Tz. 7
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Wird hinsichtlich der wes Betriebsgrundlagen der betrieblichen Sachgesamtheit iSd § 20 Abs 1 UmwStG (nur) das wirtsch Eigentum der übernehmenden Kap-Ges/Gen zugewendet, ohne dass auch in einem sachlichen Zusammenhang die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums nachfolgt, stellt sich die Frage, ob der sachliche Anwendungsbereich des § 20 UmwStG gem § 1 Abs 3 UmwStG eröffnet ist. Im bisherigen UmwStR idF vor SEStEG stellte sich diese Problematik bei § 20 Abs 1 UmwStG aF nicht, da es hinsichtlich des Sacheinlagetatbestandsmerkmals "einbringen" an einer eigenen sachlichen Anwendungsregelung im UmwStG aF mangelte (dazu s § 20 [vor SEStEG] Tz 128). Bei der Übertragung des wirtsch Eigentums an einem WG (s § 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO) wird durch einen Nutzungsüberlassungsvertrag und/oder andere Verträge, die nicht auf die Übertragung des Eigentums gerichtet sind, dem Berechtigten eine nicht entziehbare und auf die Nutzungsdauer des WG sich erstreckende Rechtsposition auf Besitz, Nutzen und Lasten des WG eingeräumt. Ein zivilrechtlicher Rechtsträgerwechsel wird durch das wirtsch Eigentum folglich nicht bewirkt. Es kommt allerdings zu einem Wechsel der ertragstlichen Zuordnung des WG vom "Einbringenden" zur Übernehmerin und damit – mangels bestimmter Anforderungen an die Art des Einbringungsvorgangs – zu einer Einbringung iSd § 20 Abs 1 UmwStG aF (zB s Herlinghaus, in R/H/vL, 3. Aufl, § 20 UmwStG Rn 82 mwNachw).
Die Übertragung des wirtsch Eigentums ist in der Aufzählung des § 1 Abs 3 UmwStG explizit nicht enthalten. Eine Erweiterung der in § 1 Abs 3 UmwStG genannten Vorgänge ist nicht zulässig, weil es sich ausdrücklich um eine abschließende (s § 1 Abs 3 UmwStG: "… gilt nur für …") Aufzählung handelt (s Tz 5). Zu prüfen ist, ob sich die Einräumung des wirtsch Eigentums unter den Vorgang der "Einzelrechtsnachfolge" iSd § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG einreihen lässt. Merkmal des wirtsch Eigentums ist aufgr der Definition des § 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO, dass eine Änderung der Eigentumsrechte (dh zivilrechtliche Rechtsnachfolge) gerade nicht eintritt. Der Begriff der Einzelrechtsnachfolge in § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG steht in einem engen Kontext mit den Vorgängen des § 1 Abs 3 Nr 1 bis 3 UmwStG, die ausschl zivil-/gesellschaftsrechtlicher Natur sind. Sollte auch die in § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG nicht definierte "Einzelrechtsnachfolge" zivilrechtlich zu verstehen sein, scheidet die Zuwendung nur des wirtsch Eigentums an einem WG hier aus. Die nahezu einhellige Auff erfasst die Einbringung des wirtsch Eigentums – in Fortführung der Behandlung im bisherigen UmwStR (s o) – im sachlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG (zB s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 20 UmwStG Rn 21; s Herlinghaus, in R/H/vL, 3. Aufl, § 20 UmwStG Rn 89ff; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 20 UmwStG 2006 Rn 27a; s Menner, in H/M/B, 5. Aufl, § 20 UmwStG Rn 221; s Widmann, in W/M, § 20 UmwStG Rn R 236; ebenso UmwSt-Erl 2011 Rn 01.43 aE; krit s § 1 UmwStG Tz 66). Dies wird in erster Linie damit begründet, dass § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG ein allumfassender Auffangtatbestand für alle Übertragungsarten darstelle, die nicht unter die Vorgänge des § 1 Abs 3 Nr 1 bis 3 UmwStG fallen, es nicht erkennbar sei, dass der Ges-Geber die im bisherigen Einbringungsrecht erfasste Übertragung des wirtsch Eigentums (s o) bei Sacheinlagen iSd § 20 UmwStG idF ab SEStEG nicht (mehr) begünstigen wollte, und dass die Einbeziehung der Einbringung im Wege der Übertragung des wirtsch Eigentums auch dem Förderzweck des § 20 UmwStG idF ab SEStEG – nach wie vor – entspr.
Das Argument der hA, die Vorgänge in § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG bezeichnen – quasi als Gegenpart zu den Umwandlungsfällen – alle Einzelübertragungen jeglicher Art, die sich nicht als (partielle) Gesamtrechtsnachfolge oder Formwechsel iSd § 1 Abs 3 Nr 1–3 UmwStG darstellen, ist mE für die Begünstigung der Verschaffung des wirtsch Eigentums alleine nicht tragfähig. Bei diesem Verständnis wäre § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG ein allumfassender Auffangtatbestand, was schon dem Einleitungssatz in § 1 Abs 3 UmwStG entgegenstehen würde. Denn die dort enthaltene abschließende und explizite Aufzählung von Sachverhalten ist dadurch gekennzeichnet, dass auch Vorgänge existieren, die außerhalb dieser Aufzählung liegen und sich somit von den genannten Sachverhalten abgrenzen (s Tz 5). Rechtsfolge von § 1 Abs 3 UmwStG ist, dass bei (allen) den dort genannten Vorgängen der Anwendungsbereich des § 20 UmwStG eröffnet wird. Dabei spielt es keine Rolle, in welche der (gleichrangigen) Kategorien des § 1 Abs 3 Nr 1–4 UmwStG der Vorgang einzuordnen ist. Sollten alle Übertragungssachverhalte, die nicht den Vorgängen iSd § 1 Abs 3 Nr 1 bis 3 UmwStG angehören, von § 1 Abs 3 Nr 4 UmwStG erfasst werden, machte für die sachliche Anwendung von § 20 UmwStG weder die Unterscheidung zwischen Gesamt- und Einzelrechtsnachfolge, noch die enumerative Aufzählung einen Sinn. Dann hätte es der Ges-Geber für die Einbringungsvorschriften (§§ 20 bis 25 UmwStG) bei ...