Beteiligte
Universitätsklinikum Tübingen – Anstalt des öffentlichen Rechts – als Rechtsnachfolger der Eberhard-Karls-Universität Tübingen – Klinikum |
Berufungsausschuß für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Südwürttemberg |
6. Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. |
7. Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. |
3. Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg |
4. Innungskrankenkasse Baden-Württemberg |
1. Kassenärztliche Vereinigung Südwürttemberg |
5. Landwirtschaftliche Krankenkasse Württemberg |
8. Krankenkasse für den Gartenbau |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. März 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat dem Beklagten dessen außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das Klinikum der ursprünglich klagenden Universität beantragte im Dezember 1994 bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Südwürttemberg – Geschäftsstelle Zulassungsausschuß für Ärzte – eine Institutsermächtigung für die Abteilung Strahlentherapie der Radiologischen Universitätsklinik der Eberhard-Karls-Universität Tübingen auf der Grundlage des § 31 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) iVm § 5 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw § 9 Abs 1 Arzt-Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä). Die Anschaffung eines vierten Linearbeschleunigers zur Strahlentherapie sei geplant, doch könnten die damit verbundenen Investitionskosten vom Klinikum nur übernommen werden, wenn für die Leistungen mit diesem Gerät außerhalb des Poliklinikvertrages eine Institutsermächtigung erteilt werde. Der Zulassungsausschuß lehnte den Antrag mit der Begründung ab, für eine Ermächtigung bestehe kein Bedarf, weil die Poliklinik auf der Grundlage des § 117 SGB Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bereits zur ambulanten Versorgung der Versicherten ermächtigt sei. Im Rahmen dieser Ermächtigung könne sie auch strahlentherapeutische Leistungen im gewünschten Umfang erbringen.
Der beklagte Berufungsausschuß wies den Widerspruch der (früheren) Klägerin zurück. Zwar würden strahlentherapeutische Leistungen weder im Planungsbereich noch in der größeren Region von niedergelassenen Ärzten in ausreichendem Umfang erbracht. Die der Poliklinik erteilte Ermächtigung nach § 117 SGB V stehe jedoch einer weitergehenden Ermächtigung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung entgegen (Bescheid vom 17. November 1995).
Das Sozialgericht (SG) hat die Entscheidung des Beklagten aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Ermächtigungsantrag neu zu entscheiden (Gerichtsbescheid vom 28. Oktober 1996 mit Bezugnahme auf das Urteil vom 11. September 1996 im Parallelverfahren betreffend Herzkatheteruntersuchungen; dazu Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 43/97 R).
Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf sein Urteil im Verfahren betreffend die Ermächtigung der früheren Klägerin für Herzkatheteruntersuchungen (dazu ebenfalls Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 43/97 R) bezogen (Urteil vom 19. März 1997).
Die (frühere) Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens sind mit Wirkung vom 1. Januar 1998 in Baden-Württemberg Universitätsklinika als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet worden, die die Rechte und Pflichten der zuvor rechtlich gegenüber der Universität nicht verselbständigten Hochschulkliniken übernommen haben (§ 1 des Universitätsklinika-Gesetzes vom 24. November 1997 ≪UKG≫; GBl 1997, S 474). Das nunmehr das Revisionsverfahren führende Universitätsklinikum Tübingen (iF: der Kläger) rügt, das Berufungsgericht habe auf der Grundlage der von ihm herangezogenen Vorschriften der § 2 Abs 1 und Abs 9, § 66 Abs 4 Hochschulrahmengesetz (HRG) den Zusammenhang von Forschung und Lehre einerseits sowie allgemeiner Krankenversorgung andererseits als prinzipiell gleichwertige Aufgaben der Hochschulkliniken verkannt. Nach § 2 Abs 9 Satz 2 HRG dürften den Hochschulen auch andere als die in § 2 Abs 1 dieses Gesetzes genannten Aufgaben zugewiesen werden. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, daß die seit Jahrzehnten praktizierte Einbeziehung der Hochschulkliniken in die allgemeine Krankenversorgung mit dem Grundgesetz (GG) in Einklang stehe. Diese sei zwar durch die Notwendigkeiten medizinischer Forschung und Lehre begründet und bedingt. Krankenversorgung stelle jedoch eine Zusatzaufgabe dar, die über den rein wissenschaftlichen Bereich hinausgehe. Das LSG habe aus der zutreffenden Auffassung, im medizinischen Bereich seien Forschung und Lehre ohne Krankenversorgung nicht denkbar, den unzutreffenden Schluß gezogen, an Hochschulkliniken dürfe sogar auf der Grundlage einer ausdrücklichen landesgesetzlichen Aufgabenzuweisung Krankenbehandlung überhaupt nicht stattfinden, soweit dies dem Umfang nach nicht mehr im Hinblick auf Forschung und Lehre geboten sei. Aus § 66 Abs 4 HRG könne gerade nicht abgeleitet werden, daß die Krankenversorgung in Universitätseinrichtungen stets allein diesen Zwecken zu dienen habe.
