Leitsatz (amtlich)
1. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann grundsätzlich persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft auf Aktien sein.
2. Dazu ist jedoch unabdingbar erforderlich, daß das Fehlen einer natürlichen Person in der Eigenschaft des Komplementärs in der Firma der Gesellschaft kenntlich gemacht wird. HGB § 19 Abs 5 findet insoweit sinngemäße Anwendung.
Orientierungssatz
Zitierung: Entgegen OLG Hamburg, 1968-12-05, 2 W 34/68, NJW 1969, 1030.
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mosbach vom 16. Januar 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 20.000,– DM
Gründe
A.
Die Beteiligten zu 1 bis 7 beantragen, die von ihnen mit notariellem Vertrag vom 1. Juli 1993 gegründete Kommanditgesellschaft auf Aktien, als deren einzige persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH vorgesehen ist, in das Handelsregister einzutragen.
Das Registergericht hat die Eintragung abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben. Auf die weitere Beschwerde der Antragsteller hat das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Beschluß vom 29. Juli 1996 (ZIP 1996, 1787) die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
B.
Die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG sind erfüllt.
Zwar geht es bei der Vorlage des Oberlandesgerichts Karlsruhe um die Frage, ob eine GmbH persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (im folgenden: KGaA) sein kann, während die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. Dezember 1968 (NJW 1969, 1030), durch welche sich das Oberlandesgericht Karlsruhe gehindert sieht, die weitere Beschwerde zurückzuweisen, die Aufnahme einer GmbH & Co. KG als weitere persönlich haftende Gesellschafterin neben natürlichen Personen in eine KGaA betrifft. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg stellt jedoch darauf nicht ab; sie wirft vielmehr wie die Vorlage die grundsätzliche Frage auf, ob eine juristische Person persönlich haftende Gesellschafterin einer KGaA sein kann.
Der Bundesgerichtshof hat über die Zulässigkeit einer derartigen Kommanditgesellschaft auf Aktien noch nicht entschieden. Im Urteil vom 25. Februar 1982 (BGHZ 83, 122, 133) wurde diese Frage als nicht entscheidungserheblich offengelassen. Der Zweite Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts hält auf Anfrage des Oberlandesgerichts Karlsruhe an seiner Rechtsauffassung fest.
C.
Die weitere Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
I.
Die Errichtung einer KGaA mit einer GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin ist grundsätzlich zulässig.
Das Aktiengesetz enthält, wie schon das Hanseatische Oberlandesgericht (aaO) ausgeführt hat, keine Vorschrift, die eine KGaA mit einer GmbH als alleinigem Komplementär ausdrücklich untersagt. Ebensowenig ergibt sich die Unzulässigkeit dieser Rechtsform mittelbar als zwingende Konsequenz aus den im Aktiengesetz getroffenen gesetzlichen Regeln einzeln oder in ihrer Gesamtheit. Zwar geht das Aktiengesetz in den §§ 278 ff. ebenso wie frühere gesetzliche Regelungen entsprechend den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers davon aus, daß der persönlich haftende Gesellschafter der KGaA eine natürliche Person ist. Ein solches Leitbild rechtfertigt jedoch nicht die Annahme der Unzulässigkeit einer KGaA mit einer Kapitalgesellschaft in der Funktion des Komplementärs. Innerhalb der durch zwingende gesetzliche Regelungen und die unabweisbaren Bedürfnisse des Rechtsverkehrs, die im wesentlichen durch die Notwendigkeiten des Gläubigerschutzes und Anlegerschutzes bestimmt werden, gezogenen Grenzen, muß Freiheit zu privatautonomer Gestaltung bestehen, die auch vom Gesetz nicht vorgesehene Mischformen und atypische Lösungen zuläßt (wie hier auch Priester, ZHR 160 1996, 250 ff. und – insbesondere aus rechtssystematischer Sicht – Mertens, Festschrift für Ritter, 1997, 731 ff. gegen K. Schmidt, ZHR 160 1996, 265 ff., alle m.w.N. zum Meinungsstand).
