Leitsatz (amtlich)
Der Pfandgläubiger, der das von der gesicherten Forderung abhängige Pfandrecht geltend macht, muß regelmäßig nur das Entstehen der Forderung beweisen, nicht aber, daß sie nicht erloschen ist. Der Beweis, daß die Forderung erloschen ist, obliegt grundsätzlich seinem Gegner. Das gilt auch für eine Klage des Pfandgläubigers aus § 805 ZPO oder aus § 812 BGB auf Auskehrung des Vollstreckungserlöses der Pfandsache (entschieden für das Vermieterpfandrecht).
Normenkette
BGB §§ 559, § 1204 ff.; ZPO § 805
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Januar 1985 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Erlös aus einer von der Beklagten betriebenen Zwangsvollstreckung.
Die Beklagte erwirkte am 10. März 1983 wegen einer Forderung von 100.000 DM den dinglichen Arrest in das Vermögen der M… GmbH und ließ auf deren Betriebsgelände am 17. März 1983 eine größere Menge von Stahlmatten und -stangen sowie am 24. März 1983 einen Lastenkran und neun Stapel geschnittene Sipo-Mahagoni-Stämme pfänden. Nachdem sie ein Versäumnisurteil über ihre Forderung erlangt hatte, setzte sie daraus die Zwangsvollstreckung fort. Das gepfändete Holz wurde ihr aufgrund einer Anordnung des Vollstreckungsgerichts gemäß § 825 ZPO durch den Gerichtsvollzieher übereignet und der festgesetzte Preis von 35.000 DM mit ihrer Forderung verrechnet. Der gepfändete Stahl wurde versteigert und der Erlös von 15.636,75 DM aufgrund einer Vereinbarung der Parteien auf einem Fremdgeldkonto des Rechtsanwalts Dr. Q… zu treuen Händen hinterlegt.
Die Klägerin, die dem Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin, P… M…, persönlich verbunden war und die Bücher der Gesellschaft bis März 1983 führte, ist Eigentümerin des Betriebsgeländes, auf dem sich die Pfandsachen befanden. Sie behauptet, sie habe das Grundstück nebst ihr gehörigem Inventar, darunter den Lastenkran, für einen monatlichen Mietzins von zunächst 18.000 DM, seit 1982 23.000 DM, an die Vollstreckungsschuldnerin vermietet. Sie hat dazu in Ablichtung einen von ihr als Vorvertrag bezeichneten Mietvertrag vom 1. Juni 1981, einen auf denselben Tag datierten Miet- und Pachtvertrag sowie einen Zusatzvertrag zum Miet- und Pachtvertrag vom 3. Mai 1982 vorgelegt, die sämtlich von ihr und für die M… GmbH von deren Geschäftsführer P… M… unterschrieben sind. Die Mieterin habe den vereinbarten Mietzins seit November 1982 – so der Vortrag in der Klageschrift – oder Oktober 1982 – so der spätere Vortrag – nicht mehr bezahlt. Daraus errechne sich bis 31. März 1983 ein Mietrückstand von mindestens 115.000 DM, dessentwegen sie – unstreitig – das Mietverhältnis zum 31. März 1983 gekündigt habe.
Die Klägerin erhob Drittwiderspruchsklage gegen die Pfändung des Lastenkrans. Zugleich machte sie wegen des behaupteten Mietrückstandes ein Vermieterpfandrecht an dem gepfändeten Holz und dem gepfändeten Stahl geltend und beantragte insoweit, die Beklagte zu verurteilen, an sie 35.000 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen und der Freigabe des bei Rechtsanwalt Dr. Q… hinterlegten Betrages nebst angefallenen Zinsen an sie zuzustimmen.
Die Beklagte bestreitet unter Anführung von Indizien den Abschluß eines Mietvertrages zwischen der Klägerin und der M… GmbH, insbesondere die von der Klägerin behaupteten Vereinbarungen über den Mietzins, sowie den geltend gemachten Mietrückstand. Hilfsweise rechnet sie mit Schadensersatzansprüchen von 13.532 DM und 23.515,03 DM auf und macht wegen dieser Ansprüche vorsorglich auch ein Zurückbehaltungsrecht geltend.
Das Landgericht gab der gegen die Pfändung des Lastenkrans gerichteten Drittwiderspruchsklage statt und wies im übrigen die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin die abgewiesenen Ansprüche weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
1. Der Berufungsrichter geht ohne Begründung von der Zulässigkeit der Klage aus, soweit sie den Erlös aus der Zwangsvollstreckung in den Stahl und das Holz betrifft. Das ist nicht zu beanstanden.
a) Die Klage auf Freigabe des bei Rechtsanwalt Dr. Q… hinterlegten Erlöses für den versteigerten Stahl ist als Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO) zulässig.
