Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft (AG) begründet nicht nach AFG § 168 iVm AVG § 3 Abs 1a die Beitragspflicht zur BA. Auf die Ausgestaltung des Anstellungsvertrages der Vorstandsmitglieder zur AG im Innenverhältnis kommt es dabei nicht an (Anschluß an BSG 1973-09-18 12 RK 5/73 = BSGE 36, 164, BSG 1976-02-19 12/3 RK 69/75 = SozR 2200 § 1386 Nr 1).
2. Wegen der fehlenden Beitragspflicht der Tätigkeit eines Vorstandsmitgliedes einer AG - Leitsatz Nr 1 - unterliegt auch eine daneben ausgeübte entgeltliche Beschäftigung nicht der Beitragspflicht zur BA iS des AFG § 168; sie begründet deshalb ebenfalls keine Anwartschaft auf Alg nach AFG § 104 (Anschluß an BSG 1973-11-22 12/3 RK 20/71 = BSGE 36, 258).
3. Die tatsächliche, aber fehlerhafte Entrichtung von Beiträgen zur BA allein begründet keinen Anspruch auf Alg, wenn die nach AFG § 100 ff erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
Normenkette
AFG § 100 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 104 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 168 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; AVG § 3 Abs. 1a Fassung: 1969-07-28; AnVNG Art. 2 § 5b Fassung: 1969-07-28
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. Januar 1978 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1924 geborene Kläger, von Beruf Chemiker, stand vom 1. Januar 1964 bis zum 31. März 1973 in den Diensten der Firmengruppe R-Werke AG in F am M (R.-AG). Nach seinem Anstellungsvertrag vom 9. September 1963 war er sowohl als technisches Vorstandsmitglied der Firma A V E W -V -(V.-AG) als auch als Geschäftsführer der Baugesellschaft M GmbH (M.-GmbH) in F am M tätig. Bei beiden Gesellschaften handelte es sich um Tochter- bzw Beteiligungsgesellschaften der Firmengruppe R.-AG. Die Firma V.-AG befaßt sich in verschiedenen Werken mit der Produktion und dem Vertrieb von bituminösen Dach- und Dichtungsbahnen, Bautenschutzmitteln, Wärmedämmstoffen und Bitumenemulsionen für den Straßenbau. Als Mitglied des Vorstandes der V.-AG war der Kläger für die technischen Belange der Produktion und Bauausführung einschließlich Forschung und Entwicklung verantwortlich. Die M.-GmbH, die in Personalunion geleitet wurde, ist eine Bauausführungsgesellschaft mit mehreren Baubetrieben, die insbesondere auf den Gebieten der Bauwerksabdichtung gegen Feuchtigkeit und in der Produktion von Gußasphalt tätig wird. Nach seinem Anstellungsvertrag hatte der Kläger Arbeitsleistungen ausschließlich den R.-AG und den von diesen jeweils zu bezeichnenden Tochter- und Beteiligungsgesellschaften zu erbringen sowie deren Interessen zu vertreten. Den von seinen Vorgesetzten erlassenen Dienst- und Sicherheitsvorschriften sowie den sonstigen Anordnungen hatte er Folge zu leisten. Das Gehalt des Klägers betrug anfangs 3.700,- DM monatlich zusätzlich einer Tantieme, bezogen auf die Dividende eines bestimmten Aktienanteils. Ferner wurde eine Karenzzeit von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses vereinbart.
Für den Kläger wurden zunächst in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis 31. August 1969 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet. In einem Schreiben der A O (AOK) F am M vom 7. Mai 1968 hatte diese der Firma V.-AG in bezug auf das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mitgeteilt, daß seit 1. Januar 1968 Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung bestehe. Durch Schreiben vom 9. September 1969 beantragte die Firmengruppe R.-AG beim A F die Erstattung der für den Kläger geleisteten Arbeitslosenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 1968 bis 31. August 1969 in Höhe von insgesamt 338,- DM. Diesem Antrag gab das A F durch Bescheid vom 12. Dezember 1969 statt.
Für die Zeit vom 1. September 1969 bis zum 31. März 1973 wurden - mit kurzer Unterbrechung im Jahre 1970 - wiederum Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) für den Kläger entrichtet. Sein Arbeitsverhältnis endete durch eigene Kündigung mit Wirkung vom 31. März 1973. Ab 1. April 1973 erhielt der Kläger von seinem bisherigen Arbeitgeber eine monatliche Karenzentschädigung in Höhe von 7.820,83 DM, die vorbehaltlich anderweitiger Einkünfte aus Arbeit gezahlt wurde.