1. a) § 76 Abs. 1 Satz 3 AktG, wonach die Mitgliedschaft im Vorstand einer Aktiengesellschaft natürlichen Personen vorbehalten ist, steht der Komplementär-Fähigkeit einer GmbH in einer KGaA nicht entgegen. Eine Anwendung dieser Bestimmung auf die KGaA vermittels der Generalverweisung des § 278 Abs. 3 AktG kommt von vornherein nicht in Betracht. Anders als die Aktiengesellschaft hat die KGaA keinen vom Aufsichtsrat auf Zeit bestellten, in einem Dienstverhältnis zu der Gesellschaft stehenden Vorstand. Für den Komplementär der KGaA als geborenes, ohne zeitliche Begrenzung kraft Gesetzes zur Leitung der Gesellschaft berufenes Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan gilt nach § 278 Abs. 2 AktG das Recht der KG, deren Komplementär, wie seit langem, und inzwischen sogar vom Gesetzgeber (vgl. §§ 130 a, 130 b, 19 Abs. 5, 125 a, 129 a, 172 Abs. 6, 172 a, 177 a HGB), anerkannt ist, auch eine juristische Person sein kann. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, daß unter den in § 283 AktG enumerativ und abschließend aufgezählten Vorschriften für den Vorstand einer AG, die auch für den Komplementär der KGaA gelten, § 76 Abs. 1 Satz 3 AktG nicht erwähnt wird. Die in § 283 Nr. 3 AktG getroffene Regelung soll lediglich die Haftungserleichterung des § 708 BGB für den persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA ausschließen.
Aus den soeben erörterten Gründen scheidet auch eine analoge Anwendung des § 76 Abs. 1 Satz 3 AktG aus (a.A. etwa Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. § 23 Rdn. 4; Semler, FS Stimpel, S. 507, 518). Da diese Vorschrift lediglich ein Auswahlkriterium für die Ausübung der Personalkompetenz des Aufsichtsrats der AG enthält, kann der in ihr zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke nicht auf den Komplementär der KGaA als deren geborenes Leitungsorgan übertragen werden.
b) Auch aus §§ 281, 284 und 408 i.V.m. §§ 399 bis 487 folgt nicht, daß eine GmbH grundsätzlich ungeeignet wäre, die Stellung des Komplementärs in einer KGaA einzunehmen. Die in § 281 Abs. 1 AktG geforderten Angaben sind zwar auf natürliche Personen zugeschnitten. Die damit bezweckte Identifizierbarkeit des im Handelsregister einzutragenden persönlich haftenden Gesellschafters läßt sich aber – ebenso wie bei der GmbH & Co. KG – bei Kapital- und Personenhandelsgesellschaften auch durch die Angabe ihrer Firma und ihres Sitzes herstellen. Entsprechendes gilt für das Wettbewerbsverbot des § 284 AktG. Wie bei der GmbH & Co. KG (§§ 161 Abs. 2, 112, 113 HGB) richtet es sich gegen die Komplementär-GmbH (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl. Anh. § 177a Rdn. 23; Priester, ZHR 160, 250, 256). Schließlich ist auch nicht zu befürchten, daß die in § 408 AktG angeordnete sinngemäße Anwendung der Strafbestimmungen der §§ 399 bis 407 AktG leerläuft. Ist die persönlich haftende Gesellschafterin eine Kapitalgesellschaft, so gelten die Strafnormen gemäß § 14 Abs. 1 StGB (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 1963 – 1 StR 391/63, GmbHR 1964, 51 f.).
