Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsbeginn für Ersatzansprüche des Vermieters: Zeitpunkt des "Rückerhalts" der Mietsache
Leitsatz (amtlich)
Die Rückgabe der Mietsache, an die § 558 Abs. 2 BGB den Beginn der kurzen Verjährungsfrist anknüpft, setzt Grundsätzlich eine Veränderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, der durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von den Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu machen (im Anschluß an BGHZ 98, 59).
Normenkette
HGB § 558 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 23. April 1990 aufgehoben und das Urteil der Zivilkammer 25 des Landgerichts Berlin vom 1. März 1989 abgeändert, soweit die Klage abgewiesen worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, gesamtschuldnerisch mit Frau …, geb. …, an die Klägerin weitere 70.546,66 DM nebst 4% Zinsen aus 67.546,66 DM seit dem 4. August 1988 und aus weiteren 3.000,- DM seit dem 31. Januar 1989 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte und seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau mieteten mit schriftlichem Vertrag vom 4./10. November 1980 ab 1. Januar 1981 Gewerberäume zum Betrieb eines Altenheims im Hause des – im Lauf des Revisionsverfahrens verstorbenen, von seiner Ehefrau beerbten – früheren Klägers in Berlin. Das Mietverhältnis sollte am 31. Dezember 1985 enden, sich aber jeweils um ein Jahr verlängern, wenn nicht eine der Mietparteien spätestens drei Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widersprach. Der (Kalt-) Mietzins betrug seit dem 1. Januar 1985 monatlich 3.200,- DM (§ 3 Nr. 2 des Vertrages). Nach § 3 Nr. 6 des Mietvertrages übernahmen die Mieter die Schönheitsreparaturen. Nach § 18 des Vertrages hatten sie die Mieträume bei Beendigung der Mietzeit in bezugsfertigem Zustand dem Vermieter zu übergeben.
Die Ehefrau des Beklagten betrieb in den Mieträumen ein Seniorenheim; der Beklagte war aufgrund eines Ehegattenarbeitsvertrages bei ihr angestellt. Im Zuge des Scheidungsverfahrens kündigte die Ehefrau im Januar 1983 das Arbeitsverhältnis und erteilte dem Beklagten Hausverbot. Dieser betrat die Mieträume seither nicht mehr. Mit Schreiben vom 27. Januar 1983 ließ er dem Vermieter durch seinen Prozeßbevollmächtigten mitteilen, er widerrufe aus gegebenem Anlag die seiner Ehefrau in dem Mietvertrag erteilte Vollmacht zur Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen, die das Mietverhältnis beträfen. Darauf fragte der Vermieter unter dem 31. Januar 1983 an, ob das Schreiben vom 21. (richtig: 27.) Januar 1983 als Kündigung auszulegen sei. Hierzu gab der Beklagte keine weitere Erklärung ab.
Mit Schreiben vom 28. September 1987, das die Unterschriften des Beklagten und seiner geschiedenen Ehefrau trägt, kündigten diese das Mietverhältnis zum 31. Dezember 1987. Im Hinblick auf die bevorstehende Beendigung des Mietverhältnisses besichtigte der Verwalter des Vermieters am 7. Oktober 1987 die Mieträume und stellte dabei fest, daß die laufenden Schönheitsreparaturen nicht ausgeführt waren, die Räume vielmehr erhebliche Mängel u.a. an Decken, Wänden, Fenstern, Heizkörpern und Fußbaden aufwiesen: insbesondere waren Tapezierung, Anstrich und Lackierung schadhaft. Der Vermieter forderte die Mieter daraufhin mit Schreiben vom 8. Oktober 1987 unter Fristsetzung bis zum 30. November 1987 mit Ablehnungsandrohung zur Behebung der Mängel und Ausführung der Schönheitsreparaturen auf. Er behielt sich eine Verlängerung der Ablehnungsfrist vor. Am 6. November 1987 wiederholte der Verwalter die Aufforderung und setzte zugleich eine Nachfrist bis zum 5. Dezember 1987 mit der Androhung, danach die Ausführung der Arbeiten (Erfüllung) abzulehnen und auf Schadensersatz zu bestehen. Da die Arbeiten innerhalb der gesetzten Frist nicht ausgeführt wurden, beantragte der Vermieter mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1987 bei dem Amtsgericht Tiergarten ein Beweissicherungsverfahren. Durch Beschluß vom 22. Dezember 1987 wurde antragsgemäß der Sachverständige … mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser besichtigte die Räume am 15. Januar 1988 und gab unter dem 14. März 1988 ein Gutachten ab, in welchem er die Kosten für die erforderlichen Schönheitsreparaturen auf 58.594,30 DM zuzüglich Mehrwertsteuer (brutto: 66.797,50 DM) bezifferte.
