Leitsatz (amtlich)
a) Für den Fristbeginn der außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 2 BGB ist bei der GmbH grundsätzlich die Kenntnis der Mitglieder der Gesellschafterversammlung in ihrer Eigenschaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung maßgeblich. Daher löst nicht schon deren außerhalb der Gesellschafterversammlung, sondern erst die nach dem Zusammentritt erlangte Kenntnis der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen den Lauf der Ausschlußfrist aus (Abweichung von der bisherigen Senatsrechtsprechung, zuletzt: Urt. vom 2. Juni 1997 – II ZR 101/96, DStR 1997, 1338 f.).
b) Wird allerdings die Einberufung der Gesellschafterversammlung einer GmbH von ihren einberufungsberechtigten Mitgliedern nach Kenntniserlangung von dem Kündigungssachverhalt unangemessen verzögert, so muß sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre die Gesellschafterversammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24. Oktober 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ihre Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Dessau vom 26. Oktober 1995 hinsichtlich der Nichtigerklärung des Gesellschafterbeschlusses vom 28. Februar 1994 über die Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers zurückgewiesen worden ist.
II. Auf die Berufung des Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Dessau weitergehend abgeändert und die Klage auch insoweit abgewiesen, als der Kläger die Nichtigerklärung des Gesellschafterbeschlusses vom 28. Februar 1994 hinsichtlich der Kündigung seines Anstellungsverhältnisses begehrt hat.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger wurde mit der Gründung der Beklagten zum Betrieb eines Alten- und Pflegeheims am 3. Juli 1991 zu deren Alleingeschäftsführer bestellt. An ihrem Stammkapital von 50.000,– DM ist er zu 40%, die Stadt J. – seit Eingemeindung der Stadt S. im Dezember 1993 – zu 60% beteiligt. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern, die in eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten mündeten, forderte die Stadt J. mit Schreiben vom 18. November 1993 den Kläger als Geschäftsführer auf, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung spätestens zum 16. Dezember 1993 einzuberufen, um seine sofortige Abberufung als Geschäftsführer, die Kündigung seines Anstellungsvertrages und die Bestellung ihres Bürgermeisters B. zum neuen Geschäftsführer zu beschließen. Der Kläger erklärte sich zunächst zur Einberufung – jedoch nicht vor Januar 1994 – bereit, teilte dann aber durch Schreiben vom 17. Januar 1994 mit, daß vor Eingang eines Prüfberichtes die Versammlung nicht stattfinden könne. In diesem Schreiben, das der Kläger allen Stadtverordneten von J., dem Landratsamt, der Heimaufsicht, dem Sozialministerium und der Staatsanwaltschaft D. zukommen ließ und das der Beklagten spätestens am 25. Januar 1994 zugegangen ist, bezichtigte er den Bürgermeister der Stadt J. unter anderem der betrügerischen Kompetenzüberschreitung, mehrfacher Untreue und wissentlich falscher eidesstattlicher Aussagen sowie einer erheblichen Schädigung der Beklagten, „wobei die bis dato aufgeführten Punkte … nur einen geringen Teil der Vorkommnisse” darstellten. Nachdem die Stadt J. mit Rücksicht hierauf den Kläger als Geschäftsführer durch Schreiben vom 25. Januar 1994 – erneut – zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung vergeblich aufgefordert hatte, lud sie ihn mit Einschreiben, vom 14. Februar 1994 unter Bezugnahme auf das Einberufungsrecht nach § 50 Abs. 3 GmbHG zu einer Gesellschafterversammlung auf den 28. Februar 1994, auf der im Hinblick auf die „nicht weiter hinnehmbaren verleumderischen Behauptungen” in dem Schreiben vom 17. Januar 1994 die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund, sein Ausschluß als Gesellschafter, die Kündigung seines Anstellungsvertrages sowie die Bestellung eines neuen Geschäftsführers beschlossen werden sollten. Auf dieser Gesellschafterversammlung stimmte die Stadt J. jeweils für und der Kläger gegen die entsprechenden Beschlußanträge. Auf einer weiteren Gesellschafterversammlung vom 26. April 1994 beschloß die Stadt J. gegen die Stimmen des Klägers nochmals die fristlose Kündigung seines Anstellungsvertrages.