2. In Ermangelung eines im Aktiengesetz normierten Verbots und unter Berücksichtigung des Postulats privatautonomer Gestaltungsfreiheit innerhalb der durch das zwingende Recht gezogenen Grenzen vermag auch ein etwaiger Wille des historischen Gesetzgebers nicht die Unzulässigkeit einer KGaA mit einer GmbH in der Komplementär-Funktion zu begründen. Obwohl die Zulässigkeit dieser rechtlichen Gestaltung bereits damals lebhaft diskutiert wurde, blieb der Gesetzgeber sowohl bei der Aktenrechtsreform 1937 als auch bei derjenigen des Jahres 1965 insoweit untätig. Die spätere Absicht der Bundesregierung, § 278 Abs. 1 durch einen Satz 2 zu ergänzen, wonach persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA nur eine natürliche Person sein kann (Artikel 3 Nr. 7 des Gesetzentwurfes zur Änderung des Gesetzes betreffend die GmbH und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 15. Dezember 1977, BT-Drucks. 8/1347) ist nicht Gesetz geworden. Zwar mag dies vor allem darauf zurückzuführen sein, daß seinerzeit für eine solche Regelung angesichts des damaligen Meinungsstandes und der geringen Zahl in Betracht kommender Gesellschaften kein dringendes Bedürfnis gesehen wurde (BT-Drucks. 8/3908 Seite 79 zu Artikel 3 Nr. 7). Dessen ungeachtet wäre es methodisch verfehlt, aus einer nicht Gesetz gewordenen Absicht eines früheren Regierungsentwurfs Schlüsse für oder gegen die Zulässigkeit der in Frage stehenden Gestaltungsform zu ziehen. Der Wille des Gesetzgebers ist bei der Auslegung nur insoweit zu berücksichtigen, wie er im Gesetz selbst hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (vgl. BVerfGE 11, 126, 130; 62, 1, 45 m.w.N.). Da dies in der Frage der Zulässigkeit der GmbH & Co. KGaA gerade nicht der Fall ist, bleibt ihre Beantwortung Rechtsprechung und Schrifttum überlassen (vgl. Priester, ZHR 160, 250, 256 f.).
Dies gilt um so mehr, als der Gesetzgeber inzwischen in jüngeren Gesetzen von der Existenz von KGaA, deren persönlich haftender Gesellschafter eine Handelsgesellschaft ist, zumindest Kenntnis genommen hat, ohne dies zum Anlaß zu gegen diese atypische Gestaltung gerichteten gesetzgeberischen Maßnahmen zu nehmen. So hat der Gesetzgeber durch § 9 Nr. 2 b GewStG (BGBl. I 1990, Seite 2775) und § 12 Abs. 3 Nr. 2 b GewStG (BGBl. I 1991, Seite 1322) die bis dahin bestehende gewerbeertragssteuerliche und gewerbekapitalsteuerliche Doppelbelastung derartiger KGaA beseitigt. Aussagekräftiger noch als dieses Verhalten des Steuergesetzgebers ist die in § 218 Abs 2 des Umwandlungsgesetzes vom 28. Oktober 1994 getroffene Regelung. Dort ist vorgesehen, daß sich bei der Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine KGaA mindestens ein Gesellschafter der formwechselnden Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt, oder daß der Gesellschaft mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter beitritt. Weder im Gesetz noch in der Begründung zum Gesetzentwurf wird eine natürliche Person als persönlich haftende Gesellschafterin gefordert, obwohl das Umwandlungsgesetz dem Gesetzgeber Gelegenheit gegeben hätte, diese Frage zu regeln.
3. Rechtsgrundsätzliche Einwendungen stehen der Zulässigkeit der GmbH & Co. KGaA nicht entgegen. So lassen sich weder aus der Struktur der KGaA noch aus § 23 Abs. 5 AktG oder aus anderen Gesichtspunkten überzeugende Argumente gegen die Fähigkeit einer juristischen Person, Komplementär einer KGaA zu sein, herleiten.
a) Ein zwingendes Organisationsmodell, das die KGaA auf eine natürliche Person als Komplementär festlegt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 278 Abs. 3 AktG) gilt der Primat des Aktienrechts und damit auch der Grundsatz der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) nur für die Kapitalstruktur der Gesellschaft, während sich ihre Führungsstruktur – und dazu gehört auch die Frage, wer persönlich haftender Gesellschafter sein kann – gemäß § 278 Abs. 2 AktG nach dem Personengesellschaftsrecht richtet und damit ebenso wie bei der Kommanditgesellschaft grundsätzlich für die Beteiligung einer GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin offen ist (vgl. Hennerkes/May, DB 1988, 537, 540; Strieder/Habel, DB 1994, 1557, 1558 f.).