Nach der Beendigung des Mietverhältnisses (am 31. Dezember 1987) waren die Schlüssel zu den Mieträumen in den Briefkasten des Hauswarts eingeworfen worden, der sie am Montag, dem 4. Januar 1988, fand und dem Kläger übergab.
Mit der am 28. Juni 1988 eingereichten, am 4. August 1988 zugestellten Klage hat der Vermieter den Beklagten – gesamtschuldnerisch haftend mit der anderweitig in Anspruch genommenen geschiedenen Ehefrau – auf Schadensersatz wegen der nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen und auf Mietzinsausfall für drei Monate in Anspruch genommen. Er hat den Schaden auf die von dem Sachverständigen ermittelten Kosten von netto 58.594,30 DM zuzüglich 481,72 DM für das – weiter erforderliche – Streichen der Decken in zwei Räumen (= 59.076,02 DM) nebst 14% Mehrwertsteuer (= 8.270.64 DM), zusammen 67.346,66 DM beziffert. Außerdem hat er für die Monate Januar bis März 1988 einen Mietausfallschaden in Höhe von drei Kaltmieten zu je 3.200,- DM – nach seinem ursprünglichen Antrag: 6.600,- DM – geltend gemacht und dazu ausgeführt: Bei Beendigung des Mietverhältnisses sei die gesamte gemietete Etage mit ca. 40 cbm Gerümpel, Müll und alten Möbeln vollgestellt gewesen, die die Berliner Stadtreinigung erst Mitte Februar 1988 habe beseitigen können; die anschließend erforderlichen Malerarbeiten hätten nicht vor Ende März abgeschlossen werden können. Den aufgrund eines Rechenfehlers hierbei zunächst nicht mit angeforderten Differenzbetrag von 3.000,- DM hat der Vermieter im Wege der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 4. Januar 1989 – dem Beklagten zugegangen jedenfalls bis 31. Januar 1989 – nachträglich geltend gemacht.
Der Beklagte hat sich darauf berufen, daß ihm seit Januar 1983 mit Wissen des Vermieters das Betreten der Mieträume verwehrt gewesen sei und er seither keinen Einfluß mehr auf deren Zustand und Erhaltung habe nehmen können. Unter diesen Umständen verstoße seine Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen der nicht ausgeführten Schönheitsreparaturen gegen Treu und Glauben. Die Höhe des geltend gemachten Mietausfalls hat er bestritten, da der angegebene Mietzins überhöht sei. Im übrigen hat er gegenüber der Klageforderung insgesamt die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat der Klage wegen Mietausfalls für die Monate Januar und Februar 1988 in Höhe von 6.400,– DM mit der Begründung stattgegeben, vor Februar 1988 seien die gemieteten Räume nicht vollständig geräumt gewesen im übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil Schadensersatzansprüche wegen der Schäden an den Räumen und wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und darauf beruhender Nichtvermietbarkeit des Mietobjekts verjährt seien.
Die Berufung des Vermieters gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes das Klagebegehren weiter, soweit das Landgericht ihm nicht stattgegeben hat.
Entscheidungsgründe
I. Der Beklagte war trotz rechtzeitiger Bekanntmachung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über den Revisionsantrag der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden, §§ 557, 331 ZPO (vgl. BGHZ 37, 79, 81). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ a.a.O. S. 82).
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Die Klägerin nimmt den Beklagten zu Recht auf Schadensersatz (§ 326 Abs. 1 Satz 2 BGB) in der begehrten Höhe in Anspruch.
