Leitsatz (amtlich)
›Der Staat oder die andere nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG haftpflichtige Körperschaft kann den Geschädigten nicht (mehr) auf die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB verweisen, wenn der Geschädigte einen vollstreckbaren Titel auf anderweitigen Schadensausgleich gegen einen Dritten erwirkt hat, der Anspruch aber wegen Vermögensverfalls des Dritten wirtschaftlich nicht mehr durchsetzbar ist und sich (erst) im Amtshaftungsprozeß ergibt, daß eine andere Ersatzmöglichkeit auch noch gegen einen weiteren Dritten in Betracht kommt.‹
Tatbestand
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Ersatz für Überschwemmungsschäden.
Das in Mü. (Baden) östlich der dortigen Bundesstraße gelegene Grundstück des Klägers wurde in der Nacht zum 19. Dezember 1986 überschwemmt, als der westlich neben der Bundesstraße verlaufende Talbach nach starken Regenfällen über die Ufer trat. Ursache der Überschwemmung war eine provisorische Bauzufahrt, die ein Bauunternehmer zur erleichterten An- und Abfuhr von Baumaterialien von der Bundesstraße über den Bach zu einem westlich davon gelegenen Baugrundstück nach Rücksprache mit dem Wasserwirtschaftsamt im Bachbett errichtet und trotz Abmahnung nicht wieder beseitigt hatte.
Der Kläger und weitere Geschädigte haben in einem Prozeß gegen den Bauunternehmer einen vollstreckbaren Titel über 64.000 DM nebst Zinsen und Kosten erlangt. Der Bauunternehmer ist nach Zahlung von 20.000 DM in Vermögensverfall geraten. Seine Haftpflichtversicherung ist nicht eintrittspflichtig.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht die restlichen 44.000 DM sowie 3.481, 16 DM Kosten aus dem ersten Prozeß nebst Zinsen von dem beklagten Land. Er hat Amtspflichtverletzungen der Beamten des Wasserwirtschaftsamts geltend gemacht.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, die das beklagte Land zurückzuweisen begehrt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen das Land als derzeit unbegründet abgewiesen, weil der Kläger auf andere Weise, nämlich ungeachtet der Inanspruchnahme des Bauunternehmers auch von dem Bauherrn des durch die provisorische Bauzufahrt geförderten Bauvorhabens Ersatz zu erlangen vermöge (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
II. 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Klage gegen das Land aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nur begründet ist, wenn dem Kläger keine anderweitige Ersatzmöglichkeit zur Verfügung steht (sog. Verweisungsprivileg der öffentlichen Hand). Die Unmöglichkeit, anderweit Ersatz zu erlangen, bildet einen Teil des Tatbestands, aus dem der Amtshaftungsanspruch hergeleitet wird. Dementsprechend hat der Verletzte das Vorliegen dieser zur Klagebegründung gehörenden (negativen) Voraussetzung des Amtshaftungsanspruchs darzulegen und im Streitfall zu beweisen (st. Rspr.; vgl. BGB-RGRK/Kreft 12. Aufl. § 839 Rn. 506 m.w.N.).
An der Geltung der Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ist grundsätzlich festzuhalten (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 19. März 1992 - III ZR 117/90 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Verweisungsprivileg 1 = VersR 1992, 698). Der Senat hat den Anwendungsbereich der Vorschrift in seiner neueren Rechtsprechung allerdings in bestimmten Haftungsbereichen eingeschränkt (vgl. dazu insbes. Nüßgens FS Geiger 1989 S. 456 ff m.w.N. und zuletzt Senatsurteil vom 11. Juni 1992 - III ZR 134/91 = NJW 1992, 2476, zur Veröffentlichung in BGHZ 118, 368 vorgesehen). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Ob eine Einschränkung des Verweisungsprivilegs des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB darüber hinaus in allen Fällen in Erwägung zu ziehen ist, in denen auch ein allgemeiner Deliktstatbestand erfüllt ist (vgl. Nüßgens Anm. LM BGB § 839 E Nr. 38 a unter III 3 b), bedarf nicht der Entscheidung. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB steht im vorliegenden Fall einem Amtshaftungsanspruch des Klägers gegen das beklagte Land schon aus anderen Gründen nicht entgegen.