Den Antrag des Klägers vom 27. März 1973 auf Gewährung von Alg ab 1. April 1973 lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, daß der Kläger nicht innerhalb der Rahmenfrist der letzten drei Jahre vor der Arbeitslosmeldung 26 Wochen oder 6 Monate in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden habe, wie es § 104 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erfordere (Bescheid vom 11. April 1973; Widerspruchsbescheid vom 20. November 1973).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts -SG-- Frankfurt vom 28. Mai 1976; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts - LSG - vom 30. Januar 1978). Zur Begründung hat das LSG, dem SG folgend, insbesondere ausgeführt: Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg iS von § 100 Abs 1 insbesondere iVm § 104 Abs 1 AFG. Danach stehe Alg nur demjenigen zu, der in der Rahmenfrist, die dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorausgehe, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind oder als erfüllt gelten, für 26 Wochen oder 6 Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat. Das sei beim Kläger nicht der Fall. Er könne nämlich nicht als Angestellter iS von § 168 Abs 1 AFG gelten. Nach dieser Vorschrift seien grundsätzlich nur Arbeiter oder Angestellte, die gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt seien, beitragspflichtig zur BA. Diese Regelung knüpfe an den sozialversicherungsrechtlichen Begriff des Angestellten an. Nach § 3 Abs 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) gehörten zwar zu den Angestellten insbesondere solche in leitender Stellung, wie auch technische Angestellte in Betrieb, Büro oder Verwaltung. Mitglieder des Vorstandes einer AG seien jedoch nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 3 Abs 1 a AVG keine Angestellten iS des § 3 Abs 1 AVG. Da der Kläger während der Rahmenfrist durchgehend als Vorstandsmitglied der Firma V.-AG tätig gewesen sei, könne er schlechthin nicht als Angestellter iS des § 3 AVG und damit auch iS des § 168 AFG angesehen werden. So habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits im Urteil vom 22. November 1973 - 12/3 RK 20/71 - entschieden, daß Vorstandsmitglieder einer AG auch hinsichtlich weiterer Vorstandstätigkeiten bei sogenannten größeren Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit nicht sozialversicherungspflichtig seien. Durch § 3 Abs 1 a AVG werde nämlich klargestellt, daß das Vorstandsmitglied einer AG nicht nur im Rahmen dieser Beschäftigung, sondern für seine Person auch in zusätzlichen abhängigen Beschäftigungen außerhalb der Angestelltenversicherung und infolgedessen auch außerhalb der Arbeitslosenversicherung gestellt sei. Mit der Regelung des § 3 Abs 1 a AVG sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß die Mitglieder des Vorstandes einer AG nicht zu dem schutzwürdigen Personenkreis der in § 3 AVG aufgezählten Angestellten gehören. Hiervon könnte auch im Einzelfall keine Ausnahme gemacht werden, wenn die tatsächliche Stellung, die das Vorstandsmitglied inne hatte, mit der vom Gesetzgeber der Regelung zugrunde gelegten typischen Fallgestaltung nicht übereinstimme. Es sei deshalb nicht erheblich, daß die Firma V.-AG in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht in besonderem Maße an die R.-AG gebunden gewesen sei und als Betriebsführungsgesellschaft nur in sehr beschränktem Umfange habe tätig werden können. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Firma V.-AG aufgrund ihrer besonderen Abhängigkeit von der R.-AG den Anforderungen des Aktiengesetzes (AktG) nicht entsprochen hätte und gegen ihren Bestand als eigene juristische Person insoweit Bedenken bestanden hätten. Derartigen Erwägungen, die im übrigen auch von den Beteiligten nicht vorgetragen worden seien, stände jedoch die registergerichtliche Erfassung der Firma V.-AG entgegen. Auch der Umstand, daß der Kläger sein Gehalt und die Dividendenbeteiligung allein von der Firma R.-AG erhalten habe, ändere an seiner Versicherungsfreiheit nichts. Die Regelung des § 3 Abs 1 a AVG stelle nicht darauf ab, welche Größenordnung eine AG habe, ob und in welchem Umfange für die Vorstandstätigkeit Leistungen erbracht würden und von welcher Stelle diese zur Verfügung gestellt seien. Der Gesetzgeber knüpfe allein an die Stellung als Vorstandsmitglied an. Zwar könne es sein, daß sich der Kläger im Verhältnis zur R.-AG hinsichtlich der ihm tatsächlich übertragenen Befugnisse nicht von dem Geschäftsführer einer GmbH unterschieden habe und ein solcher je nach Gestaltung als versicherungspflichtig aufgefaßt werden könne. Das Gesetz sehe eine derartige Bewertung jedoch nicht vor.