Diese Klage ist statthaft, wenn eine Sache gepfändet worden ist und ein Dritter, der sich nicht im Besitz der Sache befindet, aufgrund eines Pfand- oder Vorzugsrechts vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sache fordert. Wie die Drittwiderspruchsklage schließt sie als spezielle vollstreckungsrechtliche Gestaltungsklage andere auf das behauptete Recht gestützte Klagen gegen den Vollstreckungsgläubiger aus, solange die Zwangsvollstreckung in die gepfändete Sache nicht beendet ist (BGHZ 27, 227, 231; vgl. für die Drittwiderspruchsklage BGHZ 58, 207, 212 ff.).
Die Klägerin stützt ihr Klagebegehren auf ein Vermieterpfandrecht an dem gepfändeten Stahl, mithin auf ein besitzloses gesetzliches Pfandrecht im Sinne des § 805 Abs. 1 ZPO. Die Zwangsvollstreckung ist mit der Versteigerung des Stahls und der Hinterlegung des Erlöses bei einem Treuhänder noch nicht beendet; sie dauert an, solange der Erlös nicht an die Beklagte zur Befriedigung der vollstreckbaren Forderung ausbezahlt worden ist (vgl. BGHZ 72, 334, 336 ff.). Die Klägerin kann demnach nur durch Klage nach § 805 ZPO ihre Rechte auf den hinterlegten Versteigerungserlös geltend machen.
Allerdings entspricht die Fassung des Klageantrags nicht dieser Vorschrift (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 44. Aufl. § 805 Anm. 2 C; Thomas/Putzo, ZPO 13. Aufl. § 805 Anm. 3). Es steht jedoch nichts im Wege, ihn so auszulegen, wie er prozessual allein Erfolg haben kann.
b) Die Zwangsvollstreckung in das gepfändete Holz ist demgegenüber dadurch beendet, daß der Pfandgegenstand gemäß § 825 ZPO der Beklagten übereignet und der dafür festgesetzte Preis mit der vollstreckbaren Forderung der Beklagten verrechnet worden ist. Durch die Verrechnung ist die Beklagte in Höhe des Betrages, den sie andernfalls für das Holz hätte zahlen müssen, wegen ihrer Forderung gegen die M… GmbH befriedigt worden. Eine Klage aus § 805 ZPO ist deshalb insoweit nicht mehr zulässig. In Betracht kommen nur noch materiell-rechtliche Ausgleichsansprüche der Klägerin nach den §§ 812, 823 BGB wegen eines Eingriffs der Beklagten in das behauptete Vermieterpfandrecht. Solche Ansprüche macht die Klägerin zulässigerweise mit ihrem Zahlungsantrag geltend.
2. Der Berufungsrichter verneint Ansprüche der Klägerin auf den Vollstreckungserlös. Er hält nach Würdigung des Verhandlungs- und Beweisergebnisses für nicht aufgeklärt, ob die Vollstreckungsschuldnerin der Klägerin Mietzins schuldig geblieben ist. Er meint, die Klägerin trage die Beweislast für das Bestehen des von ihr in Anspruch genommenen Pfandrechts, mithin auch für das Vorliegen von Mietrückständen. Sie könne sich daher nicht damit begnügen, die Entstehung ihrer Mietforderung darzutun. Die für den Schuldner der Mietforderungen geltende Regel, daß er die Erfüllung zu beweisen habe, komme im Verhältnis zum Pfandgläubiger nicht zur Anwendung. Im Einzelfall möge es deshalb für den Pfandgläubiger schwierig sein, den Nachweis seines Vorrechts zu führen. Deshalb dürften keine allzu strengen Anforderungen an seine Beweisführung gestellt werden. Aufgrund seiner Kenntnis der zwischen ihm und dem Schuldner bestehenden Beziehungen könne er aber die Nichterfüllung seiner Forderung eher beweisen als der Vollstreckungsgläubiger das Gegenteil. In der Regel könne der Nachweis durch das Zeugnis des Schuldners in Verbindung mit den eigenen Unterlagen des Pfandgläubigers unschwer geführt werden. Bei ordnungsmäßiger eigener Buchführung in Verbindung mit vollständigen Belegen werde der Pfandgläubiger den ihm obliegenden Beweis in der Regel selbst dann führen können, wenn ihm der Schuldner und dessen Unterlagen nicht als Beweismittel zur Verfügung ständen. Hier habe die Klägerin den danach ihr obliegenden Beweis nicht erbracht.
