Entscheidungsstichwort (Thema)
Von Landwirt erbrachte Leistungen im Rahmen einer Pferdepension und Reitpferdvermietung unterliegen dem vollen Umsatzsteuersatz und nicht der Besteuerung nach Durchschnittssätzen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die von einem Landwirt im Rahmen einer Pferdepension und Reitpferdvermietung erbrachten Leistungen unterliegen dem vollen Steuersatz und nicht der Besteuerung nach Durchschnittssätzen für landwirtschaftliche Betriebe.
2. Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG erfasst nur die Lieferung der in Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG genannten landwirtschaftlichen Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen. Andere Umsätze, die der Pauschallandwirt im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs tätigt, unterliegen der allgemeinen umsatzsteuerlichen Regelung.
3. Bei dem Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung des Reitsports genutzt werden und damit der Freizeitgestaltung dienen, handelt es sich nicht um „Hüten, Zucht und Mästen von Vieh” im Sinne von Anhang B, 4. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG. Dies setzt vielehr voraus, dass die beteffenden Tiere im Regelfall im Rahmen der landwirtschaftliche Produktion eingesetzt werden.
4. Dies gilt auch dann, wenn die im landwirtschaftlichen Betrieb angebauten Feldfrüchte als Futtermittel für die Reitpferde verwendet werden, da die Haltung der Pensionspferde insoweit keinen Beitrag zur Produktion und damit zur Herstellung der Erzeugnisse, sondern allenfalls zu deren Verwertung leisten.
5. Unerheblich ist insoweit auch, dass der bei der Pensionspferdehaltung anfallende Pferdemist als Düngemittel auf den landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht wird.
Normenkette
UStG § 24 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2-3, Sätze 3-4, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 15; EWGRL 388/77 Art. 25; EWGRL 388/77 Anh. B, 4. Spiegelstrich; BewG §§ 51, 51a; AO § 162 Abs. 1, 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger berechtigt ist, seine mit einem Pferdehof erzielten Umsätze mit den Durchschnittssätzen für landwirtschaftliche Betriebe gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu versteuern.
Der Kläger betreibt seit 1996 in der Nähe von X einen Pferdehof. Die hierfür verwendeten landwirtschaftlichen Flächen von etwa sieben bis acht Hektar Größe hatte er zuvor aus Teilen des elterlichen landwirtschaftlichen Betriebes übernommen und auf dem Gelände später unter anderem eine Reithalle mit einer Grundfläche von etwa 20 Metern mal 60 Metern errichtet. Daneben verfügt der Pferdehof seither über einen Offenstall, in dem die vom Kläger gehaltenen Pferde in der Weise untergestellt werden, dass sie sich jederzeit ungehindert selbst bewegen können. Seit kurzem unterhält der Kläger für seinen Pferdehof unter der Domain „www…de” eine eigene Internetpräsenz, auf der er der interessierten Öffentlichkeit seinen Betrieb und dessen Besonderheiten im Einzelnen vorstellt.
In den Streitjahren (2005 und 2006) nahm der Kläger fortlaufend etwa acht Pferde fremder Eigentümer auf seinem Pferdehof in Pensionshaltung. Diese Pferde wurden von den jeweiligen Eigentümern in dem Offenstall untergestellt und von ihnen in der Folgezeit ausschließlich zu Freizeitzwecken selbst beritten; die Einnahmen des Klägers aus dieser Tätigkeit beliefen sich monatlich auf einen Betrag von etwa 230 EUR je Pferd. Daneben hielt der Kläger auf dem Pferdehof in den Streitjahren ständig durchschnittlich etwa 18 (2005) bzw. 23 (2006) eigene Pferde, die er stundenweise an interessierte Kinder und Jugendliche und – in geringerem Umfang – auch an Erwachsene zu Reitzwecken vermietete. Hierzu wies der Kläger die Reitinteressenten in die Besattelung und den Beritt des vermieteten Pferdes im Einzelnen ein. Der Darstellung auf seiner Internetpräsenz zufolge erteilte der Kläger in den Streitjahren zudem regelmäßig an Reitschüler Unterricht im kameradschaftlichen Umgang mit dem Pferd und im sicheren Reiten in Feld und Wald, wozu er auch ein von ihm aufgebautes und unter seiner Obhut tätig werdendes Team von Reitlehrern heranzog. Die Futtergrundlage für die untergestellten eigenen und fremden Pferde erwirtschaftete der Kläger – mit Ausnahme von Nahrungsergänzungsstoffen – fast ausschließlich auf den eigenen Flächen des Pferdehofs, auf denen er in den Streitjahren im Wesentlichen Gerste anbaute. Die in § 51 Abs. 1a des Bewertungsgesetzes (BewG) bezeichnete Grenze überstieg der Tierbestand des Klägers in den Streitjahren nicht.
Seine Einnahmen und Ausgaben sowie seine Umsätze aus dem Betrieb des Pferdehofs und den Umfang der eigenen Reitnutzung der Pferde durch ihn selbst, seine beiden Kinder und seine Ehefrau zeichnete der Kläger in den Streitjahren – wie bereits in den vorangegangenen Jahren se...