rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung eines Ausbildungsfreibetrags im Veranlagungszeitraum 2002 nur für volljährige Kinder im Jahr 2002 verfassungskonform
Leitsatz (redaktionell)
Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Veranlagungszeitraum 2002 einen Ausbildungsfreibetrag nur für volljährige Kinder vorgesehen hat und dass somit minderjährige, zum Besuch eines auswärtigen Gymnasiums in einem Internat untergebrachte Kinder nicht begünstigt sind. Es kann im Streitfall offen bleiben, ob der Ausbildungsfreibetrag des § 33a Abs. 2 EStG der Höhe nach angemessen ist.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 2 S. 1, § 32 Abs. 6; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1-2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die zusammen mit der Einkommensteuer veranlagten Kläger machen mit ihrer Klage gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 geltend, dass § 33a Abs. 2 Einkommensteuergesetz – EStG – insoweit verfassungswidrig sei, als der entsprechende Ausbildungsfreibetrag nur für volljährige Kinder gewährt werde. Ein Sonderbedarf bei Berufsausbildung entstehe auch bei minderjährigen Kindern in derselben Höhe, wie sie bei volljährigen Kindern entstünden. Die beiden im Streitjahr noch minderjährigen Kinder der Kläger seien mathematisch begabt und hätten deshalb ein entsprechend ausgerichtetes Internat (Gymnasium) besucht. Die Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung betrug jeweils 1.841 EUR. Mit dem Freibetrag zur Abgeltung eines Sonderbedarf von 924 EUR würde ohnehin nur ein Teil der Aufwendungen berücksichtigt werden. Indem § 33a Abs. 2 EStG in der Fassung ab 2002 im Gegensatz zur Vorjahres-Fassung Minderjährige von der Gewährung des besonderen Freibetrags ausnehme, verletze er Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz – GG – sowie das Gebot der horizontalen Steuergerechtigkeit nach Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 22.9.2008 dahingehend abzuändern, dass für ihre beiden seinerzeit nicht volljährigen Kinder ein Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 Einkommensteuergesetz in Höhe von 924 EUR gewährt werde; hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf den Wortlaut des § 33a EStG. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit sieht er nicht.
Durch den während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vom 22. September 2008 ist ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 86.209 EUR eine Einkommensteuer von 21.053 EUR gegen die Kläger festgesetzt worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Gemäß § 33a Abs. 2 EStG in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung kann der Steuerpflichtige zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld besteht, einen Freibetrag in Höhe von 924 EUR je Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen.
Vorliegend besteht ein solcher Anspruch nach dem Wortlaut der Norm nicht, weil unstrittig die beiden Kinder der Kläger im Streitjahr 2002 nicht volljährig waren. Nach der durch den Wortlaut gegebenen eindeutigen Abgrenzung ist eine erweiternde Auslegung auf minderjährige Kinder ausgeschlossen.
Auch ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Gewährung des Freibetrages auch für nicht volljährige Kinder und eine dementsprechende Gestaltungspflicht des Gesetzgebers sind nicht gegeben. Die Norm des § 33a Abs. 2 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht – BVerfG – nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG kommt daher nicht in Betracht.
Weder das Gebot einer am Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ausgerichteten Steuergerechtigkeit noch das in Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verankerte Schutzrecht zur Respektierung und Förderung einer den Fähigkeiten von Kindern entsprechenden Pflege und Erziehung durch die Eltern noch sonstiges Verfassungsrecht geben dem Gesetzgeber eine Verpflichtung zur Erweiterung der Begünstigung durch den besonderen Freibetrag des § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG auch auf sich in der Ausbildung befindende, auswärtig untergebrachte, minderjährige Kinder vor.
Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes dienen nicht der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins, sondern sie sind dazu bestimmt, dem Kind besondere, über die pure Existenzsicherung hinausgehende Chancen einer beruflichen und damit u.a. auch wirtschaftlichen Entfaltung zu verschaffen. Das gilt in der Regel in besonderem Maß bei einem Kind, das das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat – also ein Alter erreicht hat, in dem viele Gleichaltrige bereits selbst erwerbstätig und daher auf elterlichen Unterhalt nicht mehr angewiesen sind, und das auswärtig untergebracht werden soll. Solche Aufwendungen in vollem Umf...