Gegen diese Ausführungen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.
a) Der Berufungsrichter hat nicht erörtert, ob zwischen der Klägerin und der Vollstreckungsschuldnerin ein Mietverhältnis des von der Klägerin behaupteten Inhalts bestand. Mangels abweichender Feststellungen ist dies für das Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellen.
Dann aber stand der Klägerin gemäß § 559 Satz 1 und 3 BGB im Zeitpunkt der Pfändung für ihre Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Vermieterpfandrecht an dem auf dem Mietgrundstück lagernden und damit eingebrachten Stahl und Holz zu. Beide Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß diese zugunsten der Beklagten gepfändeten Sachen der Vollstreckungsschuldnerin gehörten und pfändbar waren. An eingebrachten pfändbaren Sachen des Mieters entsteht das Vermieterpfandrecht kraft Gesetzes bereits mit der Einbringung, auch soweit es erst künftig entstehende Forderungen aus dem Mietverhältnis sichert. Der Zeitpunkt der Einbringung bestimmt daher seinen Rang im Verhältnis zu anderen Pfandrechten (§§ 1257, 1209 BGB entsprechend; BGH, Urt. v. 18. Dezember 1956 – VIII ZR 24/56, LM BGB § 559 Nr. 1). Hier ging das Vermieterpfandrecht deshalb dem erst später entstandenen Pfändungspfandrecht der Beklagten vor (§ 804 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 48, 49 Abs. 1 Nr. 2 KO, §§ 1257, 1209 BGB) und gewährte der Klägerin gemäß § 805 ZPO ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung ihrer dadurch gesicherten Forderungen aus dem Mietverhältnis.
Durch die Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung ist das Vermieterpfandrecht an den Pfandsachen selbst erloschen, nicht aber das sich daraus ergebende Recht der Klägerin, aus dem Vollstreckungserlös für ihre durch das Vermieterpfandrecht gesicherten Forderungen bevorzugt befriedigt zu werden. Dieses Recht ist nicht etwa gemäß § 560 Satz 1 dadurch untergegangen, daß die gepfändeten Sachen im Wege der Zwangsvollstreckung von dem Mietgrundstück entfernt worden sind (BGHZ 27, 227, 231 f.). Die Beklagte hat auch nicht dargetan, daß der Klägerin andere eingebrachte Sachen der Mieterin verbleiben, die zu ihrer Sicherung offenbar ausreichen; der Beklagten steht deshalb die Verweisungseinrede aus § 560 Satz 2 BGB (vgl. dazu BGHZ 27, 227, 230 ff.) nicht zu. Wie allgemein anerkannt ist, konnte das Recht der Klägerin auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Vollstreckungserlös ferner nicht nach § 561 Abs. 2 Satz 2 BGB erlöschen.
b) Nach den §§ 559 Satz 2, 563 BGB kann der Vermieter das Vermieterpfandrecht einem Pfändungsgläubiger gegenüber nicht für künftige Entschädigungsforderungen und für den Mietzins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr sowie wegen des Mietzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Pfändung geltend machen. Der von der Klägerin behauptete Mietrückstand betrifft den Zeitraum vom 1. Oktober 1982 bis 31. März 1983; er gehört damit zu den Forderungen, für die die Klägerin das Vermieterpfandrecht gegenüber der Beklagten geltend machen kann.
c) Bestand ein Mietverhältnis des von der Klägerin behaupteten Inhalts, dann folgt daraus, daß Mietzinsansprüche der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 1982 bis 31. März 1983 in Höhe von monatlich 23.000 DM, insgesamt also 138.000 DM, entstanden sind. Das ist mehr als der von der Klägerin mit 115.000 DM bezifferte Mietrückstand. Die Entstehung der Forderung, für die die Klägerin das Vermieterpfandrecht in Anspruch nimmt, ist mithin für das Revisionsverfahren zu unterstellen. Daraus folgt weiter, daß die Klägerin nur dann keine bevorzugte Befriedigung dieser Forderung aus dem Vollstreckungserlös beanspruchen kann, wenn die Forderung durch Erfüllung (§ 362 BGB) oder andere rechtsvernichtende Tatsachen erloschen ist. Solche Tatsachen hat der Berufungsrichter nicht feststellen können.
d) Die Auffassung, die in diesem Punkt verbliebene Ungewißheit gereiche der Klägerin zum Nachteil, läßt sich mit der vom Berufungsrichter gegebenen Begründung nicht rechtfertigen.
