22
b) Die Begründung, mit der das Beschwerdegericht die gewährten Zuschläge von 170 v.H. wieder "kassiert", ist nicht tragfähig. Allerdings ist ein Abschlag gem. § 3 Abs. 2 Buchst. c InsVV vorzunehmen, wenn das Amt des Verwalters vorzeitig endet, er also das Insolvenzverfahren nicht zu Ende geführt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 16.12.2004 - IX ZB 301/03, ZInsO 2005, 85; v. 16.10.2008 - IX ZB 247/06, ZInsO 2009, 1030 Rz. 12).
Rz. 23
Die Festsetzung eines (hier: sehr hohen) Abschlags mit der Begründung, die Vergütung für die Tätigkeit als vorläufiger Verwalter sei weit überhöht festgesetzt worden, verstößt aber gegen § 3 Abs. 2 InsVV. Es kann dahinstehen, ob, wie das Beschwerdegericht annimmt, die Vergütung für die Tätigkeit des Rechtsbeschwerdeführers als vorläufiger Insolvenzverwalter viel zu hoch festgesetzt worden ist. Darauf kommt es hier nicht an. Die Festsetzung der Vergütung für die Tätigkeit als vorläufiger Verwalter ist rechtskräftig. Sie kann grundsätzlich nicht mehr geändert werden. Die Änderungsmöglichkeit des § 11 InsVV heutiger Fassung findet keine Anwendung, weil wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.2.2003 gem. § 19 Abs. 1 und 2 InsVV § 11 InsVV in der Ursprungsfassung Anwendung findet, in der diese Möglichkeit nicht vorgesehen war (vgl. BGH, Beschl. v. 23.10.2008 - IX ZB 35/05, ZIP 2008, 2323 Rz. 6). Ob diese Vorschrift hier überhaupt eingreifen würde, kann dahinstehen.
Rz. 24
Nach § 3 Abs. 2 Buchst. a InsVV ist allerdings im Regelfall ein Abschlag von der Vergütung des Verwalters vorzunehmen, wenn ein vorläufiger Verwalter bestellt war. Maßgebend ist insoweit, in welchem Umfang Tätigkeiten des vorläufigen Verwalters die Tätigkeit des endgültigen Verwalters vereinfacht haben, weil sonst wahrzunehmende Aufgaben entfallen sind oder weniger aufwendig waren (BGH, Beschl. v. 11.5.2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204 Rz. 25).
Rz. 25
Ein solcher Abschlag wird regelmäßig nicht über 5 v.H. bis 20 v.H. hinausgehen. Der vom Beschwerdegericht hier vorgenommene Abschlag von ca. 150 v.H. der Regelvergütung ist damit keinesfalls begründbar.
Rz. 26
4. Schließlich trägt die Begründung des Beschwerdegerichts nicht die Annahme, die nach seiner Auffassung verbleibende Regelvergütung könne wegen der Beauftragung des Prof. Dr. S. zunächst als Berater und danach als Geschäftsführer auf Null gekürzt werden.
Rz. 27
Zutreffend ist allerdings auch hier der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Insolvenzverwalter im Rahmen seines Vergütungsfestsetzungsantrages aufzuführen, für welche von ihm beauftragten Fachleute er das an diese entrichtete Entgelt aus der Masse entnommen hat. Das Insolvenzgericht ist berechtigt und verpflichtet zu prüfen, ob die Beauftragung Externer gerechtfertigt war. Kommt es zu dem Ergebnis, dass die Beauftragung nicht gerechtfertigt war, kann es die festzusetzende Vergütung um den zu Unrecht aus der Masse entnommenen Betrag kürzen (BGH, Beschl. v. 11.11.2004 - IX ZB 48/08, ZIP 2005, 36, 37). Dies mag in Extremfällen dazu führen können, dass von der Vergütung nichts verbleibt.
Rz. 28
Das Beschwerdegericht hat bei der Prüfung, ob und in welchem Umfang Prof. Dr. S. von dem vormaligen Insolvenzverwalter beauftragt und aus der Masse bezahlt werden durfte, vor allem berücksichtigt, dass entsprechenden Vortrag im Vergütungsfestsetzungsantrag fehlte. Hierauf hätte es aber im Hinblick auf die stattgebende Entscheidung des Insolvenzgerichts und die hiervon abweichende, ins Auge gefasste Beschwerdeentscheidung mit ihren Auswirkungen einer Kürzung der Vergütung auf Null hinweisen und Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag geben müssen.
