Tz. 150
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Der Antrag nach § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG ist ursprünglich in die Regelungen zur Besteuerung der einbringungsgeborenen Anteile aufgenommen worden, um dem der ESt unterliegenden AE die Möglichkeit zu verschaffen, seine Anteile endgültig aus der St-Verstrickung zu lösen und somit eine Versteuerung weiter anwachsender stillen Reserven zu vermeiden (s Tz 143a). Durch die Änderungen in der Anteilsbesteuerung mit der UnternehmensSt-Reform hat diese Vorschrift ihren eigentlichen Sinn verloren (s Patt, EStB 2001, 182). Mit Absenkung der "Wesentlichkeitsgrenze" hinsichtlich der Beteiligung an einer Kap-Ges des PV in § 17 EStG auf zunächst 10 % ab 1990 (s § 17 Abs 1 S 4 EStG idF des StEntlG 1999/2000/2002) und dann auf 1 % ab 2002 (s § 17 Abs 1 S 1 EStG idF des StSenkG) ist es nicht mehr möglich, durch einen Antrag gem § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG die Anteile endgültig zu entstricken und somit die Besteuerung weiterer stiller Reserven in Anteilen des PV zu verhindern (ab 2009 ist jeglicher Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kap-Ges stpfl – quasi als Auffangtatbestand als Eink aus KapV, s § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG idF des URefG 2008). Selbst wenn ein Antrag noch in 2001 erfolgt wäre und die Beteiligung weniger als 10 % betragen würde, wüchsen die Anteile ab 2002 (erneut) in die St-Verhaftung nach § 17 EStG hinein. Der Besteuerung unterliegen hier aber nicht die stillen Reserven, die ab 2002 als Wertsteigerung der Anteile hinzugekommen sind. Vielmehr sind die historischen AK (dh der gW bei Antragstellung, s Tz 207) maßgebend.
Die Bedeutung des Antrags liegt nunmehr darin, dass dem AE eine ges Möglichkeit gegeben wird, abw von den allg ertragstlichen Grundsätzen zu einem beliebigen Zeitpunkt nicht realisierte Gewinne und damit verbunden AK-/Bw-Aufstockungen auszuweisen oder Verluste zu realisieren. Dies bestimmt auch die Zweckmäßigkeit des Antrags nach § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG. Dem AE steht es frei, den Zeitpunkt und damit auch mittelbar durch den Bewertungsstichtag die Höhe des Gewinns aus der Realisierung stiller Reserven festzulegen. Die Zweckmäßigkeit ergibt sich hier insbes auch aus den übrigen pers Besteuerungsmerkmalen des stpfl AE im jeweiligen VZ und den jeweils gegebenen st-rechtlichen Rahmenbedingungen der maßgebenden St-Ges. Eine freiwillige Versteuerung stiller Reserven nach § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG kann gegenwärtig in folgenden Fällen vorteilhaft sein (Bsp):
- Der AE einbringungsgeborener Anteile kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt und ohne Angabe von Gründen einen Gewinn iHd stillen Reserven der Beteiligung stlich wirksam realisieren (mittels Antragstellung als Realisationshandlung). Die Besonderheit dieser Gewinnentstehung liegt darin, dass diese "in der Hand des AE" erfolgt, dh ohne Übertragung der Anteile auf einen anderen Rechtsträger, und ohne dass die Kap-Ges, an der die Anteile bestehen, aufgelöst wird. Auch die stliche Zuordnung der Anteile (Zugehörigkeit zu einem bestimmten [Sonder-]BV des AE oder PV) bleibt erhalten. Dieser Antrag ist nur einmal möglich; als Folge unterliegen nämlich die Anteile fortan dem allg ESt/KSt-Recht, welches eine § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 UmwStG vergleichbare Regelung nicht enthält. Der Entstrickungsgewinn aus den Anteilen kann gezielt zum st-wirksamen Ausgleich mit anderen lfd oder außerordentlichen Verlusten aus der betrieblichen Sachgesamtheit oder anderen neg Eink der natürlichen Pers in dem VZ herangezogen werden (s Schlagheck, GStB 2021, 469 unter 2.). Auch eine optimale Ausnutzung von stlichen Freibeträgen (zB Grundfreibetrag bei der ESt) ist denkbar. Die AK der weiterhin beim antragstellenden AE verbleibenden Anteile werden auf den gW zum Entstrickungszeitpunkt "aufgestockt" (s Tz 207). Kommt es zu einem Verlustausgleich des Entstrickungsgewinns, erfolgt die AK-Erhöhung im Ergebnis stfrei (und mindert somit einen zukünftigen VG oder – bei Wertverfall – erhöht einen zukünftigen Verlust).
- Der Antrag auf Versteuerung kann zur Ausnutzung der zinslosen Stundung der ESt oder KSt auf den Entstrickungsgewinn genutzt werden (s § 21 Abs 2 S 3f UmwStG; s Tz 210ff).
- Sinkt der gW der Anteile unter die AK, kann durch den Antrag auf Versteuerung ein stlich zu berücksichtigender Verlust bei der St-Festsetzung verwertet werden (s Tz 147). Diese Möglichkeit besteht auch für Anteile des PV, wo sich wegen fehlender Möglichkeit einer Tw-Abschr ein Verlust nach allg Grundsätzen nur im Fall der Veräußerung oder dem Untergang der Anteile (Auflösung der Kap-Ges, s § 17 Abs 4 EStG) ergeben kann (zust s Rabback, in R/H/vL, 3. Aufl, § 27 UmwStG Rn 184).
Bei kst-befreiten Kö war eine Verrechnung des Antragsverlusts innerhalb der Sieben-Jahres-Frist des § 8b Abs 4 S 2 Nr 1 KStG aF mit Gewinnen aus anderen wG möglich.
- Eine Verlustausnutzung bei einer natürlichen Pers als AE durch freiwillige Aufdeckung des Gewinns aus einbringungsgeborenen Anteilen kann im Einzelfall auch vor dem Hintergrund der Vererbung des Vermögens und der Nichtübertragbarkeit stlicher Ver...