Richtig ist, daß bei der Klage aus § 805 ZPO der Kläger nicht nur das behauptete Pfand- oder Vorzugsrecht und dessen Rang, sondern auch den Anspruch, für den er vorzugsweise Befriedigung begehrt, beweisen muß (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. § 805 Rz. 21; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, § 805 ZPO Anm. 2 B c; Sydow/Busch, ZPO 22. Aufl. § 805 Anm. 6). Dasselbe gilt, wenn der Kläger nach Beendigung der Zwangsvollstreckung materiell-rechtliche Ausgleichsansprüche wegen der Verletzung seines Pfand- oder Vorzugsrechts gegen den Vollstreckungsgläubiger geltend macht: Beim Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB trägt der Kläger die Beweislast dafür, daß der Vollstreckungsgläubiger den Vollstreckungserlös auf seine Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt hat; dazu gehört der Nachweis, daß der Kläger bevorzugte Befriedigung einer Forderung aus dem Erlös der gepfändeten Sache beanspruchen konnte, der Beklagte also den Erlös zu Lasten des Vermögens des Klägers erhalten hat. Für einen etwaigen Anspruch aus unerlaubter Handlung muß der Kläger nachweisen, daß der Vollstreckungsgläubiger ihn durch eine Verletzung seines Rechts geschädigt hat; auch das erfordert den Beweis, daß der Vollstreckungserlös kraft des verletzten Rechts dem Kläger gebührte.
Zu Unrecht hat der Berufungsrichter indessen daraus gefolgert, die Klägerin müsse nicht nur die Entstehung der durch Vermieterpfandrecht gesicherten Forderung beweisen, sondern auch das Fehlen rechtsvernichtender Tatsachen, insbesondere die Nichterfüllung der Mietzinsforderung. Auszugehen ist vielmehr von folgenden Grundsätzen: Das Bestehen eines Rechts ist dem Beweise nicht zugänglich. Die privatrechtlichen Normen gliedern die Bedingungen, von denen die Existenz eines Rechts abhängt, in rechtsbegründende, rechtserhaltende, rechtshindernde, rechtsvernichtende und rechtshemmende Tatbestände, die jeweils nur einen Teil dieser Bedingungen umschreiben. Das Bestehen eines Rechts läßt sich nur folgern aus dem Vorliegen von Tatsachen, die nach den rechtlichen Normen rechtsbegründend und rechtserhaltend wirken, und dem Fehlen rechtshindernder, rechtsvernichtender und rechtshemmender Tatsachen. Nur diese Tatsachen können Gegenstand des Beweises sein. Um die Durchsetzung der Rechte nicht von vornherein unzumutbar zu erschweren, geht das Gesetz von einer Verteilung der Beweislast für diese Tatsachen auf die Parteien des Rechtsstreits aus. Für das Gebiet privatrechtlicher Beziehungen ist folgende Grundregel anerkannt: Wer ein Recht geltend macht, hat die tatsächlichen Voraussetzungen der rechtsbegründenden und rechtserhaltenden Tatbestandsmerkmale zu beweisen. Wer demgegenüber das Bestehen eines Rechts leugnet, trägt die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der rechtshindernden, rechtshemmenden und rechtsvernichtenden Tatbestandsmerkmale (BGHZ 3, 342, 346; 87, 393, 399; BGH, Urteile v. 28. Juni 1972 VIII ZR 39/71, WM 1972, 1064, 1065; v. 13. Januar 1983 – III ZR 88/81, NJW 1983, 2018 f.; Stein/Jonas/Leipold, § 286 ZPO Rz. 40 ff.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, Anhang nach § 286 ZPO Anm. 2 B; Thomas/Putzo, Vorbem. 7 d vor § 284 ZPO; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht 13. Aufl. 5 118 II 2; Rosenberg, Die Beweislast 5. Aufl. § 8 II; Leipold, Beweislastregeln und gesetzliche Vermutungen S. 35, 45, 49 ff.). Diese Regel ist nicht nur anwendbar, wenn das Recht, dessen Bestehen zweifelhaft ist, unmittelbar Gegenstand des Rechtsstreits ist, sondern auch, wenn das Bestehen des Rechts zum Tatbestand einer anderen streitigen Rechtsfolge gehört (präjudizielles Recht; vgl. Rosenberg a.a.O. S. 11 I m. w. N.).