Nach der Schätzung der ständigen Kommission der Kultusminister der Länder aus dem Jahre 1995 betrage der den Zwecken von Forschung und Lehre zuzurechnende Kostenanteil der Universitätsklinika lediglich 20 %. Daraus sei zu folgern, daß tatsächlich in Universitätskliniken in großem Umfang Krankenbehandlung ambulant wie stationär durchgeführt werde, ohne daß dies von den Forschungs- und Lehraufgaben der Universität her geboten sei. In Übereinstimmung mit den Krankenhausgesetzen anderer Länder beziehe § 5 des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg (LKHG) die Universitätsklinika in die Krankenhausplanung ein, soweit sie der allgemeinen Versorgung der Bevölkerung dienen. Dabei sei den Aufgaben aus Forschung und Lehre Rechnung zu tragen, was jedoch nicht bedeute, daß die in Universitätskliniken angebotene Krankenversorgung diesen Zwecken stets zu dienen habe. Die Hochschulkliniken nähmen gegenwärtig Aufgaben war, die überhaupt nicht im Zusammenhang mit Forschung und Lehre stünden, sondern allein zur allgemeinen Krankenversorgung zu rechnen sein. Das gelte zunächst für den stationären Bereich, soweit die Universitätskliniken zu den als bedarfsgerecht angesehenen Krankenhäusern zählten, und im ambulanten Bereich etwa für die Teilnahme am ambulanten Operieren auf der Grundlage des § 115 SGB V. Zudem sei sein – des Klägers – sozialpädiatrisches Zentrum auf der Grundlage des § 119 SGB V ab dem 1. Januar 1992 ermächtigt worden. Schließlich seien dem Hygieneinstitut der Universität die Aufgaben eines staatlichen Medizinaluntersuchungsamtes übertragen worden.
Selbst wenn man der Prämisse des LSG folge, die Krankenversorgung an den Universitätskliniken sei von Forschung und Lehre nicht abtrennbar, könne dieses Ergebnis jedoch die Auslegung des SGB V nicht beeinflussen. Als rahmenrechtlichen Bestimmungen iS des Art 75 GG könnten den Vorschriften des HRG nur ganz behutsam Bindungen für das Landesrecht iS des Art 31 GG entnommen werden. § 66 Abs 4 HRG gestatte gerade den Ländern, über die Aufgaben der Hochschulkliniken zu entscheiden.
Ihm, dem Kläger, stehe ein Anspruch auf die begehrte Ermächtigung zu. § 117 SGB V sei allerdings lex specialis, soweit ein bedarfsunabhängiger Ermächtigungsanspruch allein im Hinblick auf die Zwecke von Forschung und Lehre geltend gemacht werde. Darüber hinaus könnten die Hochschulkliniken aber nach den allgemeinen Regeln, dh bei Vorliegen eines entsprechenden Bedarfs, auf der Grundlage des § 31 Abs 1 Ärzte-ZV bzw der § 5 Abs 1 BMV-Ä bzw § 9 Abs 1 EKV-Ä iVm § 31 Abs 2 Ärzte-ZV ermächtigt werden. Da ein entsprechender Bedarf für strahlentherapeutische Leistungen bestehe, seien die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. März 1997 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Oktober 1996 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Auffassung des LSG vom untrennbaren Zusammenhang von Forschung, Lehre und Krankenversorgung in den Universitätskliniken für zutreffend. Die Krankenversorgung dort könne nicht in einen Forschungs- und Lehranteil und einen reinen Krankenversorgungsanteil aufgespalten werden, weil beide Bereiche eng verzahnt seien. Dem trage die Sondervorschrift des § 117 SGB V für die poliklinischen Institutsambulanzen angemessen Rechnung. Entgegen der Auffassung des LSG sei er – der Beklagte – der Auffassung, daß § 117 SGB V eine abschließende Spezialregelung für die Einbeziehung von den poliklinischen Hochschulambulanzen in die vertragsärztliche Versorgung darstelle, neben der Ermächtigungen auf der Grundlage der § 95 Abs 1 SGB V und § 31 Ärzte-ZV generell nicht erteilt werden könnten. Die allgemeinen Bestimmungen, die durch die Spezialregelung des § 117 SGB V verdrängt werden, seien gerade diejenigen hinsichtlich der Ermächtigungen iS des § 116 SGB V sowie der §§ 31 und 31a Ärzte-ZV. Wenn Forschung und Lehre einerseits und Krankenversorgung andererseits eng verbunden seien, sei es nicht möglich, für eine bestimmte Zahl von strahlentherapeutischen Leistungen anzunehmen, insoweit werde den Bedürfnissen von Forschung und Lehre gedient, für alle weiteren Bestrahlungen aber eine bedarfsabhängige Ermächtigung zu erteilen, soweit die niedergelassenen Ärzte derartige Leistungen nicht anböten.
Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Die übrigen Beteiligten äußern sich im Revisionsverfahren nicht.
II
Der Senat hat von Amts wegen das Rubrum dahin geändert, daß der Kläger und Revisionskläger seit dem 1. Januar 1998 das Universitätsklinikum Tübingen – Anstalt des öffentlichen Rechts – ist. Das Klinikum hat als Rechtsnachfolger der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Klinikum) gemäß § 1 Abs 2 des am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen UKG Baden-Württemberg deren Rechte und Pflichten übernommen und führt den Rechtsstreit als Rechtsnachfolger der Universität weiter.
Der Senat entscheidet gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 iVm § 33 Satz 2 Abs 2, § 40 Satz 1 SGG in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Kassen- bzw Vertragsärzte und aus den Kreisen der Krankenkassen, also in sog paritätischer Besetzung. Für die Abgrenzung der Angelegenheiten des Kassenarztrechts von denjenigen der Kassenärzte iS des § 12 Abs 3 SGG ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats ausschlaggebend, wie nach den maßgeblichen rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über den streitigen Anspruch zu entscheiden hat (vgl zuletzt BSG SozR 3-1500 § 12 Nr 9 S 17 mwN). Allerdings hat dann, wenn zweifelhaft und umstritten ist, ob ein allein aus Kassen- bzw Vertragsärzten oder ein paritätisch (gemischt) zusammengesetztes Entscheidungsgremium zuständig ist, das Gericht in der sog paritätischen Besetzung zu entscheiden (vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 2 S 3 sowie BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 63). Beide Gesichtspunkte führen hier zur Zuordnung des Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Kassenarztrechts iS von § 12 Abs 3 Satz 1 SGG.
Über den Ermächtigungsantrag der (früheren) Klägerin haben die Zulassungsgremien entschieden, obwohl die Klägerin ihren Antrag ausdrücklich auf § 5 Abs 1 BMV-Ä bzw § 9 Abs 1 EKV-Ä iVm § 31 Abs 2 Ärzte-ZV gestützt hatte und nach dem Wortlaut dieser Vorschriften die KÄV über die Erteilung sog Katalogermächtigungen zu entscheiden hat. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, inwieweit die Zusammensetzung der Verwaltungsstelle, die über den geltend gemachten Anspruch tatsächlich entschieden hat, auch dann nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats zur Anwendung des § 12 Abs 3 SGG die Besetzung der Richterbank bestimmt, wenn ein aus Vertretern von Vertragsärzten und Krankenkassen paritätisch zusammengesetztes Gremium seine Zuständigkeit im Widerspruch zu geltenden Vorschriften angenommen hat. Es ist jedenfalls grundsätzlich nicht zulässig, durch bewußte Normverstöße in Zuständigkeitsfragen Einfluß auf die Besetzung der Richterbank zu nehmen, in der die getroffenen Entscheidungen zu überprüfen sind. Eine in diesem Sinne offenkundig normwidrige bzw willkürliche Zuständigkeitsanmaßung seitens der Zulassungsgremien liegt hier jedoch nicht vor. Der Senat hat mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren B 6 KA 11/98 R entschieden, daß die von den Zulassungsgremien unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ein rechtskräftiges Urteil des SG Karlsruhe vertretene Rechtsauffassung von ihrer Zuständigkeit für die Entscheidung über Katalogermächtigungen iS des § 5 Abs 1 BMV-Ä bzw § 9 Abs 1 EKV-Ä im Ergebnis zutrifft. Die Partner der Bundesmantelverträge sind danach nicht berechtigt, auf der Grundlage des § 31 Abs 2 Ärzte-ZV Regelungen zu treffen, die von der in den §§ 96, 97 SGB V, §§ 31, 31a Ärzte-ZV vorgeschriebenen Zuständigkeit der Zulassungsgremien in Ermächtigungsangelegenheiten abweichen. Die Rechtsfrage, wer für die Erteilung von Katalogermächtigungen zuständig ist, war auch schon vor dieser Entscheidung des Senats umstritten (vgl Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, RdNr E 178; Schallen, Zulassungsverordnung Vertragsärzte/Vertragszahnärzte, 2. Aufl 1998, RdNr 367), so daß die Annahme insbesondere des Beklagten, er sei zur Entscheidung berufen, trotz ihres Widerspruchs zum Wortlaut des § 5 Abs 1 BMV-Ä und § 9 Abs 1 EKV nicht als offen gesetzwidrig bzw willkürlich gewertet werden kann.
