Entscheidungsstichwort (Thema)
Haushaltsnahe Dienstleistungen. Rechnungserfordernis. keine Berücksichtigung von Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die häusliche Pflege eines in seinem eigenen Haushalt lebenden Angehörigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufgrund des Zwecks des Rechnungserfordernisses gemäß § 35a EStG, nämlich der Verhinderung von Schwarzarbeit, müssen sich aus der Rechnung der Leistungserbringer und der Leistungsempfänger ergeben. Dass der Leistungsempfänger und der Zahlende identisch sein müssten, ergibt sich daraus nicht.
2. § 35a EStG begünstigt nur Aufwendungen für die ambulante Pflege von Angehörigen im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, nicht für die ambulante Pflege von Angehörigen in deren eigenem (anderen) Haushalt.
Normenkette
EStG § 35a Abs. 2, 4
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die ambulante Pflege für die nicht im Haushalt der Steuerpflichtigen, sondern in ihrem eigenen Haushalt lebende Mutter der Klägerin gemäß § 35a Einkommensteuergesetz – EStG – im Streitjahr 2016.
I.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur ESt veranlagt. Die 1933 geborene Mutter der Klägerin wohnt in einem eigenen Haushalt in C…, knapp 100 km vom Wohnort der Kläger entfernt. Sie bedurfte im Streitjahr Hilfe für Einkäufe und Wohnungsreinigung. Sie bezog im Streitjahr eine Rente in Höhe von 3.085 EUR oder 3.265 EUR im gesamten Jahr (genauer Betrag unklar, monatlich 272,06 EUR) sowie ergänzende Leistungen der Sozialhilfe.
Am 26.01.2015 wurde mit der Sozialstation in C… eine Vereinbarung zur Erbringung von Pflegeleistungen abgeschlossen. Im Eingang des Vertrages ist die Mutter als Leistungsnehmerin aufgeführt, der Vertrag ist jedoch von der Klägerin unterschrieben (FG-A Bl. 17-18). Die Rechnungen (vgl. exemplarisch ESt-Akte Bd. 4 Fach 2016 Bl. 4) wiesen die Mutter als Rechnungsempfängerin aus und wurden der Klägerin übersandt. Die Rechnungen wurden von der Klägerin durch Banküberweisung beglichen und beliefen sich im Streitjahr auf insgesamt 1.071 EUR (vgl. ESt-Akte Bd. 4 Fach 2016 Bl. 2 und Einspruchsvorgang Bl. 37)
II.1.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung für 2016, beim Finanzamt – FA – eingegangen am 26.09.2017, machten die Kläger den Gesamtbetrag ihrer Aufwendungen für die Mutter in Höhe von 1.071 EUR geltend. Im ESt-Bescheid 2016 vom 20.11.2017 lehnte das FA den Abzug ab und führte aus, gemäß § 35a EStG müsse der Steuerpflichtige (selbst) eine Rechnung erhalten haben. Hier habe jedoch die Mutter die Rechnungen erhalten.
2.
Der Einspruch vom 10.12.2017, mit dem die Kläger darauf hinwiesen, es handele sich um einen Vertrag der Klägerin zugunsten der Mutter, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 23.07.2019 (Einspruchsvorgang Bl. 73) mit derselben Begründung wie im ESt-Bescheid als unbegründet zurückgewiesen.
III.
Am 07.08.2019 erhoben die Kläger Klage, mit der sie die Berücksichtigung gemäß § 35a EStG (steuerliche Auswirkung gemäß Proberechnung Einspruchsvorgang Bl. 62 bei der ESt: 215,00 EUR) weiterverfolgen. Vertragspartnerin der Sozialstation sei die Klägerin gewesen. Der Auftrag sei von der Klägerin erteilt worden. Der Vertragsabschluss sei mittels eines Vordrucks der Sozialstation erfolgt, der von dieser regelmäßig verwendet werde. Auf Wunsch der Sozialstation sei die Mutter als Leistungsnehmerin in das Formular eingetragen worden. Hinsichtlich der Bezahlung seien jedoch die Sozialstation und die Klägerin von Anfang an davon ausgegangen, dass die Klägerin als Auftraggeberin und Unterzeichnerin für die Kosten aufzukommen habe. Die Mutter hätte aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse die Zahlungen auch gar nicht leisten können. Dass die Klägerin auch als Rechnungsempfängerin genannt sein müsse, ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Sie müsse lediglich eine Rechnung haben, die aber auch die gepflegte Person benennen könne.
Auf den Hinweis des Berichterstatters auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 03.04.2019 VI R 19/17 weisen sie auf den Unterschied zwischen stationären Pflegeleistungen, wozu sich nach ihrer Auffassung das genannte Urteil ausschließlich verhalte, und ambulanten Pflegeleistungen hin. Im Übrigen gingen selbst die Finanzverwaltung (Schreiben BMF vom 09.11.2016, BStBl I 2016, 1213, Rn. 43 Beispiel 6) und das beklagte FA davon aus, dass bei ambulanten Pflegeleistungen auch die Pflege anderer Personen als des Steuerpflichtigen in deren eigenen Haushalt vom Anwendungsbereich des § 35a EStG umfasst sei.
Die Kläger beantragen (FG-A Bl. 1),
den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 20.11.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.07.2019 dahingehend zu ändern, dass die Kosten für hauswirtschaftliche Dienstleistungen zur Pflege und Betreuung der Mutter in Höhe von 1.071 EUR steuermindernd berücksichtigt werden.
Das FA beantragt (FG-A Bl. 43),
die Kla...