b) Dem gesetzgeberischen Leitbild entspricht zwar zweifellos die Führung der KGaA durch eine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafterin. Dies ist jedoch bei den Handelsgesellschaften, bei denen mittlerweile allgemein anerkannt ist, daß auch juristische Personen die Komplementär-Funktion übernehmen können, wie das Beispiel der GmbH & Co. KG zeigt, nicht anders. Kautelarpraktische Gestaltungen sind, wie eingangs ausgeführt, nicht schon deshalb unerlaubt, weil sie vom gesetzlichen Regeltypus abweichen (vgl. Claussen, GmbHR 1996, 73, 77).
c) Auch der Grundsatz der Selbstorganschaft steht der Einschaltung einer juristischen Person als persönlich haftender Gesellschafterin nicht entgegen. Dies zeigt auch hier wieder das Beispiel der GmbH & Co. KG. Obwohl auch bei ihr die juristische Person als persönlich haftende Gesellschafterin die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft wahrnimmt, hat sie der Gesetzgeber inzwischen – der Rechtsprechung folgend – ausdrücklich anerkannt. Bereits von diesem Standpunkt aus wäre es inkonsequent, die GmbH als Komplementärin einer KGaA auszuschließen.
4. a) Unabdingbare Notwendigkeiten des Gläubiger- und Anlegerschutzes stehen der Zulässigkeit der GmbH & Co. KGaA ebenfalls nicht entgegen. Das Gesetz verlangt in § 161 Abs. 1 HGB ebenso wie in § 278 Abs. 1 AktG lediglich, daß mindestens ein Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft unbeschränkt haftet. Diese Voraussetzung ist bei einer juristischen Person als Komplementärin der KGaA gewahrt, weil auch sie mit ihrem gesamten Vermögen haftet. Zudem stellt bei der KGaA nicht die persönliche Haftung des Komplementärs, sondern das von den Kommanditaktionären aufgebrachte, durch die aktienrechtlichen Kapitalaufbringungs- und erhaltungsvorschriften geschützte Grundkapital die eigentliche Haftungsgrundlage für die Gesellschaftsgläubiger dar. Die Einbeziehung der KGaA in das Aktien- und damit in das Kapitalgesellschaftsrecht durch den Gesetzgeber des HGB von 1897 ist bereits in der klaren Erkenntnis der demgegenüber vergleichsweise geringen Bedeutung der persönlichen Komplementär-Haftung für die Befriedigungsaussichten der Gläubiger im Krisenfalle erfolgt (siehe dazu näher K. Schmidt, ZHR 160 1996, 265, 277 f.).
b) Auch die im Vergleich zu derjenigen des Vorstandes einer Aktiengesellschaft selbständigere und unabhängigere Stellung des Komplementärs einer KGaA, die sich in den reduzierten Befugnissen des Aufsichtsrats niederschlägt, erfordert nicht zwingend als Ausgleich die persönliche Haftung einer natürlichen Person. Dieser Vergleich mit der Aktiengesellschaft geht schon deshalb fehl, weil die KGaA keine bloße Spielart der Aktiengesellschaft, sondern eine eigenständige Gesellschaftsform ist, deren Führungsstruktur sich nicht nach aktienrechtlichen Prinzipien, sondern gemäß § 278 Abs. 2 AktG nach dem Recht der KG richtet, das heute die Zulässigkeit einer juristischen Person als geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Komplementärs ausdrücklich anerkennt.