Das Landgericht hat der auf Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 28. Februar 1994 gerichteten Klage – mit Ausnahme des Abberufungsbeschlusses – stattgegeben und ferner die Unwirksamkeit des Beschlusses vom 26. April 1994 festgestellt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten – unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels – die Klage auch hinsichtlich der Beschlüsse vom 28. Februar 1994 über die Ausschließung des Klägers aus der Beklagten und die Bestellung einer neuen Geschäftsführerin abgewiesen. Beide Parteien haben gegen dieses Urteil – soweit das Oberlandesgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat – Revision eingelegt. Der Senat hat lediglich die Revision der Beklagten insoweit angenommen, als sie gegen die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 28. Februar 1994 über die Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers gerichtet ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist im Umfang der Annahme begründet; sie führt insoweit zur Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts und unter weitergehender Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Abweisung auch der auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 28. Februar 1994 über die Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers gerichteten Klage.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der am 28. Februar 1994 mit den Stimmen der insoweit allein stimmberechtigten Mehrheitsgesellschafterin gefaßte Beschluß über die fristlose Kündigung des Geschäftsführervertrages des Klägers unwirksam, weil diese nach der für den 25. Januar 1994 anzunehmenden Kenntniserlangung vom Inhalt des Schreibens des Klägers vom 17. Januar 1994 nicht sogleich, sondern erst am 14. Februar 1994 von ihrem Recht auf Selbsteinberufung der Gesellschafterversammlung Gebrauch gemacht habe und dadurch die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt worden sei. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
Die auf der Gesellschafterversammlung vom 28. Februar 1994 mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin beschlossene und damit dem anwesenden Kläger gegenüber zugleich erklärte fristlose Kündigung seines Anstellungsverhältnisses als Geschäftsführer der Beklagten war fristgerecht im Sinne des § 626 Abs. 2 BGB.
Für den Fristbeginn ist nach § 626 Abs. 2 BGB ausschlaggebend, wann der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Bei juristischen Personen ist grundsätzlich die Kenntnis des zur Kündigung berechtigten Organs entscheidend, bei der GmbH also diejenige der Gesellschafterversammlung (st. Sen. Rspr., vgl. zuletzt Urt. v. 2. Juni 1997 – II ZR 101/96, DStR 1997, 1338 m.N.). Da die Gesellschafterversammlung ein Kollegialorgan ist, das seinen Willen durch, Beschlußfassung bilden muß, kommt es für die Wissenszurechnung an die Gesellschaft nur auf die Kenntnis der Organmitglieder in ihrer Eigenschaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung an. Kenntnis der Gesellschafter als kollegiales Beratungs- und Beschlußorgan liegt daher erst dann vor, wenn der für die Tatsachenkenntnis maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der Entlassung des Geschäftsführers einer Gesellschafterversammlung (§ 48 Abs. 1 GmbHG) unterbreitet wird. § 626 Abs. 2 BGB beruht auf dem Gedanken, daß der Berechtigte aus seiner Kenntnis die seiner Ansicht nach gebotenen Konsequenzen ziehen kann; hierzu sind die Gesellschafter, selbst wenn sie sämtlich als einzelne außerhalb einer Gesellschafterversammlung Kenntnis vom Kündigungssachverhalt erlangt haben, nicht ohne den Zusammentritt als Kollegialorgan in der Lage (vgl. auch Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., Anh. § 6 Rdn. 60). Soweit der Senat bislang die Ansicht vertreten hat, die Frist zur Kündigung des GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund beginne spätestens mit der Kenntnis aller Gesellschafter, sofern die Gesellschafterversammlung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist zusammentreten, wirksam beschließen und die Kündigungserklärung dem Geschäftsführer zugehen lassen könne (vgl. Sen. Urt. v. 29. Januar 1976 – II ZR 3/74, WM 1976, 379, 380; Sen. Urt. v. 17. März 1980 – II ZR 178/79, ZIP 1980, 661; ferner Sen. Urt. v. 2. Juni 1997 – II ZR 101/96, DStR 1997, 1338 f.), hält er daran nicht mehr fest.
Freilich darf dem betroffenen Geschäftsführer nach Sinn und Zweck des § 626 Abs. 2 BGB nicht zugemutet werden, bis zu einem unabsehbaren Zusammentritt der Gesellschafterversammlung zuwarten zu müssen. Wird daher die Einberufung der Gesellschafterversammlung einer GmbH von ihren einberufungsberechtigten Mitgliedern nach Kenntniserlangung von dem Kündigungssachverhalt unangemessen verzögert, so muß sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre die Gesellschafterversammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden. Auf diese Weise bleibt – abweichend von dem bisher vom Senat angewandten Zurechnungsmodell – die Ausschlußfrist der Gesellschafterversammlung als dem zur Kündigung befugten Organ in vollem Umfang als Überlegungsfrist erhalten und wird nicht vorweg ganz oder teilweise durch die Zeit aufgezehrt, die die Einberufung der Versammlung erfordert (vgl. Sen. Urt. v. 18. Juni 1984, – II ZR 221/83, NJW 1984, 2689, 2690; Hachenburg-Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rdn. 75 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verfristung der Kündigung des Klägers als Geschäftsführers der Beklagten aufgrund des Beschlusses vom 28. Februar 1994 nicht gegeben. Zwar hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die hier allein zur Abstimmung über die Kündigung des Klägers in der Gesellschafterversammlung berechtigte Mehrheitsgesellschafterin spätestens am 25. Januar 1994 von dem für die Kündigung maßgebenden Inhalt des Schreibens vom 17. Januar 1994 Kenntnis erlangt. Diese vor dem Zusammentritt der Gesellschafterversammlung erworbene Kenntnis der Stadt J. setzte jedoch die Zwei-Wochen-Frist nicht in Lauf. Der Mehrheitsgesellschafterin ist auch keine unangemessene Verzögerung der Anberaumung der Gesellschafterversammlung vorzuwerfen.
