Tz. 141
Stand: EL 107 – ET: 09/2022
Ist für den Tatbestand einer ertragstlichen Norm die Zurechnung eines eingebrachten WG zu einem bestimmten (singulären) Zeitpunkt (Stichtag) maßgebend und erfüllt die Übernehmerin selbst diese Voraussetzung nicht, kann unter dem Gesichtspunkt der Besitzzeitanrechnung (s § 23 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 S 3 UmwStG, s Tz 34ff) das Eigentum des Einbringenden am WG zum zurückliegenden maßgebenden Stichtag der Übernehmerin nicht zugewiesen werden. So setzt die Gewährung des gewstlichen Inl-Schachtelprivilegs nach § 9 Nr 2a GewStG eine Beteiligung von mind 15 % (bis EHZ 2007: 10 %) voraus. Diese Beteiligungsquote muss "zu Beginn des EHZ" gegeben sein (s § 9 Nr 2a S 1 GewStG). Hier gilt folglich nach allg Auff ein strenges Stichtagsprinzip, dh Veränderungen nach dem Beginn des EHZ sind nicht zu berücksichtigen (zum Diskussionsstand, welcher EHZ bei einem vom Kj abw Wj maßgebend ist, s Eberhardt/Thomsen, FR 2020, 338). Besteht die GewSt-Pflicht nicht während eines ganzen Kj, so tritt für die Bestimmung des EHZ an die Stelle des Kj der Zeitraum der StPflicht (zur Stichtagsbetrachtung s Urt des FG Ba-Wü v 25.03.2010, EFG 2010, 1714, rkr). Bei einer einbringungs-/umwandlungsbedingten Neugründung der Übernehmerin ist folglich der Beginn der StPflicht (dh Beginn des ersten – abgekürzten – EHZ) als Beurteilungsstichtag maßgebend (s Roser, in Lenski/Steinberg, § 9 Nr 2a GewStG Rn 37; s R 9.3 S 5 GewStR 2009).
Wird demnach die Beteiligung an einer inl Kap-Ges iRd § 20 Abs 1 oder § 21 Abs 1 UmwStG zum Bw oder Zwischenwert in eine Kap-Ges/Gen eingebracht und fällt der Einbringungsstichtag nicht auf den Beginn des Kj (oder nicht auf den Gründungstag der Übernehmerin), entfällt für den EHZ der Einbringung eine Schachtelprivilegierung iSd § 9 Nr 2a GewStG (ebenso s Urt des BFH v Urt des BFH v 16.04.2014, BStBl II 2015, 303; s Mutscher, in F/M, § 23 UmwStG Rn 39f; s Güroff, in Glanegger/Güroff, 10. Aufl, § 9 Nr 2a GewStG Rn 5; s H 9.3 "Besitzzeitanrechnungen nach dem UmwStG" GewStH 2016; krit s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 23 UmwStG Rn 28 und s Ritzer, in R/H/vL, 3. Aufl, § 23 UmwStG Rn 85: "unsachgemäße Ergebnisse"; s Roser, in Lenski/Steinberg, § 9 Nr 2a GewStG Rn 36; aA s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 23 UmwStG Rn 34; s Pitzal, in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, 1. Aufl, Anh 1 GewStG Rn 98; s Bergmann, in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, 2. Aufl, § 9 Nr 2a GewStG Rn 36; s Seer/Krumm, FR 2010, 677; s Ernst, Ubg 2012, 678; s Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22). Die Fin-Verw hatte (noch) im UmwSt-Erl 2011 eine Besitzzeitanrechnung bei inl Schachtelbeteiligung iSd § 9 Nr 2a GewStG angenommen (s UmwSt-Erl 2011 Rn 23.06 iVm Rn 04.15); diese Verw-Regelung dürfte nach Veröffentlichung des oa BFH-Urt überholt sein. Die Unterscheidung des BFH (Urt des BFH v 16.04.2014, BStBl II 2015, 303) zwischen "Anteilsbesitz an einem Stichtag" und "Behaltefrist" ist uE zutr. Wie die ständige Rspr an anderer Stelle des ErtragStR ausführt, ist zwischen zeitpunktbezogenen und zeitraumbezogenen Regelungen zu differenzieren (zB s Urt des BFH v 10.09.2020, BStBl II 2021, 367 zu § 16 EStG; dazu s auch Patt, in H/H/R, § 16 EStG Rn 292 unter "Zeitliche Beurteilungsperspektive (Stichtagsbetrachtung)"). Der Stichtag (Zeitpunkt) ist eben nicht die kürzeste Ausprägung eines Zeitraums (s Seer/Krumm, FR 2010, 677 und s Beutel, in Lenski/Steinberg, Anh GewSt und Umwandlungen Rn 160); vielmehr bedeutet eine zeitpunktbezogene Prüfung, dass es Vorgänge "eine juristische Sekunde vor oder nach diesem dem Stichtag zuzuordnenden "Einzelereignis" gibt" (s Urt des BFH v 10.09.2020, BStBl II 2021, 367 unter Rn 28–29). Folglich ist die Stichtagsbetrachtung der eine Behaltedauer voraussetzenden Besitzzeitanrechnung nicht zugänglich.
Die vorgenannten Grundsätze der Stichtagsbetrachtung gelten auch, wenn die Übernehmerin bereits seit Beginn des Kj eine Beteiligung an der inl Kap-Ges von unter 15 % besitzt und durch die Einbringung nach dem maßgebenden Stichtag eine weitere Beteiligung hinzukommt, so dass insges mind die 15 %-Grenze erreicht wird. Der fehlende Anteilsbesitz der Übernehmerin bzw die fehlende Hinzurechnungsmöglichkeit der später eingebrachten Beteiligung kann nicht über die Besitzzeitanrechnung gem § 23 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 S 3 UmwStG ersetzt werden. § 4 Abs 2 S 3 UmwStG erfasst nämlich hinsichtlich der zeitbezogenen Tatbestandsmerkmale eine Zeitdauer, dh eine zeitliche Abfolge mit einem Beginn und einem davon abw Zeitende (wenn auch noch so kurz). Dies ist jedoch gerade bei der erforderlichen Stichtagsbetrachtung iSd § 9 Nr 2a GewStG (punktuelles Ereignis) nicht der Fall, so dass § 4 Abs 2 S 3 UmwStG nicht einschlägig ist (s Tz 37).
Auch die stliche Rechtsnachfolge (s § 23 Abs 1 iVm § 12 Abs 3 Hs 1 UmwStG) kann keine Anwendung des § 9 Nr 2a GewStG begründen. Denn die stliche Rechtsnachfolge tritt in Bezug auf vor dem stlichen Übertragungsstichtag liegende Zeiterfordernisse hinter die Spezialvorschrift des § 4 Abs 2 S 3 UmwStG, welche eben nur Z...