Im übrigen wäre eine zu der ohnehin bestehenden Verschuldenshaftung des Geschäftsleiters hinzutretende persönliche Erfolgshaftung auch von der Sache her nicht dazu geeignet, im Sinne eines „objektiven Kontrollmechanismus” die bei der KGaA fehlende (subjektive) Kontrolle durch den Aufsichtsrat zu ersetzen. Die Erwartung, ein für die Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich haftender Geschäftsleiter werde im Hinblick auf die – angesichts der üblichen Haftungsfreistellungen nur im Insolvenzfall wirklich relevante – Gefahr des Verlustes seiner eigenen wirtschaftlichen Existenz die Geschäfte der Gesellschaft mit größerer Sorgfalt, Vorsicht und Umsicht führen als ein Fremdgeschäftsführer, geht jedenfalls als generalisierende Annahme weitgehend an den Realitäten des modernen Wirtschaftslebens vorbei. Die Sorge vor persönlicher Haftung kann, wie in der gegenwärtigen Diskussion um eine Verschärfung der Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat zu Recht geltend gemacht worden ist (Hopt, Festschrift für Mestmäcker, 1996, Seite 909, 914), den Unternehmensleiter auch zu einem übertrieben defensiven Verhalten veranlassen, das zum Schaden der Gesellschafter und Gläubiger der Gesellschaft dazu führt, daß neue risikobehaftete Geschäftschancen nicht wahrgenommen werden, mit der Folge, daß das Unternehmen im schlimmsten Falle den Anschluß an die wirtschaftliche Entwicklung verpaßt. Zudem wird die vor allem im modernen Wirtschaftsleben unumgängliche Bereitschaft, auch wirtschaftliche Wagnisse einzugehen, und die Fähigkeit, die mit geschäftlichen Unternehmen verbundenen Chancen und Risiken zutreffend einzuschätzen, weit mehr durch die Persönlichkeit des individuellen Unternehmensleiters und seine unternehmerische Kompetenz bestimmt als durch Erwägungen haftungsrechtlicher Art. Einem in dieser Beziehung nicht ausreichend befähigten Geschäftsführer sind die Kommanditaktionäre bei Führung des Unternehmens durch eine natürliche Person als Komplementär sogar in höherem Maße ausgesetzt als bei Führung durch den Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH, der durch entsprechenden Beschluß der GmbH-Gesellschafter jederzeit gegen eine geeignetere Persönlichkeit ausgetauscht werden kann.
5. Bedenken im Hinblick auf eine rechtlich unzulässige Minderheitenherrschaft stehen der Zulässigkeit der kapitalistischen KGaA im Ergebnis gleichfalls nicht entgegen. Zumindest sind sie bei zutreffender Rechtsanwendung ausräumbar. Zwar haben die Kommanditaktionäre bei der gesetzestypischen KGaA Einfluß auf die Auswahl des Komplementärs, indem sie ihn bei der Gründung der Gesellschaft im Rahmen des einstimmigen Gründungsaktes billigen müssen (§ 280 Abs. 2 AktG) und bei der im Fall einer späteren Aufnahme grundsätzlich erforderlichen Satzungsänderung mitwirken müssen, während sie einen solchen Einfluß auf die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, die allein Sache der Gesellschafter der GmbH ist, nicht besitzen. Ein ausreichendes Schutzinstrument ist hier aber die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Komplementär-GmbH, die bei der Auswahl der Geschäftsführer auf die Belange der Kommanditaktionäre Rücksicht zu nehmen hat (so zutreffend Priester, ZHR 160, 250, 261). Zudem ist zu erwägen, Satzungsgestaltungen zu Lasten der Kommanditaktionäre nur in engeren Grenzen zuzulassen als bei der gesetzestypischen KGaA, so etwa bei Einschränkung der ihnen nach dem Gesetz (§ 278 Abs. 2 AktG i.V.m. §§ 163 f. HGB) zustehenden Mitwirkungsbefugnisse bei außergewöhnlichen Geschäften. Entsprechendes hätte für Erweiterungen der Rechte des Komplementärs (siehe etwa § 285 Abs. 2 Satz 1 AktG) zu gelten. Als allgemeine Richtlinie ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechungsgrundsätze des erkennenden Senats zu den Publikumskommanditgesellschaften hingewiesen worden (Priester, ZHR 160, 250, 262). Die Frage nach der Erforderlichkeit und des Umfangs derartiger Korrekturen bedarf jedoch ebenso wie diejenige nach ihrer Ausgestaltung im einzelnen gegenwärtig keiner abschließenden Entscheidung.