Die Stadt J. hat schon am 25. Januar 1994 und damit unmittelbar nach Kenntnis ihres Beschlußorgans, der Stadtverordnetenversammlung, von dem Inhalt des Schreibens vom 17. Januar 1994 vom Kläger als Geschäftsführer die unverzügliche Einberufung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung gefordert; diesem berechtigten Verlangen (§§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 GmbHG) ist der Kläger indessen pflichtwidrig nicht nachgekommen.
Die Stadt J. war nicht gehalten, bereits am 25. Januar 1994 selbst gemäß § 50 Abs. 3 GmbHG die außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen. Ein der artiges Selbsthilferecht setzt nämlich voraus, daß einem Verlangen des Gesellschafters, der mindestens 10% des Stammkapitals hält, auf Einberufung der Gesellschafterversammlung nicht binnen angemessener Frist entsprochen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 28. Januar 1985 – II ZR 79/84, WM 1985, 567); dementsprechend muß vor berechtigter Ausübung des Selbsthilferechts grundsätzlich der zur Einberufung befugte Geschäftsführer (§ 49 Abs. 1 GmbHG) unter Angabe des Zwecks und der Gründe vergeblich ersucht worden sein, die Versammlung zu berufen, widrigenfalls ein auf einer gleichwohl durch den Gesellschafter einberufenen Gesellschafterversammlung gefaßter Beschluß nichtig wäre (BGHZ 87, 1, 3 m.w.N.). Danach war – zur Vermeidung einer solchen Nichtigkeitsfolge – die Aufforderung der Stadt J. vom 25. Januar 1994 an den Kläger, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung mit dem Ziel seiner Abberufung als Geschäftsführer und der Kündigung seines Anstellungsverhältnisses einzuberufen, nicht etwa überflüssig, sondern vor Ausübung des Selbsthilferechts geboten. Unabhängig davon, daß der Kläger bereits zuvor die Einberufung einer Gesellschafterversammlung trotz Aufforderung der Stadt J. hinsichtlich der von dieser mit Schreiben vom 18. November 1993 geltend gemachten Gründe bereits verzögert hatte und mit Schreiben vom 17. Januar 1994 weiter verzögern wollte, stellten seine weiteren Ausführungen im letztgenannten Schreiben aus der Sicht der Stadt J. einen neuen außerordentlichen Kündigungsgrund dar, auf den sie die Kündigung nunmehr stützen wollte und schließlich anläßlich der Beschlußfassung vom 28. Februar 1994 auch gestützt hat.
Die dem Kläger bis zur Ausübung des Selbsthilferechts am 14. Februar 1994 gewährte Zeit von ca. drei Wochen zur Erfüllung seiner gesetzlichen Einberufungspflicht ist angesichts der konkreten Umstände – der Kläger hatte bereits zuvor in anderem Zusammenhang eine Einberufung hinausgezögert – angemessen. Der Senat hat im Urteil vom 28. Januar 1985 – II ZR 79/84, WM 1985, 567, 568 sieben Wochen in jedem Fall für ausreichend erachtet; regelmäßig wird ein Monat als hinreichend angesehen, vgl. Lutter/Hommelhoff aaO, § 50 Rdn. 7. Zu einer weiteren Verkürzung der Wartezeit bis zur Ausübung des Selbsthilferechts mußte sich die Stadt J. nicht etwa wegen des insoweit gegenläufigen – Gesetzeszwecks der Frist des § 626 Abs. 2 BGB, alsbald Klarheit über die Reaktion des Kündigungsberechtigten eintreten zu lassen, veranlaßt sehen. Nachdem sie die unverzügliche Einberufung der Gesellschafterversammlung zur Herbeiführung der fristlosen, Kündigung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise vom Kläger verlangt hatte, konnte bei diesem keine Ungewißheit bestehen; er hatte es zudem selbst in der Hand, die endgültige Entscheidung durch pflichtgemäßes Handeln alsbald herbeizuführen, sofern es ihm auf eine schnelle Entschließung angekommen wäre. Tatsächlich hat er indessen noch mit Schreiben vom 26. Februar 1994 selbst die ausreichend bemessene Ladungsfrist zum 28. Februar 1994 als zu kurz beanstandet. Daß die Stadt J. – offenbar um etwaige formale Einwände gegen die Einhaltung der Ladungsfrist zu vermeiden – den effektiven Ladungszeitraum etwas größer als die vorgeschriebene Mindestfrist gewählt hat, ist unschädlich.
