Entscheidungsstichwort (Thema)
Garantie des gesetzlichen Richters und Vorlagepflicht an den EuGH
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Garantie des gesetzlichen Richters ist nicht verletzt, soweit der BFH kein zweites Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Klärung der Frage der Steuerbefreiung für Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten gerichtet hat.
2. Die Rechtsauffassung des BFH zur Unionsrechtskonformität des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG n.F. ist ausgehend von dem Leo-Libera-Urteil des Europäischen Gerichtshofs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
UStG 2005 § 4 Nr. 9 Buchst. b; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; AEUV Art. 267 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da keiner der in § 93a Abs. 2 BVerfGG genannten Annahmegründe vorliegt. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫). Soweit die Verfassungsbeschwerde nicht bereits unzulässig ist, hat sie jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg.
Insbesondere liegt die von der Beschwerdeführerin in erster Linie geltend gemachte Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vor. Die ausführlich begründete Entscheidung des Bundesfinanzhofs, nach dem im Ausgangsverfahren bereits erfolgten Vorlagebeschluss vom 17. Dezember 2008 (BFHE 224, 156) und dem hierauf ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Juni 2010 – C-58/09, Leo-Libera – (ABl EU 2010, Nr. C 221, S. 10) kein zweites Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu richten, ist mit Rücksicht auf die jedenfalls gut vertretbare Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs (zur Unionsrechtskonformität des § 4 Nr. 9 Buchstabe b UStG n.F. – soweit vorliegend von Bedeutung – ausgehend von dem Leo-Libera-Urteil des Europäischen Gerichtshofs, vgl. Dziadkowski, UR 2011, S. 153, und Klenk, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Rn. 133.3 ≪Oktober 2011≫) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine nicht vertretbare Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht erkennbar (zu diesem Maßstab vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2011 – 1 BvR 1916/09 –, NJW 2011, S. 3428 ≪3433 f.≫ m.w.N.).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Eichberger, Masing, Baer
Fundstellen
BFH/NV 2012, 1405 |
HFR 2012, 795 |