Rz. 29
Letztlich stellt das Beschwerdegericht darauf ab, dass Prof. Dr. S. allein für Akquise-Reisen mehr in Rechnung gestellt habe, als die Regelvergütung betrage. Die Akquise sei jedoch eine Kernaufgabe des Verwalters, der das Schuldnervermögen in Geld umzusetzen habe.
Rz. 30
Die Akquise zur Vorbereitung der Verwertung der Masse ist zwar regelmäßig keine Sonderaufgabe, welche die Einschaltung einer besonders sachverständigen Person erfordert. Sie kann aber als Sonderaufgabe angesehen werden, wenn sie von dem Insolvenzverwalter nicht oder nur unzureichend bzw. mit wesentlichen ungünstigeren Erfolgsaussichten als von einem hierauf spezialisierten Fachmann vorgenommen werden kann (BGH, Beschl. v. 11.10.2007 - IX ZB 234/06, ZIP 2007, 2323 Rz. 8 f.). Das liegt bei der hier notwendigen Verwertung von spezialisierten Pflegeeinrichtungen nahe.
Rz. 31
Das Beschwerdegericht wird deshalb abschließend auch zu beurteilen haben, ob der Umfang und die Dauer der äußerst aufwendigen, aber gleichwohl ergebnislosen Akquisebemühungen des Beauftragten aus der Sicht des vormaligen Verwalters als gerechtfertigt angesehen werden kann.
Rz. 32
5. Soweit das Beschwerdegericht die Auslagenpauschale nur für die Dauer von 35 Monaten, also bis Ende des Jahres 2005, gewährt hat, weil der vormalige Insolvenzverwalter das Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt habe abschließen können, fehlt es insoweit, wie ausgeführt, an der Feststellung der erforderlichen Tatsachengrundlage.
Rz. 33
Der Auslagenpauschsatz kann zwar nur für die Zeiten gefordert werden, in denen der Insolvenzverwalter insolvenzrechtlich notwendige Tätigkeiten erbracht hat (BGH, Beschl. v. 10.7.2008 - IX ZB 152/07, ZIP 2008, 1640 Rz. 19 f m.w.N.). Maßgebend ist daher der Zeitpunkt, bis zu dem das Insolvenzverfahren bei angemessener, zügiger Bearbeitung durch den Verwalter abgeschlossen worden wäre (BGH, Beschl. v. 23.7.2004 - IX ZB 255/03, ZIP 2004, 1716, 1717; v. 2.2.2006 - IX ZB 167/04, ZIP 2006, 483 Rz. 32).
Rz. 34
Feststellungen dazu, warum dieser Zeitpunkt zum Ende des Jahres 2005 anzunehmen ist, hat das Beschwerdegericht jedoch nicht getroffen.
Rz. 35
6. Sofern das Beschwerdegericht danach zum Ergebnis kommt, dass dem vormaligen Insolvenzverwalter eine Vergütung zusteht, wird es die bislang ausdrücklich offen gelassene Frage zu prüfen haben, ob ihm derart schwerwiegende Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind, dass dies zu einer Verwirkung des Vergütungsanspruchs führt.
V.
Rz. 36
Die unselbständige Anschlussrechtsbeschwerde ist ebenfalls begründet.
Rz. 37
Auf die Festsetzung der Auslagenpauschale findet gem. § 19 Abs. 1 InsVV die Vorschrift des § 8 Abs. 3 InsVV in der Ursprungsfassung Anwendung, die die Höhe der Pauschsätze von 15 v.H. im ersten Jahr und 10 v.H. in den folgenden Jahren nicht aus der Regelvergütung, sondern der gesetzlichen Vergütung bemisst. Beträgt die gesetzliche Vergütung Null EUR, ist auch der Pauschsatz Null EUR. Dem Verwalter bleibt dann unbenommen, die Erstattung der tatsächlich entstandenen Auslagen zu fordern, die er freilich nachweisen muss.
Rz. 38
Die Höhe der gesetzlichen Vergütung ist jedoch bislang nicht festgestellt. Auch insoweit muss deshalb die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 5652655 |
DStR 2013, 11 |
EWiR 2014, 21 |
WM 2013, 2174 |
ZIP 2013, 2164 |
DZWir 2014, 133 |
MDR 2013, 1430 |
NZI 2013, 1014 |
NZI 2013, 5 |
ZInsO 2013, 2285 |
InsbürO 2014, 81 |