Entscheidungsstichwort (Thema)

Für die Festsetzungsverjährung bei Zöllen ist nach dem StÄndG 2001 ausschließlich Art. 221 ZK maßgebend

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Selbst wenn ungeachtet fehlender gesetzlicher Rationsbestimmungen der die durch Befehle festgelegten Höchstmengen überschreitende Bezug steuerbegünstigter Zigaretten durch einen einem NATO-Verband zugeordneten Bundeswehrsoldaten als Entnahme aus der Zollgutverwendung der ausländischen Streitkräfte zu werten sein sollte, steht der Festsetzung der Zoll-, Tabak- und Umsatzsteuerschuld nach 3 Jahren regelmäßig der Ablauf der Festsetzungsverjährung entgegen.
  2. Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist aufgrund pflichtwidrigen Verhaltens des Erwerbers scheidet aus, wenn der Erwerb geringer Mengen nach dem TabStG lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt.
  3. Durch die für die Abgabe der Zigaretten zuständigen Soldaten und deren Kommandeure kann keine die Festsetzungsfrist verlängernde Steuerhinterziehung zugunsten Dritter begangen werden, da für sie mangels Zollschuldnerschaft i.S.d. Truppenzollrechts keine Mitteilungspflichten gegenüber den Zollbehörden bestehen, die Gegenstand einer Pflichtverletzung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sein könnten.
 

Normenkette

TruppenZG § 4 Abs. 2 S. 2; TabStG §§ 21, 30a Abs. 1; UStG § 21 Abs. 2; ZK Art. 221; AO § 169 Abs. 2 S. 2, § 370 Abs. 1 Nr. 2; StGB § 2 Abs. 3; ProtokollG Art. 4; Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut Art. 65 Abs. 2; Ergänzungsabkommen vom 07.02.1969 Art. 12 Abs. 4 S. 2, Art. 17

 

Streitjahr(e)

1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999

 

Tatbestand

Der Kläger war ein in einer deutschen Stadt stationierter Soldat eines NATO-Unterstützungsverbands der Bundeswehr. Er wendet gegen seine Inanspruchnahme für Tabaksteuer, Zoll und Einfuhrumsatzsteuer durch den Beklagten.

Der Bezug von Zigaretten durch Angehörige ausländischer Streitkräfte war durch die Streitkräfte selbst beschränkt. Die Rationen für Zigaretten betrugen bei den britischen Streitkräften bis zum 07.08.2000 140 Stück je männlichem Bezugsberechtigten und Woche. Sie konnte nur aus besonderen Gründen und mit schriftlicher Erlaubnis des britischen Garnisonshauptquartiers erhöht werden.

Der Kläger gehörte als Soldat dem X-Regiment an, das später in Y-Bataillon umbenannt wurde. Diese in einer deutschen Stadt stationierte Einheit der Bundeswehr war ein integrierter NATO-Unterstützungsverband, deren Soldaten zum Bezug steuerbegünstigter Waren berechtigt waren. Entsprechend den Bestimmungen des dem Obersten Hauptquartier der Alliierten Mächte Europa (SHAPE) unterstellten Hauptquartiers LANDCENT war die Höchstmenge für den Bezug steuerbegünstigter Zigaretten durch Befehl des Regiments vom 25.10.1996 auf bis zu 600 Stück und durch Befehl des Regiments vom 21.08.1998 vom 01.09.1998 an auf bis zu 800 Stück im Monat beschränkt. Weiter war in den Befehlen bestimmt, dass der Missbrauch der Vergünstigungen, insbesondere auch der Einkauf über den eigenen Bedarf hinaus, einen strafbaren Verstoß gegen die deutschen Zoll- und Steuergesetze darstelle. Die zum Bezug berechtigten Soldaten wurden über diese Befehle regelmäßig alle drei Monate unterrichtet.

Vor dem Regimentsbefehl vom 25.10.1996 galt zur Regelung des Bezugs steuerbegünstigter Waren ein Befehl des Z-Batallions vom 18.09.1992, der aber nicht mehr vorliegt.

Den Bezug der steuerbegünstigten Waren organisierte seitens der Y seit Ende 1996 das Property Accounting Office (PAO), das für jeden berechtigten Soldaten für die Dauer seiner Berechtigung einen Einkaufsausweis erstellte, mit dem der Soldat die steuerbegünstigten Waren einkaufen durfte. Die Waren wurden als Nichtgemeinschaftswaren durch die Verkaufseinrichtung der britischen Streitkräfte, die NAAFI, geliefert und in Kommission vom PAO verkauft. In diesem Rahmen boten seit 1991 oder 1992 Zigarettenhersteller anlässlich von Werbemaßnahmen Gebinde mit 500 Zigaretten an, von denen nur 400 Zigaretten als Kaufpreis berechnet wurden. Seit Ende 1999 gab es weitere Werbemaßnahmen bestimmter Zigarettenhersteller, bei denen Gebinde mit 1.000 Zigaretten zum Preis von 800 Zigaretten verkauft wurden. Der Bezug von Zigaretten im Rahmen der Werbemaßnahmen wurde vom PAO nur in der Höhe der tatsächlich entrichteten Kaufpreise auf das Monatskontingent angerechnet, sodass die infolge der Werbemaßnahmen unberechnet gebliebenen Zigaretten über die jedem Soldaten zustehende Menge hinaus abgegeben wurden. Die Soldaten des PAO gingen davon aus, dass sämtliche örtlichen Dienstvorgesetzten von dieser Praxis Kenntnis hatten und die Abgabe der die Rationen überschreitenden, nicht berechneten Zigaretten keinen Missbrauch der Abgabenbegünstigung darstellte.

Ermittlungen des Zollfahndungsamts (ZFA) ergaben, dass der Regimentskommandeur von Januar 1997 bis Juni 1999, der auch den Regimentsbefehl vom 21.08.1998 erteilt hatte, zwei der drei stellvertretenden Kommandeure der Zeit von 1997 bis 2000, darunter der Unterzeichner des diesbezüglichen Regimentsbefehls vom 25.10.1996 sowie das gesamte Personal des PAO in un...

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