Auch der Gesichtspunkt, daß bei Zweifeln über die Zuständigkeit bzw die personelle Zusammensetzung des zur Entscheidung berufenen Gremiums in der sog paritätischen Besetzung zu entscheiden ist, spricht hier für eine Zuordnung des Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Kassenarztrechts. Dies ist auch vom Berufungsgericht so praktiziert worden, obwohl das LSG auf den Gesichtspunkt, daß der Antrag der (früheren) Klägerin nicht auf § 31 Abs 1 Ärzte-ZV, sondern ausdrücklich auf § 5 Abs 1 BMV-Ä bzw § 9 Abs 1 EKV-Ä gestützt worden ist, nicht eingegangen ist.
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß ihm kein Anspruch auf Ermächtigung seiner Radiologischen Klinik für strahlentherapeutische Leistungen zusteht.
Unabhängig davon, ob der Kläger seinen Ermächtigungsanspruch – wie im Antrag vom Dezember 1994 geschehen –, auf § 5 Abs 1 BMV-Ä bzw § 9 Abs 1 EKV-Ä oder – was von der Sache her auch in Betracht kommt – auf § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV stützt, kann ihm für seine Radiologische Klinik eine Institutsermächtigung für strahlentherapeutische Leistungen nicht erteilt werden. Diese Leistungen dürfen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht und abgerechnet werden, wenn der die Leistung ausführende Arzt eine spezielle Qualifikation gegenüber seiner KÄV nachgewiesen hat. Ärztliche Leistungen, die nicht unmittelbar kraft des Zulassungs- oder Ermächtigungsstatus unter Beachtung der Fachgebietsgrenzen erbracht und abgerechnet werden dürfen, sondern bei denen der Leistungserbringung eine Qualifikationsprüfung vorausgehen muß, können von vornherein nicht Gegenstand einer Institutsermächtigung sein. Bei der Leistungserbringung im Rahmen einer Institutsermächtigung kann nämlich nicht sichergestellt werden, daß die jeweiligen Qualifikationsanforderungen in jedem einzelnen Leistungsfall eingehalten werden. Im Senatsurteil vom 2. Oktober 1996 (BSGE 79, 159 ff = SozR 3-5520 § 31 Nr 5) hat der Senat im einzelnen dargelegt, weshalb der in speziellen Qualifikations-Vereinbarungen bzw Qualifikations-Richtlinien zum Ausdruck kommende enge Zusammenhang von nachgewiesener persönlicher Qualifikation des einzelnen Arztes und Berechtigung zur Leistungserbringung insoweit generell die Erteilung einer Institutsermächtigung ausschließt. Dieser Ausschluß gilt auch für die strahlentherapeutischen Leistungen, die Gegenstand der vom Kläger begehrten Ermächtigung seiner Radiologischen Klinik sein sollen.
