Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 80
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Der Einbringungsgewinn II ist ein Gewinn aus der "Veräußerung von Anteilen" (s § 22 Abs 2 S 1 UmwStG); dies gilt nicht nur beim Anteilstausch, sondern auch im Fall der Betriebseinbringung unter Einschluss von Anteilen an Kap-Ges. Haben die eingebrachten Anteile zum PV einer natürlichen Pers gehört, liegen Eink aus Gew vor (s § 17 EStG; bis VZ 2008 ggf § 23 EStG aF). Bei der Anteilseinbringung aus einem BV rechnet der Einbringungsgewinn II zu derjenigen Eink-Art, zu der auch die Ergebnisse aus dem Betrieb gehören (dh Eink aus L + F, Gew oder selbständiger Tätigkeit). Maßgebend sind die Verhältnisse beim Einbringenden zum Zeitpunkt der Anteilseinbringung (Rückschluss aus § 22 Abs 2 S 2 und 3 UmwStG). Bei der Versteuerung gelten die allg Grundsätze; das Halb-/Teileink-Verfahren ist anzuwenden (s §§ 13, 15, 16 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2, 18 EStG iVm §§ 3 Nr 40, 3c EStG; einhellige Auff, s zB Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 135; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 79; ebenso s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.12 und die Ges-Materialien, s BT-Drs 16/2710 v 25.09.2006, 47 unter Allg zu § 22 UmwStG).
Zu St-Ausländern als Einbringende s Tz 59a.
In den Sonderfällen der Einbringung von Anteilen an Kap-Ges des PV bis 25 % Anteilshöhe, die vor dem 01.04.1999 bzw 27.10.2000 erworben worden sind, wird die ESt auf den Einbringungsgewinn II aus der Miteinbringung von Anteilen bei Sacheinlagen iSd § 20 Abs 1 UmwStG (s § 22 Abs 1 S 5 iVm Abs 2 UmwStG) aus verfassungsrechtlich gebotenem Vertrauensschutz iHd stillen Reserven, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 bzw StSenkG entstanden sind, nicht erhoben (dazu und zur Berechnung s Schr des BMF v 21.12.2011;BStBl I 2012, 42 und s Vfg der OFD Ffm v 18.02.2016, StED 2016, 215; einer anteiligen Zuordnung von Einbringungskosten bedarf es nicht; diese sind unter Beachtung des § 3c Abs 2 EStG nur vom stbaren Veräußerungserlös abzuziehen, s Schr des BMF v 16.12.2015, BStBl I 2016, 11). Weitere Hinw s § 20 UmwStG Tz 264.
Im Fall der Einbringung von Anteilen an Kap-Ges durch eine nicht von § 8b Abs 2 KStG begünstigte Kö gehört der Einbringungsgewinn II entweder nach Maßgabe des § 8b Abs 7 und 8 KStG zum kstpfl Einkommen der Einbringenden oder (als OG) zum Einkommen des OT.
Tz. 80a
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Die Freibetragsregelung des § 16 Abs 4 EStG ist generell ausgeschlossen (s § 22 Abs 2 S 1 HS 2 UmwStG; zur Kritik, wenn eine eingebrachte 100 %-ige Beteiligung des BV als fiktiver Teilbetrieb iSd § 16 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2 EStG innerhalb des ersten Jahrs nach dem Anteilstausch veräußert wird, s Tz 59c; ausdrücklich gegen eine Anwendung in diesem Sonderfall s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.13).
Anders als beim St-Freibetrag gem § 16 Abs 4 EStG enthält § 22 Abs 2 UmwStG weder eine Regelung, die eine Gewährung des Freibetrags gem § 17 Abs 3 EStG ausschließen würde, noch eine Bestimmung, welche die Berücksichtigung der St-Vergünstigung festlegen würde. Die Anwendung von § 17 Abs 3 EStG auf den Einbringungsgewinn II ist statthaft, wenn die "Siebtelregelung" nicht zur Anwendung kommt, weil das den Einbringungsgewinn II auslösende Ereignis innerhalb des ersten Jahres nach der Einbringung erfolgt ist (im Ergebnis wohl auch s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 323). Wird der Einbringungsgewinn II allerdings "abgeschmolzen", ist eine Anwendung des § 17 Abs 3 EStG sachlich nicht gerechtfertigt. Denn durch die Verringerung des Einbringungsgewinns II (erster Stufe) mit Ansatz des gW durch die Siebtelregelung werden im Ergebnis nicht sämtliche stillen Reserven des Anteils zum Einbringungszeitpunkt aufgedeckt. In diesem Fall wäre auf einen originären Einbringungsgewinn beim Anteilstausch die St-Vergünstigung des § 17 Abs 3 EStG nicht anwendbar gewesen. Die Regelung in § 21 Abs 3 S 1 UmwStG fordert nämlich den ungeschmälerten Ansatz des gW. Diese Grundsätze gelten uE für den (nachträglichen) Einbringungsgewinn II gleichermaßen (dies entspr auch dem Sinn und Zweck des § 22 Abs 2 UmwStG, nämlich eine stliche "Statusverbesserung" zu verhindern, s Tz 69; den Einbringenden aber darüber hinaus nicht schlechter oder besser zu stellen, als im Fall eines Anteilstauschs unter Aufdeckung und Versteuerung aller stillen Reserven, s Tz 1d). Die Berücksichtigung des Freibetrags gem § 17 Abs 3 EStG lässt sich nicht aus der Vorschrift selbst ableiten. Das dort enthaltene Tatbestandsmerkmal "Veräußerungsgewinn" (s § 17 Abs 3 S 1 EStG) bezieht sich auf die Legaldefinition des Veräußerungsgewinns iSd § 17 Abs 2 S 1 EStG. Der (nachträgliche) Einbringungsgewinn II aus dem Anteilstausch ermittelt sich indes spezialges (und insofern § 17 Abs 2 EStG in Gänze und somit auch § 17 Abs 3 EStG verdrängend) einzig nach § 22 Abs 2 S 3 UmwStG. Die Berücksichtigung des Freibetrags nach § 17 Abs 3 EStG ist uE folglich nur durch eine analoge Anwendung des § 21 Abs 3 S 1 UmwStG zulässig (zumal der Einbringungsgewinn II in § 22 Abs 2 S 1 UmwStG als ein beim Anteilstausch entstehende...