1. a) Nach dem Mietvertrag waren die Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Sie hatten die Mieträume also während der Mietzeit jeweils entsprechend dem Grad der Abnutzung renovieren zu lassen (vgl. Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet- Pacht- und Leasingrechts 6. Aufl. Rdn. 136). Außerdem waren die Mieter vertraglich verpflichtet, die Mieträume bei Beendigung der Mietzeit in bezugsfertigem Zustand zurückzugeben. Diese Klausel bedeutet an sich nicht, daß der Mieter bei Auszug stets das Mietobjekt vollständig instand zu setzen hat. Vielmehr ist der Zweck der Abwälzung der Renovierungspflicht auf den Mieter erreicht und seiner daraus folgenden Verpflichtung genügt, wenn der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Lage ist, dem neuen Mieter die Räume in einem bezugsgeeigneten und vertragsgemäßen Zustand zu überlassen. Dazu brauchen sie nicht neu hergerichtet zu sein. Steht jedoch fest, daß sich die Mieträume aufgrund natürlichen Verschleißes – bei übermäßig starker Abnutzung ohnehin – in einem zur Weitervermietung ungeeigneten Zustand befinden, so sind Schönheitsreparaturen fällig. Folglich hat der Mieter diese bei Auszug durchführen zu lassen, ohne daß es darauf ankommt, wann er zuletzt renoviert hat (BGH, Urteil vom 13. Januar 1982 – VIII ZR 186/80 = WM 1982, 333, 334 m.w.N.). Zieht der Mieter in einem solchen Fall aus, ohne die fälligen Schönheitsreparaturen durchgeführt zu haben, so macht er sich grundsätzlich schadensersatzpflichtig (Wolf/Eckert a.a.O. Rdnr. 138).
b) Das ist hier der Fall. Nach dem – durch das Beweissicherungsgutachten bekräftigten – Klagevortrag befanden sich die Mietraume bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem zur Weitervermietung ungeeigneten Zustand, weil erhebliche Schönheitsreparaturen als Instandhaltungsmaßnahmen erforderlich waren. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
2. Die Voraussetzungen für die Umwandlung des hiernach zunächst auf die Vornahme von Schönheitsreparaturen gerichteten Erfüllungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung nach § 326 BGB (BGH a.a.O. S. 334, Wolf/Eckart a.a.O. Rdn. 138, 322, 323) sind ebenfalls erfüllt.
a) Mit der Vertragsbeendigung am 31. Dezember 1987 sind die Mieter mit der Ausführung der Schönheitsreparaturen in Verzug geraten (vgl. BGH a.a.O.). Der Vermieter hatte ihnen zwar in den Schreiben vom 8. Oktober und vom 6. November 1987 hierzu eine Frist zum 30. November bzw. 5. Dezember 1987 gesetzt. Diese Fristsetzung war jedoch unwirksam. Denn die Verpflichtung der Mieter bezog sich nicht auf eine periodische Durchführung von Schönheitsreparaturen während des laufenden Mietverhältnisses gemäß § 3 Nr. 6 des Mietvertrages. Sie betraf vielmehr, nachdem das Mietverhältnis bereits gekündigt war, die Rückgabe der Mietsache nach dessen Beendigung in bezugsfertigem Zustand gemäß § 18 des Mietvertrages. Zur Erfüllung dieser vertraglich übernommenen Verpflichtung waren die Mieter bis zur Beendigung des Mietverhältnisses am 31. Dezember 1987 berechtigt. Vor diesem Zeitpunkt konnten sie demgemäß mit der Erfüllung der Verpflichtung nicht in Verzug geraten.
Nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein auf der Nichterfüllung einer Vertragspflicht des Mieters beruhender Schadensersatzanspruch zwar grundsätzlich davon abhängig, daß der Vermieter dem in Verzug befindlichen Mieter eine angemessene Nachfrist mit Ablehnungsandrohung setzt. Fristsetzung und Ablehnungsandrohung sind jedoch entbehrlich, wenn der Mieter bereits ernsthaft und endgültig die Erfüllung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen abgelehnt hat (Wolf/Eckert a.a.O. Rdnr. 323). Eine solche endgültige Erfüllungsverweigerung kann angenommen werden, wenn der Mieter durch sein Verhalten vor Vertragsbeendigung eindeutig zum Ausdruck bringt, daß er seinen vertraglich übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen wird und demgemäß das Mietobjekt bei Vertragsende räumt, ohne Anstalten für die Vorbereitung oder Ausführung der Schönheitsreparaturen getroffen zu haben (BGH a.a.O. S. 335). Steht damit fest, daß der Mieter seine geschuldete Leistung nicht erbringen wird, wäre eine nochmalige Mahnung und Fristsetzung eine überflüssige FBrmelei. Der Vermieter ist dann vielmehr gehalten, im Interesse der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht ohne Zeitverlust dafür zu sorgen, daß die Räume in einen bezugsgeeigneten Zustand versetzt werden (BGH a.a.O.).
b) Eine solche Situation ist hier gegeben. Obwohl die Mieter mit den Sehreiben vom 8. Oktober und vom 6. November 1987 ausführlich auf die Notwendigkeit von Schönheitsreparaturen und der. Arbeiten zur „Wiederherstellung des Sollzustandes der Mieträume” (vgl. § 18 des Mietvertrages) hingewiesen worden sind, haben sie das Mietobjekt zurückgelassen, ohne Anstalten für die Vorbereitung oder Durchführung der Schönheitsreparaturen zu treffen. Damit war der Vermieter berechtigt, nach Beendigung des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen selbst durchfuhren zu lassen und die Kosten von den Mietern ersetzt zu verlangen.
Da der Beklage zur Schadenshöhe keine Einwände erhoben hat, ist der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 67.346,66 DM hiernach begründet.
3. Die Schadensersatzverpflichtung der Mieter umfaßt auch den Mietzinsausfall, der dem Vermieter infolge des nicht vertragsgerechten Zustandes der Mieträume entstanden ist (vgl. BGH a.a.O. S. 335).
Der Beklagte hat nicht bestritten, daß der Zeitraum bis März 1988 erforderlich war, um die notwendigen Schönheitsreparaturen und Instandhaltungsarbeiten durchzuführen.
Gegen die Höhe des noch streitigen Betrages von 3.200,– DM für den Monat März bestehen keine Bedenken. Soweit der Beklagte den geltend gemachten Mietausfall für überhöht gehalten hat, greift sein Einwand nicht durch. Der Mietzins, den der Beklagte und seine geschiedene Ehefrau nach dem Vertrag vom 10. November 1980 als Kaltmiete schuldeten, betrug bereits seit dem 1. Januar 1985 monatlich 3.200,– DM. Der Beklagte hat nicht behauptet, daß dieser Mietzins nicht vertragsgemäß gezahlt worden und für eine vermietete Fläche von 511,3 qm nach den örtlichen Verhältnissen in Berlin im Jahre 1988 unangemessen hoch gewesen sei. Das ist ohne substantiierte Darlegung der Einzelumstände auch nicht ersichtlich.
4. Die Klägerin nimmt zu Recht neben der geschiedenen Ehefrau des Beklagten auch diesen selbst in Anspruch, ohne damit gegen Treu und Glauben zu verstoßen.
Der Beklagte war nach dem Mietvertrag ebenso wie seine frühere Ehefrau Mieter der Räume. Aus diesem Grund haftet er dem Vermieter auch seinerseits für die Verletzung der Vertragspflicht zur Rückgabe des Mietobjekts in einem bezugsgeeigneten Zustand. Daß er die Mieträume seit 1983 nicht mehr betreten hat und daher seitdem keinen Einfluß auf ihre Instandhaltung hatte, schließt seine Haftung nicht aus. Er hatte die Möglichkeit, nach dem Schreiben des Klägers vom 31. Januar 1983, auf eine Kündigung und Auflösung des Mietverhältnisses hinzuwirken. Ebenso lag es bei ihm, seine geschiedene Ehefrau rechtzeitig vor dem 31. Dezember 1985 zur gemeinsamen Kündigung des Mietvertrages zu veranlassen (vgl. dazu Wolf/Eckert a.a.O. Rdnr. 253). Da das nicht geschehen ist, treffen ihn im Verhältnis zu dem Vermieter nunmehr nach der Beendigung des Mietverhältnisses am 31. Dezember 1987 die vertraglichen und gesetzlichen Mieterverpflichtungen. Ob und inwieweit er von seiner geschiedenen Ehefrau Freistellung von der ihn treffenden Schadensersatzpflicht erreichen kann, hat auf den Klageanspruch keinen Einflug.