6. Endlich vermag auch der Einwand, die GmbH & Co. KGaA stelle eine Umgehung des Mitbestimmungsgesetzes dar, deren Unzulässigkeit nicht zu belegen. Das Mitbestimmungsgesetz entfaltet bei der KGaA im Ergebnis nur eine geringere Wirkung, da dessen bedeutsamsten Regelungen, nämlich die Kompetenz des mitbestimmten Aufsichtsrats zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsleitung sowie die Verpflichtung zur Benennung eines Arbeitsdirektors gemäß §§ 31 Abs. 1 Satz 2 und 33 Abs. 1 Satz 2 MitbestG bei der KGaA keine Anwendung finden. Es kann dahinstehen, welche Gründe den Gesetzgeber zur Einräumung dieser Begünstigung der KGaA erwogen haben. Denn jedenfalls hat er zeitlich nach dem Erlaß des Mitbestimmungsgesetzes durch §§ 9 Nr. 2 b, 12 Abs. 3 Nr. 2 b GewStG sowie durch die Ausgestaltung des Umwandlungsgesetzes (siehe dazu schon oben unter 2.) zu erkennen gegeben, daß ihm die Existenz von KGaA mit einer GmbH als Komplementärin bekannt ist, ohne daß er sich deshalb zu Änderungen des Mitbestimmungsgesetzes veranlaßt gesehen hat. Es kann nicht Aufgabe der Gerichte sein, den auf politischem Wege gefundenen Mitbestimmungskompromiß durch eine – wie auch immer geartete – Rechtsfortbildung zu korrigieren. Es ist allein Sache des Gesetzgebers, das Mitbestimmungsgesetz den neuen Gegebenheiten anzupassen, wenn er der Ansicht sein sollte, die KGaA ohne natürliche Person als persönlich haftende Gesellschafterin müsse der Mitbestimmung unterworfen werden.
II.
Nach alledem bestehen gegen die Zulässigkeit einer KGaA mit einer GmbH als alleiniger persönlich haftender Gesellschafterin keine durchgreifenden Bedenken. Den Abweichungen dieser atypischen Rechtsform von der dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden KGaA mit einer natürlichen Person als Komplementär ist nicht durch die Annahme der Unzulässigkeit einer solchen Typenverbindung zu begegnen. Die privatautonome Gestaltungsfreiheit und die Vielfalt rechtlich möglicher Assoziationsformen würde dadurch unnötig eingeschränkt. Die Akzeptanz dieser Gesellschaftsform, die vor allem mittelständischen Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert, kann vielmehr der Praxis überlassen bleiben. Ihrem atypischen Charakter und ihren vom Regeltypus abweichenden Haftungs- und Herrschaftsverhältnissen ist vielmehr mit den Mitteln der Publizität Rechnung zu tragen. Eine Offenlegung durch Eintragung der entsprechenden Satzungsangaben im Handelsregister ist zur Herstellung der erforderlichen Transparenz allein nicht ausreichend. Im Interesse des Rechtsverkehrs ist es unabdingbar geboten, daß er – nicht anders als bei der GmbH & Co. KG – bereits aus der Firma der Gesellschaft ersehen kann, daß er es mit einer KGaA ohne natürlichen Vollhafter zu tun hat. Die in dieser Richtung – wiederum entsprechend der ursprünglichen Rechtslage bei der soeben erwähnten Typenverbindung – bisher bestehende gesetzliche Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des § 19 Abs. 5 HGB zu schließen (so auch Priester, ZHR 160, 250, 258 f.).
III.
Für das vorliegende Verfahren ergibt sich demnach, daß der Eintragung der von den Antragstellern gegründeten GmbH & Co. KGaA, vorbehaltlich des Vorliegens der allgemeinen Eintragungsvoraussetzungen, lediglich das Hindernis entgegensteht, daß die Firma einen Hinweis darauf enthalten muß, daß persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH ist.
Fundstellen