Tz. 79
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Wird der gesamte Betrieb oder Teilbetrieb in die Kap-Ges/Gen eingebracht, geht auch ein selbst geschaffener Geschäfts- oder Firmenwert auf die Übernehmerin über. Der Geschäfts- oder Firmenwert ist untrennbar mit dem (Teil-)Betrieb verknüpft und kann daher weder zurückbehalten noch entnommen werden. Obwohl die Einbringung aus Sicht der die Sacheinlage übernehmenden Gesellschaft einen Erwerbsvorgang darstellt (s Tz 18), tritt die Kap-Ges/Gen hinsichtlich der stlichen Gewinnermittlung mit dem übernommenen Vermögen in die Rechtsstellung des Einbringenden ein (s §§ 23 Abs 1 iVm 12 Abs 3 Hs 1 UmwStG). Dies gilt nicht nur für WG, für die ein Aktiv- oder Passivposten in der St-Bil enthalten ist, sondern auch in Bezug auf zur Sacheinlage gehörende WG, für die ein stliches Aktivierungsverbot besteht. Daher bezieht sich die Rechtsnachfolge auch auf den originären Geschäfts- oder Firmenwert. Für die übernehmende Gesellschaft gilt infolge dessen das Aktivierungsverbot des § 5 Abs 2 EStG (iVm § 8 Abs 1 KStG) für selbst geschaffene immaterielle WG des AV (zu denen auch der originäre Geschäfts- oder Firmenwert rechnet). Die Tatsache, dass der Einbringende durch seine Tätigkeit im Betrieb oder Teilbetrieb, der in die Kap-Ges/Gen eingebracht worden ist, einen Geschäfts- oder Firmenwert selbst geschaffen hat, wird der aufnehmenden Kap-Ges stlich zugerechnet. Aus diesem Grund kann ein Aktivposten nicht angesetzt werden.
Tz. 80
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Gehört zum eingebrachten BV ein aktivierter erworbener Geschäfts- oder Firmenwert, wird dieser nach dem Grundsatz der stlichen Rechtsnachfolge fortgeführt. Dazu gehört auch die Übernahme der AfA des Einbringenden auf den Geschäfts- oder Firmenwert (s Widmann, in W/M, § 23 UmwStG Rn 117).
Problematisch ist die Behandlung des Geschäfts- oder Firmenwerts bei der übernehmenden Gesellschaft, wenn ein freiberuflicher (Teil-)Betrieb (Praxis, Teilpraxis) zusammen mit einem entgeltlich erworbenen Praxiswert eingebracht wird. Ein in der Sacheinlage vorhandener bilanzierter Praxiswert wird auch von der Übernehmerin fortgeführt (ebenso s Widmann, in W/M, § 23 UmwStG Rn 155); er besteht als solcher aber nicht fort, sondern wandelt sich in einen Geschäftswert um. Ein Praxiswert kommt nämlich nur bei freiberuflicher Tätigkeit in Betracht (s Urt des BFH v 14.12.1993, BStBl II 1994, 922 unter II 1. a). Die aufnehmende Gesellschaft hat jedoch – auch wenn sie die an sich freiberufliche Tätigkeit fortsetzt – aufgr ihrer Rechtsform ausschließlich gew Eink (s § 8 Abs 2 KStG), so dass der Praxiswert auf ein gew Unternehmen übergeht. Daher müsste die Abschr des Geschäftswerts bei der Übernehmerin nach § 8 Abs 1 KStG iVm § 7 Abs 1 S 3 EStG – unter Beachtung der Abschreibungsdauer beim Einbringenden – erfolgen (dh über einen Zeitraum von insgesamt 15 Jahren). Der BFH geht jedoch in seinem Urt v 30.03.1994 (BStBl II 1994, 903) davon aus, dass die Abschr eines von einer Kap-Ges derivativ erworbenen Praxiswerts nach § 7 Abs 1 S 2 EStG zu schätzen sei. Das Vertrauensverhältnis zu dem den Praxiswert übertragenden AE verflüchtige sich mit der Zeit und werde auf Dauer durch ein solches zu der Kap-Ges, ihren Organen und sonstigen Angestellten ersetzt. Dieser Umstand zwinge zu der Annahme eines abnutzbaren WG, wobei es für die Bemessung der Nutzungsdauer von Bedeutung sein könne, wenn der den Praxiswert übertragende AE in der Kap-Ges eine herausgehobene Stellung einnehme. Diese Aussagen sind auch auf die Übernahme eines bereits beim Einbringenden vorhandenen derivativen Praxiswerts durch eine Kap-Ges übertragbar. Nach Verw-Auff ist bei Erwerb eines Praxiswerts im Fall der Einbringung einer Einzelpraxis von einer Nutzungsdauer von drei bis fünf Jahren auszugehen und bei der Einbringung einer freiberuflichen MU-Schaft (Sozietät) von einer Nutzungsdauer des Sozietätspraxiswerts von sechs bis zehn Jahren (s Schr des BMF v 15.01.1995, BStBl I 1995, 14). Nach der gem §§ 23 Abs 1 iVm 12 Abs 3 Hs 1 UmwStG gebotenen stlichen Rechtsnachfolge bei der Gewinnermittlung der übernehmenden Gesellschaft ist die Nutzungsdauer unter Anrechnung der Zeit ab Erwerb des Praxiswerts beim Einbringenden zu bestimmen (zust s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 23 UmwStG Rn 63). Daher kommt es im Ergebnis zu einer Fortführung der Abschr des Praxiswerts des Einbringenden beim nunmehrigen "Geschäftswert" der Übernehmerin. Dies resultiert letztlich aus den nach Verw-Auff gleichen Grundsätzen der Abschr eines derivativen Praxiswerts sowohl bei freiberuflichen Einzelpraxen oder Sozietäten als auch bei freiberuflich tätigen Kap-Ges.