5. Der geltend gemachte Anspruch ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht verjährt.
a) Da der Schadensersatzanspruch nach § 326 BGB, wie oben unter 1. und 2. dargelegt, erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses am 31. Dezember 1987 entstanden und fällig geworden ist, konnte seine Verjährung jedenfalls nicht vor diesem Zeitpunkt beginnen (§ 198 BGB, vgl. BGHZ 53, 222, 225; 55, 340, 341/342). Sie ist demgemäß nicht vor Ende Juni 1988 eingetreten (§ 558 BGB; vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Oktober 1968 – VIII ZR 197/66 = NJW 1968, 2241).
Mit Einreichung der Klage am 28. Juni 1988 wurde die Verjährung rechtzeitig unterbrochen (§ 209 BGB, § 253 i. V. mit § 270 Abs. 3 ZPO). Zwar wurde die Klage dem Beklagten erst am 4. August 1988 zugestellt. Diese Zustellung erfolgte jedoch noch „demnächst” im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO; denn die aufgetretenen Zustellungsverzögerungen waren nicht von dem Kläger zu verantworten und lagen außerhalb seines Einflugbereichs (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. Oktober 1986 – IVa ZR 108/85: Beschlug vom 2. November 1989 – III ZR 181/88 = BGHR ZPO § 270 Abs. 3. demnächst 1 und 4; Senatsurteil vom 8. Juni 1988 – IVb ZR 92/87 = BGHR a.a.O. demnächst 2). Der Klageschrift war ein Postscheck für die Gerichtskosten beigefügt, nach dessen Einlösung der Richter am 13. Juli 1988 die Terminsverfügung erließ. Daß die Zustellung erst am 4. August 1988 erfolgte, beruht darauf, daß die Geschäftsstelle erst am 29. Juli 1988 die Ladung verfügte. Die Verzögerung trat damit im organisatorischen Bereich des Gerichts auf und ist dem Kläger mithin nicht zuzurechnen.
b) Auch wenn der erhobene Anspruch als Schadensersatzanspruch wegen Verschlechterung der Mieträume infolge Verletzung der Sorgfalts- und Obhutspflichten der Mieter – also wegen vertragswidrigen Gebrauchs (vgl. § 548 BGB) – zu behandeln (vgl. dazu Wolf/Eckert a.a.O. Rdn. 322) und als solcher bereits vor der Beendigung des Mietverhältnisses am 31. Dezember 1987 entstanden wäre, wäre er gleichwohl nicht verjährt. Seine Verjährung hätte dann mit dem Zeitpunkt begonnen, in welchem der Vermieter die Mieträume „zurückerhielt” (§ 558 Abs. 2 BGB). Das war indessen nicht vor dem 4. Januar 1988 der Fall.
aa) Das Kammergericht hat es für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 558 BGB ausreichen lassen, daß sich der Vermieter jedenfalls im Dezember 1987 ungestört die erforderliche Kenntnis vom Zustand der Mieträume habe verschaffen können. Er habe nämlich aufgrund einer ungestörten und gründlichen Besichtigung der Räume am 10. Dezember 1987, als die frühere Ehefrau des Beklagten im Räumen begriffen gewesen sei, bereits im Dezember 1987 einen umfassenden Beweissicherungsantrag stellen können. Dies habe ersichtlich auf einer genauen Kenntnis des Zustandes der Mieträume beruht, die sich nur aufgrund ihrer ungestörten Besichtigung und Untersuchung habe ergeben können. An die damit eröffnete Möglichkeit, Kenntnis von dem Zustand der Mietsache zu erlangen, werde – im Interesse einer möglichst schnellen Abwicklung des Mietverhältnisses – der Beginn der kurzen Verjährungsfrist nach § 558 Abs. 2 BGB geknüpft. Unter diesen Umständen sei ein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gemäß § 558 BGB bei Klageeinreichung am 28. Juni 1988 bereits verjährt gewesen.
