Dr. Rolf Möhlenbrock, Lisa Maiworm
Tz. 72
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Die Freigrenze soll gewährleisten, dass kleinere und mittlere Unternehmen von der Zinsschranke nicht betroffen sind. Sie wurde durch das BürgerentlastungsG – Krankenversicherung – zunächst nur für Wj, die vor dem 01.01.2010 endeten – von 1 Mio EUR auf 3 Mio EUR angehoben (s § 52 Abs 12d S 3 EStG idF des BürgerentlastungsG – Krankenversicherung -). Mit dem WachstumsBG wurde die zeitliche Beschränkung aufgehoben (s § 52 Abs 12d S 3 EStG idF des WachstumsBG). Die erhöhte Freigrenze gilt ab der erstmaligen Anwendung der Zinsschranke (s Tz 252b). Hiermit soll dem erhöhten Finanzbedarf der Unternehmen während der Finanz- und Wirtschaftskrise Rechnung getragen werden. Bei einem unterstellten Zinssatz von 5 % ist durch die Freigrenze iHv 3 Mio EUR ein Finanzierungsvolumen iHv 60 Mio EUR abgedeckt (s Tz 12a, weiter s Reiche/Kroschewski, DStR 2007, 1330, 1332; s Scheunemann/Socher, BB 2007, 1144, 1149; s Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2632; s Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 23, 24; s Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 64; s Wagner, DStZ 2010, 26, 27; s Kessler/Dietrich, DB 2010, 240, 244; s Gemmel/Loose, NWB 2010, 262, 264; s Stemplewski, StStud 2013, 641, 642; s Schänzle/Mattern, in Sch/F, 2. Aufl, § 8a KStG, Rn 161 und s Kessler/Lindemer, DB 2010, 472, 473). Kraft/Moser/Matthias (DStZ 2014, 539, 540) kritisieren, dass insbes bei Grundstücksgesellschaften die erhöhte Freigrenze nicht hilft, da den fremdfinanzierten Immobilieninvestments wegen der ausschließlich vorhandenen Mieterträge keine Zinserträge gegengerechnet werden können. Die Freigrenze steht in Einklang mit Art 4 Abs 3 ATAD, der ebenfalls eine Ausnahme für sog "überschüssige Fremdkapitalkosten" (entspr Nettozinsaufwendungen) iHv bis zu 3 Mio EUR vorsieht. Nach dem Wortlaut in Erwägungsgrund 8 sieht die ATAD eine "Safe Harbour"-Regel vor, nach der Nettozinsaufwendungen stets bis zu 3 Mio EUR abzb sind. Mit der uE zulässigen Beibehaltung einer Freigrenze im nationalen Recht geht die dt Zinsschranke über die Mindestvorgaben der ATAD hinaus. Nach Grotherr bleibt damit der "Fallbeilcharakter" des § 4h Abs 2 S 1 Buchst a EStG erhalten (s DStZ 2023, 713, 719), da schon ein geringfügiges Überschreiten der Freigrenze zur Anwendung der Zinsschranken führt. Die Freigrenze findet betriebsbezogen unabhängig von der Rechtsform des von der Zinsschranke betroffenen Rechtsträgers Anwendung und gilt damit auch für Kö (s Schr des BMF v 04.07.2008, BStBl I 2008, 718, Rn 57 und s § 8 Abs 1 KStG). Die "Betriebsfiktion" des § 8a Abs 1 S 4 KStG idF des KrZwMG 2023 stellt sicher, dass die Freigrenze je KSt-Stpfl nur einmal zur Anwendung kommt, wie es die ATAD für KSt-Subjekte verlangt. Eine Kö, auf die die Zinsschranke infolge einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung anzuwenden ist, bleibt bei Nettozinsaufwendungen von unter 3 Mio EUR von der Abzugsbeschränkung des § 4h Abs 1 S 1 EStG verschont. IRd Tatbestandsprüfung des § 8a Abs 2 KStG aF und § 8a Abs 3 KStG findet die Freigrenze keine Berücksichtigung. Auch Zinsaufwendungen für Gesellschafterdarlehen von unter 3 Mio EUR sowie Nettozinsaufwendungen der fremdfinanzierten Kö von unter 3 Mio EUR können zu einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung führen.
Tz. 73
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Nach § 4h Abs 2 S 1 Buchst a EStG, der auch für Kö gilt (s Tz 72), greift die in § 4h Abs 1 EStG geregelte Begrenzung der Abziehbarkeit der Nettozinsaufwendungen auf das verrechenbare EBITDA (dazu s Tz 50) nicht, wenn die Nettozinsaufwendungen weniger als 3 Mio EUR betragen (glA s Grotherr, IWB Gr 3 F 3, 1489, 1499 und s Dörr/Geibel/Fehling, NWB F 4, 5199, 5206). In die Nettozinsaufwendungen fließen nur solche Beträge ein, die den maßgebenden Gewinn bzw das maßgebende Einkommen gemindert haben (s Tz 220 und s Tz 219b). Dh, stfreie Zinserträge bzw -aufwendungen sind nicht in die Berechnung der Freigrenze einzubeziehen (glA s Frotscher, in F/D, § 8a KStG, Rn 140;s Förster, in Gosch, 4. Aufl, § 8a KStG, Rn 112). Grotherr (IWB Gr 3 F 3, 1489, 1500 und 1504) geht uE zutr davon aus, dass in den für die Berechnung der Freigrenze maßgeblichen Nettozinsaufwendungen allerdings ein Zinsvortrag (s Tz 43) mit einzubeziehen ist (ebenfalls hierzu s Tz 241). Das kann im Einzelfall dazu führen, dass die Inanspruchnahme der Freigrenze in den Folgejahren wegen der insoweit erhöhten Zinsaufwendungen nicht mehr möglich ist. GlA s Frotscher (in F/D, § 8a KStG, Rn 139); s Schänzle/Mattern (in Sch/F, 2. Aufl, § 8a KStG, Rn 101 und 166); s Beußer (FR 2009, 49) weiter s Entw eines Schr des BMF, Stand 18.09.2024, Rn 42. Zweifelnd s Prinz (FR 2008, 441, 442). Krit hierzu s Herzig/Bohn/Götsch (DStR 2009, 2615) und s Hick (in H/H/R, § 4h EStG, Rn 35).
Tz. 74
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Bei der Ausnahmeregelung in § 4h Abs 2 S 1 Buchst a EStG handelt es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Bei Nettozinsaufwendungen ab 3 Mio EUR greift die Ausnahme nicht mehr, und es gilt für die Zinsaufwendungen insges die Zinss...