2. Der Geschädigte hat ein Recht auf alsbaldigen Schadensersatz. Die Vorschriften über die Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) sollen gewährleisten, daß der Ersatzberechtigte in angemessener Zeit tatsächlich Schadensersatz erhält. Nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB braucht sich der Verletzte nicht auf Ersatzansprüche verweisen zu lassen, die er nicht oder jedenfalls nicht in absehbarer und angemessener Zeit durchsetzen kann. Auch weitläufige, unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege des Vorgehens gegen Dritte braucht er nicht einzuschlagen. Die Ausnutzung anderweitiger Ersatzmöglichkeiten muß mithin dem Geschädigten zumutbar sein (vgl. BGB-RGRK/Kreft aaO. § 839 Rn. 504 f m.w.N.).
3. Der Kläger hat Schadensersatzansprüche gegen den Bauunternehmer, der die eigentliche Schadensursache durch unsachgemäße Errichtung und unzulässig lange Aufrechterhaltung der provisorischen Bauzufahrt über den Talbach geschaffen hat, gerichtlich verfolgt. Er hat gegen ihn einen vollstreckbaren Titel erlangt. Diese Zahlungsansprüche sind, soweit sie nicht befriedigt worden sind, wirtschaftlich nicht mehr durchsetzbar, weil der Bauunternehmer inzwischen in Vermögensverfall geraten und seine Haftpflichtversicherung nicht eintrittspflichtig ist. Mit einer Besserung der Situation ist nicht zu rechnen. In Höhe der jetzt streitgegenständlichen Ansprüche ist deshalb insoweit eine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gegeben.
4. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann der Kläger auf Ansprüche gegen den Bauherrn des durch die provisorische Zufahrt geförderten Bauvorhabens nicht (mehr) verwiesen werden.
a) Es kann dahinstehen, ob das Haftungsprivileg des beklagten Landes dadurch ›verbraucht‹ ist, wie die Revision meint, daß der Kläger bereits einen Dritten in Anspruch genommen und gegen ihn einen vollstreckbaren Titel erlangt hat, mag dieser auch wegen Vermögensverfalls des Dritten inzwischen nicht mehr durchsetzbar sein. Gewiß ist der Geschädigte nicht verpflichtet, ›bis zum bitteren Ende‹ alle Ersatzmöglichkeiten gegenüber einer Vielzahl von Dritten auszunutzen (vgl. Ossenbühl Staatshaftungsrecht 4. Aufl. § 7 1 c S. 70). Ob und inwieweit es dem Geschädigten, wenn Ersatzansprüche gegen mehrere Schädiger in Betracht kommen, nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten angesonnen werden kann, nicht nur einen, sondern mehrere von ihnen - sei es gleichzeitig, sei es nacheinander - auch gerichtlich in Anspruch zu nehmen, läßt sich nur im Einzelfall bestimmen (vgl. Ossenbühl aaO.).
Im Streitfall ist es dem Kläger nicht zuzumuten, nach dem im wirtschaftlichen Ergebnis - teilweise - erfolglosen Vorgehen gegen den Bauunternehmer als den eigentlichen Schadensverursacher vor einer Inanspruchnahme des beklagten Landes auch noch gegen den Bauherrn Ersatzansprüche durchzusetzen, wie das Oberlandesgericht gemeint hat.