Der Anspruch des Klägers rechtfertige sich auch nicht aus Art 2 § 5 b des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG), wonach Mitglieder des Vorstandes einer AG, die für Zeiten zwischen dem 1. Januar 1968 und dem 31. Juli 1969 wenigstens einen Beitrag in der Annahme einer bestehenden Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet und diesen bis zum 31. Dezember 1969 nicht zurückgefordert hätten, weiterhin als versicherungspflichtig gelten. Es möge zwar zutreffen, daß der Kläger seine zur Rentenversicherung geleisteten Beiträge nicht zurückgefordert und deshalb der Tatbestand der Versicherungspflicht bezüglich der Rentenversicherung trotz seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied einer AG als erfüllt anzusehen sei. Hier komme es jedoch auf die Rechtslage in der Arbeitslosenversicherung an. Es erscheine bereits fraglich, ob die Regelung des Art 2 § 5 b AnVNG auf die Rechtslage in der Arbeitslosenversicherung überhaupt übertragen werden könne und Einfluß auf die Beurteilung der Beitragspflicht zur BA habe. Dies könne jedoch dahinstehen, da die zur Arbeitslosenversicherung abgeführten Beiträge ausweislich der Beitragsrückerstattungsakte der Beklagten seitens des Arbeitgebers mit Einverständnis des Arbeitnehmers durch Schreiben vom 9. September 1969 zurückgefordert und erstattet worden seien. Daß der Kläger über das Jahr 1969 und somit auch innerhalb der Rahmenfrist tatsächlich dann wieder Beiträge an die Arbeitslosenversicherung entrichtet habe, rechtfertige seinen Alg-Anspruch nicht; denn die Bejahung der Beitragspflicht in einem Beitragsstreitverfahren schaffe keine Bindung für ein Verfahren, in dem es um Leistungen gehe. Infolgedessen habe es keiner weiteren Klärung bedurft, aus welchen Gründen diese Beitragsabführung stattgefunden habe. Bei der Gewährung von Leistungen habe die Beklagte selbständig zu prüfen, ob eine Beitragspflicht bestehe. Die Entrichtung von Beiträgen ohne Bestehen einer Beitragspflicht begründe kein Versicherungsverhältnis, weil das AFG keine Formularversicherung und keine durch die Beitragsabführung geschützte Rechtsposition kenne. Es habe daher auch keiner weiteren Prüfung bedurft, welchen Einfluß die Erklärungen der AOK gegenüber dem früheren Arbeitgeber des Klägers oder diesem gegenüber gehabt hätten. Jedenfalls habe der Kläger dadurch eine schützenswerte Rechtsposition nicht erlangt; diese hätte allenfalls durch die Beklagte selbst herbeigeführt werden können. Das sei jedoch nicht geschehen.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 100, 104 und 168 AFG. Zur Begründung führt er insbesondere aus: Das angefochtene Urteil beruhe zu Unrecht auf der Auffassung, die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Vorstandsmitglied in der V.-AG stelle keine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung iS des AFG dar; allein die formelle Stellung als Vorstandsmitglied einer AG schließe dies aus. Nach der Regelung in § 168 Abs 1 AFG sei die Arbeitnehmereigenschaft eines Angestellten die Voraussetzung für seine Beitragspflichtigkeit. Damit sei diese Frage von der Frage der Versicherungspflicht zu anderen Sozialversicherungszweigen gelöst. Eine Verweisung auf § 3 AVG enthalte das AFG nicht. Es sei deshalb unzulässig, das AVG, das die Rentenversicherung der Angestellten regele, ohne weiteres zur Begriffsbestimmung im Bereich des AFG heranzuziehen. Selbst wenn dies jedoch möglich sein sollte, sei es rechtsfehlerhaft, schlechthin alle Mitglieder des Vorstandes einer AG von der Versicherungspflicht nach dem AFG auszuschließen. Bei der Einführung der Versicherungsfreiheit von derartigen Organmitgliedern sei der Gesetzgeber vom sozialen Sicherungsbedürfnis dieser Personen ausgegangen. Deshalb seien Organmitglieder juristischer Personen, die sich in einem wirtschaftlichen und sozialen Status befinden, für den man die Schutz- und Sicherungsbedürftigkeit des AVG bejahen mußte, der Versicherungspflicht unterworfen geblieben, wie es insbesondere für GmbH-Geschäftsführer unstreitig sei. Dieses Bedürfnis habe man zwar für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften nicht gesehen. Wenn jedoch die Beschäftigung, wie im Falle des Klägers, aufgrund Anstellungsvertrages mit der übergeordneten Konzerngesellschaft, in die die in der Form einer AG geführte Betriebsführungsgesellschaft voll eingegliedert sei, ausgeübt werde und wenn das Vorstandsmitglied der Betriebsführungsgesellschaft der vollen und alleinigen Weisungsbefugnis der Konzerngesellschaft unterliege, deren Angestellter er sei, so sei die Organstellung als Vorstandsmitglied der Betriebsführungsgesellschaft nichts anderes als eine Arbeitnehmertätigkeit und Arbeitnehmerfunktion bei der Konzerngesellschaft. In diesem Falle gebe nicht die Tätigkeit als Vorstandsmitglied bei der Betriebsführungsgesellschaft der Person, die die Vorstandstätigkeit versehe, sondern die Angestelltentätigkeit bei der Konzerngesellschaft das wirtschaftliche und soziale Gepräge. Letztlich sei in dieser Konstellation die Vorstandstätigkeit bei der Betriebsführungsgesellschaft nichts anderes als die Angestelltentätigkeit bei der Konzerngesellschaft. Deshalb sei auch die vom LSG zitierte Entscheidung des BSG vom 22. November 1973 im vorliegenden Falle nicht einschlägig; denn die Gewichte seien hier gerade umgekehrt: Das wirtschaftliche und soziale Gepräge der Person, die neben ihrer Vorstandstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber eine üblicherweise versicherungspflichtige Tätigkeit ausübe, werde von der Vorstandstätigkeit her bestimmt. Im Unterschied hierzu bestimme beim Kläger gerade die Angestelltentätigkeit bei der Konzerngesellschaft die Vorstandstätigkeit der als 100 %ige Tochtergesellschaft mit Organschaftsverhältnis und Ergebnisabführungsvertrag geführten und aktienrechtlich voll in die Muttergesellschaft eingegliederten Betriebsführungsgesellschaft. Auch die Auffassung des LSG, die Bejahung der Beitragspflicht im Beitragsstreitverfahren schaffe keine Bindung für das Verfahren, in dem es um die Leistungen gehe, sei rechtsfehlerhaft. Die Einheitlichkeit des Rechts verlange, daß bei Eintritt des Leistungsfalles die Beitragspflicht nicht mehr bestritten werden könne, wenn sie vor dem Eintritt des Leistungsfalles bejaht wurde. Auch in bezug auf die Leistungsgewährung trete hierdurch eine Bindung ein.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt vom 28. Mai 1976 sowie des Bescheides der Beklagten vom 11. April 1973 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 1973 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf seinen Antrag vom 27. März 1973 Alg in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die ihrer Auffassung nach zutreffende Entscheidung des LSG.