Nach diesem Grundsatz muß auch der Pfandgläubiger, wenn er das von der gesicherten Forderung abhängige Pfandrecht geltend macht, regelmäßig nur das Entstehen dieser Forderung beweisen, nicht aber, daß sie nicht erloschen ist. Der Beweis, daß die Forderung erloschen ist, obliegt vielmehr grundsätzlich seinem Gegner. Diese Beweislastverteilung gilt als Ausprägung der Beweislastgrundregel nicht nur im Verhältnis des Pfandgläubigers zum Schuldner der persönlichen Forderung oder zum Eigentümer der Pfandsache, sondern auch gegenüber Dritten, die dem Pfandgläubiger das Pfandrecht streitig machen. Der letztgenannte Fall liegt hier vor.
Eine gesetzliche Ausnahme von der Beweislastgrundregel ist für diesen Fall nicht vorgesehen. Es liegt auch keiner der Fälle vor, in denen nach der Rechtsprechung eine abweichende Verteilung der Beweislast, etwa wegen eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses, wegen der Zugehörigkeit der beweisbedürftigen Tatsache zu dem Gefahrenbereich einer Partei oder wegen typischer Beweisnot einer Partei (vgl. dazu Thomas/Putzo, Vorbem. 7 e – g vor § 284 ZPO m. w. N.), in Betracht kommt. Der Umstand, daß die Klägerin als Gläubigerin der Mietzinsforderung dem streitigen Recht näher steht als die Beklagte, rechtfertigt noch keine von der Grundregel abweichende Beweislastverteilung (vgl. Stein/Jonas/Leipold, § 286 ZPO Rz. 52). Der Beweis, die Vollstreckungsschuldnerin habe die Mietzinsforderung der Klägerin erfüllt, ist der Beklagten als Vollstreckungsgläubigerin nicht von vornherein unmöglich oder unzumutbar. Die unterschiedliche Nähe der Parteien zu dem streitigen Recht hat deshalb nur Bedeutung für die Anforderungen, die an die Darlegungslast beider Parteien zu stellen sind. Für das Revisionsverfahren ist aber davon auszugehen, daß die Klägerin ihrer Darlegungslast genügt hat. Der Berufungsrichter hat nämlich, obwohl er im Rahmen der Beweiswürdigung das Vorbringen der Klägerin in verschiedenen Punkten bemängelt, nach der Beweislast entschieden, mithin den Vortrag der Klägerin als wirksames Bestreiten des von der Beklagten erhobenen Erfüllungseinwandes angesehen.
Für die Beweislastentscheidung mußte der Berufungsrichter mithin von dem Grundsatz ausgehen, daß beider Klage aus § 805 ZPO der Kläger nur die Entstehung der Forderung zu beweisen hat, für die er vorzugsweise Befriedigung begehrt, nicht aber deren Nichterfüllung. Dasselbe gilt für materielle Ausgleichsansprüche nach § 812 oder 9 823 BGB, die nach Beendigung der Zwangsvollstreckung in Betracht kommen (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, § 805 ZPO Rz. 21). Das hat der Berufungsrichter nicht beachtet.
e) Seine Auffassung, die Klägerin müsse den Mietrückstand beweisen, ist auch nicht aus einem anderen Grunde richtig. Die bisherigen Feststellungen rechtfertigen es nicht, die Grundsätze über eine Erleichterung oder Umkehr der Beweislast wegen schuldhafter Beweisvereitelung zugunsten der Beklagten anzuwenden. Dazu genügt es nicht, daß die von der Klägerin geführten Bücher der Vollstreckungsschuldnerin deren Zahlungen nicht zuverlässig ausweisen. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen darüber, inwieweit die Klägerin den Zustand der Buchhaltung zu verantworten hat. Davon abgesehen sind die für die Beklagte bestehenden Beweismöglichkeiten bisher nicht ausgeschöpft; insbesondere ist bisher nicht beantragt worden, eine Auskunft der Industrie-Kreditbank über die von der Vollstreckungsschuldnerin in Anrechnung auf den Mietzins geleisteten Kreditraten einzuholen. Auch die Tatsache, daß die Klägerin Bankvollmacht für die Konten der Vollstreckungsschuldnerin besaß, rechtfertigt es nicht, ihr den Nachweis für die Nichterfüllung der Mietzinsforderung aufzubürden; es fehlt bisher an jeglicher Feststellung, daß die Klägerin von dieser Bankvollmacht zu ihren Gunsten Gebrauch gemacht hat.
3. Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Eine abschließende Entscheidung ist dem Revisionsgericht mangels ausreichender Feststellungen nicht möglich. Die Sache wird deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 609800 |
NJW 1986, 2426 |
JZ 1986, 686 |