b) Bauherr des fraglichen Bauvorhabens war eine Bauherrengemeinschaft E. K. und A. N., die jetzigen Eheleute K. Eigentümer des Baugrundstücks war G. N., der Vater A. N. s. Ausschließlich an diese war ausweislich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Baubehörde alle Korrespondenz zu richten. E. K. hatte A. N. eine entsprechende Vollmacht erteilt. Die Baubehörde war hierüber informiert worden. Verantwortlicher Bauleiter war der Architekt B. A. Mit der schlüsselfertigen Erstellung des auf dem Grundstück geplanten Zweifamilienhauses mit Garage war ein Generalunternehmer zu einem Festpreis beauftragt. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Bauunternehmer P. F., der die streitige Bauzufahrt errichtete, dieser Generalunternehmer. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war F. ›offenbar‹ nur Subunternehmer; dafür spricht auch seine bei den Akten befindliche Rechnung, u.a. über ausgeführte Erdarbeiten, an eine Firma R. M. Baubetreuungs-GmbH. Erdarbeiten, und zwar bezüglich eines erforderlich gewordenen Bodenaustausches, waren auch an eine Firma K. vergeben, deren Inhaber mit E. K. verwandt ist.
Der Bauunternehmer F. hatte sich am 17. November 1986 telefonisch mit der Mitteilung an das Wasserwirtschaftsamt O. gewandt, er wolle, um unvorhergesehenen Bodenaustausch leichter abwickeln zu können, für die Dauer einer Woche eine provisorische Überfahrt über den Talbach von der Bundesstraße zur Baustelle herstellen und dazu den Bach mit einem Rohr von 1000 mm Durchmesser verdolen. Der Sachbearbeiter des Wasserwirtschaftsamts stimmte dem zu, da der Bach zu dieser Zeit extremes Niedrigwasser führte und die allgemeine Wetterlage stabil war. Bei einer Kontrolle der Baustelle am 2. Dezember 1986 stellten Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts fest, daß die Überfahrt über den Bach trotz Ablaufs der Wochenfrist noch vorhanden war und zudem mit einer Verdolung nicht durch ein Rohr mit 1000 mm Durchmesser, sondern (nur) durch zwei Rohre mit 600 bzw. 700 mm Durchmesser versehen war. Der zufällig auf der Baustelle anwesende Bauherr K. wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sofort, der Bauunternehmer F. am 3. Dezember 1986 telefonisch aufgefordert, das Bachbett unverzüglich wieder freizulegen. Bis zum Schadensereignis am 19. Dezember 1986 war das nicht erfolgt.
c) Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, daß bei Bauarbeiten grundsätzlich auch der Bauherr als Veranlasser des Bauvorhabens verkehrssicherungspflichtig und als solcher deliktisch einstandspflichtig sein kann (vgl. zur Verantwortlichkeit des Bauherrn im einzelnen BGB-RGRK/Steffen aaO. § 823 Rn. 238 m.w.N.).
Der Bauherr hat dafür zu sorgen, daß von seinem Bauvorhaben keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte Schäden erleiden können. Denn er ist es in erster Linie, der die Gefahrenquelle eröffnet. Er wird von seiner Verantwortung auch nicht schon dadurch befreit, daß er die Bauplanung, Bauaufsicht und Bauausführung einem bewährten Architekten sowie einem zuverlässigen und leistungsfähigen Bauunternehmer überträgt. Zwar erübrigt sich für ihn oft die Aufsichtspflicht, wenn er einen als zuverlässig bekannten sachkundigen Architekten und einen solchen Bauunternehmer beauftragt hat. Als zunächst Verkehrssicherungspflichtiger ist er aber, wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, zu eigenem Eingreifen dann verpflichtet, wenn er Gefahren sieht oder hätte sehen müssen, wenn er Anlaß zu Zweifeln hat, ob der oder die von ihm Beauftragten den Gefahren und Sicherungserfordernissen in der gebührenden Weise Rechnung tragen, oder wenn deren Tätigkeit mit besonderen Gefahren verbunden ist, die auch von ihm, dem Auftraggeber, erkannt und durch eigene Anweisungen abgestellt werden können (vgl. BGH Urteil vom 11. Mai 1976 - VI ZR 210/73 = BGHWarn 1976 Nr. 111 = LM BGB § 823 Dc Nr. 106 m.w.N.; zur Verkehrssicherungspflicht des Bauherrn als Veranlassers von Baustellenverkehr vgl. BGH Urteile vom 30. November 1965 - VI ZR 145/64 = BGHWarn 1965 Nr. 249 = VersR 1966, 145 und vom 9. Dezember 1980 - VI ZR 121/79 = VersR 1981, 262 m.w.N.).
Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Ihm kann nach seinen Feststellungen auch insoweit gefolgt werden, als es angenommen hat, daß hier - abgesehen vom Wasserwirtschaftsamt - nicht nur dem Bauunternehmer Flach Versäumnisse anzulasten sind. Angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falles und im Hinblick auf das erwähnte Recht des Geschädigten auf alsbaldigen Schadensersatz kann es dem Kläger jedoch entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht zugemutet werden, zusätzlich zu der - im Ergebnis erfolglosen - Inanspruchnahme des Bauunternehmers F. auch noch weitere Baubeteiligte, insbesondere ›den Bauherrn E. K.‹, wie das Oberlandesgericht angenommen hat, vorab auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
d) Wie die Rechtsbeziehungen zwischen den an dem fraglichen Bauvorhaben Beteiligten im einzelnen ausgestaltet und ihre Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verteilt waren, ist unklar. Dem Kläger waren diese nicht bekannt und konnten und mußten es auch nicht, weil sie außerhalb seiner Sphäre lagen. Die Angaben der Parteien dazu im Prozeß sind unvollständig und zum Teil auch widersprüchlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich wer von den Baubeteiligten - außer F. - in welcher Art und Weise für die Errichtung, Aufrechterhaltung und Überwachung der den Wasserabfluß hemmenden und damit zumal bei Hochwasser gefahrträchtigen provisorischen Bauzufahrt in dem Bachbett verantwortlich war. Das Bestehen eines Ersatzanspruchs des Klägers gegen einen weiteren der Baubeteiligten, insbesondere den oder die Bauherren, hängt aber maßgeblich davon ab, wie die Rechtsbeziehungen zwischen ihnen beschaffen waren. Dies kann der Kläger nicht überschauen, und dies hat auch das beklagte Land nicht vollständig dargelegt. Die Aussichten einer Rechtsverfolgung insbesondere gegen E. K. sind keinesfalls so eindeutig zu bejahen, wie es das Berufungsgericht angenommen hat. Sie sind zumindest schwierig zu beurteilen und im Ergebnis unsicher.
Die Unzumutbarkeit einer Verweisung des Klägers auf Ersatzansprüche gegen den Bauherrn ergibt sich hier zudem und insbesondere aber daraus, daß die tatsächlichen Umstände, die für eine Haftung (auch) des Bauherrn sprechen konnten und aus denen das Oberlandesgericht eine solche Haftung als weitere anderweitige Ersatzmöglichkeit abgeleitet hat, erst im Laufe des vorliegenden Amtshaftungsprozesses hervorgetreten sind. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts liegt es nicht so, daß der Bauherr von vornherein, unmittelbar nach Errichtung der Bauzufahrt über den Talbach, hätte tätig werden müssen, um dem Schutz Dritter ausreichend Rechnung zu tragen; er mag anfangs, so hat es ausgeführt, noch darauf vertraut haben und vertraut haben dürfen, daß Dritte durch die im Zusammenhang mit seinem Bauvorhaben stehenden Arbeiten keine Schäden erleiden würden. Das Berufungsgericht hat für die Haftung des Bauherrn und damit für das Vorliegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit vielmehr entscheidend auf das Gespräch auf der Baustelle am 2. Dezember 1986 abgestellt, bei dem der Bauherr E. K. zuverlässig erfahren habe, daß der Bauunternehmer F. von der behördlichen Gestattung sowohl in zeitlicher als auch in technischer Hinsicht abgewichen war und im Hinblick auf den bevorstehenden Winter mit möglicherweise ergiebigen Regenfällen Gefahr drohte. Daß dem Bauherrn E. K. diese Kenntnis am 2. Dezember 1986 vermittelt wurde und deshalb jedenfalls jetzt aus Gründen der Verkehrssicherung Anlaß zum Eingreifen bestand, hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme entnommen.