Die beigeladene AOK beantragt ebenfalls, die Revision des Klägers zurückzuweisen. Sie bezieht sich wie die Beklagte auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm steht aufgrund seiner Arbeitslosigkeit ab 1. April 1973 ein Anspruch auf Alg nicht zu.
Nach §§ 100 Abs 1, 104 AFG hat Anspruch auf Alg nur, wer ua die Anwartschaftszeit erfüllt hat, dh wer in der dem (ersten) Tag der Arbeitslosigkeit, an dem alle Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, vorangegangenen Rahmenfrist von (in der Regel) drei Jahren 26 Wochen oder 6 Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat. Der Kläger erfüllte diese Voraussetzungen nicht; denn die von ihm in der hiernach maßgeblichen Rahmenfrist vom 1. April 1970 bis 31. März 1973 ausgeübte Beschäftigung hat nicht die Beitragspflicht zur BA iS des § 168 AFG erfüllt.
Der Kläger war in dieser Zeit für die Firmengruppe R.-AG tätig, und zwar einerseits als Vorstandsmitglied der Firma V.-AG, andererseits als Geschäftsführer der M.-GmbH. Nach den Feststellungen des LSG handelte es sich bei der Firma V.-AG um eine formgerechte Aktiengesellschaft iS des AktG, zu deren Vorstandsmitglied der Kläger gemäß §§ 84, 81 AktG ordnungsgemäß bestellt worden ist. Daraus folgt, daß sowohl die Tätigkeit des Klägers in der Rahmenfrist als Vorstandsmitglied bei der V.-AG als auch die eines Geschäftsführers der M.-GmbH nicht beitragspflichtig nach § 168 AFG war, so daß er aus diesen Tätigkeiten auch nicht die Anwartschaft auf Alg erwerben konnte.
Dies ergibt sich, wie das LSG zutreffend entschieden hat, aus der Regelung in § 3 Abs 1 a AVG, einer Vorschrift, die mit Wirkung ab 1. Januar 1968 durch das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz - 3. RVÄndG - vom 28. Juli 1969 (BGBl I 956) in das AVG eingefügt wurde (vgl Art 5 § 3 Abs 2, 3. RVÄndG). Der § 3 Abs 1 AVG stellt einen Katalog derjenigen Personengruppen auf, die "insbesondere" zu den Angestellten iS des AVG gehören. § 3 Abs 1 a AVG bestimmt sodann: "Zu den Angestellten im Sinne des Absatzes 1 gehören nicht die Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft". Die Vorschrift geht von der Erwägung aus, daß Vorstandsmitglieder einer AG einen derartigen wirtschaftlichen und sozialen Status besitzen, daß sie vom Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung ausgenommen werden können (zur Entstehungsgeschichte des § 3 Abs 1 a AVG vgl BSGE 36, 164, 167 = SozR Nr 23 zu § 3 AVG; BSGE 36, 258, 260 = SozR Nr 24 zu § 3 AVG). Entsprechend bestimmt die zur gleichen Zeit eingefügte Regelung in § 2 Abs 1 a AVG, daß derjenige, der nach § 2 Abs 1 iVm § 3 Abs 1 a AVG nicht versicherungspflichtig ist, (auch) in anderen gesetzlichen Rentenversicherungen nicht der Versicherungspflicht unterliegt. Die Regelung korrespondiert mit der Auffassung, daß Vorstandsmitglieder einer AG nicht Arbeitnehmer iS des Arbeitsrechts sind (vgl BGH 10, 187, 191; 12, 1, 8; 36, 142, 143; § 5 Abs 1 Satz 3 ArbGG; § 14 KSchG; Baumbach-Hueck, Kommentar zum AktG, RdNr 6 zu § 84).
