Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätungszuschlag bei nicht genehmigter Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung in Papierform. zur Befreiung eines Steuerberaters von der Pflicht zur elektronischen Abgabe von Steuervoranmeldungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass auch die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung in Papierform entgegen einer bestehenden Verpflichtung zur Abgabe in elektronischer Form eine Nichtabgabe i. S. d. § 152 Abs. 1 S. 1 AO darstellt und das FA zur Festsetzung eines Verspätungszuschlags berechtigt (Anschluss an FG Nürnberg, Beschluss v. 5.8.2014, 2 V 676/14). Das gilt auch dann, wenn in einem weiteren Verfahren auf Freistellung von der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Voranmeldungen geklagt wird.
2. Ein im Elektroinstallationsbereich tätiges Unternehmen hat keinen Anspruch auf Genehmigung der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung in Papierform nach §§ 18 Abs. 1 S. 2 UStG, 150 Abs. 8 AO, wenn es über zwei Geschäftsführer verfügt, was ausreichende personelle Kapazitäten nahelegt, eine Webseite betreibt und eine Emailadresse innehat, was für einen vorhandenen Internetanschluss spricht, und seit Jahren durchgängig hohe Gewinne ausweist, was auf ausreichende Mittel für ggf. anzuschaffende ergänzende technische Komponenten oder Softwaremodule schließen lässt.
3. Ein Steuerberater, der bis Juni 2014 von der Abgabe von Steueranmeldungen in elektronischer Form befreit war, kann sich im Frühjahr des Folgejahres nicht mehr erfolgreich darauf berufen, Ausfälle von Mitarbeitern, EDV-Schwierigkeiten und Erkrankungen von Angehörigen hätten es verhindert, dass er bisher die erforderlichen technischen Voraussetzungen für die elektronische Abgabe von Steueranmeldungen geschaffen habe. Einem Steuerberater drohen auch keine strafrechtlichen Konsequenzen, wenn er Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Mandanten elektronisch übermittelt.
4. Die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung in elektronischer Form ist ungeachtet datenschutzrechtlicher Bedenken verfassungskonform.
Normenkette
UStG § 18 Abs. 1 Sätze 1-2; AO §§ 5, 150 Abs. 8 Sätze 1-2, § 152 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1-2; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 102 S. 1
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Tatbestand
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer-Vorauszahlung für März 2015.
Die Antragstellerin ist eine GmbH, welche zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet ist.
Mit Schreiben vom 09.12.2013 erteilte der Antragsgegner eine bis zum 30.06.2014 befristete Genehmigung zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen in Papierform. Am 14.08.2014 (Bl. 3 der Klageakte 11 K 12004/15 – Änderung des Aktenzeichens nach Auflösung des 12. Senats zum 01.10.2015) stellte der Steuerberater der Antragstellerin einen Antrag auf Verlängerung der Genehmigung bis zum 31.10.2014. Zur Begründung führte er aus, die elektronische Übermittlung stelle für ihn und sein Büro derzeit eine unbillige Härte dar und könne im Moment nicht geleistet werden. Eine Häufung unerwarteter Ereignisse, die er bei Bedarf näher erläutern könne, habe es ihm unmöglich gemacht, eine Internetverbindung zum Finanzamt zu installieren. Diese Ereignisse hätten sich in 2014 fortgesetzt. Eine Mitarbeiterin sei krankheitsbedingt für mehr als sechs Wochen ausgefallen, die neue Mitarbeiterin habe sich einer Herzoperation unterziehen müssen. Zudem sei im August wieder ein Todesfall in seiner Familie aufgetreten, der ihn gezwungen habe, nach B. zu reisen. Er prüfe derzeit verschiedene Möglichkeiten, einen Internetzugang zu installieren, und gehe nicht davon aus, dies vor Mitte oder Ende Oktober realisieren zu können. Zudem bestünden rechtliche Bedenken gegen die Übertragung von Daten an die Finanzverwaltung, weil diese das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und die informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz – GG – sowie Art. 10 GG verletze. Die Deutsche Internetkommunikation laufe überwiegend über Knotenpunkte in den USA und Israel, sodass Geheimdienste, Betreiber von Knotenpunkten und Telekommunikationsdienste darauf Zugriff nehmen könnten. Die Elster-Software biete keine ausreichende Sicherheit. Von daher werde auch das Steuergeheimnis und seine berufsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung verletzt.
Den Antrag vom 14.08.2014 lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 11.09.2014 (Bl. 7 der Klageakte 11 K 12004/15) mit der Begründung ab, die gesetzliche Verpflichtung zur elektronischen Einreichung der Steueranmeldungen bestehe schon seit Jahren, und das Elster-Verfahren erfülle die IT-Standards des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.
Mit Schreiben vom 10.10.2014 (Bl. 8 der Klageakte 11 K 12004/15) legte die Antragstellerin gegen die Ablehnung v...