Das Berufungsgericht hat dabei nicht beachtet, daß es für die Frage, ob eine andere Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ankommt (vgl. BGB-RGRK/Kreft aaO. § 839 Rn. 507 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß sich für den Kläger zur Zeit der Erhebung der vorliegenden Amtshaftungsklage gegen das Land in zumutbarer Weise, d.h. mit begründeter Aussicht auf Erfolg die Möglichkeit darbot, neben dem Bauunternehmer auch den Bauherrn des streitigen Bauvorhabens auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Besondere Umstände, die es hätten geboten erscheinen lassen können, zugleich mit dem Bauunternehmer auch den Bauherrn zu verklagen, sind nicht ersichtlich. Der Inhalt des am 2. Dezember 1986 auf der Baustelle geführten Gesprächs, auf das das Berufungsgericht für die Haftung des Bauherrn entscheidend abgestellt hat, war dem Kläger als Außenstehendem, der mit dem Baugeschehen nichts zu tun hatte und bei dem Gespräch auch nicht anwesend war, unbekannt. Er hat von den tatsächlichen Umständen, auf die das Berufungsgericht die Haftung des Bauherrn gestützt hat, und von der insoweit - außer der Inanspruchnahme des Bauunternehmers - in Betracht kommenden anderweitigen Ersatzmöglichkeit auch noch gegen einen weiteren Dritten erst durch die Beweisaufnahme im Berufungsrechtszug des vorliegenden Rechtsstreits erfahren.
In einem solchen Fall ist für die Anwendung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kein Raum (vgl. auch Senatsurteile vom 14. Juni 1971 - III ZR 120/68 = BGHWarn 1971 Nr. 150 = NJW 1971, 2220, 2222 unter 3, vom 25. September 1980 - III ZR 74/78 = NJW 1981, 675, 676 unter II 2, insoweit nicht in BGHZ 78, 274, 279, und vom 26. November 1981 - III ZR 59/80 = NJW 1982, 1328, 1329 unter II 4). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Geschädigte - wie hier - eine anderweitige Ersatzmöglichkeit bereits vergeblich durchzusetzen versucht hat.
III. Das angefochtene Urteil kann hiernach mit der ihm gegebenen Begründung nicht bestehenbleiben. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
Ein Anspruch des Klägers gegen das beklagte Land wegen Amtspflichtverletzung(en) der Beamten des Wasserwirtschaftsamts (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Das Landgericht hat einen solchen Anspruch bejaht. Das Berufungsgericht hat sich damit - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht befaßt. Dies wird nachzuholen sein.
Soweit die Revision die Klage auch unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs für begründet erachtet, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Annahme der Revision und der von ihr angeführten Literatur ist daran festzuhalten, daß ein bloßes Unterlassen oder reines Untätigbleiben der öffentlichen Hand grundsätzlich nicht die Merkmale eines Eingriffs im enteignungsrechtlichen Sinne erfüllt. Etwas anderes gilt nur, wenn sich das Unterlassen ausnahmsweise als ein in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifizieren läßt (vgl. Senatsurteile BGHZ 102, 350, 364 f. und vom 23. Januar 1992 - III ZR 265/89 = BGHR GG vor Art. 1/enteignungsgleicher Eingriff Hochwasserschutz 2 = WM 1992, 1086, 1087). Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
Fundstellen
BGHZ 120, 124 |
BGHZ, 124 |
NJW 1993, 1647 |
BGHR BGB § 823 Abs. 1 Verkehrssicherungspflicht 48 |
BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Dritter 1 |
BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Verweisungsprivileg 2 |
BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Zumutbarkeit 1 |
BGHR GG vor Art. 1 Unterlassen 2 |
DRsp I(147)285b (Ls) |
DRsp I(147)286a |
DAR 1993, 184 |
DVBl 1993, 602 |
MDR 1993, 517 |
VersR 1993, 575 |
UPR 1993, 279 |