Beide Regelungen betreffen zwar unmittelbar nur die gesetzliche Rentenversicherung. Insbesondere § 3 Abs 1 a AVG enthält jedoch einen Grundsatz, der auch für die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung zu beachten ist. Nach § 168 Abs 1 Satz 1 AFG unterliegen grundsätzlich alle Arbeitnehmer, dh alle Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, der Beitragspflicht zur BA, soweit sie nicht nach § 169 AFG oder einer Rechtsverordnung nach § 173 Abs 1 AFG beitragsfrei sind. Vorstandsmitglieder von AGen sind in jenen Ausnahmevorschriften über die Beitragsfreiheit zwar nicht aufgezählt. Dazu bestand jedoch mit Rücksicht auf § 3 Abs 1 a AVG kein Bedürfnis. Der Gesetzgeber des AFG hat nämlich bewußt darauf verzichtet, eine auf bestimmte Personengruppen zugeschnittene Definition des beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aufzunehmen und sich darauf beschränkt, in den §§ 169 und 173 AFG festzulegen, in welchen konkret bezeichneten Fällen wegen der Besonderheiten des Arbeitslosenversicherungsrechts Beitragsfreiheit eintreten soll. Im übrigen sollte jedoch die Einheitlichkeit der Betrachtung von Beitragspflicht zur BA und zu den anderen Zweigen der Sozialversicherung Vorrang genießen. So heißt es in der Begründung zum Regierungsentwurf des AFG, daß sich die Frage der Beitragspflicht zur BA als Folge entgeltlicher abhängiger Beschäftigung nach den Grundsätzen richten soll, "die Lehre und Rechtsprechung zum Begriff des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses in der Sozialversicherung entwickelt haben" (vgl BT-Drucks V/2291, Begründung zu § 164 Abs 1 - S 91 -). Sollen aber nach dem Willen des Gesetzgebers schon die von Lehre und Rechtsprechung zu anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechts entwickelten Grundsätze im AFG gelten, so ist dies um so mehr für dort vorhandene ausdrückliche gesetzliche Regelungen, wie in § 3 Abs 1 a AVG, anzunehmen.
Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - kein sachlicher Grund, der etwa in den Verschiedenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung zur Arbeitslosenversicherung liegen könnte, ersichtlich ist, der eine andere Betrachtung rechtfertigte. Wenn schon nach der geschilderten Motivation des § 3 Abs 1 a AVG das Bedürfnis verneint worden ist, Vorstandsmitglieder von AGen in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung gegen den endgültigen Verlust von Arbeitseinkommen einzubeziehen, so gilt dies erst recht für die Arbeitslosenversicherung als System zum Schutz gegen vorübergehende Lohnausfälle. Nicht zuletzt offenbar aus dieser Erwägung wird der Regelungsgehalt des § 3 Abs 1 a AVG auch als verbindlich für die gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung angesehen, obwohl in den dort maßgeblichen Vorschriften ein ausdrücklicher Bezug auf § 3 Abs 1 a AVG ebenfalls nicht enthalten ist (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd I/2 S 305 - 51. Nachtrag - März 1979 - und Bd II S 470 m III/IV - 37. Nachtrag - April 1972). Es entspricht im übrigen einem allgemeinen Grundsatz, daß für die Beurteilung von Grundbegriffen des Sozialversicherungsrechts einer einheitlichen Betrachtung in all ihren Zweigen, zu denen jedenfalls im weiteren Sinne auch die Arbeitslosenversicherung gehört (vgl Art 74 Nr 12 Grundgesetz - GG -), der Vorrang zu geben ist, wenn Besonderheiten nicht entgegenstehen. So will zB auch § 7 Abs 1 des Sozialgesetzbuches, Gemeinsame Vorschriften, vom 23. Dezember 1976 (BGBl I 3845 - SGB 4 -) durch seine Definition ("Beschäftigung ist die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis") Einheitlichkeit für alle Zweige der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung herstellen; denn sie gilt abweichend von § 1 Abs 2 SGB 4 schon heute für die Beitragspflicht zur BA (vgl § 173 a AFG; zum Regelungsgehalt des § 7 Abs 1 SGB 4 vgl Brackmann, aaO, Bd I/2 - S 306 i I - 51. Nachtrag - März 1979 - mit zahlreichen Nachweisen). Bezüglich der Bestimmung von § 3 Abs 1 a AVG ist nicht ersichtlich, daß Besonderheiten der Arbeitslosenversicherung einer Übernahme in diesen Rechtsbereich entgegenstehen. Es wird denn auch in der Literatur - soweit erkennbar - einhellig die Auffassung vertreten, daß Vorstandsmitglieder von AGen wegen § 3 Abs 1 a AVG nicht beitragspflichtig zur BA sind (vgl ua Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, Anm 3 zu § 168; Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, Anm 7 zu § 168; Schmitz/Specke/Picard, Kommentar zum AFG, Anm 6 - S 168 - 94 - zu § 168; Weber/Paul, Kommentar zum AFG, RdNr 101 zu § 168; Keller, Die Beiträge, 1977 S 321, 326). Von dieser Auffassung her erfaßt § 168 Abs 1 Satz 1 AFG sogar von seinem Wortlaut her diesen Personenkreis nicht; denn dort wird ausdrücklich eine Tätigkeit als Angestellter gefordert, zu denen nach § 3 Abs 1 a AVG Vorstandsmitglieder einer AG gerade nicht gehören sollen.
