Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 100
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die Anwendung des § 1 Abs 1 AStG kann grds nur insoweit in Betracht kommen, als eine Berichtigung nach § 1 AStG weitergehender ist, als es die Korrektur nach § 12 Abs 1 KStG wäre (sog "Idealkonkurrenz"). Zum Verhältnis des § 1 AStG zu anderen Korrekturvorschriften s Bernhardt/Ham/Kluge (IStR 2007, 717ff); s Frischmuth (IStR 2007, 485, 486f); s Kaminski (RIW 2007, 594f;); s Wassermeyer (DB 2007, 535f); und s Wulf (DB 2007, 2280f). Infolge des Umstands, dass durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vorgänge vom Anwendungsbereich des § 12 Abs 1 KStG (s Tz 62) ausgenommen sind und Korrekturen nach § 1 AStG nur bei einander nahestehenden Pers iSd § 1 Abs 2 AStG erfolgen können, kommt eine Konkurrenz der Anwendungsbereiche von § 12 Abs 1 KStG und § 1 Abs 1 AStG uE nicht in Betracht (s Frotscher, in F/D, § 12 KStG Rn 13).
Tz. 101
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Anders hingegen die Anwendung des § 1 Abs 5 AStG (hierzu Kahle/Eichholz/Kindlich, Ubg 2016, 132). Hier kommt es uE zu einer vorrangigen Anwendung des § 12 Abs 1 KStG. Zur Berichtigung nach § 1 Abs 5 AStG kommt es insoweit nur dann, sofern diese zur einer weitergehenden Berichtigung als § 12 Abs 1 KStG führt (s Schr des BMF v 22.12.2016, BStBl I 2017, 182 Rn 20). Dies zB im Fall der nicht von § 12 Abs 1 KStG erfassten "Dienstleistung" (s Schr des BMF v 22.12.2016, BStBl I 2017, 182 Rn 20 – Fall (3)).
Fraglich ist, ob darüber hinaus weitere Sachverhalte denkbar sind, die die Voraussetzungen des § 1 Abs 5 AStG erfüllen und zB mangels Ausschluss oder Beschränkung des dt Besteuerungsrechts keinen Anwendungsfall des § 12 Abs 1 KStG darstellen:
Beispiel:
Die X-Inc mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in den USA verfügt über eine BetrSt im Inl. Zur inl BetrSt gehört ein inl Grundstück, das für Zwecke des Unternehmens genutzt wird. Im VZ 2017 löst die X-Inc ihre BetrSt auf. Das Grundstück verbleibt im Besitz der X-Inc und wird an einen fremden Dritten vermietet.
Lösung:
Fraglich ist, ob die stillen Reserven in dem Grundstück aufzulösen sind.
Die Auflösung der BetrSt führt bezogen auf das Grundstück zu keinem Ausschluss oder Beschränkung des dt Besteuerungsrechts (vgl § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst f EStG und Art 13 Abs 1 OECD-MA), so dass § 12 Abs 1 KStG nicht anwendbar ist.
Als Folge der Auflösung der BetrSt gilt jedoch das Grundstück an das übrige Unternehmen nach Auff der Fin-Verw als veräußert (s Schr des BMF v 22.12.2016, BStBl I 2017, 182 Rn 68). Mangels inl BetrSt käme es nach § 1 Abs 5 AStG zur Auflösung der stillen Reserven des Grundstücks, obwohl das dt Besteuerungsrecht hinsichtlich dieser stillen Reserven nicht ausgeschlossen oder beschr wird.
Vom Anwendungsbereich des § 12 Abs 1 KStG ist uE auch die Funktionsverlagerung im grenzüberschreitenden Einheitsunternehmen erfasst (s Tz 321ff), soweit das Besteuerungsrecht an WG ausgeschlossen oder beschr wird.
Tz. 101a
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die Wegzugsbesteuerung gem § 6 AStG betrifft im PV gehaltene Beteiligungen bei natürlichen Pers und hat dementspr einen anderen Anwendungsbereich als § 12 KStG oder auch § 4 Abs 1 S 3 EStG.
Tz. 102
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Nicht von § 12 Abs 1 KStG erfasst ist der Wegfall der Voraussetzungen für die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7ff AStG (s Benecke/Schnitger, IStR 2006, 765, 766). Auf die Ermittlung der hinzurechnungspflichtigen Eink nach § 10 AStG sind § 4 Abs 1 S 3 EStG und § 12 Abs 1 KStG uE – analog § 1 AStG (s Urt des BFH v 20.04.1988, BStBl II 1988, 868) – nicht einschlägig, da die Zwischengesellschaft im Ausl ansässig ist und es insoweit zu keinem Ausschluss oder keiner Beschränkung des dt Besteuerungsrechts kommen kann.