bb) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Bundesgerichtshof hat zwar entschieden, daß das Zurückerhalten der Mietsache im Sinne von § 558 Abs. 2 BGB nicht stets deren endgültige Rückgabe nach Beendigung des Mietverhältnisses voraussetzt, sondern unter bestimmten Umständen auch bei fortbestehendem Mietverhältnis dann angenommen werden kann, wenn der Vermieter eine Art von Sachherrschaft erlangt, die ihn in die Lage versetzt, die Mietsache auf etwaige Mängel oder Veränderungen zu untersuchen (BGH, Urteile vom 2. Oktober 1968 – VIII ZR 197/66 = NJW 1968, 2241; vom 14. Mai 1986 – VIII ZR 99/85 = BGHZ 98, 59, 62 ff.; vom 4. Februar 1987 – VIII ZR 355/85 = WM 1987, 596, 597). Dabei ist in den Entscheidungen vom 2. Oktober 1968 und vom 4. Februar 1987 jedenfalls verlangt worden, daß der Vermieter „freien Zutritt” zu der Mietsache gehabt hat: in dem Urteil vom 14. Mai 1986 hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, ob der Vermieter durch „Inbesitznahme des Mietobjekts” in die Lage versetzt worden ist, sich „ungestört” ein umfassendes Bild von Beschädigungen am Mietobjekt zu machen. Dies hält auch der erkennende Senat im Interesse der Rechtsklarheit für unumgänglich erforderlich. Nach dem Sinn und Zweck des § 558 Abs. 2 BGB erfordert die Rückgabe der Mietsache, an die die Vorschritt den Beginn der kurzen Verjährungsfrist anknüpft, grundsätzlich eine Veränderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters, der durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft in die Lage versetzt werden soll, sich ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu machen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Vermieter nicht die Möglichkeit hat, das Mietobjekt seinerseits in Besitz zu nehmen, sondern nur während des Besitzes des Mieters einen von diesem gestatteten – damit aber gerade nicht „freien” – Zutritt erhält, um sich, wie hier, in den Mieträumen umzusehen.
Bevor der Vermieter die vermieteten Räume nicht (wieder) in Besitz nehmen konnte, hat er sie demnach noch nicht zurückerhalten. Hierfür reichte es entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht aus, daß er sich eine Kenntnis vom Zustand der Räume verschaffen konnte, die ihn in die Lage versetzte. Ansprüche geltend zu machen. Die von dem Mieter gestattete bloße Besichtigung der noch von diesem genutzten und mit Teilen seiner Einrichtung versehenen Mieträume verschaffte ihm keinen auf eigener Herrschaft beruhenden „freien Zutritt” zu der Mietsache und erlaubte es ihm noch nicht, sich im sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung „ungestört” ein Bild von ihrem Zustand zu machen. Die Rückgabe der Mietsache im Sinne des § 558 Abs. 2 BGB vollzog sich vielmehr unter den hier gegebenen Umständen erst am 4. Januar 1988, als die Schlüssel zu den Mieträumen Mieder in den Besitz des Vermieters gelangten.
6. Der Klägerin stehen für den geltend gemachten Anspruch Prozeßzinsen nach § 291 BGB zu. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Verzugszinsen (§§ 288, 284 BGB) sind nicht dargetan. Nach dem Vortrag der Klageschrift hat der Prozeßbevollmachtigte des Beklagten am 16. Mai 1988 eine Ablichtung des Gutachtens des Sachverständigen … erhalten, aus dem sich die Höhe der für die Schönheitsreparaturen erforderlichen Kosten von 66.797,50 DM ergab. Daß der Beklagte anschließend – auch wegen der weiteren Kosten von 481.72 DM – gemahnt worden sei, ist nicht behauptet worden.
Fundstellen
Haufe-Index 542437 |
NJW 1991, 2416 |
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