Nach § 2 der Vereinbarung zur Strahlendiagnostik und -therapie, die auf Grundlage des § 135 Abs 2 SGB V als Anlage 3 zum BMV-Ä und zum EKV-Ä am 10. Februar 1993 vereinbart worden ist (abgedruckt bei Liebold/Zalewski, aaO, RdNr V 151 f), bedarf die Ausführung und Abrechnung von Leistungen ua der Strahlentherapie durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte der vorherigen Genehmigung seitens der KÄV. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Arzt bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der fachlichen Befähigung und der apparativen Ausstattung erfüllt. Gemäß § 9 der Vereinbarung zur Strahlendiagnostik und -therapie gelten die Anforderungen an die fachliche Befähigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Nachbestrahlungs-, Weichteilstrahl- und Orthovolttherapie durch die Vorlage der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz nach § 3 Abs 3 Nr 2 der Röntgenverordnung und durch den Nachweis einer der folgenden fachlichen Qualifikationen als erfüllt: Berechtigung zum Führen der Facharztbezeichnungen „Facharzt für Strahlentherapie” oder „Facharzt für Radiologie, Teilgebiet Strahlentherapie” oder „Facharzt für Radiologie” (sofern er die fachliche Qualifikation für Strahlentherapie erworben hat). Im Unterschied zu den verhaltenstherapeutischen Leistungen, die Gegenstand des Senatsurteils vom 2. Oktober 1996 (aaO) waren, können strahlentherapeutische Leistungen durch diejenigen Ärzte, die die erforderliche Qualifikation gegenüber ihrer KÄV nachgewiesen haben, allerdings ohne speziell auf den einzelnen Behandlungsfall bezogene Bewilligung der Krankenkasse erbracht und abgerechnet werden. Dieser Umstand rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung der Erteilung von Institutsermächtigungen für qualifikationsabhängige ärztliche Leistungen.
Der generelle Ausschluß von Institutsermächtigungen für ärztliche Leistungen, die nur von Ärzten erbracht und abgerechnet werden dürfen, die zuvor eine bestimmte fachliche Befähigung nachgewiesen haben, gilt auch für die ambulante Behandlung in Hochschulkliniken. In diesem Zusammenhang ist ohne Bedeutung, daß dem Kläger für seine Radiologische Klinik auf der Grundlage des § 117 Satz 1 SGB V eine Poliklinikermächtigung erteilt worden ist, die nach der Rechtsauffassung aller Beteiligten und nach bisher unangefochtener Praxis auch die Erbringung und Abrechnung strahlentherapeutischer Leistungen gestattet. Die Leistungen im Rahmen der Poliklinikermächtigung des § 117 Satz 1 SGB V dienen in erster Linie den Zwecken von Forschung und Lehre. Insoweit der Aspekt der medizinischen Lehre betroffen ist, ist kraft Natur der Sache nicht auszuschließen, daß an der Leistungserbringung im einzelnen Behandlungsfall auch Ärztinnen und Ärzte beteiligt sind, die eine bestimmte Qualifikation noch nicht besitzen, sondern im Rahmen ihrer Weiterbildung in der Hochschulklinik erst erwerben wollen. Das gehört zu den Besonderheiten, um deren Willen den Polikliniken eine fallzahlabhängige, ansonsten in aller Regel aber gegenständlich nicht begrenzte und bedarfsunabhängige Ermächtigung erteilt werden darf und auf Antrag erteilt werden muß. Soweit aber eine Ermächtigung begehrt wird, die nach der ausdrücklichen Erklärung der Hochschulklinik allein der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung dienen soll und an der im Hinblick auf die Zwecke von Forschung und Lehre gerade kein Interesse besteht, sind uneingeschränkt die allgemeinen Regeln der vertragsärztlichen Leistungserbringung zu beachten, die im SGB V und auf seiner Grundlage durch Vereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge ausgestaltet worden sind. Die Qualitätsstandards, die dort für die Behandlung im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung normiert worden sind, beanspruchen umfassend Geltung. Eine innere Rechtfertigung dafür, bei der ambulanten ärztlichen Behandlung in Hochschulkliniken davon zu dispensieren, ist nicht erkennbar.
Im Urteil des Senats vom heutigen Tag in dem Verfahren gleichen Rubrums B 6 KA 43/97 R ist im übrigen im einzelnen dargelegt, daß auch bei der Ermächtigung von Hochschulkliniken der Gesichtspunkt der generellen Nachrangigkeit von Institutsermächtigungen gegenüber persönlichen Ermächtigungen von geeigneten Ärztinnen und Ärzten zu beachten ist. Die nach Auffassung aller Verfahrensbeteiligten bestehenden Versorgungsdefizite im niedergelassenen Bereich hinsichtlich strahlentherapeutische Leistungen sind deshalb in erster Linie durch persönliche Ermächtigungen der in den Einrichtungen des Klägers tätigen Ärztinnen und Ärzte zu beheben, soweit diese über die in der Vereinbarung zur Strahlendiagnostik und -therapie geforderte Qualifikation verfügen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
ArztR 1999, 50 |
MedR 2000, 27 |
NZS 1999, 208 |
SGb 1998, 468 |
SozSi 1999, 156 |
SozSi 1999, 192 |