An der aus § 3 Abs 1 a AVG eingetretenen Rechtsfolge, daß die Tätigkeit des Klägers als Vorstandsmitglied der V.-AG in der Rahmenfrist nicht die Beitragspflicht zur BA iS des § 168 Abs 1 AFG ausgelöst hat, ändert sich nicht deshalb etwas, weil der Kläger zugleich Geschäftsführer der M.-GmbH gewesen ist. Eine solche Tätigkeit kann zwar als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis anzusehen sein und deshalb auch Beitragspflicht zur BA auslösen (vgl dazu Keller, aaO; Schmitz/Specke/Picard, aaO, Anm 5 zu § 168 - S 168 - 92 ff; Brackmann, aaO, Bd I/2 - S 307 b - 51. Nachtrag - März 1979 -, jeweils mit zahlreichen Nachweisen aus Literatur und Rechtsprechung). Unabhängig davon, ob die Tätigkeit des Klägers als GmbH-Geschäftsführer für sich gesehen hiernach die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllt hat, bewirkte es wegen der gleichzeitigen Stellung des Klägers als Vorstandsmitglied der V.-AG in der Rahmenfrist nicht Beitragspflicht zur BA. Dies hat in bezug auf die Rentenversicherungspflicht bereits der 12. Senat des BSG für einen vergleichbaren Fall entschieden (BSGE 36, 258 = SozR Nr 24 zu § 3 AVG). Aus der Bedeutung des § 3 Abs 1 a AVG hat der 12. Senat gefolgert, daß Vorstandsmitglieder einer AG auch dann nicht zu den Angestellten iS des § 3 Abs 1 AVG gehören, wenn sie neben dieser Tätigkeit noch weitere entgeltliche Beschäftigungen - dort als Vorstandsmitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit - ausüben. Der § 3 Abs 1 a AVG bewirke nämlich nicht nur eine - auch sonst gesetzlich geregelte - Versicherungsfreiheit einer ansonsten versicherungspflichtigen Beschäftigung, sondern stelle Vorstandsmitglieder von AGen nach Wortlaut und Sinn außerhalb der Angestelltenversicherung. Sie brauchen und sollen wegen ihrer herausragenden und starken wirtschaftlichen Stellung insgesamt nicht in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen sein; deshalb stünden sie nicht nur mit ihrer Tätigkeit als Vorstandsmitglied der AG, sondern in ihrer Person auch für zusätzliche abhängige Beschäftigungen außerhalb der Angestelltenversicherung. (In diesem Sinn auch die Entscheidung des 12. Senats vom 1. Februar 1979 - 12 RK 39/77 -, wonach die Befreiung eines selbständigen Handwerkers von der Versicherungspflicht gemäß § 3 des Handwerkerversorgungsgesetzes von 1938 grundsätzlich die Versicherungsfreiheit von eigentlich versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigungen nach sich zieht). Der 12. Senat hat seine Auffassung ferner damit begründet, daß es keinen sachlogischen Grund gäbe, Vorstandsmitglieder einer AG wegen der mit einer zusätzlich ausgeübten abhängigen Tätigkeit erhöhten wirtschaftlichen Sicherung in den Schutz des Versicherungssystems einzubeziehen, wenn dies für Vorstandsmitglieder einer AG ohne derartige Zusatzbeschäftigungen bereits ausgeschlossen sei. Ob dies im vorliegenden Falle überhaupt zutrifft, kann dahinstehen; denn der Kläger erhielt ein einheitliches Gehalt, das ihm nach der Gestaltung seines Anstellungsvertrages jedenfalls auch dann zugestanden hätte, wenn er nur als Vorstandsmitglied der V.-AG eingesetzt worden wäre. Jedenfalls schließt sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des 12. Senats auch in bezug auf die Beitragspflicht zur BA an, weil sich insoweit ebenfalls keine systembedingten Unterschiede erkennen lassen. Daß der 12. Senat in dem oa Fall die Beitragspflicht zur BA schon unter Hinweis auf § 56 Abs 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) (Überschreiten der Jahresarbeitsverdienstgrenze) verneint hat, steht dem nicht entgegen. Aus der Verwendung des Wortes "jedenfalls" in der Begründung des 12. Senats in diesem Zusammenhang ergibt sich, daß er damit keine Aussage darüber treffen wollte, ob die Regelung des § 3 Abs 1 a AVG auch insoweit für die Beitragspflicht zur BA gelte, weil er es nach der Fallgestaltung nicht brauchte.