II. Da das Urteil des Berufungsgerichts – im Umfang der Annahme – der Aufhebung unterliegt und zudem die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu einer Kündigung aus wichtigem Grund getroffen und weitere entgegenstehende nicht mehr zu erwarten sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§§ 564, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Die fristgerecht erfolgte Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers ist aus wichtigem Grund gerechtfertigt (§ 626 Abs. 1 BGB). Die Erwägungen, die das Berufungsgericht zur Begründetheit der Abberufung des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer und zur Rechtfertigung des Beschlusses über die Herbeiführung seines Ausschlusses aus der Beklagten herangezogen hat, tragen auch die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrages. Unabhängig davon, daß bereits die Verweigerung der unverzüglichen Einberufung der Gesellschafterversammlung auf die frühere Aufforderung der Stadt J. und die Nichtbefolgung der weiteren Aufforderung vom 25. Januar 1994 erhebliche Pflichtverletzungen des Klägers darstellen, ist vor allem der weitere Inhalt seines Schreibens vom 17. Januar 1994 an die Mitgesellschafterin als grobe Verletzung der ihm als Geschäftsführer obliegenden Pflichten anzusehen und rechtfertigt die sofortige Kündigung aus wichtigem Grund. Denn der Kläger hat darin unberechtigt und zudem in unangemessener, persönlich verunglimpfender Weise den Bürgermeister von J. als gesetzlichen Vertreter der Mehrheitsgesellschafterin rechtsmißbräuchlicher Aktivitäten und krimineller Machenschaften bezichtigt, wobei die auf 1 1/2 Seiten aufgeführten Punkte nur einen geringen Teil der Vorkommnisse darstellen sollten. Erschwerend kommt hinzu, daß der Kläger dieses diffamierende Schreiben dem Landratsamt, der Heimaufsicht, dem Sozialministerium und der Staatsanwaltschaft D. – offenbar in Kompromittierungsabsicht – hat zukommen lassen. Abgesehen davon, daß es nicht Aufgabe des Klägers als Geschäftsführer der GmbH war, öffentliche Kritik an der Mehrheitsgesellschafterin bzw. deren Vertretungsorgan zu üben, war es jedenfalls nicht angängig, wenn der Kläger das begründete Verlangen der Stadt J. nach Einberufung einer Gesellschafterversammlung zum Zwecke seiner Abberufung und der Kündigung seines Anstellungsverhältnisses pauschal als rechtsmißbräuchlich abqualifizierte. Die Grenze des Zumutbaren hat der Kläger überdies dadurch überschritten, daß er sich nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts der üblen Nachrede im Sinne von § 186 StGB schuldig gemacht hat, indem er dem Vertretungsorgan der Mehrheitsgesellschafterin vorgeworfen hat, dieser habe in betrügerischer Absicht seine Befugnisse als – zeitweiliger – Notgeschäftsführer der GmbH überschritten, wissentlich falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben, mehrfach in verleumderischer Absicht Falschbehauptungen über den Zustand der Beklagten und seine – des Klägers – Person in der lokalen und überörtlichen Presse veröffentlicht und sowohl durch die Überweisung von Anwaltshonoraren seitens der Gesellschaft als auch durch die Entziehung eines Betrages von 200.000,– DM für bauliche Investitionen den „Tatbestand der Untreue” zu deren Lasten erfüllt. Den ihm obliegenden Wahrheitsbeweis hat der Kläger nicht hinreichend angetreten, darüber hinaus die tatsächlichen Grundlagen dafür nicht einmal ansatzweise substantiiert dargelegt.
Damit ist der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten untragbar geworden, so daß nicht nur seine sofortige Abberufung von diesem Amt, sondern auch die fristlose Auflösung des Anstellungsverhältnisses gerechtfertigt war.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 ZPO.
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.06.1998 durch Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 604875 |
BGHZ, 89 |
BB 1998, 1808 |
DB 1998, 1608 |
DStR 1998, 1101 |
NJW 1998, 3274 |
FA 1999, 101 |
FA 1999, 190 |
NZA 1998, 1005 |
NZG 1998, 634 |
WM 1998, 1537 |
WuB 1999, 321 |
ZAP 1998, 752 |
ZIP 1998, 1269 |
AuA 1999, 44 |
NJ 1999, 88 |
GmbHR 1998, 827 |
PflR 1999, 170 |