An der dargestellten Rechtsfolge ändert sich nicht deshalb etwas, weil die V.-AG nach den Feststellungen des LSG in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Firmengruppe R.-AG gestanden hat (wohl iS eines Konzernunternehmens zu einem Konzern, vgl § 18 AktG) und der Kläger Gehalt und Dividendenbeteiligung direkt von der R.-AG erhielt sowie, wie er vorgetragen hat, deren Weisungsbefugnis unterlag. Entscheidend ist einzig, daß er formgerecht ordentliches Vorstandsmitglied einer AG war und er deshalb unter die Rechtsfolge nach § 3 Abs 1 a AVG fiel. Das Gesetz macht insoweit keinen Unterschied nach der besonderen Ausgestaltung einer derartigen Stellung im Betrieb der AG im Einzelfall, sondern ordnet uneingeschränkt an, daß derjenige, der Vorstandsmitglied einer AG ist, nicht zu den Angestellten gehört. Aus dieser Wortfassung und sogar gegen eine während des Gesetzgebungsverfahrens im Bundestagsausschuß für Sozialpolitik verlautbarten Meinung hat der 12. Senat des BSG im Urteil vom 18. September 1973 entschieden, daß die Vorschrift des § 3 Abs 1 a AVG auch für die stellvertretenden Mitglieder des Vorstands einer AG gilt, obwohl im Angestelltenvertrag, der das Innenverhältnis des Stellvertreters eines Vorstandsmitgliedes zur AG regelt, in der Praxis häufig Unterschiede zu den Anstellungsverträgen mit "ordentlichen" Vorstandsmitgliedern bestünden (vgl BSGE 36, 164,165 ff = SozR Nr 23 zu § 3 AVG). Nach Auffassung des 12. Senats berührt dies aber nicht die Eigenschaft des Stellvertreters als Mitglied des Vorstandes, und nur hierauf komme es für den Anwendungsbereich des § 3 Abs 1 a AVG an (so schon Hennig, SGB 1970, S 431; zu den Gemeinsamkeiten von AGen und deren Vorstandsmitgliedern trotz Verschiedenheit in Wirtschaft, Größe und Bedeutung gerade in bezug auf § 3 Abs 1 a AVG vgl auch BSG SozR 2200 § 1386 Nr 1 - S 4 -).
Der Sinn des § 3 Abs 1 a AVG wäre durch eine Differenzierung der Zugehörigkeit von Vorstandsmitgliedern einer AG zum versicherten Personenkreis je nach Ausgestaltung ihrer Vertragsbeziehungen zur AG im Innenverhältnis (§ 82 Abs 2 AktG) auch verfehlt. Neben der Überzeugung, daß diese Personen des Schutzes der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bedürfen, war der Gesetzeswortlaut gerade deshalb gewählt worden, um derartige im Tatsächlichen mögliche Verschieden- und Unklarheiten zu vermeiden. Wie die schon mehrfach erwähnte Entwicklungsgeschichte des § 3 Abs 1 a AVG zeigt (vgl die Darstellung in BSGE 36, 258, 260 = SozR Nr 24 zu § 3 AVG), wurde von dem ursprünglichen Vorschlag, wonach Mitglieder eines zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs einer juristischen Person, das unter eigener Verantwortung ein Unternehmen zu leiten hat, keine Angestellten sein sollten (vgl BT-Drucks V/2880), gerade deshalb abgewichen, weil diese Fassung eine klare Abgrenzung (insbesondere in bezug auf GmbH-Geschäftsführer) nicht zugelassen hätte (vgl zu BT-Drucks V/4474 - Allgemeiner Teil III 1 b S 7). Lag aber der Regelung des § 3 Abs 1 a AVG auch der Gedanke der Typisierung zugrunde (so auch BSGE 36, 258, 260), so können demgegenüber die vom Kläger insoweit vorgebrachten Besonderheiten seines Rechtsverhältnisses zur V.-AG bzw zur R.-AG keine Beachtung finden.
Das LSG hat es ferner zu Recht abgelehnt, die vom Kläger begehrte Rechtsfolge der Beitragspflicht zur BA aus Art 2 § 5 b AnVNG vom 23. Februar 1957 (BGBl I 88) zu entnehmen, der mit Wirkung ab 1. Januar 1968 durch das 3. RVÄndG in das AnVNG eingefügt worden ist. Danach konnten auch Vorstandsmitglieder einer AG trotz § 3 Abs 1 a AVG die Mitgliedschaft zur Rentenversicherung aufrechterhalten, wenn für sie für die Zeit zwischen dem 1. Januar 1968 und dem 31. Juli 1969 Beiträge entrichtet worden waren und diese bis 31. Dezember 1969 nicht zurückgefordert wurden, wie es beim Kläger hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge offenbar der Fall war. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift von dem Grundsatz des § 3 Abs 1 a AVG, die die Versicherungspflicht kraft Fiktion bestehen läßt (vgl BSG SozR 2200 § 1386 Nr 1). Sie wäre schon aus diesem Grunde eng auszulegen, so daß ihre entsprechende Anwendung auf den Fortbestand einer Beitragspflicht zur BA fraglich ist. Selbst wenn dies jedoch möglich sein sollte - was der Senat ausdrücklich offen läßt -, könnte der Kläger die Beitragspflicht zur BA nicht durch die Entrichtung und fehlende Rückforderung von Rentenversicherungsbeiträgen iS des Art 2 § 5 b AnVNG aufrechterhalten haben, sondern allenfalls durch ein entsprechendes Verfahren mit den von ihm entrichteten Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) wurden aber gerade die vom Kläger in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis 31. August 1969 entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung im September 1969 vollständig zurückgefordert und erstattet. Selbst bei einer möglichen entsprechenden Anwendung des Art 2 § 5 b AnVNG auf die Beitragspflicht zur BA wären dessen Tatbestandsmerkmale hier also nicht erfüllt.
Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Alg nicht aus der tatsächlichen Entrichtung von Beiträgen zur BA in der Zeit vom 1. September 1969 bis 31. März 1973. Es ist, dem Versicherungssystem der Arbeitslosenversicherung entsprechend, ständige Rechtsprechung des Senats, daß sich aus der fälschlichen Entrichtung von Beiträgen und deren Annahme durch die Beklagte der Anspruch auf Versicherungsleistung nicht herleiten läßt, wenn die Anspruchsvoraussetzungen fehlen, weil das im Sozialversicherungsrecht vorherrschende Prinzip der Solidargemeinschaft weder das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung beinhaltet (vgl BSGE 43, 255, 266 = SozR 4100 § 80 Nr 1; siehe hierzu auch BVerfG vom 3. April 1979 in NJW 1979, 1703 und die Entscheidung des Senats vom 15. Februar 1979 - 7 RAr 69/78 -) noch der Anspruch auf Alg überhaupt die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen voraussetzt, sondern gemäß § 104 AFG die Erfüllung der Anwartschaftszeit durch Ausübung einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (vgl BSGE 44, 193, 197 = SozR 4100 § 118 Nr 4), die beim Kläger aber gerade nicht vorliegt. Diese Rechtsfolge wird im übrigen noch durch die Regelung in § 186 AFG über die Rückerstattung zu Unrecht geleisteter Beiträge erhärtet, und zwar selbst in Fällen, in denen in der fälschlichen Annahme der Beitragspflicht aus der zugrundeliegenden Tätigkeit Alg-Leistungen erbracht worden sind (vgl Hennig/Kühl/Heuer, aaO, Anm zu § 186). Ergänzt wird diese Systematik durch § 152 Abs 1 Nr 5 AFG, wonach der Empfänger eines derart zu Unrecht gezahlten Alg dieses zurückzuerstatten hat, wenn ihm nach § 186 AFG ein Beitragserstattungsanspruch zusteht. Diese vom Gesetz vorgesehene Rückgängigmachung eines falschen "Versicherungsfalles" kennzeichnet die Unabhängigkeit des Alg-Anspruchs von der rein tatsächlichen Beitragsleistung in besonderer Weise.
Demgegenüber kann sich der Kläger nicht darauf berufen, für ihn sei durch das Schreiben der AOK F an die V.-AG vom 7. Mai 1968 das Bestehen der Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung bestätigt worden. Es kann dahinstehen, welcher Rechtscharakter diesem Schreiben zukommt und ob dieses an den Arbeitgeber gerichtete Schreiben der AOK über die Versicherungspflicht des Klägers für die Leistungspflicht der BA im Verhältnis zum Kläger überhaupt Rechtswirkungen erzeugen konnte. Die seit 1. Juli 1969 geltende Bestimmung des § 182 AFG, wonach die Einzugsstelle (AOK) über die Beitragspflicht zur BA entscheidet, kannte das im Mai 1968, nämlich bis 30. Juni 1969 geltende AVAVG nicht (vgl § 160 AVAVG), so daß es auch keiner Entscheidung bedarf, welche Wirkung eine nach § 182 AFG verbindlich getroffene rechtswidrige Feststellung der Einzugsstelle über die Beitragspflicht auf die Leistungspflicht der BA überhaupt hätte. Für die Zeit bis zum Inkrafttreten des AFG wurde sogar angenommen, daß für die Feststellung der Arbeitslosenversicherungspflicht durch Verwaltungsakt nicht die Einzugsstelle, sondern nur die BA zuständig ist, so daß diesbezügliche rechtsförmliche Entscheidungen der Einzugsstelle nichtig seien (vgl Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Kommentar zum AVAVG, Anm 18 zu § 160; aA offenbar BSGE 15, 118, 123 = SozR RVO § 1399 Nr 2, allerdings mit Einschränkungen der Auswirkung eines positiven Beitragsbescheides auf die Leistungspflicht der BA). Hier ergibt sich eine fehlende Rechtswirkung der Erklärung der AOK vom 7. Mai 1968 auf den Leistungsanspruch des Klägers ab 1. April 1973 jedoch bereits aus anderen Gründen. Im Zeitpunkt dieses Schreibens war die Regelung des § 3 Abs 1 a AVG noch nicht bekannt; sie wurde erst durch das 3. RVÄndG vom 28. Juli 1969 - wenn auch rückwirkend zum 1. Januar 1968 - eingefügt. Die Feststellung der AOK betraf somit nur den zum Zeitpunkt ihres Ergehens vorhandenen (bekannten) Rechtszustand. Ungeachtet der Frage, ob eine etwaige Bindungswirkung dieser Feststellung bereits durch die Neuregelung in § 3 Abs 1 a AVG (gegebenenfalls iVm Art 2 § 5 b AnVNG) beschränkt bzw beseitigt wurde (vgl § 77, 2. Halbsatz SGG), ist sie jedenfalls einverständlich zurückgenommen worden; denn mit dem Antrag auf Erstattung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Januar 1968 bis 31. August 1969, dem sich der Kläger angeschlossen hat, wurde von Beitragsfreiheit für diese Zeit ausgegangen. Durch die Stattgabe dieses Antrages hat die Beklagte dem zugestimmt und dadurch die Wirkung der Feststellung der AOK vom 7. Mai 1968 - welchen Inhalt sie immer hatte - letztlich beseitigt.
Nach allem steht dem Kläger der geltend gemachte Alg-Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Seine Revision muß deshalb zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht in § 193 SGG.
Fundstellen